Hermann Georg Müller (1876-1931), Quelle Lebendiges Museum online LeMO
Hermann Georg Müller (1876-1931), Quelle Lebendiges Museum online LeMO

Von den politischen Verdiensten Hermann Georg Mülles, des letzten parlamentarisch legitimierter Kanzlers der Weimarer Republik, ist wenig in Erinnerung geblieben. Zu sehr wurde diese Amtszeit von der politischen Zerrissenheit der Mandatsträger geprägt, auf die die Serie der Präsidialkabinette und schließlich das endgültige Scheitern der Demokratie folgte.

Müller wurde am 18.05.1876 in Mannheim geboren. 1888 zog die Familie nach Niederlößnitz bei Dresden, vier Jahre später starb der Vater. Hermann musste das Gymnasium verlassen und begann in Frankfurt am Main eine Kaufmannslehre. 1893 trat er in die damalige Arbeiterpartei SPD ein. Müllers journalistische Begabung führte ihn 1899 nach Görlitz, wo er die Redaktion der Parteizeitung übernahm und 1904 SPD-Ortsvorsitzender wurde. Auf dem Reichsparteitag in Mannheim 1906 wurde Müller in den Vorstand gewählt. Das hier beschlossene Mannheimer Abkommen markierte eine Kursänderung hin zu einer weniger revolutionären und mehr sozialreformerischen Ausrichtung. Als Vertreter dieser Ziele operierten Hermann Müller und der spätere Reichspräsident Friedrich Ebert. Müller verfügte über gute Fremdsprachenkenntnisse und internationale Kontakte. In der Folgezeit suchte er trotz widriger Umstände immer wieder den Dialog und vertrat die Notwendigkeit von Kompromissen. 1902 heiratete er in erster Ehe Frieda Tockus, die jüdischer Herkunft war und die bereits 1905 im Kindbett verstarb.

1916 wurde Müller Mitglied der Reichstags. 1917 erlebte er die Spaltung der SPD. Nach dem Ende des Kaiserreichs sorgte er als Mitglied verschiedener Räte maßgeblich dafür, dass eine demokratisch-parlamentarische Richtung eingeschlagen wurde. In der jungen Weimarer Republik übernahm er das Amt des Außenministers und gehörte zu den Unterzeichnern des Friedensvertrags von Versailles. Gleichzeitig bemühte er sich um eine diplomatische Verständigung, die Gustav Stresemann und den außenpolitischen Erfolgen der kommenden Jahre den Weg ebneten. Nach dem Kapp-Lüttwitz-Putsch von 1920 stand er erstmals als Kanzler einem Übergangskabinett vor. Bis 1928 übernahm Müller den Vorsitz der SPD-Reichstagsfraktion. Nach den Reichstagswahlen von 1928 kam es zur Bildung einer großen Koalition unter Beteiligung der DVP und Führung der SPD mit Müller als Reichskanzler und einer weiteren Amtszeit Stresemanns. Die Unterzeichnung des Young-Plans 1929 brachte spürbare wirtschaftliche Erleichterungen, die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Souveränität sowie die Räumung des Rheinlands. Obwohl der Young-Plan 1932 wieder aufgehoben wurde, gehört er zu den großen außenpolitischen Erfolgen jener Jahre. 1929 starb Gustav Stresemann. Im März 1930 scheiterte das Kabinett Müller. Nur rund ein Jahr später, am 20. März 1931, erlag Hermann Müller im Alter von knapp 55 Jahren den Folgen einer Gallenoperation.

Die gesamte Biographie von Hermann Georg Müller finden Sie auf LEO-BW,

mehr zur Weimarer Republik im Themenmodul Von der Monarchie zur Republik

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 Handwerksordnungen
Auch in der Sammlung der Handwerksordnungen des Herzogtums Württemberg aus dem Jahr 1758 war die Zeugmacherei mit einer eigenen Ordnung vertreten [Quelle: Universitätsbibliothek Württemberg]
Sogenannte Zeugmacher waren spezialisierte Tuchmacher, die aus gekämmter Schafwolle leichte Stoffe herstellten. Vor allem Calw war ein Zentrum der Zeugmacherei. Obwohl das Städtchen abseits der großen Verkehrswege lag, entwickelte sich dort mit der Calwer Zeughandlungskompagnie das größte gewerbliche Unternehmen Altwürttembergs. Wolltuchmacher gab es in Calw und im ganzen nördlichen Schwarzwald schon im 15. und 16. Jahrhundert. Die erste württembergische Tuchordnung wurde 1510 für die Stadt Calw erlassen. Der relativ karge Boden der Gegend und eine gewisse Überbevölkerung begünstigten die Entwicklung eines solchen in der Form der Heimarbeit betriebenen Gewerbes. 1582 gab es 36 Webermeister in Calw, die sich auf die Herstellung von Engelsait (hierbei handelt es sich um eine Verballhornung von Englisch Satin), einem glatten, nicht gewalkten, langhaarigen Wollgewebe (Zeug), spezialisiert hatten. Nur sechs Jahre später wurden bereits 120 Webstühle für Engelsait allein in Calw gezählt, 1608 war die Zahl der Zeugmacher auf 150 gestiegen. Schnell erschienen die Produkte der Calwer Zeug- und Tuchmacher auf den Messen und Märkten von Basel, Straßburg, Worms, Frankfurt am Main, Würzburg und Nürnberg. Die württembergischen Herzöge Friedrich I. und Johann Friedrich förderten das neue Gewerbe entschieden, und dieses Wohlwollen des herzoglichen Hauses gegenüber der Calwer Zeugmacherei erhielt sich bis tief ins 18. Jahrhundert hinein. Das rapide Wachstum des neuen Gewerbezweiges machte eine Neuregelung der Produktions- und Vertriebsverhältnisse erforderlich und die Zeugmacher wurden 1611 auf die reine Weberei beschränkt, wohingegen die Färber, die mit dem von der Mode abhängigen und sich ständig wandelnden Bedarf eher vertraut waren, im Handel tätig blieben. Doch der Wechsel der Mode zugunsten von einfachen Baumwollgeweben und die napoleonischen Kriege führten schließlich zum Niedergang der Zeughandelskompagnie und deren Auflösung im Jahr 1797. Fast 200 Jahre lang hat die Calwer Gesellschaft als größte Exportfirma bis zum Ende der altwürttembergischen Zeit in verschiedenen Formen das Wirtschaftsleben Altwürttembergs mitgeprägt.

Mit der Industrialisierung und der Verbreitung modernerer Maschinen, Materialien und Chemikalien verloren sich diese feinen Unterscheidungen in der Bezeichnung der Handwerker und der Färbung von Stoffen.

Mehr über die die Calwer Zeughandlungskompagnie erfahren Sie auch im Historischen Atlas Baden-Württemberg und im ausführlichen Beiwort zur Karte 11,3 von Peter Eitel. (JH)

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Cäsar von Hofacker, Quelle Landesarchiv BW, HStAS M 709 Nr. 671
Cäsar von Hofacker, Quelle Landesarchiv BW, HStAS M 709 Nr. 671

Cäsar von Hofacker gehörte zu den Beteiligten am Attentat auf Adolf HItler am 20. Juli 1944. Zusammen mit Carl-Heinrich von Stülpnagel sollte er von Paris aus die Situation in Frankreich koordinieren. Am 25. Juli wurde Hofacker verhaftet und nach Berlin gebracht, rund einen Monat später folgte das Todesurteil des Volksgerichtshofs, das am 20.12.1944 in Berlin-Plötzensee vollstreckt wurde.

Hofacker wurde am 11. März 1896 in Ludwigsburg als Sohn einer Offiziersfamilie geboren. Er hatte als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teilgenommen. Der einzige Bruder fiel 1917 bei Verdun. Das Kriegsende sowie die beiden folgenden Jahre verbrachte Hofacker in französischer Gefangenschaft. Nach der Entlassung folgte das Jura-Studium in Tübingen und Göttingen sowie die Promotion. Stationen bei der Handelskammer in Reutlingen, dem Verband der deutschen Seidenindustrie in Krefeld und die Tätigkeit bei den Vereinigten Stahlwerken in Berlin schlossen sich an.

Hofacker stand der nationalsozialistischen Ideologie zunächst positiv gegenüber und hoffte auf eine verbesserte Stellung Deutschlands. Sein Weg in den Widerstand verlief nicht geradlinig, wie sein Sohn Alfred viele Jahre später feststellte. 1974, nach dem Tod der Ehefrau und Mutter llse-Lotte, wurden Aufzeichnungen aus den 1920er und 30er Jahren mit antisemitischem und antidemokratischem Inhalt gefunden, die ihn seinen Vater in einem weniger heldenhaften, widersprüchlichen aber auch menschlicheren Licht erscheinen ließen. Ab 1931 gehörte Hofacker dem Stahlhelm an. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs folgte die Einberufung. Ab 1940 übernahm er das Referat Eisenschaffende Industrie und Gießereien in der Militärverwaltung Frankreichs.

Als sich 1943 eine Wende im Zweiten Weltkrieg abgezeichnete, war Hofacker durch seine persönlichen Kontakte gut über die Lage unterrichtet. Am 31. Januar 1943 kapitulierte Stalingrad. Ab Mai ging der Atlantik für deutsche U-Boote verloren. Gleichzeitig wurde das Bombardement deutscher Großstädte intensiviert. Es war zu Kriegsverbrechen und Massenmorden gekommen. Zu Hofackers Umfeld gehörten der Studienfreund Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg und Cousin Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Umsturzpläne wurden ausgearbeitet. Ab Oktober 1943 wechselte Hofacker, der über Kontakte zum französischen Widerstand verfügte, in den Stab von Carl-Heinrich Stülpnagel, dem Militärbefehlshaber von Paris.

Vom Scheitern des Attentats am 20. Juli 1944 waren nicht nur die direkt Beteiligten betroffen, sondern auch ihre Familien. Pläne der NS-Führung zur Ermordung aller Angehörigen wurden nicht in die Tat umgesetzt. Die jüngeren Kinder, auch die der Familie Stauffenberg, kamen in ein Heim nach Bad Sachsa. Für die älteren Kinder und erwachsenen Angehörigen begann eine Odyssee durch Gefängnisse und verschiedene Konzentrationslager. Für Ilse-Lotte, Eberhard und Anna-Luise bedeutete das eine Verlegung an fortwährend neue Orte, zu denen u.a. das Polizeigefängnis in München sowie die Konzentrationslager Stutthof, Buchenwald und Dachau gehörten, was bis zur Befreiung im April 1945 andauerte. Ein Bombenangriff zu Ostern 1945 verhinderte vermutlich den Abtransport der Kinder aus Bad Sachsa ins KZ Buchenwald. Mutter und Kinder der Familie Hofacker überlebten und fanden im Juli 1945 wieder zusammen.

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 Maueranschlag
Maueranschlag zur Spende von Anzüge [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS J 151 Nr 2171]

Heutzutage können wir uns Kommunikation ohne große technische Hilfsmittel kaum mehr vorstellen. Doch wie war es in Zeiten ohne Internet, ohne Fernsehen, ohne Rundfunk möglich sich an die breite Öffentlichkeit zu wenden? Eines der wichtigsten historischen Massenkommunikationsmittel waren sogenannte Maueranschläge. Die Bezeichnung verweist auf das einfache Anbringen der Befehle, Bekanntmachungen, Verbote, Verordnungen, Mahnungen und Warnungen an Mauerwänden, an denen sie für jeden sichtbar und lesbar befestigt wurden. Die große Zeit der Maueranschläge war das 19. und 20. Jahrhundert. Schon im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erfolgte ein massenhafter Einsatz dieses Kommunikationsmittels. Nicht nur die Form der Verbreitung war schlicht, auch die Plakate selbst waren in der Regel anspruchslos gestaltet. Aufgrund der Kriegssituation stand nur einfaches, oft zeitungsdünnes und qualitativ schlechtes Papier zur Verfügung.

Während des Ersten Weltkriegs nutzten die Militärbehörden die Maueranschläge vor allem in den besetzten Gebieten Belgiens und Frankreichs als Kommunikationsmittel und Propagandainstrument gegenüber der ansässigen Bevölkerung. In der Regel waren sie in Frankreich zweisprachig (deutsch – französisch), in Belgien dreisprachig (deutsch – französisch – flämisch) abgefasst. Inhaltlich dienten sie unter anderem zur Bekanntmachung kriegswirtschaftlicher Maßnahmen wie der Festsetzung von Höchstpreisen, dem Erfassen und Requirieren von militärisch verwertbaren Vorräten und Rohstoffen, zur Meldung der Bestrafung Einheimischer – zum Teil auch ganzer Gemeinden – oder zum Einschärfen erwünschter Verhaltensweisen. Die Bevölkerung der besetzten Gebiete wurde von der Besatzungsmacht angewiesen, die Einhaltung der Sperrstunden, Verdunklungsmaßnahmen oder das Versammlungs- und Streikverbot zu beachten. Je länger der Krieg dauerte, umso mehr schwanden die kriegswichtigen Ressourcen; und umso rigoroser und schärfer wurde auch die Ausbeutung der Erzeugnisse und Rohstoffe in den besetzten Gebieten vorangetrieben, was sich ebenfalls an den Maueranschlägen ablesen lässt.

Neben den in den besetzten Gebieten angebrachten Maueranschlägen gibt es auch eine Vielzahl von Plakaten, die in Deutschland selbst verbreitet wurden wie beispielsweise der hier abgebildete Spendenaufruf aus dem Jahr 1918.

Alle Digitalisate der im Hauptstaatsarchiv verwahrten Maueranschläge können Sie hier finden, alles Wissenswerte zur Quellegattung der Maueranschläge finden Sie in unserem Themenmodul zur Archivalienkunde. (JH)

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 Blase, Therese, SPD
Therese Blase [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 231 Nr. 2937 (834)]

Am heutigen Frauentag erinnern wir an Therese Blase, die beim ersten Internationalen Frauentag am 19. März 1911 in Mannheim neben der Hauptrednerin Clara Zetkin als einzige örtliche SPD-Frau vor das Publikum trat. Damals stand der Frauentag unter dem Motto „Heraus mit dem freien Wahlrecht für die Frauen“.

Der Kampf um das Frauenwahlrecht gehörte zu den zentralen Themen, für die sich Blase vehement einsetzte. Schon 1905 zählte sie zu den Gründerinnen der Frauenabteilung des sozialdemokratischen Vereins, der in Mannheim entstand und später als Frauengruppe der SPD auf ganz Baden ausgeweitet wurde. In ihrer Funktion als 2. Vorsitzende (und später dann Vorsitzende) hielt sie am 1. Mai 1905 im Saalbau eine engagierte Ansprache, in der sie die anwesenden Frauen zum Beitritt aufforderte, „damit endlich auch die Frauen in der Lage seien […], um die Erringung der Menschenrechte zu kämpfen.“

In den Jahren 1910 und 1911 war Blase schließlich Delegierte auf Parteitagen der SPD und wurde 1912 als erste Frau Mitglied des badischen Landesvorstandes ihrer Partei. Als 1919 das aktive und passive Wahlrecht für Frauen endlich eingeführt wurde, stellte Blase sich sofort als Kandidatin zur Verfügung. Die errungenen Mandate für den Mannheimer Bürgerausschuss und für den badischen Landtag konnte sie bis zu ihrem Tod verteidigen; um den Einzug in den Reichstag bewarb sie sich 1919, 1920 und 1924 vergebens. Als die erste SPD Abgeordnete im badischen Landtag erreichte sie aber eine Sonderstellung, die zu einem beachtlichen Bekanntheitsgrad im Lande führte. Blase setzte sich auch außerhalb der engen Parteiarbeit für soziale Themen ein. Von 1912 an arbeitete sie in der Armenkommission im Mannheimer Jugendamt mit, ab 1925 auch in der Krankenhauskommission. Schon vor dem Ersten Weltkrieg war sie Mitinitiatorin eines Ferienprogramms für Arbeiterkinder, das diesen erholsame Ferientage im Grünen ermöglichte. Diese Einrichtung der Kindererholung wurde in den 1920er Jahren von der „Arbeiterwohlfahrt“ übernommen. Viele Jahre fungierte Blase auch als Vorsitzende des Otto-Perl-Bundes, einer Selbsthilfeorganisation für Menschen mit Körperbehinderung.

Im Jahr 1930 starb Therese Blase im Alter von 57 Jahren. (JH)

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