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Siegel als Quellen

 Reitersiegel der Irmgard, Markgräfin von Baden, 1259, Original (Quelle: Landesarchiv BW, HStAS A 514 U 638 (drittes Siegel))
Reitersiegel der Irmgard, Markgräfin von Baden, 1259, Original [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS A 514 U 638 (drittes Siegel)]

Der Begriff Siegel wurde vom lateinischen signum – Zeichen – und dessen Verkleinerungsform sigillum – kleines Zeichen (oder auch kleines Bild) – übernommen. Diese „kleinen Zeichen“ oder „kleinen Bilder“ wurden bereits im alten Orient sowie in der griechischen und römischen Antike verwendet, und bis heute werden Dokumente mit einem Amtssiegel beglaubigt, ohne welches sie keine Gültigkeit hätten. Die bedeutendste Zeit für die Verwendung von Siegeln war das Mittelalter und die angehende Neuzeit.

Als historische Quellen können uns Siegel Antworten auf viele Fragestellungen geben. Wichtige Quellen sind Siegel zunächst für die Rechts- und Verfassungsgeschichte: Ein Siegel ermöglichte es dem Siegelführer, selbst Urkunden zu beglaubigen und auszustellen. Der Siegelführer konnte damit – modern gesprochen – als eigenes Rechtssubjekt auftreten. So können aus dem Besiegelungsvorgang Schlüsse gezogen werden, welchen Status eine bestimmte Person oder Institution, die ein Siegel führte, im rechtlichen und gesellschaftlichen Leben innehatte. Darüber hinaus bedarf es des Siegels auch für Fragen der Urkundenkritik und der Authentizität von Urkunden.

Auch für die Kunst- und Architekturgeschichte können einzelne Details des Siegelbildes als Belege dafür dienen, dass bestimmte architektonische Bauformen, bestimmte Kleidungsstücke oder auch bestimmte Schiffstypen, die auf den Siegeln abgebildet sind, zur Zeit und am Ort des jeweiligen Siegels verbreitet waren. Bild und Umschrift der Siegel sind außerdem Quellen für die kulturhistorische Forschung. Die Formulierungen der Umschriften, vor allem aber natürlich die Ikonographie der Bilder kann und muss nicht nur für sich untersucht werden, sondern auch vergleichend zu anderen Siegeln und weiteren Bildträgern. So geben Siegel wichtige Hinweise zu Kunstlandschaften und zu kulturellen Beeinflussungen sowie Wanderungen und Weiterentwicklungen von ikonographischen Elementen über ganz Europa hinweg. Nicht zuletzt können Siegel neueren Fragestellungen der Geschichtswissenschaft wie zu Fragen nach symbolischer Kommunikation, können Siegel einen wichtigen Beitrag leisten: Durch die Interpretation der Bilder kann viel über das Selbstverständnis der Siegelführer in Erfahrung gebracht werden. Der Ansatz Siegel somit auch als Bedeutungsträger und Repräsentationsobjekte zu deuten, ist in der Siegelkunde, der sogenannten Sphragistik, prägend geworden.

Auch Frauen besaßen und nutzten im Mittelalter eigene Siegel. Die Spannweite der Siegelinhaberinnen reicht von Königinnen, adeligen Damen, Äbtissinnen bis zu Bürgerinnen. Es gab dabei keinen einheitlichen Typ des Frauensiegels. Einige Siegel unterscheiden sich bildlich nicht von denen der Männer. Hier geht nur aus der Umschrift hervor, dass ein Siegel einer Frau vorliegt. Interessant sind die Siegel, die im Typ denen von Männern gleichen, aber eine spezifisch weibliche Variante aufweisen. Bildsiegel waren ebenfalls bei Frauen beliebt, sie zeigten sich gerne in stehender Positur. Auch die Siegel von Frauen tendieren im Spätmittelalter zum Wappensiegel. Das hier abgebildete Beispiel zeigt das Siegel der Markgräfin Irmgard von Baden (lebte 1200-1260). Darauf ist sie auf dem Pferd im Damensitz reitend dargestellt. In ihrer linken Hand hält sie einen Falken, sie ist auf der Jagd. Der Siegeltyp erinnert an das hochadelige Reitersiegel und ist die Variante für Frauen. Der Darstellung als Ritter in voller Rüstung mit Schwert oder Lanze steht eine Szene bei der Jagd gegenüber, die auch adeligen Frauen offen stand. Im Unterschied zu den Männersiegeln ist der Kopf der Markgräfin nicht verdeckt. Die Darstellung der Markgräfin lässt aber keine individuellen Züge erkennen.

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