Grube, Georg Heinrich Ludolf 

Geburtsdatum/-ort: 06.05.1883; Göttingen
Sterbedatum/-ort: 31.08.1966;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Physikochemiker
Kurzbiografie:

18891901 Elementarschule, dann humanistisches Gymnasium Göttingen bis Abitur

1901 IV1902 III Einjährig-Freiwilliger Militärdienst beim 2. Kurhessischen Infanterieregiment Nr. 82 in Göttingen; nach mehreren Reserveübungen Leutnant der Infanterie.

1902 IV1906 II Studium der Chemie und Naturwissenschaften an den Universität München, SS 1902, und Göttingen; Abschluss Promotion zum Dr. phil. (cum laude) bei Gustav Tammann (1861–1938): „Über einige Magnesiumlegierungen“

1906 III1908 IX in den Minen von Buchsweiler bei Straßburg zunächst Chemiker-Analytiker, dann Betriebsleiter einer chemischen Fabrik für die Verarbeitung verbrauchter Gasreinigungsmasse

19081914 Wissenschaftliche Arbeit an der TH Dresden; Aug.-Nov. 1912 Studienreise in die USA; Nov. 1913 Teilnahme an der „Faraday-Diskussion“ in London

1913 I1914 IX Habilitation für das Fach Chemie an der TH Dresden: „Die elektrolytische Darstellung des Ferricyankaliums”; 1914 Privatdozent

1914 X1951 III Leiter des neugegründeten Laboratoriums an der TH Stuttgart, ab April 1918 ordentlicher Professor für Physikalische Chemie und Elektrochemie, 1924/25 Rektor der TH Stuttgart; 1927 neues Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie

1914 VIII1915 IX Militärdienst als Leutnant der Infanterie an der Westfront; schwere Verwundung im Nov. 1914 und Lazarettaufenthalt als Oberleutnant entlassen. EK II

1934 V1953 IX Direktor des Teilinstituts für physikalische Chemie der Metalle am Kaiser-Wilhelm-Institut (seit 1949 Max-Planck-Institut) für Metallforschung in Stuttgart

1939 X Eintritt in die NSDAP, Nr. 7 543 882

1945 IX1946 IV Verhaftung und Internierung in Ludwigsburg

Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Auszeichnungen: Ehrungen: Bunsen-Gedenkmünze (1948); Dr.-Ing. E.h. der TH Dresden (1953); Dr. rer. nat. h. c. der Universität Köln (1963)
Verheiratet:

1906 (Göttingen) Marie Minna Luise Magdalene (Magda), geb. Peters (1885–1969)


Eltern:

Vater: Georg Heinrich Ludolf (1844–1899), Kaufmann

Mutter: Christiane Dorothee Elise, geb. Bode (1854–1945)


Geschwister:

Julius Albert Friedrich, Dr. med. (1880–1970)


Kinder:

3; Walter (1907-1992), Leiter der Archivverwaltung Baden-Württemberg, Hans-Ludolf (1909–1988), Dr. Ing., und Gerda (1918–2008), verh. Stallwitz

GND-ID: GND/116886757

Biografie: Alexander Kipnis (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 183-189

Grube wurde als Sohn eines Göttinger Kaufmanns geboren. Bis zum 9. Lebensjahr besuchte er die Elementarschule und dann das humanistische Gymnasium, heute Max-Planck-Gymnasium, in Göttingen, das er Ostern 1901 mit dem Zeugnis der Reife verließ, „um Chemie zu studieren“ (UA Stuttgart SN 28/10).

Nach dem Abitur genügte Grube seiner Militärdienstpflicht offensichtlich mit viel Eifer: Bereits im selben Jahr wurde er Reserveoffiziersanwärter, 1913 Leutnant. Ostern 1902 begann Grube sein Studium, zunächst in München, wo er Vorlesungen über „Unorganische Chemie“ bei Karl Hofmann (1870–1940) und über Experimentalphysik bei Conrad Röntgen (1845–1923) hörte. Vom WS 1902/03 an studierte er in Göttingen, wo er im WS 1904/05 das Vordiplom bestand. Danach befasste er sich mit der physikalischen Chemie, hörte bei Gustav Tammann über „die Lehre vom Gleichgewicht heterogener Systeme“ und nahm teil an dessen „Physiko-chemischem Kolloquium“. Er hörte auch Vorlesungen von Walter Nernst (1864–1941) über Theoretische Chemie und über Entwicklung der neueren Atomistik. Besonders konzentrierte sich Grube auf die Arbeit im Institut für Anorganische Chemie von Tammann, wo er sich auf dessen Anregung mit Herstellung und Erforschung von Legierungen des Magnesiums mit Metallen der II. bis V. Gruppe des Periodensystems beschäftigte. Sein letztes Semester in Göttingen widmete er der Fertigung seiner Doktorarbeit, in der er sich mit einer Herstellungsmethode befasste, die Schutz vor Oxidation sichern sollte. Er untersuchte mit Methoden der thermischen, metallographischen und chemischen Analyse viele Magnesiumlegierungen, wobei er mehrere neue intermetallische Verbindungen entdeckte.

Ende 1905 stellte er sein Gesuch um Zulassung zur Promotion. Im Gutachten über die vorgelegte Dissertation schrieb Tammann: „Die […] Arbeit zeichnet sich […] vor Allem dadurch aus, dass alle Angaben über die Zusammensetzung der hier zuerst aufgefundenen Verbindungen auf drei voneinander unabhängigen Wegen kontrolliert worden sind“ und schlug vor, der Arbeit „mindestens das Prädikat valde laudabile [sehr lobenswert] zu erteilen“ (UA Göttingen, Phil. Prom. G I 5).

Das Rigorosum in Chemie als Hauptfach, Physik und Physikalische Chemie als Nebenfächern bestand Grube im Februar 1906. Er wurde „cum laude“ promoviert.

Nach der Promotion ging Grube in die Industrie. Anfang März 1906 trat er in die Minen von Buchsweiler bei Straßburg ein, zunächst als Chemiker-Analytiker im Laboratorium, bald als Betriebsleiter der chemischen Fabrik, in der die Verarbeitung verbrauchter Gasreinigungsmasseauf Ferro- und Ferrizyanid, Rhodansalze, Ammoniak und Ammoniaksalze stattfand.

Nach eineinhalb Jahren entschloss sich Grube für die akademische Laufbahn. Er wechselte an die TH Dresden, wo er sich zwei Semester bei Fritz Foerster (1866–1931), Professor für Elektrochemie und Physikalische Chemie, zum Elektrochemiker weiterbildete. Grube erkannte Foerster später das Verdienst zu, „schon frühzeitig in Lehre und Forschung die Denkmittel und Arbeitsmethoden der physikalischen Chemie auf die Probleme der wissenschaftlichen und technischen Chemie angewandt“ zu haben (1932, Foerster , 57), was die weitere wissenschaftliche Arbeit Grubes prägte. Ab Oktober 1909 war er zwei Jahre lang Foersters Unterrichtsassistent.

1912 besuchte Grube mit dem Reisestipendium des Vereins deutscher Chemiker den Internationalen Kongress für Angewandte Chemie in Washington und New York und machte eine von der Kongressleitung organisierte viermonatige Besichtigungsreise zu elektrochemischen und metallurgischen Unternehmen Nordamerikas. Vom SS 1912 bis zum WS 1912/13 arbeitete Grube in Foersters Laboratorium an seiner Habilitationsschrift, teilweise bei Erich Müller (1870–1948), Foersters Nachfolger. Das Thema entstand vermutlich während Grubes Tätigkeit in Buchsweiler: die Darstellung des Ferrizyankaliums durch Elektrolyse. Grubes Verfahren war wirtschaftlicher als rein anorganische Prozesse für die Herstellung dieses Salzes. Die Habilitationsschrift wurde Anfang 1913 der Fakultät vorgelegt. Im Februar 1913 wurde Grube Privatdozent für Chemie und las über die Anwendung der Phasenlehre auf technische Prozesse. Im November 1913 nahm er auf Einladung der Faraday-Society an der „Faraday-Diskussion“ in London über Passivität von Metallen teil, wo er über „Anodische und kathodische Verzögerungserscheinungen“ sprach.

Die Publikationen Grubes machten ihn in der Fachwelt bekannt. Er erhielt im Juli 1914 einen Ruf aus Stuttgart, wo Alexander Guthbier gerade die Chemische Abteilung der TH umgestaltete und sein Institut in drei Laboratorien gliederte: Anorganische, Organische und Pharmazeutische Chemie. Ein drittes, nämlich Physikalische Chemie und Elektrochemie, war noch zu errichten, wobei an Grube gedacht war. Dieser nahm an und wurde Anfang Oktober 1914 planmäßiger außerordentlicher Professor.

Wegen des Kriegsausbruchs konnte Grube seine Tätigkeit nicht gleich beginnen. Anfang August 1914 war er eingezogen und als Leutnant der Infanterie an der Westfront eingesetzt worden. Im November 1914 vor Reims schwer verwundet wurde er im September 1915 aus dem Militär entlassen und zog zum WS 1915/16 nach Stuttgart. Sein Laboratorium wurde zunächst in einer Dienstwohnung untergebracht, wo er unter schwierigsten Verhältnissen seine fast vier Stuttgarter Berufsjahrzehnte begann. 1916 bis 1919 hielt Grube wöchentlich dreistündig Vorlesungen: über Physikalische Chemie in den Sommer- und über Elektrochemie in den Wintersemestern. Während des Krieges hat Grube daneben im Auftrag der Württembergischen Regierung Versuche zur Gewinnung von Öl aus schwäbischem Ölschiefer durchgeführt, die zu einer technischen Anlage zur Ölgewinnung führen sollten. Am 1. April 1918 wurde Grube ordentlicher Professor. 1920 gelang es ihm, durch kleinere Umbauten und einen Hörsaalneubau zur Lehr- und Forschungstätigkeit umzuwidmen. Während der Jahrzehnte las er über seinen Fachbereich im Überblick und über Einzelfragen wie Schmelzflusselektrolyse, Metallurgie und Anwendung elektrischer Öfen in der chemischen Technik. Seine Vorlesungen waren mit Blick auf die Studenten wohlstrukturiert. Er leitete daneben Einführungspraktika für fortgeschrittene Chemiestudenten. Grube konnte seine Schüler begeistern. Einer erinnert sich an die „freundschaftliche Atmosphäre eifriger und gewissenhafter Arbeit, […] und zugleich menschlich liebenswürdigen Humor des Institutschefs“ (G. Schmid, 1953, S. 229).

Die ersten Forschungen galten Problemen, die Grube zuvor in Dresden aufgegriffen hatte: Anodenvorgänge und Passivitätserscheinungen. Dann folgten Untersuchungen über Kathodenreduktion von schwer reduzierbaren Metallen. Grube stand immer im Kontakt mit der Industrie und deren Bedürfnissen. Zwei Verfahren über elektrolytische Gewinnung des Chroms bzw. Mangans aus ihren Salzlösungen wurden von einer deutschen und einer amerikanischen Firma patentiert.

Grube leistete auch intensive literarische Arbeit. Während des Kriegs verfasste er den monographischen Aufsatz „Die Legierungen des Eisens“ für das Werk von Erich Müller „Das Eisen und seine Verbindungen“ (1917). 1922 erschien das Buch „Grundzüge der angewandten Elektrochemie; Elektrolyse der wässrigen Lösungen“, in Erinnerung an seine Dresdener Lehrjahre Foerster gewidmet. Grubes Ziel war es, „den Leser in das Gesamtgebiet der praktischen Elektrochemie im Rahmen eines kürzerer Lehrbuches einzuführen“ (1922, Grundzüge, V).

Grube publizierte ab Anfang der 1920er Jahre auch viel in Fachzeitschriften, was wohl den Ruf der TH Hannover 1923 erklärt. Er lehnte ab, nachdem das Kultusministerium den Neubau seines Instituts genehmigt hatte. Zusammen mit dem Architekten entwarf Grube dann das dreigeschossige Institutsgebäude nahe beim Physikalischen Institut. Ab 1925 wurde gebaut, und 1927 konnte eines der größten und modernsten physikalisch-chemischen Hochschulinstitute Deutschlands bezogen werden. Nun konnte Grube seine Lehr- und Forschungstätigkeit auf breiterer Basis fortsetzen und mit besseren Methoden und Apparaten größer angelegte Forschungen durchführen: Pionierarbeiten zur Oberflächenveredelung von Metallen durch Diffusion, womit er bereits zuvor begonnen hatte. Nun untersuchte er auch Edelmetalle und ihre Legierungen auf ihr elektrochemisches Verhalten hin, woraus die 22jährige Kooperation mit der „Heraeus Platinschmelze GmbH“ in Hanau resultierte, deren wissenschaftlicher Berater Grube war.

Grubes Ansehen war auch unter den Stuttgarter Kollegen groß, wie sein Rektorat 1924/25 zeigt. Seine Antrittsrede begann mit den Worten: „Das deutsche Volk […] steht vor der Schicksalsfrage, ob es einer Entschädigungsverpflichtung von unerhörter Höhe sich unterwerfen soll oder auch weiterhin die Volksgenossen […] der Willkür der französisch-afrikanischen Soldateska preisgeben soll“ (1924, Stein der Weisen, S. 13). Diese Entscheidung läge bei den politischen und wirtschaftlichen Führern, Sache der Naturforscher sei es, „Mittel und Wege zu suchen, den Nutzeffekt der Arbeitsstunde soweit zu steigern, dass […] eine Befreiung des Landes von drückenden Verpflichtungen [und] ein auskömmliches Leben […] des arbeitenden Volkes gewährleistet wird“ (ebd.). Nachdem er zum Thema: „Der Stein der Weisen und die Kunst, Gold zu machen“ gesprochen hatte, folgte der Kern seiner Aussage: dass moderne Erzeugnisse aus nicht edlen Metallen und Legierungen wertvoller als goldene sein können, wenn das „Zeitalter der Leichtmetalle“ (ebd. S. 28) begonnen habe, wonach Aufschwung und Befreiung aus den aktuellen Problemen folgen werde.

Während Grubes Rektoratsjahr wuchs die Zahl der Studierenden deutlich, ihm „ein Gegenstand ernstester Sorge“ (1925, Bericht, S. 4), der zu Erweiterungen zwang. Darum bemühte er sich zusätzlich zu den öffentlichen Mitteln auch Drittmittel von Privatpersonen und Industrie einzuwerben.

1931 suchte der ständige Ausschuss der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie, der Grube seit 1909 angehörte, einen neuen Schriftleiter für seine „Zeitschrift für Elektrochemie“. In Grube „fand man endlich einen Redakteur, der des Beifalls der maßgebenden Leute sicher sein durfte“ (Jaenicke, 1994, S. 95). Grube leitete mit Hingabe die Zeitschrift bis 1945; er gab von 1932 bis 1944 die Bände 38 bis 50 heraus. Seine kompetente Schriftleitung trug viel zur Qualität der Publikationen bei, die er „auf eine beachtliche Höhe geführt“ (Schmid, 1953, S. 280) hat, für Grube ein erheblicher „Anteil meiner wissenschaftlichen Lebensarbeit“. (UA Stuttgart: 57/2422)

Im Sommer 1934 wurde in Stuttgart das Kaiser- Wilhelm-Institut, KWI, für Metallforschung in Nachfolge des 1933 aufgelösten Berliner Vorgängers gegründet. In Stuttgart beschäftigten sich bereits zwei Institute der TH mit Metallforschung. Das neue Institut sollte deren Arbeit nun als Teilinstitute unter Grube, Richard Glocker und Werner Köster  koordinieren, der Geschäftsführer des gesamten Instituts wurde, und bis sein Institut gebaut war, als Gast bei Grube arbeitete. Später wies Köster darauf hin, dass die Initiative zu dieser Neugründung in Stuttgart auf Grube zurückging. Die Neueröffnung fand am 21. Juni 1935 statt. Da alle Direktoren auch Lehrstuhlinhaber an der TH waren, wurde das neue KWI für Metallforschung durch Personalunionen mit der TH verbunden. Obwohl Grube dabei keine neuen Räume erhielt, eröffneten sich ihm so mehr Möglichkeiten, fertig ausgebildete Mitarbeiter zu beschäftigen und die Forschungen über Thermodynamik der Legierungsbildung zu intensivieren.

Grube war wohl deutschnational eingestellt. Der Nationalsozialismus traf bei ihm aber auf klare Ablehnung, besonders „war er klarer Gegner der NS-Rassenpolitik“ (UA Stuttgart, SN 28/ 13). In seinem Institut gab es keinerlei politische oder ideologische Bevorzugung. Auch der Hitler-Gruß war unüblich. Das zeigt auch sein Vortrag bei der 40. Hauptversammlung der Bunsen-Gesellschaft, der bei eher kritischer Grundstimmung anders als andere keinerlei NS-Parolen enthielt. Den Vorschlag, in die Partei einzutreten, hatte Grube jahrelang abgelehnt. Erst nach Kriegsausbruch sah er sich auf Verlangen des Verlegers zu diesem Schritt gezwungen, da er sonst die Redaktion der „Zeitschrift für Elektrochemie“ hätte abgeben müssen. Sein Handeln im Institut aber blieb unverändert. Der erste Nachkriegsrektor der TH, Richard Grammel (1889–1964), bezeugte, dass Grubes „sehr scharfe Einstellung gegen Nationalsozialismus stets durchaus bekannt war“ (UA Stuttgart, SN 28/13).

Mit Kriegsausbruch wurden viele Arbeiten des Instituts zu Aufträgen des Luftfahrtministeriums. Grube blieb die reine Forschung. So erklärt sich die doppelte UK-Stellung, als Institutsdirektor und „Spitzenkraft der Luftfahrtforschung“ (Meier, 2007, S. 1059). Wegen steigender Gefahr von Luftangriffen wurde ein Teil seines Instituts nach Schwäbisch Gmünd verlegt. Er selbst und seine Gruppe für Edelmetalluntersuchung blieben aber in Stuttgart. Im Oktober 1943 und im Juli 1944 nahm auch sein Institut Schaden, allerdings geringfügig.

Im September 1945 trafen Köster, Glocker und Grube mit Richard Grammel zusammen, um die Wiederaufnahme des Lehrbetriebs zu besprechen. Wie alle Direktoren der Kaiser-Wilhelm-Institute wurden dann alle drei am 12. September vom US-Counter-Intelligence Corps verhaftet. Bis Mai 1946 befanden sie sich im amerikanischen Internierungslager in Ludwigsburg, obwohl die TH und das Kultusministerium sich seit Oktober sich um ihre Entlassung bemühten.

Bei der Eröffnung der TH am 23. Februar 1946 fehlten alle noch verhafteten und nicht entnazifizierten Professoren. Nach seiner Entlassung wurde Grube sofort wieder in der TH aktiv. Es gab nur in seinem Institut noch Praktikumsräume für alle chemische Fächer, in denen der experimentale Unterricht stattfinden konnte. So begann Grubes Lehrtätigkeit im SS 1946. Durch die Spruchkammer Stuttgart wurde er im September 1947 als „Mitläufer“ zu 1500 RM Sühne verurteilt. Danach stabilisierte sich das Leben. Grube hielt wieder Vorlesungen und leitete praktische Arbeiten bis zum Ende des WS 1950/51. Als er mit 67 Jahren emeritiert war, vertrat er seinen Lehrstuhl noch zwei Monate, bis Theodor Förster ihm nachfolgte. Nach mehrmaliger Verlängerung verließ Grube auch seinen Direktorposten im Max-Planck-Institut, dessen wissenschaftliches Mitglied er blieb. Sein Institut wurde Kösters Institut für angewandte Metallkunde angegliedert.

Grube war ein talentierter Lehrer mehrerer Generationen von TH-Studenten, die er zum sauberen Experimentieren erzogen hatte. Bei ihm promovierten mindestens 49 Doktoranden, für die er auch väterlicher Freund war. Bedeutsam war seine organisatorische Tätigkeit, als Rektor der TH, vor allem aber in der Bunsen-Gesellschaft, deren ständiger Ausschuss ihm viele Anregungen verdankte und natürlich die Herausgabe der Zeitschrift.

Das literarisches Erbe Grubes zählt nahezu 150 Publikationen, darunter zwei wichtige Monographien, ohne seine zahlreichen Vorträge in verschiedenen Vereinen und Versammlungen. Die repräsentative Auswahl unten spiegelt die Vielseitigkeit seiner Forschungen wider, die von seinen breitangelegten Erfahrungen profitierten, begründet in der Schule Tammanns, erweitert in der Industrie, vertieft und abgerundet in Dresden bei Fritz Foerster und Erich Müller.

Inhaltlich sei das Thema „Elektrische Leitfähigkeit und Zustandsdiagramm bei binären Legierungen“ hervorgehoben, worüber er bei der Überreichung der Bunsen-Gedenkmünze in der 47. Hauptversammlung der Bunsen-Gesellschaft sprach. Kennzeichnend für sein ganzes Tun war die Verknüpfung von theoretischen Konzepten mit industriellen Bedürfnissen, die praktische Umsetzung von Forschungsergebnissen also. Das wissenschaftliche Erbe Grubes aber ist „die nahezu einmalige, bahnbrechende und schulemachende Verbindung der Metallkunde und der Elektrochemie“ (Thiessen, 1943, 194). Grube war der erste, dem es gelungen war, zuvor getrennte Gebiete zu verbinden. Das sichert seinen Platz in der Geschichte der Naturwissenschaft und Technik.

Quellen:

UA Göttingen, Phil. Prom. G I 5, Promotionsakte Grubes; UA Stuttgart, 57/2422, Personalakte Grube, SN28/1–27 und Z624, Nachlass Grube; HStA Stuttgart, EA 3/150 Bü 733, Personalakte Grube; A der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin, II. Abt. Rep. 67 Nr. 632, Personalakte Grube; StA Ludwigsburg, E1 902/20 Bü 86636, Spruchkammerakte; Auskünfte des UA Dresden vom 9.1., des Max-Planck-Gymnasiums Göttingen vom 15.1., des StadtA Göttingen vom 16., 21. und 24.1. und des StadtA Stuttgart vom 28.1.2019.

Werke: Über Magnesium-Bleilegierungen, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 44, 1905, 117–130; Über Magnesium-Aluminiumlegierungen, ebd. 45, 1905, 225–237; Über die Legierungen des Magnesiums mit Zinn und Thallium, ebd. 46, 1905, 76–93; Über die Legierungen des Magnesiums mit Kadmium, Zink, Wismut und Antimon, ebd. 49, 1906, 72–92; Beiträge zur Passivitätstheorie, in: Zeitschrift für Elektrochemie 18, 1912, 189–211; Anodic and kathodic retardation phenomena and their bearing upon the theory of passivity, in: Transactions of the Faraday Society 9, 1914, 214–227, 289; (mit P. Nitsche) Die technischen Methoden zur Gewinnung von Dicyanamid aus Kalkstickstoff vom Standpunkt der chemischen Kinetik, in: Zeitschrift für angewandte Chemie 27, 1914, 368–378; (mit J. Krüger) Über die Polymerisation des Cyanamids zu Dicyandiamid in wässeriger Lösung, in: Zeitschrift für physikalische Chemie 86, 1914, 65–105; Über das Verhalten alkalischer Ferricyankaliumlösungen, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 84, 1914, 190–207; Die Legierungen des Eisens, in: Erich Müller, Das Eisen und seine Verbindungen, 1917, 437–558; Über ein schwerlösliches Doppelsalz des Ferrocyancalciums mit Calciumferrit, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 112, 1920, 245–261; (mit B. Dule) Über die technische Gewinnung des gelben Blutaugensalzes aus ausgebrauchter Gasreinigungsmasse, in: Zeitschrift für angewandte Chemie 33, 1920, 141–144; Die Verwertung des Ölschiefers, ebd.181 f.; Grundzüge der angewandten Elektrochemie. Elektrochemie der Lösungen, 1922; Über das chemische und elektrochemische Verhalten der bleisauren Salze, in: Zeitschrift für Elektrochemie 28, 1922, 273–289; (mit O. Feucht) Zur Theorie der Polarisation der Elektrolytischen Sauerstoffentwicklung: Über das anodische Verhalten des Kobalts in Alkalilauge, ebd. 568–579; (mit H. Metsger) Über das anodische Verhalten des Mangans in Alkalilauge, ebd. 29, 1923, 17–30; (mit dems.) Die elektrolytische Darstellung der Alkalipermanganate durch anodische Auflösung des Mangans unter Mitwirkung überlagerten Wechselstromes, ebd. 100–105;(mit F. Schweigardt) Über das elektrochemische Verhalten von Wismut und Antimon in alkalischer Lösung, ebd. 257–264; (mit W. Rüdel) Über Doppelsalzbildung im festen Zustand in dem System Lithiumchlorid-Calciumchlorid, In: Zeitschrift für anorganische Chemie 133, 1924, 375–388; Der Stein der Weisen und die Kunst, Gold zu machen, Antrittsrede, in: TH Stuttgart, Reden, gehalten bei der Übergabe des Rektorats am 3. Mai 1924, 13–30; Bericht des abtretenden Rektors über das Studienjahr 1924/25, in: TH Stuttgart, Reden, gehalten bei der Übergabe des Rektorats am 2. Mai 1925 und 5. Mai 1926, 1–11; (mit G. Motz) Über das Verhalten des Cyanamids in saurer und alkalischer Lösung, in: Zeitschrift für physikalische Chemie 118, 1925, 145–160; (mit G. Schmid) Das Gesetz der Neutralsalzwirkung in konzentrierten Lösungen. Die Neutralsalzwirkung bei der sauren Hydrolyse des Cyanamids, in: Zeitschrift für physikalische Chemie 119, 1926, 19–45; (mit W. von Fleischbein) Die Oberflächenveredlung der Metalle durch Diffusion. Die Diffusion von Chrom in Eisen und die Resistenzgrenzen der Chrom-Eisen-Mischkristalle, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 134, 1926, 314–332; (mit M. Staesche) Das ternäre System Manganophosphat- Phosphorsäure-Wasser und die Diphosphatomanganosäure, in: Zeitschrift für physikalische Chemie 130, 1927, 572–583; Die Passivität der Metalle bei anodischer Polarisation, in: Zeitschrift für Elektrochemie 33, 1927, 389–399; (mit K. Schneider) Die Diffusion von Wolfram in Eisen und die Resistenzgrenzen der Eisen-Wolfram-Legierungen, in Zeitschrift für physikalische Chemie 168, 1928, 17–30; (mit A. Burkhardt) Die elektrische Leitfähigkeit und die Korrosion der Zink-Kadmium-Legierungen, in: FS der TH Stuttgart zur Vollendung ihres ersten Jahrhunderts, 1929, 140–156; Grundzüge der theoretischen und angewandten Elektrochemie, 1930; Die elektrolytische Abscheidung von Gold-Legierungen, in: FS zum 70. Geburtstage von Dr. phil. Dr.-Ing. E. h. Wilhelm Heraeus, 1930, 34–44; (mit J. Hille) Die Spitzen auf den Isothermen der elektrischen Leitfähigkeit metallischer Mischkristalle, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 194, 1930, 179–188; Die heutigen technischen Anwendungen der Elektrolyse geschmolzener Salze, in: Naturwissenschaftliche Monatshefte für den biologischen, chemischen, geographischen und geologischen Unterricht 28, 1931, 1–11, 65–80; (mit F. Vaspel) Die elektrische Leitfähigkeit der Gold-Nickellegierungen, in: Zeitschrift für physikalische Chemie, Ergänzungsband, 1931, 187-197; (mit R. Trugesess) Über die Bildung von Bariumsilicaten aus Bariumcarbonat und Kieselsäure im festen Zustand, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 203, 1932, 75–96; (mit Toshkazu Morita) Das elektrochemische Verhalten des Goldes in salzsaurer und bromwasserstoffsaurer Lösung, in: Zeitschrift für Elektrochemie 38, 1932, 117–131; (mit A. Jedele) Diffusion und Korrosion von Kupfer- Nickel-Legierungen, ebd. 799–807; (mit R. Haefner) Die Diffusion von Kupfer und Aluminium, ebd. 835–840; (mit H. Voßkühler und H. Vogt) Elektrische Leitfähigkeit und Zustandsdiagramm bei binärer Legierungen. Der System Lithium-Cadmium, ebd. 869–880; Fritz Foerster †, in: Angewandte Chemie 45, 1932, 57–59; (mit H. Vosskühler) Elektrische Leitfähigkeit und Zustandsdiagramm bei binärer Legierungen. Das System Lithium-Zink, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 1933, 215, 210–224; (mit O. Winkler) Magnetische Untersuchungen im System Kobalt-Palladium, in Zeitschrift für Elektrochemie 41, 1935, 52–60; Die Bedeutung der physikalischen Chemie für die angewandte Elektrochemie, ebd. 403–412, auch in: Angewandte Chemie 48, 1935, 387–393; (mit W. Wolf ) Die Legierungen des Lithiums mit Quecksilber und Indium, in: Zeitschrift für Elektrochemie 41, 1935, 675–681; (mit G. Heintz) Über die Bildung von Bariumaluminaten aus Bariumcarbonat und Tonerde im festen Zustand, ebd. 797–804; (mit W. Bräuning) Über die Entwässerung von Magnesiumchloridhexahydrat und Carnallit, in Zeitschrift für Elektrochemie 44, 1938, 134–143; (mit Helmut Schlecht) Über Sinterung von Metallpulvern, ebd. 367–374; (mit A. Dietrich) Elektrische Leitfähigkeit und Zustandsdiagramm bei binären Legierungen. Die Legierungen des Bariums mit Wismut, Magnesium und Blei, ebd. 755–767; (mit Hans L. Grube) Beiträge zur Elektrochemie des Niobs, ebd. 771–780; (mit W. Gaupp) Die Polarisation der elektrolytischen Sauerstoffentwicklung an den Legierungen des Nickels mit Eisen und Kobalt in alkalischer Lösung, ebd. 45, 1939, 290–296; (mit E. Gestreicher und G. Winkler) Das System Kupfer-Mangan, ebd. 776–784; (mit und Croatto) Die Polarisation der elektrolytischen Wasserstoffentwicklung an den Legierungen des Nickels mit Eisen und Kobalt in alkalischer Lösung, ebd. 815–820; Zur Frage der elektrolytischen Manganabscheidung aus wässrigen Lösungen, in: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 75, 1942, 33–40; (mit A. Schneider, U. Esch und M. Flad) Zur Kenntnis des Aluminiumsuboxyds [1944], in: Zeitschrift für anorganische Chemie 260, 1949, 120–126;.Erich Müller †, in: Zeitschrift für Elektrochemie 53, 1949, 337 f.; (mit H. Speidel) Zur Kenntnis des Siliciummonoxyds, I, II, ebd. 339, 343; Über die elektrische Leitfähigkeit binärer Legierungen, ebd. 54, 1950, 99–107; (mit A. Schneider und U. Esch) Das System Gold-Platin, in: Eine wissenschaftlich-technische FS aus Anlass des 100jährigen Jubiläums der Firma W. C. Heraeus GmbH, 1951, 20–42; (mit R. Jauch) Das System Palladium-Aluminium, ebd. 52–68; (mit P. Hantelmann) Über das Verhalten der edleren Metalle bei der Raffination des Aluminiums nach dem Dreischichtenverfahren, in: Zeitschrift für Elektrochemie 56, 1952, 1–8.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (1929), UA Stuttgart, Bildersammlung. – Weitere Fotos 1948, 1953, 1963 ebd.; zahlreiche Fotos aus verschiedenen Jahren im Nachlass Grube, Z 624; Metallwirtschaft 14, 1935, Nr. 25, 487; Gruppenfoto 1926, in: Zeitschrift für anorganische Chemie 198, 1931, zwischen 30 und31; 125-Jahr-Feier der TH Dresden im Karl-Marx-Jahr 1953, 1953, 13; 50 Jahre Max-Planck-Gesellschaft. 1998, Teil 2, 92 und. vgl. Literatur.

Literatur:

Poggendorffs Biographisch-literarisches Handwörterbuch V, 1926, 465, VI, Teil 2, 1937, 963 f., VIIa, Teil 2, 1958, 289 f., VIII, Teil 2, 2002, 1428; Walther Schieber, Georg Grube zum 60. Geburtstag, in: Zeitschrift für Elektrochemie 49, 1943, 191 f.; A. Thiessen, Georg Grube zum 60. Geburtstag, ebd., 193–198 (mit Bildnachweis); W. Köster, Georg Grube zum 65. Geburtstag, in: Zeitschrift für Metallkunde 39, 1948, 129; G. Schmid, Georg Grube zum 70. Geburtstag, in: Zeitschrift für Elektrochemie 57, 1953, 229 f. (mit Bildnachweis); W. Jost, Prof. Dr. Georg Grube. Zum 80. Geburtstag, in: Bericht der Bunsengesellschaft für physikalische Chemie 67, 1963, 245 (mit Bildnachweis); Anonym, Georg Grube †, in: Mitteilungen aus der Max-Planck-Gesellschaft 1966, Heft 5, 319; Johannes Erich Hiller, Georg Grube zum Gedenken, Worte an der Bahre, in: Univ. Stuttgart, Reden und Aufsätze 33, 1967, 55 f. (mit Bildnachweis); Otto Borst, Schule des Schwabenlands: Geschichte der Universität Stuttgart, 1979, 346 f., 356 f., 362 f., 414 f.; Walther Jaenicke, 100 Jahre Bunsen-Gesellschaft, 1994, 95, 138, 220 f.; 50 Jahre Max-Planck-Ges. 1998, Teil 1, 61; Helmut Maier, Forschung als Waffe: Rüstungsforschung in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung 1900–1945/48, 2007, 252, 393 f., 395 f., 408, 516, 523 f., 571, 582, 588, 795, 866, 871, 886, 935, 946–948, 972, 1056, 1059, 1063, 1068; Ehem. Institut für Physikalische Chemie, in: Klaus Hentschel (Hg.) Historischer Campusführer der Universität Stuttgart, Teil I: Stadtmitte, 2010, 142–146.

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