Malsch

Die ehemalige jüdische Schule mit Lehrerwohnung in Malsch, um 1962. Das Gebäude wurde in den 1960er Jahren abgebrochen. Die separate Synagoge wurde während der Pogrome im November 1938 schwer beschädigt und wenig später abgebrochen. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1114]
Die ehemalige jüdische Schule mit Lehrerwohnung in Malsch, um 1962. Das Gebäude wurde in den 1960er Jahren abgebrochen. Die separate Synagoge wurde während der Pogrome im November 1938 schwer beschädigt und wenig später abgebrochen. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1114]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Vor seinem Anfall an Baden 1803 gehörte Malsch zum Gebiet des Hochstifts Speyer. 1740 lebten in Malsch 3, 1785 6 Judenfamilien. 1825 waren bereits 54 Juden im Dorf ansässig.

Die jüdische Gemeinde wurde 1827 dem Rabbinatsbezirk Bruchsal zugewiesen. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete sie sich eine Synagoge in einem Hintergebäude der Hauptstraße. Im Nachbarhaus befand sich die Religionsschule und die Wohnung des israelitischen Lehrers. Die Toten wurden auf dem jüdischen Friedhof in Bad Mingolsheim beigesetzt.

Die Höchstzahl von Juden war 1887 mit 123 erreicht. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem vier Juden aus Malsch fielen, sank die Zahl der jüdischen Einwohner auf 52 im Jahre 1925 und auf 40 im Jahre der Machtergreifung Hitlers.

Die meisten Juden ernährten sich vom Handel mit Vieh, Fellen und Hopfen. Friedrich und Artur Löb waren Inhaber einer Zigarrenfabrik im benachbarten Rot, die etwa 20 Arbeiter beschäftigte. Die Händler mussten bereits 1935/36 ihre Tätigkeit einstellen. Nur zwei Ladengeschäfte für Textilien und für Schuhe konnten sich bis 1938 halten.

In der Kristallnacht wurde das Textilgeschäft des damals bereits 73jährigen Isaak Hilb geplündert und anschließend seine Wohnung und die seines Schwiegersohnes demoliert. Das SA-Rollkommando aus Wiesloch schlug die gesamte Inneneinrichtung der Synagoge zusammen. Sie wurde 1939 abgerissen. Bis zum Beginn der Deportationen wanderten 21 Juden aus Malsch aus. 14 wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. 5 von ihnen starben dort, darunter das hochbetagte Ehepaar Hilb. 4 weitere wurden in Auschwitz umgebracht. Ein Mädchen überlebte in Kinderheimen und Verstecken und wanderte nach Kriegsende in die USA aus.

Ludwig und Klara Heß kehrten 1949 nach Aufenthalten in verschiedenen französischen Lagern nach Malsch zurück. Das Los der übrigen beiden Deportierten ist unbekannt. Von den 5 seit 1933 aus Malsch verzogenen Juden konnte einer 1939 nach den USA emigrieren. Manfred Heß wurde von Darmstadt nach Gurs und von dort nach Auschwitz verschleppt. Erna Heß und ihr Sohn Richard wurden 1941 von Esslingen nach dem KZ Riga-Jungfernhof deportiert. Man hat nie wieder von ihnen gehört. Benno Heß schließlich soll in Jugoslawien umgekommen sein.

Als letzte Erinnerung an die jüdische Gemeinde Malsch musste die alte baufällige Religionsschule 1960 abgetragen werden.

 

Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Malsch, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Heimatbuch „1200 Jahre Malsch. Menschen – Schicksale – Ereignisse, die Geschichte einer Gemeinde“, 1983, S. 261.
  • Messmer, Willy, Juden unserer Heimat. Die Geschichte der Juden aus den Orten Mingolsheim, Langenbrücken und Malsch, Bad Schönborn 1986.
  • Schmitz, Hans-Georg, Die Synagoge in Malsch, 2016.
  • Stolperstein-Initiative Malsch: Stolpersteine Malsch. Erste Verlegung am 19. Februar 2018, 2018.
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