Essensausgabe in Stuttgart, eingerichtet während der als Umsiedlungsaktion angekündigten Transporte, [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1707]
Essensausgabe in Stuttgart, eingerichtet während der als Umsiedlungsaktion angekündigten Transporte, [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1707]

Am 1. Dezember 1941 fuhr der erste von mehreren Transporten vom Stuttgarter Nordbahnhof in die osteuropäischen Vernichtungslager.

Die Deportation der Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland im Herbst 1940 steht für die radikale Verschärfung der Verfolgungen, die im Südwesten mittels weiterer Maßnahmen fortgesetzt wurde. So bereitete die Stapoleitstelle Stuttgart ebenfalls ab 1940 regionale Zwangsumsiedlungen vor. Ab dem Spätherbst 1941 folgte die Verschleppung der jüdischen Bevölkerung aus der Landeshauptstadt und weiteren Orten ins „Reichskommissariat Ostland“. Die Aktion wurde als Umsiedlung angekündigt. Betroffen waren vorwiegend jüngere Personen, die innerhalb kürzester Zeit ihre Existenz aufgeben mussten. Damit verbunden waren umfangreiche Vermögensabtretungen. Ab dem 27. November trafen Sammeltransporte aus den Landgemeinden in Stuttgart ein. Die Menschen wurden in den Hallen der Reichsgartenschau auf dem Killesberg erfasst. Am 1. Dezember fuhren Transporte von Stuttgart, Nürnberg, Wien und Hamburg nach Riga. Das Ghetto von Riga wurde bereits am 30. November zum Schauplatz eines Massakers. Die Anfang Dezember abgehenden Transporte wurden in das Lager Jungfernhof weitergeleitet. Einige der Ankömmlinge starben während des Winters, die meisten bei einer Erschießungsaktion am 25. März 1942. Überlebende wurden 1943 ins neu eröffnete KZ Kaiserwald verlegt. Bei der Räumung dieses Lagers im Herbst 1944 fanden weitere Erschießungen statt.

Während der Deportationen, die 1942 von Stuttgart aus fortgesetzt wurden, kamen insgesamt über 2.500 Menschen jüdischer Herkunft in die Vernichtungslager Osteuropas, nur etwa 180 überlebten.

Zum Weiterlesen:

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Friedrich List um 1840 [Quelle: Landesmdienzentrum BW]
Friedrich List um 1840 [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Der um den 6. August im Revolutionsjahr 1789 geborene Friedrich List – das genaue Geburtsdatum ist nicht überliefert- zählt mit Adam Smith und Karl Marx zu den Vordenkern der Nationalökonomie. Seine an der Praxis orientierten Gedanken sind bis heute aktuell. Zu Lebzeiten stieß er mit seinen weitreichenden und im wörtlichen Sinn grenzüberschreitenden Ansätzen auf weniger Resonanz. Diese waren grundlegender und umfassender Natur und zielten auf nichts geringeres als eine gut ausgebildete Bevölkerung, in der Lage selbstständig zu denken und zu handeln. Diese sollte einerseits die Rahmenbedingungen einer Rechtsprechung und Verwaltung nach liberaldemokratischen Grundsätzen sicherstellen, andererseits helfen das Unternehmertum und die Produktion weiterzuentwickeln. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. stand dem einiges im Wege. So war List einer derjenigen, die die Aufhebung von Adelsprivilegien und der Leibeigenschaft forderte, die Beziehungen unterschiedlich entwickelter Staaten analysierte und sich letztendlich um die Aufhebung wirtschaftlicher Schranken bemühte. Eine Hauptgrundlage für die Umsetzung seiner Ziele bildete die Schaffung eines gut ausgebauten Netzes an Verkehrswegen. Friedrich List ist deshalb als Eisenbahnpionier im Gedächtnis geblieben.

List stammte aus einer alteingesessenen und einflussreichen Handwerkerfamilie in Reutlingen. Der väterlichen Weißgerberei wenig zugetan, stattdessen begabt für Organisations- und Verwaltungsaufgaben, stieg der rege List schnell in der württembergischen Hierarchie auf und wurde 1817 ohne akademische Vorbildung Professor an der neu eingerichteten Staatswirtschaftlichen Fakultät der Uni Tübingen. Das nach zahlreichen Kriegen verarmte und an den Folgen der damaligen Hungersnot leidende Württemberg brauchte dringend Verbesserungen. 1818 gründete List zusammen mit Frankfurter Kaufleuten den Deutschen Handels- und Gewerbeverein, der sich für die Aufhebung der Binnenzölle im Deutschen Bund aussprach. Dem württembergischen König ging dieses freie Handeln zu weit. List musste sich von der Universität verabschieden.

Als Reutlinger Abgeordneter im württembergischen Landtag veröffentlichte List 1821 die Reutlinger Petition, die angesichts der herrschenden Umstände Reformen in Staat, Verwaltung und Rechtsprechung zum Ziel hatte und zu einer Verurteilung wegen Staats- und Majestätsverbrechen führte. List verlor seinen Sitz im Landtag, wurde zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt und floh zunächst ins Ausland. Anschließend emigrierte er unter Verzicht auf das württembergische Bürgerrecht in die USA. Dort konnte er seine wirtschaftlichen Fähigkeiten beweisen. 1830 erhielt List die amerikanische Staatsbürgerschaft, kehrte jedoch schon 1832 nach Deutschland zurück und war maßgeblich am Bau der ersten deutschen Ferneisenbahnstreck von Leipzig nach Dresden beteiligt. 1841 erschienen mit Das nationale System der politischen Ökonomie sein wissenschaftliches Hauptwerk. Daneben veröffentlichte er als Mitherausgeber, Redakteur und Korrespondent rund 700 Aufsätze und trug damit zur Entwicklung wirtschaftlich orientierter Fachzeitschriften wie dem Zollvereinsblatt oder dem Eisenbahnjournal bei.

Die Anstrengungen waren enorm, Rückschläge blieben nicht aus. So gab es zunehmend Differenzen mit dem Zollverein. Nachdem der Verleger Cotta 1846 das Zollvereinsblatt eingestellt hatte, versuchte List die Herausgabe zu übernehmen. Finanziell und nervlich angeschlagen trat er im selben Jahre eine Erholungsreise nach Italien an. Er starb am 30. November in Kufstein in Tirol durch Suizid.

Zum 175. Todestag präsentiert die Stadt Reutlingen gemeinsam mit dem Reutlinger Geschichtsverein einen Festvortrag des Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Harald Hagemann: „Durch Wohlstand zur Freiheit. Vortrag zum 175. Todestag von Friedrich List (1789–1846)“ – online zugänglich über www.reutlingen.de/geschichtsverein ab 18.45 Uhr.

Im Anschluss an den Vortrag wird der List-Forscher Dr. Dr. Eugen Wendler mit der Bürgermedaille der Stadt Reutlingen geehrt.
Die Sammlung von Eugen Wendler ist als Dauerausstellung im IHK-Haus der Wirtschaft zugänglich und zeigt die Lebensstationen Friedrich Lists.

Weiter Informationen und Veranstaltungen finden Sie unter dem Stichwort Friedrich List beim Heimatmuseum Reutlingen
 

Zum Weiterlesen: Friedrich List und die Reutlinger Petition

Zum Nachlass im Friedrich-List-Archiv beim Stadtarchiv Reutlingen
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Mathilde Planck erhält das Bundesverdienstkreuz, 1951, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]
Mathilde Planck erhält 1951 das Bundesverdienstkreuz, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

In ihrem über 90-jährigen Leben wurde Mathilde Planck mit vielen Veränderungen konfrontiert. Dass sie sich einmal für Frauenbildung und Politik engagieren würde, zeichnete sich zunächst nicht ab. Kindheit und Jugend im Königreich Württemberg standen im Zeichen der traditionellen Rollen einer Tochter aus dem gehobenen Bürgertum. Mathilde wurde am 29. November 1861 in Ulm als viertes Kind des Professors und Gymnasiallehrers Karl Christian Planck und seiner Frau Auguste geboren. Sie scheint ein eher verträumtes Kind gewesen zu sein. Nachdem der Vater in der Anstalt Winnental verstorben war, übernahm sie die Haushaltsführung für die kranke Mutter und die kleineren Geschwister. Eine über die Schule hinausgehende Ausbildung stand nicht zur Diskussion. Die Familie zog nach Stuttgart und traf dort auf Max Planck, einen Vetter väterlicherseits und Rektor des Karls-Gymnasiums. In Stuttgart ergaben sich neue Perspektiven in Form des Lehrerinnenseminars des Fräulein von Prieser, die nahezu einzige Möglichkeit für Frauen, eine gehobene Berufsausbildung zu absolvieren - auch wenn die Rahmenbedingungen und Perspektiven zunächst weit hinter denen der männlichen Kollegen zurückblieben.

Mit 23 Jahren begann Mathilde eine Lehrerinnenausbildung bei Fräulein von Prieser, wobei sie sich weiterhin um die Familie kümmerte. Nach dem Examen, 1887, arbeitete sie am Seminar sowie am ersten württembergischen Mädchengymnasium. In dieser Zeit begann sie auch, sich der Vereinsarbeit für Frauen zuzuwenden und widmete sich neben Berufs- und Bildungszielen Themen wie Prostitution und Alkoholmissbrauch. Sie war maßgeblich an dem 1901 gegründeten Verband Württembergischer Frauenvereine beteiligt und ab 1906 Vorsitzende des von ihr mitbegründeten Württembergischen Lehrerinnenvereins, was dazu beitrug, dass sie bald überregional bekannt wurde. Ab 1910 arbeitete sie verstärkt als Journalistin für die Zeitungen der Frauenverbände.

Dem Ersten Weltkrieg gegenüber war Mathilde Planck kritisch eingestellt und betrieb zusammen mit Frida Perlen die Gründung des Frauenverbandes der Deutschen Friedensgesellschaft. Mit der Einführung des Frauenwahlrechts in der Weimarer Republik und der demokratischen Gleichstellung der Frauen zog die fast 60-jährige Mathilde für die DDP in den Landtag ein, wo sie bis 1928 Abgeordnete blieb. Von 1921 bis 1927 übernahm sie die Redaktion der Frauenbeilage Die Rosa Frau des Stuttgarter Neuen Tagblatts. Mit der NS-Zeit kam der Abbruch fast aller politischer und gesellschaftlicher Aufgaben. Mathilde Planck zog sich zurück und widmete sich der Herausgabe der Arbeiten ihres Vaters. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie im hohen Alter noch einmal politisch aktiv und rief angesichts neuerlicher Spannungen zwischen Ost und West zu mehr Verantwortung auf. Zum 90. Geburtstag erhielt sie als erste Frau das Bundesverdienstkreuz. 1953, mit 91 Jahren, trat sie als Kandidatin bei den Bundestagswahlen an, wo sie sich für die GDP in Ludwigsburg aufstellen ließ aber ausschied. Gegen Ende ihres langen Lebens und als letzte ihrer Geschwister fühlte sie sich zunehmend einsam und verstarb am 31.07.1955.

Zum Weiterlesen auf LEO-BW:
Die ausführliche Biographie von Mathilde Planck
Hundert Jahre Frauenwahlrecht: Frauen in den verfassunggebenden Versammlungen von 1919 in Baden und Württemberg
Im Themenmodul Von der Monarchie zur Republik: Frauen – Bemühungen um politische Partizipation in Württemberg

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Eine der Degenfeld-Schanzen, die auch im Sommer beim Mattenspringen betrieben werden – eine gern aufgesuchte Attraktion für Fans des Sports. [Quelle: Wikipedia CC BY-SA 3.0]
Eine der Degenfeld-Schanzen, die auch im Sommer beim Mattenspringen betrieben werden – eine gern aufgesuchte Attraktion für Fans des Sports. [Quelle: Wikipedia CC BY-SA 3.0]

Ja doch, nicht nur die Schwarzwälder verfügen über Schanzen. Nahe Degenfeld, auf dem Kalten Feld bei Schwäbisch Gmünd, wurde die erste Anlage Mitte der 1920er Jahre eingeweiht und der Standort ab den 1990er Jahren zu einem Zentrum ausgebaut. Der Ski-Club war bereits 1922 gegründet worden. Schon in den Anfangsjahren stand der Club den Damen offen. Die ersten großen Erfolge kamen in den 1950er Jahren, als mit der mehrfachen deutschen Meisterin Stefanie Köhrer eine Sportlerin aus dem Skiclub bei den olympischen Winterspielen 1956 in Cortina d‘ Ampezzo teilnehmen konnte. Rund 60 Jahre später sorgt Carina Vogt für Aufsehen. Sie konnte bei den Winterspielen in Sotschi 2014 in der erstmals zugelassenen Disziplin des Frauenskispringens die Goldmedaille auf der Normalschanze erringen.

Erst um die Jahrtausendwende setzte sich das Frauenskispringen als Wettkampfdisziplin durch, bis dahin waren die Wettbewerbe eine Männerdomäne. Die ersten Weltmeisterschaften fanden 2009 im tschechischen Liberec statt. Carina Vogt konnte noch weitere Erfolge verbuchen, so bei den Weltmeisterschaften in Falun und Lahti. Zu den Springerinnen des Clubs zählt auch Anna Rupprecht und beim Nachwuchs gibt es neben den Jungs mehrere Mädchen.

Weitere Infos beim Skiclub Degenfeld 

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 Wunderkiefer
Wunderkiefer in Bad Herrenalb [Quelle: Landauf, Landapp / Fotograf/in: Daniel]

Den Ursprung des hübschen Schwarzwaldstädtchen Bad Herrenalb im idyllischen Albtal bildete das 1149 gestiftete und 1535 reformierte Zisterzienserkloster Herrenalb. Die 1791 aus ehemaligem Kloster und Klosterweiler gebildete bürgerliche Gemeinde entwickelte sich zu einem Kurort, der 1887 zur Stadt erhoben wurde und seit 1971 das Prädikat „Bad" führt.

Heute sind die Ausmaße der einstigen Klosteranlage nur noch archäologisch zu erschließen. Von der im späteren 12. Jh. vollendeten Klosterkirche haben sich Reste der Vorhalle mit zum Teil romanischen Bauelementen und dem Westgiebel erhalten, dazu der spätgotisch erneuerte Chor, der seit 1739 als evangelisches Gotteshaus diente. An alter Substanz existieren darüber hinaus zwei Speicherbauten mit teilweise romanischem Mauerwerk sowie Reste eines Befestigungsturms mit Buckelquadern.

Auch die verbliebenen Zeugnisse vom geistigen Leben des Klosters sind überaus spärlich. Wenig mehr als zwanzig Handschriften und etwa ein halbes Dutzend Drucke aus der Klosterbibliothek, zumeist liturgische Texte aus dem 15. und frühen 16. Jh., werden heute in Lichtenthal, Karlsruhe, Stuttgart und Berlin verwahrt. In Ottersweier (Maria Linden) und Durmersheim (Maria Bickesheim) bestehen noch immer Wallfahrten, die auf die Initiative der Herrenalber Zisterzienser zurückgehen.

Besucherinnen und Besucher der Klosterruine in Bad Herrenalb erfreuen sich vor allem an dem circa 200 Jahre alten Baum, der auf dem Mauerwerk der Vorhalle der Klosterruine wächst und das etliche Meter über dem Boden, ohne erkennbaren Kontakt zum Erdreich. Die Wurzeln der Kiefer haben sich ihren Weg durch das Gemäuer bis in den Erdboden gebahnt. Dadurch versorgt sich der Baum mit den wichtigen Nährstoffen und Wasser.

Wenn Sie auch Lust haben, Ihre Lieblingsorte im Ländle zu teilen, dann nehmen Sie die LEO-BW Landeskunde-App "Landauf, LandApp" doch mit auf Ihren nächsten Wochenendausflug! Egal ob groß oder klein, gewöhnlich oder ungewöhnlich: Mit jedem weiteren geteilten Ort oder Fundstück füllt sich die interaktive Karte Baden-Württembergs ein bisschen mehr. Alle Infos finden Sie hier. (JH)
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