Frauen in den verfassunggebenden Versammlungen von 1919 in Baden und Württemberg
Am 19. Januar 1919 konnten mit den allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung erstmals Frauen auf Reichsebene das Wahlrecht ausüben. Sie durften wählen und gewählt werden. Vorangegangen waren die Wahlen zu den verfassunggebenden Versammlungen in Baden am 5. und in Württemberg am 12. Januar. Mit rund 90 bzw. 88 Prozent war in beiden Fällen eine sehr hohe Wahlbeteiligung zu verzeichnen. In Baden belegten die Frauen 9 von 107 Sitzen, in Württemberg waren es 13 bei insgesamt 150 Sitzen.
Wer waren diese Frauen?
In Württemberg gehörten die Frauenrechtlerinnen und Politikerinnen Mathilde Planck (1861-1955, DDP) und Clara Zetkin (1857-1933, SPD, USPD, KPD) zu den Abgeordneten. Thekla Kauffmann (1883-1980, DDP) war die einzige jüdische Abgeordnete. Sie hatte sich im Verein für Frauenstimmrecht engagiert, schied aber bereits 1920 wieder aus dem Landtag aus und widemtet sich der Sozialarbeit. Siekonnte 1941 in die USA fliehen. Fanny Vorhölzer geb. Klimmer (1869-1941, SPD) hatte als Hausangestellte gearbeitet und war zusammen mit ihrem Mann Karl Vorhölzer, dem Bezirksleiter des Metallarbeiterverbands für Württemberg, für die Gewerkschaft tätig gewesen. 1919 übernahm sie den Vorsitz des Hausangestelltenverbandes in Stuttgart.
Zu den bekannten Persönlichkeiten in Baden zählte die Vorsitzende der sozialdemokratischen Frauen Badens, Therese Blase (1873-1930, SPD) und die Frauenrechtlerin und Rechtshistorikerin Marianne Weber (1870-1954, DDP), die auch als erste Frau vor dem badischen Landtag eine Rede hielt. Die Lehrerin Maria Anna Beyerle (1882-1968, Zentrum) brachte über ihre Tätigkeit für den Verein Katholischer Deutscher Lehrerinnen ihre Kenntnisse zu bildungs- und sozialpolitischen Themen ein. Nach 1945 gehörte sie zum Gründungskreis der Badisch Christlich-Sozialen Volkspartei (BCSV), Vorläufer der CDU in Südbaden und war von 1947 bis 1952 die einzige Frau ihrer Fraktion im Badischen Landtag von Freiburg.
Zusammenstellung der Frauen im Württembergischen Landtag 1919 bis 1920
Verfassunggebende Landesversammlung des freien Volksstaates Württemberg 1919 bis 1920:
- Mathilde Brückner (SPD)
- Emilie Hiller (SPD)
- Thekla Kauffmann (DDP)
- Maria Keinath (DDP)
- Mathilde Kühnert (Zentrum)
- Ella Müller-Payer (DDP)
- Mathilde Planck (DDP)
- Luise Rist (Zentrum)
- Laura Schradin (SPD)
- Amélie Freifrau v. Soden (Zentrum) ausgetreten am 2. Juni 1919, nachgerückt ist Eugen Feil
- Fanny Vorhölzer (SPD)
- Eugenie Willig (DDP)
- Clara Zetkin (USPD)
Zusammenstellung der weiblichen Abgeordneten des Landtages der Republik Baden während der ersten Wahlperiode (1919 bis 1921)
Der konstitutierenden Sitzung am 15. Januar gehörten an:
- Maria Beyerle (Zentrum)
- Therese Blase (SPD)
- Kunigunde Fischer (SPD)
- Luise Kräuter (SPD), ausgeschieden im Oktober 1919. Mandatsnachfolger war August Hässig
- Mathilde Otto (Zentrum), ausgeschieden am 19. Januar 1920. Mandatsnachfolger war Eugen Baumgartner
- Sofie Regenscheit (SPD)
- Maria Rigel (Zentrum)
- Klara Siebert (Zentrum)
- Marianne Weber (DDP), ausgeschieden im Oktober 1919. Mandatsnachfolger war Otto Vielhauer
Später kamen hinzu:
- Marie Schloß (DDP), eingetreten am 29. Oktober 1919 als Nachfolgerin des Abgeordneten Martin Venedey
- Helene Platenius (DDP), eingetreten am 18. Februar 1920 als Nachfolgerin des Abgeordneten Alfred Massa; ausgeschieden am 2. Oktober 1920. Mandatsnachfolger war Wilhelm Bock
Weitere Informationen zum politischen Engagement der Frauen im Vorfeld und zu Beginn der Weimarer Republik finden Sie im Themenmodul „Von der Monarchie zur Republik“
Bemühungen um politische Partizipation in Württemberg
Der 1870 gegründete Vaterländische Frauenverein Sigmaringen ermöglicht Rückschlüsse zur Situation engagierter Frauen in Hohenzollern