Münzesheim

Plan über vorbeschriebene Hauspläze in und ausser dem Ordt Münzesheim, um 1800. Eingezeichnet mit Buchstabe D ist der Garten von Salomon Rothenbach. Daneben, rechts der Dorfstraße, befand sich der Standort der Synagoge. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H Münzesheim 13]
Plan über vorbeschriebene Hauspläze in und ausser dem Ordt Münzesheim, um 1800. Eingezeichnet mit Buchstabe D ist der Garten von Salomon Rothenbach. Daneben, rechts der Dorfstraße, befand sich der Standort der Synagoge. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H Münzesheim 13]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Die Markgrafen von Baden verliehen Münzesheim an verschiedene Adelsfamilien. Nach mehrfachem Streit mit dem Ritterkanton Kraichgau über das Steuerrecht kaufte Baden 1761 den Ort zurück.

Seit 1656 sind Standesbeurkundungen für Juden in Münzesheim, damals vom evangelischen Pfarrer vorgenommen, überliefert. Es dürften die ältesten derartigen Aufzeichnungen in Baden sein. Bis 1801 hatten sich 19 jüdische Familien mit rund 90 Personen dort niedergelassen. Die jüdische Gemeinde, die 1827 dem Höhepunkt schon um 1800 überschritten. Um 1750 hatte sie sich eine Synagoge errichtet. Vorübergehend wurde im 19. Jahrhundert auch eine eigene jüdische Volksschule eingerichtet. Die Toten wurden auf dem Friedhof in Oberöwisheim bestattet.

1825 zählte die Gemeinde 75 Seelen, 1875 67, 1900 43, 1925 23 und 1933 noch 17. Am 8. November 1937 wurde sie auf Beschluss des Badischen Staatsministeriums aufgelöst. Die Synagoge ging in Privatbesitz über und wurde abgebrochen; an ihrer Stelle wurde ein Wohnhaus erbaut.

Mit Ausnahme der Boykottierung des jüdischen Kaufhauses Sally Türkheimer kam es zu keinen Ausschreitungen in dem friedlichen Dorf. Auch die Kristallnacht ging ohne Unruhen vorüber, denn bis dahin waren 5 jüdische Einwohner gestorben, 3 verzogen und 7 ausgewandert. Das Ehepaar Türkheimer wurde am 22. Oktober 1940 von Freiburg nach Gurs deportiert und konnte von dort aus in die USA auswandern. Im Alter von 78 Jahren wurde Lippmann Durlacher 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo er wenige Tage nach der Ankunft den Strapazen erlag. Seine mit einem „Arier" verheiratete Tochter entging der Deportation 1945 durch einen Fliegerangriff, der den Abtransport verhinderte. Heute erinnert nichts mehr an die jüdische Gemeinde Münzesheim.

 

Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Münzesheim, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • Kübler, Karl Wilhelm, Münzesheim im Wandel der Zeiten, 1966, S. 77-78.
  • Stude, Jürgen, Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe, Karlsruhe 1990.
  • Württemberg - Hohenzollern – Baden (Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust), hg. von Joseph Walk, Yad Vashem/Jerusalem 1986, S. 406-407.
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