Grieshaber (ab 1933: da Silva-Nigra), Ludwig 

Andere Namensformen:
  • Ordensname: P. Clemente Maria
Geburtsdatum/-ort: 17.07.1903;  Schonach
Sterbedatum/-ort: 30.07.1987; Sacra Família da Tinguá, Brasilien
Beruf/Funktion:
  • OSB, Kunsthistoriker
Kurzbiografie:

1910–1919 Volksschule bis 1911 in Schonach, dann in Triberg

1916–1919 Realgymnasium in Triberg

1919–1922 Gymnasium in Konstanz ohne Abschluss

1922 Auswanderung nach Brasilien, Ordenseintritt

1922–1928 Studium an der Ordensschule in Bahia und am Instituto Superior in Rio de Janeiro

1923 XII 6 Profess in Bahia

1928 XII 16 Priesterweihe

1928–1934 Lehrer in Rio de Janeiro, São Paulo und Bahia

1928–1940 Studienreisen nach Portugal, Spanien, Italien und Deutschland

1933 IX 16 Annahme der brasilianischen Staatsangehörigkeit

1940 Sachverständiger für Kunst am Institut für Denkmalpflege

1956–1959 Studienreisen: Portugal, Spanien und Marokko

1958 Gründer und erster Leiter des Museu de Arte Sacra da Universidade Federal da Bahia

1963–1966 Studienreisen nach Leningrad, Berlin, Weimar und Dresden

Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Auszeichnungen: Ehrungen: Ehrenbürger der Gemeinde Schonach (1968); Ehrenbürger und Goldener Ehrenring der Stadt Triberg (1968); Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1968); Dr. h. c. der Universität Bahia (1968); Dom-Clemente-Schule in Schonach (1980).
Verheiratet:

Unverheiratet


Eltern:

Vater: Josef (1879–1944), Holzhauer, dann Bäcker

Mutter: Anna, geb. Kopp


Geschwister:

2; Rosa (1905–1981) und Berta (1907–1995)


Kinder:

keine

GND-ID: GND/1012805158

Biografie: Johannes Werner (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 178-180

Über seine Herkunft schrieb Grieshaber einmal: „Meine Vorfahren sind alle aus Schonach: Mein Urgroßvater besaß den Weimattenhof, mein Großvater den Winackerhof auf der vorderen Grub, wo auch mein Vater geboren wurde. Seit 1910 wohnten meine Eltern in Triberg bei der Wallfahrtskirche“ (zit. nach Hamm, 1982, S. 232).

In Triberg wechselte Grieshaber von der 7. Klasse der Volksschule in die Quarta des Realgymnasiums, das er, nachdem er eine Klasse hatte überspringen dürfen, nach der Obertertia verließ, um an das Gymnasium in Konstanz zu wechseln. Denn nun wollte er, der schon Ministranten- und Mesnerdienste verrichtet hatte, Priester werden. Vom Triberger Kaplan war er im Lateinischen und Griechischen unterrichtet worden. In Konstanz konnte Grieshaber im katholischen Gymnasialkonvikt, dem Konradihaus, unterkommen. Bereits hier trat sein historisches Interesse zutage und äußerte sich in ersten Arbeiten so wie in einem lange währenden Briefwechsel mit dem aus Niederwasser stammenden Pfarrer und Heimatforscher Konrad Kaltenbach (1877–1955).

Die entscheidende Wende in seinem Leben trat ein, als Grieshaber in Konstanz den Vortrag eines Benediktiners aus Bahia über Brasilien und seine Kunstschätze hörte. Seit 1859 bemühten sich die Benediktiner der Beuroner Kongregation um die Wiederbelebung der brasilianischen Abteien und warben in Europa um Nachwuchs. Kurzerhand, noch ohne Abitur, begleitete der 19-jährige Grieshaber seinen Mentor nach Bahia, wo er mit drei Gefährten am 13. August 1922 eintraf, alsbald in den Orden eintrat und den Ordensnamen Clemente Maria annahm. Damit spielte er auf seine alte Heimat an; denn in Triberg hatte der hl. Clemens Maria Hofbauer gewirkt und war sehr verehrt worden. Ihm galt die erste Veröffentlichung, mit der Grieshaber schon als Konstanzer Schüler hervorgetreten war. 1933 legte er bei seiner Einbürgerung nach Brasilien auch seinen Familiennamen ab und nannte sich da Silva-Nigra, ein weiterer Bezug zu seiner Schwarzwälder Herkunft.

Zusammen mit Grieshaber war auch der gleichaltrige Ernst Lachenmayer aus Langenargen nach Bahia abgereist und ins dortige Kloster eingetreten, wo er sich als Irmão, d. h. Bruder, Paulo zu einem vielseitigen, weithin bekannten Künstler entwickelte. Diesem „Mitbruder, Mitarbeiter und Freund“ (1971, S. 3), der 1990 starb, blieb Grieshaber zeitlebens eng verbunden.

1928 war Grieshaber zum Priester geweiht worden und hatte anschließend sechs Jahre lang an ordenseigenen Schulen unterrichtet. Doch allmählich trat sein Interesse an der brasilianischen Kunstgeschichte in den Vordergrund. Auf der Suche nach ihren Ursprüngen unternahm er zahlreiche Reisen, vor allem in die romanischen Länder Europas, aber auch nach Russland, von wo er – was noch keinem westlichen Forscher gelungen war – mit über 3000 Aufnahmen aus Museen und Bibliotheken zurückkehrte. Er nahm an verschiedenen internationalen Kongressen in Europa und den USA teil, wurde 1940 von der brasilianischen Regierung zum Kunstsachverständigen ernannt und 1958 von der Universität Bahia mit dem Aufbau eines Kunstmuseums betraut, für das sie ein ehemaliges Karmeliterkloster aus dem 17. Jahrhundert herrichten ließ. Grieshaber war sein erster Direktor.

Schon zuvor hatte er durch zwei große Ausstellungen auf sich aufmerksam gemacht: 1938 zur Erinnerung an den Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen, den Gouverneur der Niederländischen Westindien-Kompanie in Brasilien, und 1955 zum 36. Internationalen Eucharistischen Kongress in Rio de Janeiro. Grieshaber war auch Mitglied im International Council of Museums der UNESCO. Der wissenschaftliche Ertrag seiner Forschungen schlug sich in einer eindrucksvollen Reihe von Monographien zu brasilianischen Architekten, Bildhauern und Malern nieder; auf diesem Gebiet galt er als größte Autorität. Intensiv beschäftigte er sich auch mit dem deutschen Universalgelehrten Georg Heinrich Freiherr von Langsdorff (1774–1852) und dessen Expedition nach Brasilien.

Seiner Heimatgemeinde, mit der er immer in regem brieflichem Austausch gestanden war, vermachte Grieshaber eine von einem brasilianischen Künstler um 1750 gefertigte silberne Pyxis, die eine Reliquie des Hl. Clemens Maria Hofbauer, seines zweiten Namenspatrons, enthält. Bei seinem letzten Besuch, 1974, antwortete er auf die Frage, welche Sprachen er denn spreche: „Es sind nur Portugiesisch, Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch und natürlich Schonacherisch“ (zit. nach Hamm, 1982, S. 234).

Quellen:

GemeindeA Schonach Bestand 4 Nr.42, Ehrenbürger; EAF C15/321 u. C15/519, Gymnasialkonvikt (Knaben-), Studienheim St. Konrad Konstanz; Catalogus Monasteriorum O.S.B. Bd.15, 1980, 84–85; Mitteilungen des Bürgermeisteramts Schonach vom 29.3.2017

Werke: Der Hl. Clemens Maria Hofbauer und Triberg, 1921; Relação dos Reverendissimos Prelados das Antigas e Actuais Abadias e Presidências da Congregação Beneditina Brasileira, 1584–1936, 1936; Francisco de Frias da Mesquita, Engenheiromor do Brasil, in: Revista do Serviço do Patrimônio Histórico e Artístico Nacional Bd.9, 1945, 9–88; Construtores e Artistas do Mosteiro de São Bento do Rio de Janeiro, 1950;Frei Bernardo da São Bento,o Arquiteto Seiscentista do Rio de Janeiro, 1950; Frei Domingos da Conceição, o Escultor Seiscentista do Rio de Janeiro, 1950; Frei Ricardo do Pilar, o Pintor Seiscentista do Rio de Janeiro, 1950; Tres Artistas Beneditinos, 1950; Artistas Coloniais Mineiros, in: Revistade História Bd.2, 1951, 411–419; A ordem dos beneditinos na cidade de S. Paulo, in: Ensaios Paulistas, 1954, 24–137; Sobre as Artes Plásticas na Antiga Capitania de S. Vicente, 1958; O Barão George Henrique de Langsdorff, 1774–1852, o grande cientista esquecido de Brasil, 1966; A História dos Nobres Langsdorff no Brasil, in: O Cruzeiro, 16.6.1966; Os dois Escultores Frei Agostinho da Piedade, Frei Agostinho de Jesus e o Arquiteto Frei Macário de São João, 1971; Museu de Arte Sacra de Bahia, 1972; A Ilha das Cobras e suos fortalezas, o.J.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (ca.1968), S. 177, GemeindeA Schonach. – Büste von Ludwig Grieshaber, 1972, Dom-Clemente-Schule, Schonach; Hamm, 1982, 232; Südkurier vom 15.7.1968 (vgl. Literatur).

Literatur:

Michael Emilio Scherer, Beuron und die Restauration der Abteien in Brasilien, in: Beuron 1863 –1963. FS zum hundertjährigen Bestehen der Erzabtei St. Martin, 1963, 281–307; Esmeraldino Sento Sè, Ação de Dom Clemente no Museu de Arte Sacra, 1979;Chronik der Gde. Schonach im Schwarzwald, 1981, 462–466; Werner Hamm, Professor Dom Clemente da Silva Nigra, in: Jahrbuch der Schwarzwald-Baar-Kreises Bd. 6,1982, 232–234; Hans Becher, Georg Heinrich Freiherr von Langsdorff in Brasilien. Forschungen eines deutschen Gelehrten im 19. Jahrhundert, in: Völkerkundliche Abhandlungen Bd. X, 1987, X und XIII; Paulo Vega, Irmão Paulo Lachenmayer OSB. Und artista alemão no Mosteiro de São Bento, 2012.

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