Neckarzimmern 

Pläne zu Umbau und Vergrößerung der Synagoge in Neckarzimmern, 1870. Trotz Verkauf der Synagoge in der Zeit vor den Pogromen wurde das Gebäude im November 1938 in Brand gesetzt. Es wurde wiederhergestellt und blieb in veränderter Form erhalten. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 364 7012]
Pläne zu Umbau und Vergrößerung der Synagoge in Neckarzimmern, 1870. Trotz Verkauf der Synagoge in der Zeit vor den Pogromen wurde das Gebäude im November 1938 in Brand gesetzt. Es wurde wiederhergestellt und blieb in veränderter Form erhalten. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 364 7012]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

Das dem fränkischen Ritterkanton Kraichgau inkorporierte Dorf Neckarzimmern war bis 1806 eine Besitzung der Familie von Gemmingen-Hornberg und fiel dann an Baden.

1550 waren in Neckarzimmern die Juden Liebmann Levi und Joseph sesshaft, die jährlich je zwei Goldgulden Schirmgeld zahlten. Seitdem scheinen - die Zeit des Dreißigjährigen Krieges ausgenommen - immer einige Juden hier ansässig gewesen zu sein. 1825 waren es 69 (12,2 Prozent von 566 Einwohnern), 1875 39, 1900 41, 1925 29 und 1933 29. Von 1933-1945 zogen noch 4 Juden zu.

1827 wurde die israelitische Gemeinde Neckarzimmern dem Rabbinatsbezirk Mosbach zugeteilt. Um diese Zeit wurde eine eigene Synagoge erbaut, in der sich auch das Frauenbad befand. Die verstorbenen Juden fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem jüdischen Friedhof in Heinsheim.

Für die Aufgaben der politischen Gemeinde und des Landes waren die Israeliten stets aufgeschlossen, jedoch nicht in öffentlichen Ämtern oder Parteien vertreten. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie hauptsächlich durch Viehhandel.

Situations-Plan zum Synagogen-Bau Neckarzimmern, 1871. Trotz Verkauf der Synagoge in der Zeit vor den Pogromen wurde das Gebäude im November 1938 in Brand gesetzt. Es wurde wiederhergestellt und blieb in veränderter Form erhalten. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 364 7012]
Situations-Plan zum Synagogen-Bau Neckarzimmern, 1871. Trotz Verkauf der Synagoge in der Zeit vor den Pogromen wurde das Gebäude im November 1938 in Brand gesetzt. Es wurde wiederhergestellt und blieb in veränderter Form erhalten. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 364 7012]

1933 gab es zwei jüdische Ladengeschäfte, die Gemischtwarenhandlung Karoline und Rosa Bauer sowie das Manufakturwarengeschäft Henriette Oppenheimer. Nach 1933 gingen unter dem Druck der judenfeindlichen Propaganda diese Geschäfte stark zurück; einige mutige Bürger kauften trotz Ermahnungen weiterhin bei Juden. Die jüdischen Schulkinder und ältere jüdische Mitbürger bekamen gelegentlich den Übermut jüngerer Parteigenossen zu spüren. In der Kristallnacht im November 1938 wurde die Synagoge ausgeräumt. Das demolierte Mobiliar, Gebetbücher und andere Kultgegenstände mussten die Juden mit einem Wagen auf den Sportplatz fahren und dort verbrennen. Das Synagogengebäude blieb erhalten und wurde am 6. Dezember 1938 von der israelitischen Gemeinde an einen Bürger verkauft. Bis Ende 1938 waren 12 Juden nach den USA, je 2 nach Palästina und England ausgewandert und 3 in der Heimat verstorben. Am 22. Oktober 1940 wurden aus Neckarzimmern 12 Juden nach Gurs deportiert. Von ihnen starben 2 im Lager Gurs, 7 wurden in einem Vernichtungslager im Osten ermordet, und nur 3 konnten aus Gurs befreit werden. Eine in sogenannter Mischehe lebende Frau blieb bis zum Kriegsende in Neckarzimmern wohnen.

Die ehemalige Synagoge an der Hauptstraße ist heute zu einem Wohnhaus umgebaut.

 

Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Neckarzimmern, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Obert, Hanns, Die jüdische Gemeinde Neckarzimmern, in: 1200 Jahre Neckarzimmern 773-1973. Hg. von der Gemeinde Neckarzimmern 1972. S. 224-228.
  • Württemberg - Hohenzollern – Baden (Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust), hg. von Joseph Walk, Yad Vashem/Jerusalem 1986, S. 420-421.
  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
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