Stuffer, Herbert 

Geburtsdatum/-ort: 23.09.1892;  Baden-Baden
Sterbedatum/-ort: 07.10.1966;  Baden-Baden
Beruf/Funktion:
  • Verleger
Kurzbiografie: bis 1914 nach Humanistischem Gymnasium in Baden-Baden bis Abitur 1911/12 Studium d. Neuphilologie in München, 1912/13 in Straßburg, unterdessen Einjährig Freiwilliger im Feldartillerie-Regiment ebd., 1913/14 Studium in Freiburg ohne Abschluss
1914–1918 Leutnant bei d. Feldartillerie
1918–1920 Kaufmännische Ausbildung in d. Privat-Handelsschule Michaelis, Baden-Baden, Kaufmannsdiplom
1922–1926 Volontär, ab 1922 Handlungsvollmacht u. Leiter d. Herstellungs- u. Werbeabteilung beim Verlag Rütten&Loening in Frankfurt
1926 Gründung des „Wunderhorn-Verlags“ in Frankfurt, Umzug nach Berlin, Umbenennung in „Herbert-Stuffer-Verlag“
1926 Bilderbücher von Eisgruber „Sause, Kreisel, sause“, von Meissen: „Das Männchen u. 1927 „Das Männchen kommt zum Zauberer“ sowie Moeschlin „Das rote Pferd“, Seidmann-Freud „Das Wunderhaus“
1928 Eisgruber „Rosmarin u.Thymian“
1929 Seidmann-Freud „Das Zauberboot“, Schillkaja „Das Autobuch“
1930–1932 Seidmann-Freud Spielfibeln No. 1-4, Schneider- Reichel „Es war einmal ein großes Krokodil“
1930 Start d. erfolgreichen Bibi-Reihe von Karin Michaelis, ab 1950 Neuauflagen
1932–1935 Böer „Klaus d. Herr d. Eisenbahnen“ (1932), „Drei Jungen erforschen die Stadt“(1933), „Krischan d. Bauernjunge“ (1934) u. eine Bilderbogen-Serie mit Böer, Ehmcke, Scheel; Ehmcke „Zirkus“ (1933) „Bill u. Bällchen“ (1934); Flake „Der Straßburger Zuckerbeck u. andere Märchen“
1936 Tetzner „…was am See geschah“, Bestseller
1942 Heirat mit Maria Fastrich, Scheel „Kommt mit zum Handwerksmann!“
1945ff. Verlagslizenz erhalten, Neuauflagen aus dem Verlagsprogramm d. Vorkriegsjahre, 1947 Scheel „Reise mit Zebi“, 1954 bis 1956 Scheel „Tunt“ u. „Tunts Heimkehr“
1962 Konkurs des Verlages
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1942 (Baden-Baden) Maria, geb. Mölders (1903–1975), gesch. Fastrich
Eltern: Vater: Christian ((1861–1933), Kaufmann aus Baden-Baden
Mutter: Maria, geb. Türck (1871–1949)
Geschwister: Ernst (1894–1967) u. Lilly (Elisabeth, 1897–1934)
Kinder: keine
GND-ID: GND/1012787885

Biografie: Sigrid Münch (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 483-485

Der Baden-Badener Kaufmannssohn besuchte das humanistische Großherzoglich Badische Gymnasium und machte 1911 das Abitur. Stuffer studierte dann Philologie und Philosophie an den Universitäten München, Straßburg und Freiburg. Neben Neuer Deutscher Literatur hörte er Vorlesungen beim Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin (1864–1945), mit Auswirkungen auf seine spätere Verlegertätigkeit. Der I. Weltkrieg unterbrach sein Philologie-Studium. Stuffer meldete sich zur Feldartillerie und wurde als Leutnant bis zum Kriegsende eingesetzt. Nach vier zermürbenden Jahren an der Front war es ihm weder möglich, das Studium wieder aufzunehmen, noch die Offizierslaufbahn einzuschlagen. So erwarb Stuffer das Kaufmannsdiplom an einer Privatschule in Baden-Baden. 1920 trat er als Volontär beim Frankfurter Verlag Rütten&Loening ein, stieg schnell auf und war zuletzt Leiter der Herstellungs- und Werbeabteilung. Die sorgfältige Auslese und beständige Pflege weniger, aber hochwertiger Neuerscheinungen war das Prinzip des traditionsreichen Verlages. Dieses Prinzip machte sich Stuffer zu eigen.
Eine Erbschaft ermöglichte ihm 1926 zunächst in Frankfurt die Gründung des Kinder- und Jugendbuch Verlages „Wunderhorn“ mit belletristischem Schwerpunkt. Noch im selben Jahr zog Stuffer nach Berlin um, wo sich Künstler und Intellektuelle aus ganz Europa trafen. Hier gelang ihm bereits mit seinem ersten Buch, Elsa Eisgrubers „Sause, Kreisel, sause“, ein glänzender Erfolg. Den Verlagsnamen musste er jedoch wegen einer Firma gleichen Namens aufgeben; er firmierte fortan unter „Herbert-Stuffer-Verlag“ und folgte mit seiner verlegerischen Arbeit stets dem Grundsatz, keine nostalgischen Bilderbuchprodukte herzustellen, sondern nur mit modernen Autoren und Illustratoren zu arbeiten. Angefangen bei der Gestaltung seines Briefpapiers über die Verlagswerbung bis hin zur Typographie und Stilisierung der Illustrationen wehte der Geist der Avantgarde durch seine Bilderbuch-Kunstwerke. Von 1926 bis Mitte der 1930er-Jahre stellte Stuffer Bilderbücher her, die bei hoher Qualität neuartig waren: in Modernität und Originalität.
Zu den bedeutenden Bilderbuch-Illustratoren jener Zeit gehörte vor allem Tom Seidmann-Freud, eine Nichte Sigmund Freuds. Stuffer wurde kurz nach seiner Verlagsgründung 1927 auf die Künstlerin aufmerksam und nahm Kontakt zu ihr auf. Zuerst erschien bei Stuffer „Das Wunderhaus“. Dem folgten mehrere Jahre einer außergewöhnlichen und produktiven Zusammenarbeit. „Das Zauberboot“ wurde zum Bestseller, und mit den vier Spielfibeln erschienen neuartige Lese- und Rechenbücher. Weitere Autoren, die Stuffer im pulsierenden Berlin jener Jahre kennenlernte und mit denen er zusammenarbeitete, waren Conny Meissen, Elsa Moeschlin, Friedrich Böer, Susanne Ehmcke, Marlene Scheel, Karin Michaelis, Lisa Tetzner und Otto Flake. Flakes zweiter Märchenband „Der Straßburger Zuckerbeck …“ kam im auf Kinderbücher spezialisierten Stuffer-Verlag heraus. Die Zeichnungen stammen von Doris Puhonny, der jüngeren Tochter des Baden-Badener Grafikers und Puppenspielers Ivo Puhonny und späteren Ehefrau des Illustrators Friedrich Böer.
Ab 1933 kontrollierte das restriktive NS-Regime den Verlag. Das Verlagsprogramm musste der ideologischen Prüfung standhalten, die Verbote bei Autoren und Illustratoren wurden existenzgefährdend. 1936 wurde Lisa Tetzners „… was am See geschah“ verboten, 1939 durfte die Erfolgsserie „Bibi“ von Karin Michaelis nicht mehr erscheinen. Jüdische Künstler wie B. F. Dolbin emigrierten. Als Schrifttyp war nur noch Fraktur geduldet, moderne Typen des Bauhauses wurden untersagt. Die modernen Bücher fanden keine Käufer mehr.
Am 1. April 1937 ließ Stuffer sich mit seinem Verlag in Baden-Baden nieder. In Berlin war die Situation politisch immer schwieriger geworden und Stuffer erhoffte sich fernab der Metropole mehr Ruhe für seine Verlagsarbeit. Mit Kriegsausbruch 1940 wurde Stuffer eingezogen, konnte sich aber immer wieder, für einige Wochen freigestellt, um seinen Ein-Mann-Verlag kümmern. Im Dezember 1944 wurde der Verlag kriegsbedingt geschlossen, In Freiburg und Leipzig gelagerte Verlagsbestände wurden durch Bomben vernichtet.
Stuffer erhielt schon im November 1945 als einer der ersten in der französischen Zone wieder eine Verlagslizenz und wollte mit Idealismus und Tatkraft neu beginnen. Der Hunger der Jugend nach Büchern sollte gestillt werden und so wurden Kontakte zu Tetzner und Flake aufgefrischt, jedoch war das Papier knapp. Erst mit der Währungsreform 1948 waren hochwertige Bücher gefragt, solche mit holzhaltigem Papier schnell unverkäuflich. Finanziell spitzte sich die Situation für den Verlag zu. Trotzdem riskierte Stuffer mit der Reihe von Lisa Tetzner „Die Kinder aus Nr. 67, Odyssee einer Jugend“ die literarische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, Emigration und Exil, jedoch bevorzugten die deutschen Eltern unpolitische Themen für die Bücher ihrer Kinder. In den 1950er-Jahren rutschte der Verlag in die roten Zahlen, Stuffer hatte ein chronisches Lungen- und Herzleiden.
Sein unermüdlicher „Kampf um das Jugendbuch“, wie er seine Arbeit einmal in einem Interview beschrieb, führte den Verlag nicht mehr zum Erfolg. 1962 ging der Verlag in Konkurs, Krankheit und Geldnot bestimmten Stuffer letzte Jahre, bis er am 7. Oktober 1966 starb.
Im Jahr 2009 kam ein Nachlass von Bilderbögen und Entwürfen sowie einiger Bücher Stuffers von Inge Killius, Stuffers langjähriger Sekretärin, in den Besitz der Stadt Baden-Baden, zu sehen als kleine Dauerausstellung im Literaturmuseum der Stadtbibliothek.
Quellen: Nachlass im StadtA u. Ausstellung im Literaturmuseum d. Stadtbibliothek, beides Baden-Baden.
Werke: Bibliographie: Die Schiefertafel, Jg. IX, H. 3, 1986, S. 118-138. – Einzelwerke Bilderbücher: Elsa Eisgruber, Sause Kreisel sause, 1926; Conny Meissen, Das Männchen, 1926; Elsa Moeschlin, Das rote Pferd, 1927; dies., Das Männchen kommt zum Zauberer, 1927; Tom Seidmann-Freud, Das Wunderhaus, 1927; Elsa Eisgruber, Rosmarin u.Thymian, 1928; dies., Das Zauberboot, 1930; Marija Schillskaja, Das Autobuch, 1930; Tom Seidmann-Freud, Hurra, wir lesen! Hurra, wir schreiben! Spielfibel No. 1, 1930; Margaret Schneider-Reichel, Es war einmal ein Krokodil, 1930; Tom Seidmann-Freud, Spielfibel No. 2, 1931; dies., Hurra, wir rechnen! Spielfibel No. 3, 1931; dies., Hurra, wir rechnen weiter! Spielfibel No. 4, 1932; Friedrich Böer, Klaus d. Herr d. Eisenbahnen, 1933; Otto Flake, Der Straßburger Zuckerbeck u. andere Märchen, 1933; Susanne Ehmcke, Zirkus, 1933; Friedrich Böer, 3 Jungen erforschen die Stadt, 1933; Susanne Ehmcke, Bill u. Bällchen, 1934; Friedrich Böer, Krischan d. Bauernjunge oder Leben u. Arbeit auf dem Lande, 1934; Stuffer-Bilderbogen Serie I Schwarz Nr. 1-6, 1935; Stuffer-Bilderbogen Serie II Schwarz Nr. 7-12, 1935; Stuffer-Bilderbogen Serie III Schwarz Nr. 14, 1936; Serie I Bunt Nr. 1-6, 1935; Serie II Bunt Nr. 7-12, 1935; Serie III Bunt Nr. 14, 1936; Bilderbogen Albumheft, 1941; Bilderbogen-Malbuch Nr. 1, 1941; Bilderbogen-Malbuch Nr. 2, 1941; Marianne Scheel, Kommt mit zum Handwerksmann!, 1942; dies., Reise mit Zebi, 1947. – Einzelwerke Jugendbücher: Axel Eggebrecht, Katzen, 1927; B. F. Dolbin, Hunde, 1928; Karin Michaelis, Bibi – Leben eines kleinen Mädchens, 1929; Fred Hildenbrandt, Kinder, 1929; Karin Michaelis, Bibis große Reise, 1930; Peter Supf, Die schönsten Märchen vom Fliegen, Stephan Ehrenzweig, Zoo, 1930; Karin Michaelis, Bibi u. Ole, 1930; Karin Michaelis, Bibi u. die Verschworenen, 1932; Karin Michaelis, Die grüne Insel, 1933; Otto Flake, Der Straßburger Zuckerbeck, 1933; Max Mezger, Monika fährt nach Madagaskar, 1933; Carl von Bremen, Die Kinder am Meer oder So ist das Leben in Tizo, 1933; Georg-Albrecht von Ihering, Das Kleeblatt von St. Florian, 1934; Edtih Klatt, Jupp u. Peter können zaubern, 1934; Lisa Tetzner, …was am See geschah, 1935; Georg-Albrecht von Ihering, Schi-Film in St. Florian, 1935; Eva-Maria Merck, Koppheister, Kathrinchen!, 1937; H. E. Kuylman, Sturmfeder – Die Geschichte eines edlen Falken, 1937; Edith Klatt, Der Hund, 1937; Thekla Wickert, Knecht Joggi u. die Kinder, 1938; Martha Roegner, Strauss Kurre, 1938; H. E. Kuylman, Raubfix, d. schlaue Iltis, 1938; Ferdinand Ossendowski, Im Land d. Bären, 1938; Martha Roegner, Die Füchse vom Klippenhang, 1940; Gertel Hagemann, Muschik – Aus dem Leben eines Pferdes, 1940; Max u. Gerda Mezger, Monika im Strohdachhaus, 1941; Eva-Maria Merck, Der Marionettenbund, 1941; Martha Roegner, Mutter Hannigs Freunde, 1943; Martha Roegner, Soldis – Das Märchen vom Köhlerkind, 1943; August Zeddies, Familie Wildschwein, 1943; Carl von Bremen, Liebes Füchslein…, 1943; Gertrud B. Vogt, 12 an der Zahl, 1947; dies., Das Webstück, 1947; Eva Maria Merck, Die Freundinnen, 1947; Lisa Tetzner, Die Kinder auf der Insel, 1948; dies., Erwin kommt nach Schweden, 1948; dies., Mirjam in Amerika, 1949; Otto Flake, Ende gut – alles gut, 1950; Gertrud B. Vogt, So merkwürdig ist es mit der Liebe, 1950; Gertrud B. Vogt, Tunt oder die unerhörte Geschichte einer langen Reise, 1954; dies., Tunts Heimkehr, 1956; Lisa Tetzner, Wenn ich schön wäre, 1956.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (o. J.), in: Baden-Württembergische Biographien 6, S. 479. – Archiv Herbert Stuffer, Bad. Landesbibliothek Karlsruhe.

Literatur: Barbara Murken, Einer kämpft für das Jugendbuch, d. Baden-Badener Verleger Herbert Stuffer, 2014; dies., Herbert Stuffer, dem Kinder- u. Jugendbuchverleger, zum 100. Geburtstag, in: Aus dem Antiquariat, 1992, Nr. 10, 435-436; dies., Herbert Stuffer (1892–1966), Repräsentant einer verantwortungsbewussten u. kreativen Verlegergeneration; die Geschichte eines Verlages im Spiegel d. politischen Entwicklung Deutschlands in: Die Schiefertafel : Zeitschrift für Kinder- u. Jugendbuchforschung, 1986, H. 2, 55-100; Andreas Pollitz, Herbert Stuffer, Börsenblatt des dt. Buchhandels Bd. 22, 1966.
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