Kreuztragung Christi 

Datierung :
  • 1523/24  [Herstellung]
Autor/Urheber:
  • Matthias Grünewald [Künstler]
Objekttyp: Gemälde
Weitere Angaben zum Werk: Nadelholz [Material]
Mischtechnik [Technik]
Höhe: 195,5 cm (Bildträger), Breite: 142,5 cm (Bildträger)
Kurzbeschreibung: Wohl kaum ein anderer Künstler hat diese traditionellen Passionsszenen der Kreuztragung Christi und seines qualvollen Todes am Kreuz mit so ergreifender religiöser und künstlerischer Ausdrucksmacht dargestellt wie Grünewald es vermochte. Vor der nächtlich verschatteten Torarchitektur Jerusalems ist Christus unter der schweren Last des Kreuzes auf dem Wege nach Golgatha zusammengebrochen. Von allen Seiten stürzen Schergen herbei, verhöhnen ihn, prügeln mit Knüppeln auf ihn ein. Vor Schmerz bäumt sich der Entkräftete auf, als versuchte er, den nächsten Schlägen auszuweichen. Dabei wendet er sein von Qualen gezeichnetes Gesicht dem Betrachter zu. Unvermittelt auf diese grausam vorgeführte Wirklichkeit des Leidens steht der jedem verständliche Vers aus dem Buch des Propheten Jesaja vor Augen: ER IST UMB UNSER SUND WILLEN GESC(H)LAGEN. Rechts blickt man auf die Richtstätte. Auf der zweiten Tafel mit der Kreuzigung sehen wir die Umsetzung eines strengen, lang tradierten Kompositionstypus¿, der sich ganz auf die drei Hauptfiguren konzentriert: Die angedeutete Landschaft ist in tiefes Dunkel versunken. Die Kargheit des Hintergrundes hebt die drei Hauptgestalten des Dramas umso deutlicher hervor. Es ist der Moment des Todes. Als elender Mensch ist Christus am Kreuz gestorben. Es ist Nacht. Die Sonne verfinsterte sich. So berichten es die Synoptiker in der Bibel. Die Darstellung wird beherrscht von dem durch sein Leiden gekennzeichneten Christus. Der bis zur Verzerrung gestreckte, von Wunden übersäte Körper hängt an einem Kreuz aus nur grob behauenem Baumholz, das sich unter der Last des Leichnams zu biegen scheint. Sein Haupt ist nach links herabgesunken, verletzt durch die übergroße, stachlige Dornenkrone. Sein Lendentuch hängt in Fetzen herab, seine Hände sind durch die Nägel qualvoll gespreizt. In Anbetung ihres toten Sohnes steht die trauernde Gottesmutter rechts neben ihm, völlig in sich gekehrt mit gefalteten Händen und halbgeschlossenen Augen. Ihr gegenüber steht Johannes in rotem Gewand und gelbem Mantel. Die Hände ringend, richtet er seinen verzweifelten Blick hinauf zum toten Christus. Mit großer Wahrscheinlichkeit bildeten die beiden Tafeln Vorder- und Rückseite eines im Kirchenraum freistehenden, d. h. umschreitbaren Kreuz-Altares. Ob dies tatsächlich die Kirche in Tauberbischofsheim war, ist nicht gesichert. Als Auftraggeber für die beidseitig bemalte Tafel käme Pfarrer Friedrich Virenkorn in Frage, der eine Altarpfründe in Aschaffenburg besaß, womit immerhin eine Verbindung zu Grünewald hergestellt wäre. Er könnte den Künstler persönlich gekannt haben. Doch muss dies alles Hypothese bleiben. Über das Wesen des Malers dieser beiden Szenen, Matthias Grünewald, zu dessen Hauptwerk, der Isenheimer Altar, Scharen von Kunstinteressierten alljährlich nach Colmar pilgern, wissen wir kaum etwas. Nicht eine einzige eigenhändige Schriftzeile (von Bildaufschriften einmal abgesehen) kein Brief, keine Quittung von seiner Hand hat sich erhalten. So bleibt uns die Persönlichkeit dieses Meisters weitgehend fremd. Als Maler vornehmlich im Schwäbischen ausgebildet und dabei sehr deutlich vom älteren Holbein aus Augsburg beeinflusst, scheint er stets frei und relativ ungebunden von familiären und sonstigen Verpflichtungen geblieben zu sein. Schon früh sind seine praktisch-technischen Neigungen als Wasserkunstmacher und Brunnenbauer bekannt, was man zunächst mit der sehr abgehobenen religiösen Sicht seiner Bildkunst nur schwer in Einklang zu bringen vermochte. Die Karlsruher Kreuzigung ist die späteste der vier überlieferten Kreuzigungsgemälde Grünewalds. Sie übertrifft an Eindringlichkeit der seelischen und religiösen Aussage alles Vergleichbare dieser Zeit (Dietmar Lüdke). Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe bereitet zur Zeit eine Ausstellung über Matthias Grünewald und seine Zeit vor.
Quelle/Sammlung: Alte Malerei (vor 1800)
Identifikatoren/​Sonstige Nummern: 993 [Inv.Nr.]
Weiter im Partnersystem: http://www.kunsthalle-karlsruhe.de/de/sammlung/sammlung-online.html
Suche
Average (0 Votes)