Bodersweier

Bereich um den Standort der Synagoge in der heutigen Querbacher Str. 25 auf der Badischen Gemarkungskarte (1862). Während der Pogrome im November 1938 wurde die Inneneinrichtung zerstört. Das als baufällig bezeichnete Gebäude wurde in den 1950er Jahren abgebrochen. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H-1 Nr. 204]
Bereich um den Standort der Synagoge in der heutigen Querbacher Str. 25 auf der Badischen Gemarkungskarte (1862). Während der Pogrome im November 1938 wurde die Inneneinrichtung zerstört. Das als baufällig bezeichnete Gebäude wurde in den 1950er Jahren abgebrochen. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H-1 Nr. 204]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Bodersweier war seit 1488 im Besitz der Grafen von Hanau-Lichtenberg, fiel nach deren Aussterben 1736 an Hessen-Darmstadt und 1803 an Baden.

Juden waren seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ansässig. Schon im 18. Jahrhundert besaßen sie eine eigene Synagoge. Als sie zu klein geworden war, kauften die 7 Judenfamilien (41 Seelen) 1811 ein Grundstück, auf dem sie 1812/13 eine neue Synagoge erbauten, die sich aber bei der rasch anwachsenden Gemeinde schon 1833 wieder als zu klein erwies. Das Frauenbad im Gemeindehaus wurde um 1860 erneuert. Die Toten bestatteten die rechtsrheinischen Juden des Hanauerlandes zunächst in Kuppenheim. Später benutzte die Gemeinde Bodersweier den jüdischen Friedhof in Freistett. Seit 1827 gehörte sie zum Rabbinatsbezirk Bühl.

1825 lebten in Bodersweier 60 Juden, 1875 war mit 116 - rund 10 Prozent der Einwohner - die Höchstzahl erreicht. Sie sank bis 1900 auf 82, bis 1925 auf 46 und bis 1933 auf 34 Juden. Zwei Juden fielen im Ersten Weltkrieg: Alfred Bensinger und Joseph Wertheimer. Das Verhältnis der Juden zu der übrigen Bevölkerung war vor und auch noch nach 1933 mit wenigen Ausnahmen gut.

Juden waren im Gemeinderat, im Bürgerausschuß und im Musik- und Sportverein vertreten.

1933 wurden in Bodersweier ein Eisenwarengeschäft, zwei Gemischtwarenhandlungen, ein kleines Schuhgeschäft und drei Viehhandlungen von Juden betrieben. Bis 1912 hatte es ein jüdisches Schlachthaus und bis 1915 eine koschere Metzgerei gegeben. 1922-1925 praktizierte der jüdische Arzt Dr. Meier am Ort. 1938 mussten die Geschäfte eingestellt werden.

Am 10. November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört.

8 jüdische Bürger wurden verhaftet und durch den Grenzschutz aus Kehl für einige Wochen nach Dachau verbracht. 8 Juden verzogen nach 1933 in andere Gemeinden, weitere 8 wanderten aus. 3 Personen verstarben noch in Bodersweier. Die letzten 15 Juden wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. 4 Personen überlebten die Deportationsjahre, 3 starben in Frankreich, die übrigen 8 Juden sind von Gurs aus in die Gaskammern von Auschwitz geschickt worden.

In Bodersweier leben heute keine Juden. Die 1938 demolierte Synagoge wurde 1951 abgebrochen.

 

Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Bodersweier, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Bodersweier. Berichte, Erzählungen und Bilder aus der Geschichte eines Dorfes im Hanauerland, hg. von Ortschaftsrat Kehl-Bodersweier, 1984, S. 49-74.
  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • Kaufmann, Denise/Kaufmann, Jules/Britz, Karl, Glück, ganz besonderes Glück, Haigerloch 2008.
  • Kaufmann, Denise/Kaufmann, Jules/Britz, Karl, La chance de survivre, le bonheur de vivre, Haigerloch 2008.
  • Lauppe, Ludwig, Burg, Stadt und Gericht Lichtenau. Eine heimatgeschichtliche Rückschau, Hemsbach 1984.
  • Nußbaum, Hans/Britz, Karl, Das Schicksal der Juden von Bodersweier, 1986.
  • Rosenthal, Nicolas, Hagada des 20. Jahrhunderts - ein Vermächtnis. Mit Beiträgen von Rold Kruse jun. und Friedrich Peter, hg. von Historischer Verein Kehl, Kehl 2000.
  • Stüwe, Hartmut, Kehl im Dritten Reich. Stadtgeschichte 1933-1945, Kehl 1997.
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