null

Vom Ärgernis zur Attraktion: die Biberbahn im Bodensee-Hinterland

Der Schlosspark von Krauchenwies im Jahr 1956, aufgenommen von Willy Pragher. Krauchenwies war Umsteigebahnhof nach Sigmaringen. Bis zum Abbau der Schienen Anfang der 1970er Jahre fuhr die Bahn durch den Park. [Quelle: Landesarchiv BW, StAF W 134 Nr. 043417]
Der Schlosspark von Krauchenwies im Jahr 1956, aufgenommen von Willy Pragher. Krauchenwies war Umsteigebahnhof nach Sigmaringen. Bis zum Abbau der Schienen Anfang der 1970er Jahre fuhr die Bahn durch den Park. [Quelle: Landesarchiv BW, StAF W 134 Nr. 043417]

Seit Juli diesen Jahres verkehrt die Biberbahn an Wochenenden und Feiertagen auf der Strecke zwischen Radolfzell und Mengen. Die Verbindung nutzt die Infrastruktur der alten Ablachtalbahn. Ursprünglich wurde diese als Anschluss von Ulm an die Bodenseeregion gebaut. Bestandteil des Vorhabens waren Überlegungen zur Weiterführung der Schienen nach Westen über den Schwarzwald bis in die Vogesen sowie eine südwestliche Verlängerung bis in die Schweiz. Dazu schlossen die drei beteiligten Länder Baden, Württemberg und Preußen, für die Hohenzollerischen Lande, Staatsverträge ab. Einer ersten Initiative von 1859 folgte der Bau der Strecke Ulm–Mengen auf württembergischer Seite. Ab 1865 stieg Baden mit der Hegau-Ablachtal-Bahn in das Projekt ein, dessen Ausführung in mehreren Schritten erfolgte. 1867 wurde die Strecke Radolfzell-Stockach eröffnet, 1870 Stockach-Meßkirch. Zwischen Meßkirch und Mengen musste die Bahn über hohenzollerisches Gebiet geführt werden. Arbeiten und Finanzierung unterstanden weiterhin den Großherzoglich Badischen Eisenbahnen, Preußen gab sein vertragliches Einverständnis. Darüber hinaus enthielten die Vereinbarungen eine Klausel zum Anschluss von Krauchenwies ans hohenzollerische Sigmaringen. Die Einweihung beider Abschnitte fand 1873 statt.

Der erhoffte große Erfolg für die Verbindung Ulm-Bodensee blieb aus. Nur wenige Jahre nach der Inbetriebnahme wurde der Schnellzugverkehr auf der Strecke Mengen-Radolfzell eingestellt und diese ab 1879 als Nebenbahn geführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg teilte die Ablachtalbahn das Schicksal anderer Nebenstrecken. Das bedeutete Stilllegung und Abbau von Abschnitten oder auch Privatisierung. Um die Jahrtausendwende leitete die Renaissance des Schienenpersonennahverkehrs Maßnahmen zur Erneuerung und Sanierung ein, ermöglicht durch Zusammenschlüsse und Beteiligungen verschiedener Partner.

Die Voraussetzungen für die heutige Biberbahn kamen 1996 mit der Reaktivierung des Abschnitts Radolfzell–Stockach sowie 2019 über den Erwerb der Strecke Stockach-Mengen durch die Gemeinden Meßkirch und Sauldorf. Die gesamte Strecke soll wieder zu einem vielgenutzten Verkehrsmittel werden. Ein erster Schritt sind die aktuellen Freizeitfahrten mit Begleitprogramm, die ein Förderverein unterstützt.

Die namengebenden Biberkolonien haben sich nicht nur an der Ablach eingefunden, sondern bevölkern auch die Feuchtgebiete an den Baggerseen bei Krauchenwies und Sauldorf. Die Anwesenheit der Nager sorgt immer wieder für Überraschungen, sei es durch plötzlich auftretendes Wasser infolge von Dämmen oder umgestürzte Bäume. Zuletzt wurde der Bahndamm bei Sauldorf in das tierische Bauprogramm einbezogen, weshalb das zugehörige Teilstück erst vor einigen Monaten freigegeben werden konnte. Auch die Starkregen des Sommers sorgten für Ausfälle. Trotz allem erschließt die Bahn schöne Ausflugsziele im Hinterland des Bodensees. Dazu gehören die Sauldorfer Seenplatte, die Schlösser von Krauchenwies und Meßkirch oder die Weiterfahrt durchs Donautal. Und vielleicht zeigt sich auch einmal ein Biber.

Hier finden Sie weitere Informationen zur Biberbahn und dem Freizeitprogramm.

00

More Blog Entries

Suche

LEO-BW-Blog

Logo LEO-BW-Blog

Herzlich willkommen auf dem LEO-BW-Blog! Sie finden hier aktuelle Beiträge zu landeskundlichen Themen sowie Infos und Neuigkeiten rund um das Portalangebot. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zu den einzelnen Posts.

Über den folgenden Link können Sie neue Blog-Beiträge als RSS-Feed abonnieren: 

https://www.leo-bw.de/web/guest/blog/rss