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Für mehr Demokratie: Zum 165. Geburtstag von Conrad und Friedrich Haußmann

Conrad Haußmann (1857-1922) [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS]
Conrad Haußmann (1857-1922) [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS]

Die Zwillingsbrüder Conrad und Friedrich gehören zusammen mit dem Vater Julius Haußmann (1819-1889) zu den frühen Repräsentanten des Liberalismus im Südwesten. Julius Haußmann, Karl Mayer und Ludwig Pfau riefen in den 1860er Jahren die württembergische Volkspartei ins Leben mit dem Ziel, einen eigenständigen, von Militarismus und Preußen unabhängigen sowie an der direkten Demokratie der Schweiz orientierten Weg zu verfolgen, dem der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 und die Reichseinigung ein vorläufiges Ende setzte.

Die Zwillingssöhne Conrad und Friedrich, am 8. Februar 1857 geboren, nahmen nach dem Jurastudium und der Eröffnung einer Anwaltskanzlei um 1884 in Stuttgart ihre politische Arbeit in Anknüpfung an das Vorbild des Vaters auf. Beide wurden ab 1889 bzw. 1991 Mitglieder des Stuttgarter Landtags.

Über viele Jahre propagierten sie demokratische Reformen, die vor allem Conrad in der Öffentlichkeit vertrat. Ein erster Erfolg kam mit der Verfassungsreform von 1906. Damit wurden alle Abgeordneten der II. Kammer des Landtags gewählt, wobei rund drei Viertel der Sitze nach Mehrheitswahlrecht verteilt wurden, rund ein Viertel über Proporz. Bruder Friedrich, der intensiv an der Verfassungsreform mitgearbeitet hatte, starb im folgenden Jahr an einem Schlaganfall. Conrad, seit 1890 auch Angehöriger des Reichstags, wandte sich ab 1907 verstärkt der Reichspolitik zu. Hier fand sein Anliegen einer konstitutionellen Verfassung, die die starke Stellung des Kaisers abschwächen sollte, auch international Beachtung. Er trat gegen die massive Aufrüstung und für eine internationale Verständigung ein.

Waren diese Bemühungen vor und während des Ersten Weltkriegs zum Scheitern verurteilt, konnte Conrad Haußmann 1919 als Abgeordneter der Nationalversammlung und mit dem Vorsitz im Ausschuss zur Erarbeitung eines Entwurfs für die Weimarer Reichsverfassung mehr Einfluss nehmen. In Württemberg hatte Haußmann schon vor dem Ersten Weltkrieg auf den Zusammenschluss linksliberaler Gruppierungen hingearbeitet und 1918 die württembergische DDP mitbegründet. Auch auf Reichsebene zählte er zu den führenden Vertretern des Liberalismus und bemühte sich während des Ersten Weltkriegs um Friedensverhandlungen. Seiner Weitsicht ist es zuzuschreiben, dass er im Gegenzug die alleinige Kriegsschuld für Deutschland im Versailler Vertrag ablehnte.

Privat war Conrad Haußmanns ein leidenschaftlicher Literaturliebhaber, der sich auch für Mundart sowie fernöstliche und arabisch Lyrik interessierte und gute Kontakte zu Hesse und anderen Schriftstellern pflegte. Hesse war es auch, der Conrad Haußmann für seinen warmherzigen menschlichen Geist, seine schwäbisch Art und nicht zuletzt als engagierten Redner würdigte. Haußmann starb am 11. Februar 1922 an den Folgen einer Grippeerkrankung.

Der Nachlass, der einen umfassenden Einblick in die Arbeit des Politikers ermöglicht und darüber hinaus viele Unterlagen zur Familiengeschichte enthält, befindet sich im Landesarchiv BW, Abteilung Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Mehr über Conrad Haußmann finden Sie im auch im Stadtlexikon Stuttgart.

Weitere Informationen über Württemberg zu Beginn der Weimarer Republik im Themenmodul Von der Monarchie zur Republik.

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