Die Figuren des Ehrsamen Narrengerichts als Fotomontage von 1914 [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]
Die Figuren des Ehrsamen Narrengerichts als Fotomontage von 1914 [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]

Das Ehrsame Narrengericht zur Grosselfingen ist ein Fasnachtsspiel mit vielen Figuren. Fast alle Einwohner in dem rund 2000 Personen umfassenden Ort nahe der Burg Hohenzollern sind einbezogen. Das phantasievolle und farbenprächtige Geschehen ist wenig bekannt, was daran liegen mag, dass es nur alle paar Jahre, zudem in unregelmäßigen Abständen, stattfindet. Seine Bedeutung kommt auch darin zum Ausdruck, dass es in die immaterielle Liste des UNESCO-Kulturerbes der Bundesrepublik aufgenommen wurde.

Die Geschichte lässt sich sehr weit zurückverfolgen. Das Rügerecht, Namensgeber und wichtigstes Privileg des Narrengerichts, wurde zwischen 1407 und 1522 in einem Freiheitsbrief festgehalten. Darüber hinaus besteht über die Bruderschaft des Narrengerichts hinaus eine um 1620 gegründete Marienbruderschaft, die auch außerhalb der Fastnachtssaison in Erscheinung tritt und die wechselseitige Unterstützung der weiblichen und männlichen Mitglieder zum Ziel hat. Als weitere Besonderheit wird an den Spieltagen das ganze Dorf zum Venezianischen Reich erklärt. Anlass war vermutlich eine Begebenheit des frühen 15. Jh. Um 1418 hatten die Herren von Bubenhofen den Ort erworben. Als die Pest ausbrach, flüchtete die Ortsherrschaft nach Italien. Von dort brachten sie viele Eindrücke mit und ein Festsollte dazu beitragen, die Bevölkerung wieder aufzuheitern. Die Herren von Bubenhofen, deren Blütezeit ebenfalls ins 15. Jh. fällt, hatten in Grosselfingen ihren Sitz, wo neben der Hainburg ein neues Schloss entstand. Zum Besitz gehörten weitere Orte wie Geislingen und Dotternhausen, weiterhin die Burg Falkenstein im Oberen Donautal.

Pro Saison gibt es zwei Aufführungstage, am Schmotzigen, hier Unseliger Donnerstag genannt, sowie am Sonntag davor. Es beginnt, nach einem Gottesdienst, um die Mittagszeit. Über das Venezianische Reich wacht ein Narrenvogt mit Fähnrich und Majoren. Beim Narrengericht, einem der Höhepunkte, sitzen die Herren von Venedig zusammen und beratschlagen, wie die während des Jahres vorgefallenen „Untaten“ zu ahnden sind. Die „Strafen“ werden, begleitet von Versen, auf dem Marktplatz vollzogen. Ein weiterer Bestandteil des Ablaufs ist der Narrenzug durch den Ort, mit dem Ziel, beim Pfarrer einen großen Topf Kraut mit Speck und Sauschwänzen zu erbitten. Hier haben der Ortspfarrer, die Pfarrköchin, der Metzger und die Doktoren ihren Auftritt. Die Grosselfinger Narren verweisen gerne auf die gesundheitsfördernde Wirkung des Krautes. Am Spiel um den Raub des Sommervogels nehmen über 300 Personen in 39 verschiedenen Kostümen teil. Der Sommervogel symbolisiert das Herannahen der warmen Jahreszeit. Am Ende bekommen die Räuber stets ihre gerechte Strafe und dem Ende des Winters steht nichts mehr im Weg.

Zum Figurenreigen der Grosselfinger Fastnacht gehören Hanswurste, Geißelläufer, Wegräumer, Edelknaben und Stabläufer, Zimmer- und Bergleute, Bäder, Geiger, sonstige Spielleute und noch einige mehr. Zu den herausragenden Gestalten zählen das Narrenrössle, auch Venedisches Pferd genannt, die bereits genannte Obrigkeit, dazu Magistrate und Knappen. Fanfaren erklingen, Lieder und Tänze werden aufgeführt und alle treiben ihre Späße mit den Anwesenden. Am auffälligsten sind die Butzen, die mit dunklen Umhängen und vermummten Gesichtern an Pest und Tod erinnern, deren bunter Kopfschmuck mit Bändern aber zugleich darüber triumphieren.

Situationsbedingt findet das Rombalgai n diesem Jahr nicht statt. Ersatzweise wird ein Film auf YouTube angeboten. Diese und viele weitere Informationen finden Sie auf der Homepage vom Ehrsamen Narrengericht zu Grosselfingen

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 Das Hemminger Schloss, heute Rathaus [Quelle: Gemeinde Hemmingen]
Das Hemminger Schloss, heute Rathaus [Quelle: Gemeinde Hemmingen]

Die vielen geistlichen und weltlichen Herrschaften auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg hinterließen eine Fülle historischer Gebäude. Einige sind überregional bekannte Kulturstätten, wie die Schlösser in Karlsruhe oder Stuttgart. Aber auch die Geheimtipps können sich sehen lassen, wie beispielsweise das Schloss in Hemmingen, das heute als Rathaus genutzt wird.

Die Baugeschichte des Schlosses reicht bis ins 12. Jh. zurück. Seitdem wurde das Erscheinungsbild immer wieder durch Um- und Anbauten verändert. Die heutige Anlage besteht aus zwei Flügeln, die ihr einheitliches Erscheinungsbild Mitte des 19. Jh. erhielt. Das mehrfach veränderte und auch einmal durch Brand beschädigte Alte Schloss wurde in den 1720er Jahren umgestaltet und mit einem Anbau versehen. In dieser Zeit entstand auch das Untere Schlösschen als weiteres Gebäude. Bereits Mitte des 17. Jh. hatte Johann Konrad von Varnbüler Hemmingen als württembergisches Lehen für seine Verdienste als Unterhändler des Westfälischen Friedens erhalten. Im Lauf der Zeit entstanden Erweiterungsbauten, die Teile der Anlage verbanden und teils auch wieder abgebrochen wurden. In Hemmingen befand sich bis in die jüngste Vergangenheit der Sitz der Familie Varnbüler, so auch unter Karl von Varnbüler, später Leitender Minister von Württemberg, der den Umbau um 1852 in Auftrag gab. Christian Friedrich Leins, der Architekt der Stuttgarter Villa Berg, verband die beiden Gebäude und verlieh ihnen mit Erkern, Ecktürmen, Bekrönungen und dem Portal eine einheitliche Fassung. Im Gegensatz zu der klassisch-schlichten Architektur der Villa Berg wandte sich Leins in seinem Hemminger Projekt historisierenden Formen zu, die den zeitgenössischen Vorstellungen eines romantischen Landsitzes entsprachen. Gleichzeitig wurde der Schlosspark als Landschaftsgarten umgestaltet. Auch die benachbarte Kirche wurde mit der achteckigen Ausgestaltung des Turms und einem Laternenaufbau stilistisch angeglichen. Als die Stadtverwaltung Mitte in den 1980er Jahren nach einer Lösung für bestehende Raumprobleme suchte, kam die Idee auf, die sanierungsbedürftige Schlossanlage für diese Zwecke zu verwenden. Mit Mitteln aus dem Landessanierungsprogramm und beträchtlichem eigenen finanziellen Aufwand wurden die Räume in den folgenden Jahren hergerichtet. Dabei kamen alte Vorlagen zum Einsatz, die die Wiederherstellung der Decken- und Wandbemalungen in den Repräsentationsräumen und im Treppenhaus ermöglichten.

Familie Varnbüler pflegte im 19. Jh. gute Beziehungen, auch auf Reichsebene. Die Kinder Karl von Varnbülers wirkten in Berlin. Hildegard, verheiratete von Spitzemberg, war gut bekannt mit Bismarck, unterhielt einen Salon und führte ein Tagebuch, das später als Abdruck veröffentlicht wurde. Axel wurde als württembergischer Gesandter zum Berliner Bundesrat entsandt. Auch künstlerisch begabt, entstanden einige der Ausmalungen im Schloss von seiner Hand. Neben anderen hohen Gästen besuchte Kaiser Wilhelm I. 1889 im Rahmen eines Manövers Hemmingen und weilte mit seinem Gefolge im Schloss.

Zum Weiterlesen:

Ulrich Gräf, Vom herrschaftlichen Schloß zum Rathaus Schloß Hemmingen, ein eklektizistischer Umbau des 19. Jahrhunderts, in: Denkmalpflege 15 Nr. 1 (1986)

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 Familienbild im Freien [Quelle: Bezirksmuseum Buchen]
Familienbild im Freien [Quelle: Bezirksmuseum Buchen, Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/]

Was macht man, wenn ein wichtiger Verwandter bei der Hochzeit nicht dabei sein kann? Ganz einfach: Man montiert ihn nachträglich ins Bild. So geschehen bei diesem Familienporträt des Buchener Fotografen Karl Weiß. Karl Weiß unterhielt über fast vier Jahrzehnte ein Fotografenatelier in Buchen, das er 1894 zusammen mit seinem Vater gegründet hatte. Weiß hatte zuvor in Karlsruhe eine Fotografenausbildung absolviert und daneben Zeichenkurse an der Kunstgewerbeschule besucht.

Das Atelier von Karl Weiß öffnete in einer Zeit, in der Versuche, Bilder durch optisch-chemische Verfahren zu fixieren, noch in den Anfängen steckten. Als erstes erfolgreich aufgenommenes und erhaltenes Foto der Welt gilt der „Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras“, den der Franzose Nicéphore Niépce 1826 auf einer asphaltbeschichteten Zinnplatte festhielt ‒ mit einer Belichtungszeit von acht Stunden. Im Jahr 1840 gelang es schließlich die Belichtungszeiten soweit zu reduzieren, dass Aufnahmen von Personen möglich wurden. In dieser Zeit entstanden auch erste kommerzielle Fotoateliers. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Fotografie dank zahlreicher optischer, chemischer und mechanischer Innovationen rasch fort. Frederic Scott Archer verbesserte 1851 das Negativ-Positiv-Verfahren erheblich, indem er mit Kollodium überzogene Glasplatten als Schichtträger verwendete.

Archers sogenanntes „nasses Kollodiumverfahren“ war zwar umständlich ‒ die Platten mussten in feuchtem Zustand belichtet und sofort entwickelt werden ‒, doch es verdrängte in Europa schon Ende der 1850er Jahre die Daguerreotypie. Der Umgang mit Glasplattennegativen vereinfachte sich dann erheblich gegen Ende der 1870er Jahre, als die von Richard Leach Maddox erfundene Gelatine-Trockenplatte marktreif wurde. Glasplattennegative blieben bis in die 1950er Jahre hinein in Gebrauch.

 Ehepaar Hemberger aus Bödigheim (Quelle: Bezirksmuseum Buchen)
Ehepaar Hemberger aus Bödigheim [Quelle: Bezirksmuseum Buchen, Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/]

Karl Weiß Atelieraufnahmen von Vereinen, Hochzeitsgesellschaften, Familien und Einzelpersonen, dazu Außenaufnahmen in Buchen und den umgebenden Gemeinden summieren sich zu seinem Bestand von mehr als 10.000 Glasnegativen unterschiedlicher Formate. Die umfangreiche Sammlung wurde im Jahr 1979 von den Erben an das Bezirksmuseum Buchen übergeben.
Vor allem zahlreiche Aufnahmen von Brautpaaren und Hochzeitsgesellschaften haben sich im Weiß’schen Bildarchiv erhalten. Dabei handelt es sich meist um Atelieraufnahmen des Brautpaares, die sich über die Jahre nur marginal verändert haben, indem unterschiedliche Kulissenwände zum Einsatz kamen, mit deren Hilfe die Aufnahmen grob datiert werden können. Auf einen Teil der Platten hat Karl Weiß den Namen des Hochzeiters eingeritzt; so dass einige der Paare identifiziert werden können. Die meisten Bilder bleiben namenlos; die Nummerierung der Platten kann zur Identifizierung leider nicht beitragen, da das Aufnahmebuch, das Weiß geführt hat, nicht erhalten ist.

Bei Fotografie der Hochzeitsgesellschaft hat Weiß tief in die analoge Bildbearbeitungs-Trickkiste gegriffen, was zu der Zeit gar nicht unüblich war. Die Fotomanipulation ist so alt wie die Fotografie selbst. Auch die Aufnahme des Ehepaars Hemberger aus Bödigheim ist eine Fotomontage, die aus einem größeren Familienbild gefertigt ist: Karl Weiß hat die beiden Personen aus einem Papierabzug des ursprünglichen Negativs ausgeschnitten, näher aneinander gerückt, dann auf einen neutralen Hintergrund aufgeklebt und schließlich erneut fotografiert.

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Die Reste von Ferdinandsdorf auf der Badischen Gemarkungskarte, um 1890 (Ausschnitt), [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H-1 Nr. 378, 2]

Viele Wüstungen entstanden in der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, als die Bevölkerung durch militärische Gewalt oder Seuchen und Hungersnöte dezimiert wurde. Andere Orte wurden nach Bränden oder Unwetterkatastrophen entweder gar nicht oder an anderer Stelle wiederaufgebaut. Das Verschwinden von Ferdinandsdorf jedoch war die Folge genauer Berechnung. Eine der Ursachen lässt sich an der geographischen Lage festmachen. Die in der Nähe von Eberbach gelegene Siedlung verteilte sich über den Hang des Winterhauchs sowie einen Teil der Hochfläche beim Katzenbuckel. Sie gehörte damit zu einer Region des Odenwalds, die bis heute den Beinamen Badisch-Sibirien trägt. Hier liegt die Jahrestemperatur nicht nur mehrere Grad unter dem Durchschnitt, es mangelt auch an Wasser und fruchtbaren Ackerböden.

Die beiden Siedlungen Ober- und Unterferdinandsdorf entstanden als separate Gründungen. Oberferdinandsdorf wurde Anfang des18. Jh. als Rodungssiedlung der Herrschaft Zwingenberg angelegt, die mit den katholischen Zuwanderern eine konfessionelle Zielsetzung verfolgte. Um 1780 kam Unterferdinandsdorf auf Initiative der kurpfälzischen Hofkammer hinzu. Die beiden Siedlungen wuchsen zusammen und bildeten um 1820 die Gesamtgemeinde Ferdinandsdorf. Die von äußerster Armut geprägte Situation der Einwohner wurde in der ersten Hälfte des 19. Jh. durch Kriege, Bevölkerungswachstum, Hungersnöte und die Kartoffelfäule weiter beeinträchtigt, sodass ihre Existenz nur durch Unterstützung von außen gesichert werden konnte. Auch die Einäscherung mehrerer Häuser, vermutlich durch Brandstiftung, trug zur Verschärfung der Situation bei. Um die öffentlichen Kassen zu entlasten, bemühten sich ab dem Ende der 1820er Jahre die zuständigen Stellen, Bewohner zur Auswanderung zu bewegen. In mehreren Gruppen traten die Auswanderungswilligen den Weg nach Amerika an. Ende Dezember 1850 erklärte das badische Staatsministerium, die Gemeinde sei aufgelöst. Schon Anfang der 1840er Jahre waren die auf der Hochfläche liegenden Gebäude abgebrochen worden. Einen Zwang zur Ausreise, wie die Abschiebung der Ortsarmen von Wimpfen 1854/55, scheint es hier nicht gegeben zu haben, doch wurden die Verweigerer auf umliegende Gemeinden verteilt. Die Ferdinandsdorfer waren nicht allein mit ihrem Schicksal, das sie u.a. mit den Einwohnern des nahegelegenen Rineck teilten. Einige wenige Anwesen von Ferdinandsdorf blieben nach 1850 erhalten. Heute ist die Fläche Bestandteil der Gemarkungen von Mülben, Strümpfelbrunn und Reisenbach, die den Gemeinden Waldbrunn und Mudau zugeordnet sind. Im überwachsenen Gelände finden sich noch einige Grundmauern.

Zum Weiterlesen:

Wege aus der Armut. Baden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Begleitband zu einer Ausstellung des Generallandesarchivs Karlsruhe, 2007

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Plakat: 15 Jahre danach. 1990 blickten die badisch-elsässischen Bürgerinitiativen auf ihren erfolgreichen Protest zurück. [Quelle: Badisches Landesmuseum 2010/570]
Plakat: 15 Jahre danach. 1990 blickten die badisch-elsässischen Bürgerinitiativen auf ihren erfolgreichen Protest zurück. [Quelle: Badisches Landesmuseum 2010/570]

Am 17./18. 1975 Februar war Baubeginn für das AKW Wyhl im Wald nahe dem Ort am Kaiserstuhl. Die Errichtung des Kraftwerks bei Wyhl war im Sommer 1973 angekündigt worden, nachdem der ursprünglich geplante Standort bei Breisach wegen heftiger Widerstände aus der Bevölkerung aufgegeben werden musste. Auch in und um Wyhl wurden unmittelbar nach Bekanntwerden des Beschlusses Proteste laut. Gegen die Pläne gingen mehrere zehntausend Ablehnungen ein, einige erreichten auch das Bundesinnenministerium. Anfang des Jahres 1975 sprach sich hinwiederum eine Mehrheit der Einwohner von Wyhl für den Bau aus, hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen. Ende Januar folgte die Freigabe. Als die Baumaschinen anrollten, kam es zu einer Besetzung des Geländes. Ganze Familien stellten sich vor die Lastwagen. Nach einer Räumungsaktion durch die Polizei wurde der Platz am darauffolgenden Sonntag nochmals besetzt. Im Verlauf des Jahres 1975 kam es zu einem gerichtlich angeordneten Baustopp, gefolgt von dessen Aufhebung im Herbst. 

Angesichts des massiven Widerstands und einer drohenden Verhärtung der Fronten gab die Landesregierung ein Strategiepapier in Auftrag, das als Grundlage für die folgenden Verhandlungen diente. Im November 1975 räumten die Besetzer den Bauplatz. Die folgenden Monate dienten zur Vorbereitung eines Verfahrens am zuständigen Verwaltungsgericht Freiburg. Dabei wurde allen Beteiligten ermöglicht, ihre Vorschläge einzubringen und Sachverständige zu benennen. Nach über zehn Verhandlungstagen, die unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit in der Herbolzheimer Breisgauhalle stattfanden, erfolgte Mitte März 1977, also rund zwei Jahre nach der ersten Besetzung und damit verhältnismäßig schnell, die Urteilsverkündung. Die Errichtung des AKW wurde wegen Sicherheitsmängeln in den bestehenden Plänen abgelehnt. Bis 1983 kam es zu weiteren Gerichtsverfahren und Protesten, die mit der Entscheidung unter dem neuen Ministerpräsidenten Lothar Späth, das Vorhaben für längere Zeit auf Eis zu legen, vorläufig endeten. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl drei Jahre später trug dazu bei, das Gefahrenpotenzial von Kernenergie stärker bewusst zu machen. In den 1990er Jahren wurde das Projekt AKW Wyhl offiziell eingestellt.

Die Bürgermeister von Weisweil, Sasbach, Wyhl und Endingen überreichen im Regierungspräsidium Freiburg Unterschriften gegen den Bau eines Bleiwerks in Marckolsheim im Elsass. Der Erfolgreiche Protest im Herbst 1974 ging den Ereignissen von 1975 in Wyhl voraus. [Quelle: Landesarchiv BW, StAF W 134 Nr. 102228f]
Die Bürgermeister von Weisweil, Sasbach, Wyhl und Endingen überreichen im Regierungspräsidium Freiburg Unterschriften gegen den Bau eines Bleiwerks in Marckolsheim im Elsass. Der Erfolgreiche Protest im Herbst 1974 ging den Ereignissen von 1975 in Wyhl voraus. [Quelle: Landesarchiv BW, StAF W 134 Nr. 102228f]

Die Proteste von Wyhl und die Entscheidung des Freiburger Verwaltungsgerichts 1977 wurden zu einem Signal. Maßnahmen, die als „von oben“ aufgezwungen empfunden wurden, waren nicht unumkehrbar und konnten in eine andere Richtung gelenkt werden. Unter den Widerständlern befanden sich viele traditionelle CDU-Wähler, wie beispielsweise Landwirte. Bemerkenswert ist außerdem, dass es sich um eine internationale Angelegenheit mit Teilnehmern aus dem Elsass und der Schweiz handelte. Auch wenn viele weitere Auseinandersetzungen folgten wurde klar, dass ein gesellschaftliches Umdenken eingesetzt hatte, das nicht mehr zu ignorieren war.

Heute ist das für das AKW Wyhl vorgesehene Gelände Naturschutzgebiet. Die Vorgänge vom Frühjahr 1975 in Wyhl haben im Lauf der Jahre legendäre Züge angenommen. Einige Stimmen warnen, nicht zu romantisieren und das Geschehen besser realistisch zu betrachten.

Weitere Informationen zum Thema:

„Die Lieder aus Whyl ..." in der Sammlung des Badischen Landesmuseums

Beiträge im SWR:

Zitat in der Überschrift nach "AKW - KKW - Wyhl Chronik: 45 Jahre! Widerstand im Wyhler Wald, in Kaiseraugst, Marckolsheim und Gerstheim" BUND, Regionalverband Südlicher Oberrhein, Artikel vom 13.02.2018 mit weiteren Thesen und Links, aufgerufen am 16.02.2022.

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