Spreng, Rudolf 

Geburtsdatum/-ort: 11.09.1905;  Satteldorf, Landkreis Crailsheim
Sterbedatum/-ort: 21.08.1970;  Stuttgart, beigesetzt in Stuttgart-Sillenbuch
Beruf/Funktion:
  • Jurist, Ministerialdirektor
Kurzbiografie: 1912-1915 Volksschule Satteldorf, 1915-1921 Realschule Crailsheim
1921-1923 Realgymnasium Schwäbisch Hall, Abitur
1923-1927 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen und München; Erstes Juristisches Staatsexamen Tübingen 1927
1928 Promotion zum Dr. jur. in Tübingen bei Max von Rümelin
1931 Zweites Juristisches Staatsexamen in Stuttgart
ab 1931 bei Landratsämtern, bei der Württembergischen Landeskreditanstalt, Wirtschaftsministerium in Stuttgart und Reichswirtschaftsministerium Berlin (Regierungs- und Oberregierungsrat)
1940-1941 Treuhandgesellschaft Posen
1941 Einberufung zur Wehrmacht
1943-1945 Militärverwaltungsoberrat bei der Militärkommandantur Mailand
1946 nach kurzer Tätigkeit bei Landratsämtern ins Staatsministerium Württemberg-Baden berufen (1949 Ministerialrat)
1952-1968 Ministerialdirektor im Staatsministerium Baden-Württemberg; Goldene Gedenkmedaille Markgraf Ludwig von Baden
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1936 Angelika, geb. Zimmerle
Eltern: Friedrich Spreng, Bürgermeister und Kreispfleger
Sophie, geb. Schumm
Geschwister: keine
Kinder: Eva (1936)
Christa (1938)
GND-ID: GND/1012577724

Biografie: Paul Feuchte (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 436-438

An den bei der Gründung des Landes Baden-Württemberg gestellten Aufgaben an einer Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung mitzuwirken, war Spreng der richtige Mann. Nicht nur, daß er das Vertrauen des ersten Ministerpräsidenten des Landes besaß und diesen schon bei seinem entschiedenen Einsatz für diese Gründung unterstützt und beraten hatte. Da könnte man sogar fragen, ob genug getan wurde, für die neuen hohen Positionen in Stuttgart mehr Badener, sogar frühere Gegner, zu gewinnen, und ob Reinhold Maiers These, nur die politischen Kräfte, die um den Südweststaat gerungen und ihn schließlich errungen haben, könnten ihn auch einfach und sparsam aufbauen, einer Prüfung standhielte. In seinen Schriften, so besonders im Kommentar zur Landesverfassung (1953 und 1954), würdigte Spreng, unbekümmert um den damals noch starken Widerstand der im Gründungsprozeß unterlegenen Altbadener, die Landesgründung als einen in der deutschen Verfassungsgeschichte nahezu einmaligen Vorgang des Zusammenschlusses mehrerer Länder zu einem neuen Staat im Wege einer Volksabstimmung, also auf demokratischer Grundlage. Das neue Land, das war seine Überzeugung, entspreche wie kaum ein anderes den Voraussetzungen, die das Grundgesetz in Artikel 29 für die Neugliederung des Bundesgebiets aufstellte.
Aber Spreng, der Sohn eines Bürgermeisters und Kreispflegers aus Hohenlohe, vertraut mit den Problemen und Eigenheiten der württembergischen Verwaltung, wie er auch die Reichsverwaltung kannte, war einfühlend, konziliant und beweglich genug, die Harmonie herzustellen zu den schmiegsamen Verwaltungsmethoden der badischen Kollegen. Das fränkische Element in seinem Blut milderte das strengere württembergische. Wenn Willy Hellpach in seiner Deutschen Physiognomik den Franken die Attribute „fröhlich und rege, aber unbeständig und streitlustig“ zuweist, so wird man freilich bei Spreng davon nicht mehr ausgeprägt finden als gemeinhin verbreitet ist.
Bei Max von Rümelin, einem der Begründer der Tübinger Schule der Interessenjurisprudenz, hatte er sich 1928 über ein spezielles Thema des Schuldrechts promovieren lassen, dann aber sich früh der öffentlichen Verwaltung zugewandt, zuerst im Landes-, sodann im Reichsdienst, und nach dem Kriege führte der Weg den in den 40er Jahren Stehenden in das Staatsministerium Reinhold Maiers.
Nachdem der Ministerpräsident, entgegen der badischen und württembergischen Tradition, ab 1946 kein Ressort mehr mitverwaltete, entstand das Bedürfnis, zu seiner Unterstützung ein eigenes Büro einzurichten, die Staatskanzlei. Hier fand Spreng schon in Württemberg-Baden, sodann im neuen Bundesland ein neues Wirkungsfeld. Der Staatskanzlei als einer zentralen Koordinierungsstelle oblagen ressortübergreifende Aufgaben, wie die Behandlung grundsätzlicher Verfassungsfragen, Fragen des Staatsgebiets und seiner Einteilung und Organisation, also auch die Neugliederung des Bundesgebiets, für die mit der Bildung des Landes nur ein erster Schritt getan war, sodann die Beziehungen zum Landtag, zum Bund und zu den anderen Ländern, die Vorbereitung und Auswertung der Kabinettsitzungen und die wichtigsten Beamtenernennungen. In ihren Geschäftsbereich fielen auch die Archivverwaltung und die Landesvertretung beim Bund in Bonn. Spreng übernahm zunächst die Leitung der Hauptabteilung für die Landesangelegenheiten. Er vereinigte im Zuge der Entwicklung als Chef der Staatskanzlei alle Geschäftsbereiche in seiner Hand. Der sehr kleine Arbeitsstab wurde während seiner 14jährigen Amtszeit kaum erweitert; ein großzügiger Ausbau erfolgte erst später. Unter seiner, der Initiative und Eigenverantwortung der Mitarbeiter großzügig Raum gebenden Leitung konnte sich eine unbürokratische und kollegiale Arbeit im Staatsministerium entfalten, dieses verstanden als ein „flexibles, schnell handlungsfähiges und die Gesamtinteressen wahrnehmendes Leit- und Koordinierungsinstrument mit Stabscharakter für Ministerpräsident und Kabinett“ (Katz, S. 228). Noch 1969 berichtete die von der Bundesregierung eingesetzte Projektgruppe für Regierungs- und Verwaltungsreform, unter den Modellen für die Koordination und Programmüberwachung in den Bundesländern sei „das am wenigsten formalisierte Modell in Stuttgart“ ermittelt worden.
In den ersten Jahren stand der Verwaltungsaufbau auf der Basis des Überleitungsgesetzes vom 15. Mai 1952 im Vordergrund, wobei das Staatsministerium auf der Grundlage der Vorschläge der Ressorts die Beschlüsse der Regierung vorzubereiten hatte. Im Dezember 1952 konnte Spreng im Staatsanzeiger über den Vollzug berichten. Er betonte dabei den vorläufigen Charakter des geschaffenen Verwaltungsaufbaus als eines Rohbaus, der noch der Verfeinerung und der Korrektur bedürfe, und warnte vor voreiligen Änderungen, bevor sich bestimmte Absichten des Parlaments abzeichneten.
Nach dem Inkrafttreten der Verfassung nahm die Ausarbeitung der gesetzlichen Maßnahmen – Landesverwaltungsgesetz, Gemeinde- und Kreisordnung, Polizeigesetz, Wahlgesetz –, nun unter der Regierung Gebhard Müllers, noch Jahre in Anspruch. Mit dem Regierungsantritt Kurt Georg Kiesingers (1958) traten politisch-planerische und auch repräsentative Aufgaben in den Vordergrund, wie sie in den Anstrengungen zum Ausbau und zur Neugründung von Universitäten und in der Bildungsplanung weithin sichtbar in Erscheinung traten. Mit dem Wechsel der Regierungen wechselten auch die Anforderungen an die Funktionen im Grenzbereich zwischen Politik und Verwaltung, die Spreng bei geschwächter Gesundheit den Dienst schwer werden ließen.
Von einem schweren Leiden, das die letzten Jahre überschattete, erlöste ihn erst der Tod kurz vor Vollendung des 65. Lebensjahres. Sein Nachfolger Hermann Reiff würdigte ihn als einen der bekanntesten und verdientesten Repräsentanten der Beamtenschaft des Landes, der sich im Dienst verzehrt habe.
Quellen: Auskunft von Angelika Spreng, Stuttgart, und von der Tochter Eva, verheiratete Birkel, Esslingen
Werke: Das Anwendungsgebiet der Anspruchsabtretung nach § 255 des BGB. 1928, Tübinger Dissertation vom 22.09.1928; Berichte über die Rechtsentwicklung in Württemberg-Baden, in: Die Öffentliche Verwaltung 1948, 32 f.; 1949, 92 f., 334 f., 474; 1950, 402-404; 1951, 18-21; 1952, 15-18, 499-501; 1953, 81-83, 694-696; 1954, 83-85; 1955, 726-728, 755-760; 1956, 465-468; Rechtsetzungsbefugnis der Länder aufgrund früheren Reichsrechts, in: Die Öffentliche Verwaltung 1949, 47-49; Das Verfahren nach dem Zweiten Neugliederungsgesetz, in: Staatsanzeiger für Württemberg-Baden Nr. 95 vom 8. Dezember 1951; Bekanntmachung der Vorläufigen Regierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien vom 8.7.1952, in: Gesetzblatt, 21; Das Überleitungsgesetz für das südwestdeutsche Bundesland, in: Die Öffentliche Verwaltung 1952, 298-300; Verwaltungsaufbau vorläufig abgeschlossen, in: Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 61 vom 13.12.1952, 1 f.; Spreng/Feuchte, Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg. Textausgabe mit Anmerkungen und einer eingehenden systematischen Einführung nebst dem Text des Grundgesetzes, 1953; Welche Bedingungen muß das Wahlgesetz für den Landtag erfüllen?, in: Der Bürger im Staat 1954, 205; Rudolf Spreng/Willi Birn/Paul Feuchte, Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Kommentar mit einer Einführung in die Entstehung des Landes und der Verfassung, 1954
Nachweis: Bildnachweise: Der Bürger im Staat (siehe Werke)

Literatur: Ministerialdirektor Dr. Spreng 50 Jahre, in: Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 69 vom 10.09.1955, 1; Die Staatskanzlei. Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise auf vergleichender Grundlage. Vorträge und Diskussionsbeiträge der verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften (Speyer 1966) 1967; Alfred Katz, Politische Verwaltungsführung in den Bundesländern. Dargestellt am Beispiel der Landesregierung Baden-Württemberg, Tübinger Dissertation, 1975; „Ein Erfülltes Leben im öffentlichen Dienst“ – Gedenkansprache im Süddeutschen Rundfunk von Ministerialdirektor Hermann Reiff, in: Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 68 vom 29.08.1970, 2; ders., Erlebtes Baden-Württemberg, 1985
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