Unterstützung für Geflüchtete
Ein Interview von Eva Rincke durchgeführt am 7. Dezember 2022 in Emmendingen
Durch den Krieg in der Ukraine sind auch viele jüdische Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Sind Sie da auch sehr engagiert?
Olga Maryanovska: Wir sind zehn jüdische Gemeinden in Baden und in fast allen Gemeinden kommt etwa die Hälfte der Mitglieder aus Russland und die andere Hälfte aus der Ukraine. Ich kann Ihnen sagen, ich bin stolz auf meine Gemeinde, dass bei uns Ruhe in dieser Hinsicht herrscht. Der Krieg ist sehr schlimm. Was passiert, ist sehr schlimm. Wir und unser Rabbiner beten jeden Tag, dass der Krieg so schnell wie möglich vorbeigeht. Ich will nicht, dass zwischen uns etwas passiert. Wenn der Krieg vorbeigeht, müssen wir weiter zusammenleben. Ich bin stolz auf meine Mitarbeiter. In der Küche schafft einer aus Sankt Petersburg, Russland, die andere aus der Ukraine, beide kommen gut miteinander aus.
Mein Cousin war ein paar Monate hier und ist wieder nach Dnepropetrowsk zurück. Ich kann ihn dort oft nicht erreichen. Es gibt dort jetzt Probleme mit Strom, mit Internet, mit allem. Ich sage ihm: Bitte, wenn du die Möglichkeit hast, mir zu sagen „Ich bin am Leben“, bitte melde dich. Ich brauche von ihm nur zu hören: „Hallo, ich lebe“. Unglaublich, dass das in unserer Zeit geschieht.
Wir helfen nicht nur jüdischen Flüchtlingen aus der Ukraine. Wir helfen ohne Ausnahme. Zum Beispiel sind wir der ZWST sehr dankbar, dass sie uns erlaubt hat, für den Bundesfreiwilligendienst ukrainische Flüchtlinge einzustellen. Bei uns schaffen zwei ganz tolle Familien.
Maja Kobzarev: Eine dieser Familien ist die Familie der Sohn von einem unserer Gemeindemitglieder. Am Anfang haben wir natürlich viel geholfen – dieser Familie und anderen Familien. Jetzt wollte diese Familie bei uns Bundesfreiwilligendienst machen und darüber sind wir sehr glücklich.
Olga Maryanovska: Die Familienmitglieder machen jetzt parallel ihren Deutsch-Sprachkurs und arbeiten bei uns.
Maja Kobzarev: Wir haben ganz viel Flüchtlingsarbeit geleistet in den letzten Monaten, mittlerweile seit fast einem Jahr. Es sind sehr viele Flüchtlinge zu uns gekommen, auch in die Gemeinde, weil wir Russisch sprechen. Sie haben unsere Unterstützung gebraucht zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder für die Anmeldung in der Schule oder Arztbesuche.
Am Anfang war es sehr viel Arbeit. Diese Gänge zum Arzt und zu Ämtern hat Olga Maryanovska gemacht, auch unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter und andere Gemeindemitglieder haben ganz viel geholfen. Sie haben auch viele Flüchtlinge aufgenommen, über 50 Leute glaube ich. Ja, dieses Jahr, war das für uns eine sehr große Belastung.
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Olga Maryanovska ist Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Emmendingen. Maja Kobzarev ist Sozialarbeiterin und Geschäftsführerin der Jüdischen Gemeinde Emmendingen.
Zitierhinweis: Maja Kobzarev/Olga Maryanovska/Eva Rincke, Interview in der Jüdischen Gemeinde Emmendingen, in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.05.2023.