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Die Rastatter Prozesse

 

Vor 75 Jahren begann die Untersuchung von NS-Verbrechen vor dem französischen Tribunal Général

Der Gerichtssaal im Rastatter Schloss, 1946. [Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-V02830 / CC-BY-SA 3.0]
Der Gerichtssaal im Rastatter Schloss, 1946. [Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-V02830 / CC-BY-SA 3.0]

Rastatt, mehrfach Tagungsort für Friedensverhandlungen und einer der Schauplätze der Revolution 1848/49, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Sitz des Tribunal Général der französischen Besatzungszone, an dem Verbrechen des Nationalsozialismus zur Anklage kamen.

Im Frühjahr 1946 nahm das Tribunal, das u.a. als Internationaler Gerichtshof für die gesamte französische Besatzungszone zuständig war, die Arbeit in Rastatt auf. Gegenstand der Verhandlungen waren Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen gegen den Frieden. In den rund 20 Prozessen wurden über 2.000 Personen angeklagt.

Der erste Prozess ab Mai 1946 richtete sich gegen Fritz Schmoll, Leiter des Lagers Neue Bremm bei Saarbrücken und seinen Adjutanten. Einer der Schwerpunkte des Gerichts lag bei Vergehen, die in den Konzentrationslagern des Südwestens begangen wurden. Vom 9. Dezember 1946 bis zum 21. November 1947 fanden vier Prozesse statt, die die Verbrechen in den Außenstellen von Natzweiler-Struthof sowie des Lagers Schirmeck untersuchten. Ein beträchtlicher Teil der Häftlinge kam aus besetzten Gebieten. Im Mittelpunkt standen insbesondere die Lager bei Haslach im Kinzigtal, Niederbühl, Gaggenau-Rotenfels, Vaihingen an der Enz, Kochendorf, Unterriexingen und Hessental bei Schwäbisch Hall sowie die Lager des Unternehmens Wüste auf der Zollernalb zur Gewinnung von Öl aus Schiefer.

1949 und 1950 folgten Prozesse gegen die Aufseherinnen des KZ Ravensbrück, dessen Lagerkommandanten Fritz Suhren sowie den Arbeitsführer Hans Pflaum.

Die Prozesse in Rastatt gehören zu den umfangreichsten und wichtigsten im Zusammenhang mit NS-Verbrechen, sind jedoch weniger bekannt als die Tribunale von Nürnberg oder Dachau. Quellen standen bislang nur in geringem Umfang zur Verfügung. Zu den wichtigsten Unterlagen gehören die Materialien von Helga Stödter, die als junge Pflichtverteidigerin an die 300 Fälle zu betreuen hatte. Die in Frankreich archivierten Prozessakten, die bislang einer 100-jähringen Sperrfrist unterlagen und nur mit Sondergenehmigung einsehbar waren, sind nun vorzeitig verfügbar und für die Forschung zugänglich.

Mehr zum Thema:
Die Filmemacherin Judith Voelker inszenierte das Doku-Drama Die Rastatter Prozesse – Kriegsverbrecher vor Gericht, abrufbar in der SWR-Mediathek (Stand 18.11.2021), weitere Infos beim Haus des Dokumentarfilms
Die Sonderausstellung Die Rastatter Prozesse – NS-Verbrechen vor Gericht wurde bis zum 23. Januar 2022 verlängert. Bitte beachten Sie die Hinweise auf der Homepage des Bundesarchivs

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