Stirner, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 04.11.1882;  Rosenberg bei Ellwangen
Sterbedatum/-ort: 21.06.1943;  Schwäbisch Hall
Beruf/Funktion:
  • Maler, Zeichner, Schriftsteller
Kurzbiografie: 1896–1899 Lehre als Zimmermaler
1899–1905 Auf Wanderschaft durch Deutschland
1906–1907 Kunstgewerbeschule Stuttgart
1913 Illustrationen zu „Das Stuttgarter Hutzelmännlein“ von Eduard Mörike
1913–1914 Erste Reise nach Algerien
1915–1920 Aufenthalt in Sanatorien in der Schweiz
1920/21 Erste Sizilienreise
1925 Reise nach Capri
1929/30 Erneuter Aufenthalt in Algerien
1930/31 Reise nach Palästina
1932/33 Illustration der „Fibel für die katholischen Volksschulen in Württemberg“
1933/34 Reise nach Sizilien
1937 Reise nach Italien
1938/39 Letzter Aufenthalt in Sizilien
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Auszeichnungen: Ehrenbürger der Gemeinde Rosenberg (1942)
Verheiratet: 19.5.1923 Pauline, geb. Wagner (geboren 12.7.1903, gestorben 11.11.1989)
Eltern: Vater: Alois Stirner (geboren 20.10.1851), Sattler und Kleinbauer, 1882 in Amerika verschollen
Mutter: Josefa, geb. Scheuermann (geboren 15.7.1842, gestorben 3.4.1899)
Kinder: 4:
Rose Josefa (genannt Rosa) (geboren 6.10.1923);
Hermann (geboren 3.2.1926, gestorben 18.9.1944);
Zwillingsschwestern Elisabeth und Marianne (geboren 26.6.1927).
GND-ID: GND/118618253

Biografie: Susanne Lange-Greve (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 224-225

Stirners Vater wanderte noch vor dessen Geburt nach Amerika aus und galt bald als verschollen. Die Mutter verdiente sich als Haushälterin im Allgäu ihre Existenz, der Junge half als Viehhirte. Als Stirner acht Jahre alt war, konnte sich seine Mutter dank einer kleinen Erbschaft in Schleifhäusle niederlassen. Der kleine Weiler gehört zum Ellwanger Ortsteil Schrezheim, bis 1896 besuchte der Junge die dortige Volksschule.
Mit 13 Jahren begann er seine dreijährige Lehre als Zimmermaler in Ellwangen. Kurz nach seinem 17. Geburtstag starb seine Mutter, nach der Gesellenprüfung zog der mittellose Vollwaise jahrelang durch Deutschland und hielt sich mit kleinen Aufträgen über Wasser.
1906 bekam er ein Stipendium an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart, blieb jedoch nur eineinhalb Semester, da wegen der langen Fehlzeiten durch seine Lungenerkrankung das Stipendium nicht verlängert wurde. Dank der Vermittlung seines Lehrers Prof. Eugen Nanz bekam er seine ersten Aufträge als Illustrator, u. a. bei den „Meggendorfer Blättern“. Der Stuttgarter Verleger Francke beauftragte Stirner, das „Stuttgarter Hutzelmännlein“ von Eduard Mörike zu illustrieren. Mit dieser Arbeit gelang ihm 1913 der künstlerische Durchbruch. Von König Wilhelm II. von Württemberg erhielt Stirner daraufhin ein Reisestipendium, das ihn auf Vorschlag seines Freundes Finckh nach Biskra in Algerien führte. Dort erhoffte sich Stirner eine Heilung seines Lungenleidens. Doch 1914 verschlimmerte sich die Bronchitis erneut, von 1915 bis 1920 hielt er sich in verschiedenen Sanatorien der Schweiz auf, im Tessin, später im Engadin sowie am Zürichsee. 1916 kam es zur ersten Begegnung und Zusammenarbeit mit Hermann Hesse, den er auch in späteren Jahren bei seinen Fahrten nach Italien besuchte. Außer der Bekanntschaft und Freundschaft mit Hermann Hesse und Ludwig Finckh pflegte er intensiven Austausch u. a. mit Theodor Heuss, Wilhelm Schussen und dem Stuttgarter Museumsdirektor Dr. Otto Fischer. Im Sommer 1919 wohnte Stirner einige Wochen bei dem expressionistischen Maler Ernst Ludwig Kirchner auf der Stafelalp in Davos. Diese Begegnung gab ihm prägende Impulse für seine Farbgebung.
Nach den sechs Schweizer Jahren reiste Stirner nach Sizilien und kehrte im Herbst 1921 wieder nach Deutschland zurück. Seit zwei Jahrzehnten war er auf Wanderschaft gewesen, 1923 heiratete er und baute sich in Ellwangen auf der Wolfgangshöhe ein Haus. Es schloss sich eine fruchtbare Schaffensperiode an. Seine ersten Bücher erschienen, die neben seinen Bildern auch zahlreiche eigene Gedichte und Erzählungen enthielten und seinen Ruf als Malerpoet begründeten. Nach einigen sesshaften Jahren folgten erneut Reisen in den Süden: Capri (1925), Biskra (1929/30), Palästina (1930/31) und Sizilien (1933/34). 1932 erhielt er den Auftrag, die neue „Fibel für die katholischen Volksschulen in Württemberg“ zu illustrieren, die 1933 erschien. Dadurch wuchs der Bekanntheitsgrad seiner Zeichnungen weiter. Nach 1935 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, doch hielt er sich auch in der zweiten Hälfte der 30er Jahre mehrmals in Italien und Sizilien auf. Seine letzten Arbeiten führte er im Kriegswinter 1939/40 aus. Auch ein siebenmonatiger Krankenhausaufenthalt in den Jahren 1940/41 verbesserte seinen Gesundheitszustand nicht, zu seinem chronischen Asthma kam ein Darmgeschwür. Am 21. Juni 1943 starb Stirner 60jährig in Schwäbisch Hall.
Der Bildhauer J. W. Fehrle schuf dem Freund die Grabfigur eines Wanderers.
Theodor Heuss schrieb 1919 über Stirner, „daß er, gewiß ein naiver und nicht mit dem Hinterkopf der Bildung arbeitender Mann, das Geheimnis des Zeichnens beherrscht, das Liebermann einmal gelegentlich ‚Die Kunst des Weglassens‘ genannt hat.“ Die Erfahrungen seiner jahrelangen Reisen führten Stirner über den Kreis der Heimatkunst hinaus und mündeten in expressiven Wüsten- und Meerbildern voll intensiver Farbkraft.
Das Ellwanger Schlossmuseum und die Dauerausstellung im Museum „Altes Rathaus“ in Rosenberg zeigen Werke Stirners. Teile seines Briefwechsels (u. a. mit Hesse, Schussen und Finckh) verwahrt das Deutsche Literaturarchiv in Marbach/Neckar.
Quellen: Bilder Museum Rosenberg, Schlossmuseum Ellwangen, Privat- und Familienbesitz. Weitere Dokumente im Schriftgutarchiv Ostwürttemberg in Heubach-Lautern.
Werke: (Bilder, Auswahl); Die Athleten, 1912; Dreikönigstag auf der Stafelalp, 1919; Sonntagnachmittag, 1920; Heuernte in der Obstwiese, 1920; Schützenfest in Ellwangen, 1923; Ellwangen – Stiftskirche im Winter, 1923; Selbstbildnis mit Birkenblatt, 1927; Regenbogenschüsselchen, 1929; In Retzbachs Garten, 1929; Kreuzigung in den Schweizer Alpen, 1929; Jerusalem – die Davidsburg, 1930; Tabgha C. Im Tal der wilden Tauben, 1931; Tiberias – Orientalisches Häusergewinkel, 1931; Sizilianisches Gehöft, 1933; Selbstbildnis in Syrakus, 1934; Syrakus – Griechisches Theater, 1934.
(Buchpublikationen) Auf Wanderschaft, 1922; Von mir und dir. Neues Skizzenbuch gezeichnet und geschrieben von Karl Stirner, 1924; Am Wallfahrtsort, 1927; Es wird alle Jahre wieder recht, 1928; Das Karl Stirner-Buch. Mit einer Einführung von Max Jungnickel, (o. J.) 1935 und 1946; Wanderungen am Mittelmeer, 1946; Was uns alles gehört, 1946.

Literatur: Theodor Heuss, Brief in die schwäbische Heimat, in: Westermanns-Monatshefte, März (1919); Adolf Schahl, Karl Stirner, in: Ellwanger Jahrbuch 18 (1958/1959), 25-34; Hermann Hauber, Karl Stirner seine Freunde, seine Förderer, in: ebda., 29 (1981/82), 77-90; ders., Karl Stirner – Der schwäbische Malerpoet, 1982; ders., Im Heiligen Land: eine Künstlerreise, 1930/31. Karl Stirner und Alois Schenk, 2005; ders., Karl Stirner 1882 C 1943. Sein Werk im Spiegel der Kunstkritik, mit einem Werkverzeichnis, 2007.
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