Gesandtschaftsakten der Frühen Neuzeit (1500-1806)
Von Andreas Neuburger
Definition der Quellengattung
Gesandtschaftsakten bestehen aus den im Kontext eines Verhandlungsgeschehens zwischen einem Entscheidungsträger und seinem auf auswärtiger Mission befindlichen Geschäftsträger gewechselten Schriftstücken sowie den hierzu jeweils übermittelten Beilagen. Zwischen 1500 und 1806 entstand die Quellengattung regelmäßig dann, wenn Entscheidungsträger wie etwa Landesherren oder städtische Magistrate nicht selbst an einem Verhandlungsort in Erscheinung traten, sondern die Wahrnehmung ihrer Interessen stattdessen an Bevollmächtigte mit vorwiegend imperativem Mandat übertrugen. Charakteristisch ist hierbei die Entstehung von Korrespondenzserien sowie der Niederschlag abschriftlich überlieferter Verhandlungsakten, die abhängig von Verhandlungsdauer und geographischer Distanz jeweils unterschiedlich dicht und umfangreich ausfallen können. Inhaltlich spiegeln die Gesandtschaftsakten vielfältige politische, soziale und ökonomische Entscheidungsprozesse wider. Voraussetzung für die hier vorgeschlagene Kategorisierung der Archivaliengattung ist die reichsunmittelbare Stellung des Bestandsbildners.
Historische Entwicklung
Die Entstehung von Gesandtschaftsakten vollzog sich im Zuge der Entwicklung und Ausdifferenzierung der Diplomatie und des Gesandtschaftswesens seit der Renaissance. Schriftlichen Niederschlag fanden entsprechende Vorgänge zunächst vor allem in Form von Urkunden- und Rechnungsüberlieferungen.
Im deutschen Südwesten wird die archivalische Überlieferung der Gesandtschaftsakten in der hier vorgeschlagenen Definition vor allem seit der Reichsreform und der Institutionalisierung der Reichs- sowie etwas später der Kreisorgane greifbar. Maßgeblich war die zunehmende Praxis der Reichsstände, die seit 1495 zahlreichen Reichstage nicht mehr persönlich zu besuchen, sondern entsprechend bevollmächtigte Delegationen mit den Verhandlungen zu betrauen. Aus protokollarischen Gründen oblag die Leitung der Gesandtschaften in der Regel einem adeligen Amtsträger. Begleitet wurde dieser von bürgerlichen Mitgliedern der Regierungsbehörden (etwa dem Geheimen Rat oder vergleichbaren Organen) mit zumeist juristischer Ausbildung. Abhängig von der Relevanz der vorab angekündigten oder zu erwartenden Verhandlungsgegenstände war es üblich, politisch erfahrene und einflussreiche Personen bis hin zu Kanzlern und Vizekanzlern zu entsenden. Für geistliche und weltliche Fürsten gilt dies ebenso wie für die reichsunmittelbaren Grafen und die schwäbischen Reichsprälaten. Aufgrund der räumlichen Distanz zwischen dem Ort des Geschehens und dem Aufenthaltsort des Entscheidungsträgers mussten die einzelnen Verhandlungsschritte und -ergebnisse auf dem Schriftweg kommuniziert und in umgekehrter Richtung Weisungen ausgearbeitet und erteilt werden.
Einen zweiten, vor allem ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verbreitet auftretenden Typus der Gesandtschaftsakten bildet das aus der Korrespondenz mit längerfristig oder dauerhaft am Entsendungsort ansässigen Geschäftsträgern (den sogenannten „Residenten“) entstandene Schriftgut. Einen Einschnitt bildete hierbei das den Reichsständen 1648 im Westfälischen Frieden zugebilligte Bündnisrecht („ius foederis“). Es bot die Möglichkeit, offizielle diplomatische Beziehungen zu auswärtigen Mächten aufzunehmen. Aufgrund der mit der Beschäftigung eines Residenten verbundenen Kosten wurden solche in erster Linie von den Landesherren größerer Territorien oder auch mehreren Ständen gemeinsam beschäftigt. Beilagen sind für diesen Typus deutlich seltener anzutreffen.
Gesandtschaftsakten sind in der Frühen Neuzeit weit verbreitet. Während bis etwa zur Mitte des 17. Jahrhunderts die Ad-hoc-Gesandtschaften die deutlich überwiegende Erscheinungsform bilden, treten seit dem Westfälischen Frieden vermehrt ständige Gesandtschaften an Höfen inner- und außerhalb des Reiches hinzu. Die Entwicklung spiegelt sich beispielsweise in der Praxis des Herzogtums Württemberg, an den Höfen bedeutender Reichsstände wie auch bei auswärtigen Mächten Gesandtschaften zu unterhalten. Diese bilden den Ausgangspunkt des schrittweisen Übergangs zum neuzeitlichen Gesandtschaftswesen. Mit dem Ende des Alten Reiches, der Souveränität der im Südwesten noch verbliebenen Staaten und der Einrichtung permanenter Botschaften entwickelten sich auch die Gesandtschaftsakten weiter.
Aufbau und Inhalt
Der Aufbau frühneuzeitlicher Gesandtschaftsakten vollzieht in der Regel ihr organisch chronologisches Wachstum über einen bestimmten Zeitraum nach. Der Umfang der einzelnen Stücke variiert zwischen wenigen Zeilen und oftmals mehreren Folioseiten. Da die Unterlagen als Postsendungen in Form gefalteter Papierbögen (in der Regel Folio, bei den Berichten teilweise auch kleinere Formate) verschickt worden sind, sind bei den Ausfertigungen die für den Versand der Schreiben vorgenommene Faltung der Papierbögen, die Außenadressen sowie die Reste der Verschlusssiegel charakteristisch. Sowohl bei den Ausfertigungen wie auch den Konzepten sind sehr häufig Kanzleivermerke anzutreffen. Neben Kenntnisnahme-, Billigungs-, Entscheidungs- und Absendevermerken in den Konzepten der Weisungsschreiben sind dies insbesondere Eingangsvermerke in den ausgefertigten Stücken. Sofern nach der Abgabe der Unterlagen ins Archiv keine Bindung oder Heftung vorgenommen wurde, sind die Unterlagen als lose Papierbögen überliefert. Als Ausnahme sind kopiale Überlieferungen zu nennen, die oftmals als Amtsbuch angelegt sind. Libelle sind selten.
Charakteristisch für die Zusammensetzung der zwischen ca. 1500 und ca. 1800 entstandenen Gesandtschaftsakten ist die bereits erwähnte Aufgliederung in Korrespondenzserien, die in der Regel eine chronologische Gliederung aufweisen. Eine vom Entscheidungsträger oder seinen Bevollmächtigten ausgehende Serie von Weisungsschreiben (im 17. Jahrhundert v.a. als „Reskript“, im 18. Jahrhundert auch als „Kabinettsordre“ bezeichnet) und eine Berichtsserie (bestehend aus den sogenannten „Relationen“) sind zu unterscheiden. Ausgehend von der Formierung der Akten bei ihrer Entstehung sind die beiden ursprünglichen Serien oftmals ineinander vermischt. Bei vollständiger Überlieferung können die einzelnen Verzeichnungseinheiten dementsprechend aus den Konzepten der Weisungsschreiben und den Ausfertigungen der Berichtsserie bestehen. Die Gegenüberlieferung setzt sich dann umgekehrt aus den Ausfertigungen der Weisungen und den Konzepten der Berichte zusammen.
Die von den Gesandten sehr häufig in Abschrift übermittelten Beilagen komplettieren die Überlieferung der Gesandtschaftsakten. Sie spiegeln Zwischenstadien und das schlussendlich gegebenenfalls erreichte Verhandlungsergebnis und dienten auf diese Weise sowohl der weiteren Entscheidungsfindung wie auch der späteren Dokumentation. Häufig sind auch offizielle Verhandlungsprotokolle oder Protokolle aus persönlichen Mitschriften als Beilagen verschickt worden. Politisch oder juristisch bedeutsame Beilagen können Beglaubigungsvermerke aufweisen, etwa von Personal der kurmainzischen Kanzlei in Ausübung ihrer Geschäfte als Reichserzkanzlei.
Die den Gesandtschaften zugestellten Weisungsschreiben sind demgegenüber von der Bekräftigung oder Neuausrichtung von Befehlen und Anweisungen geprägt und enthalten darüber hinaus vergleichsweise wenig Information zum übrigen Geschehen. Beraten und erstellt wurden sie meist in den für die reichs- beziehungsweise außenpolitischen Fragen zuständigen Kollegialorganen, insbesondere dem Geheimen Rat oder dem Kabinett des jeweiligen Territoriums. Abhängig vom Regierungsstil des Landesherrn war dieser unterschiedlich intensiv einbezogen, das Spektrum reicht hierbei von regelmäßiger, intensiver persönlicher Beteiligung bis zur einfachen Kenntnisnahme, Gegenzeichnung beziehungsweise Unterzeichnung von Dokumenten. Dementsprechend fallen die Befehle im Regelfall kürzer aus als die in der Gegenrichtung versandten Berichtsschreiben.
Inhaltlich spiegeln die aus der Tätigkeit der Gesandtschaften und den auf ihre Berichterstattung hin entstandenen Weisungsschreiben oft sehr detailliert den Ablauf der jeweiligen Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse. Mit Blick auf die Serie der Befehlsschreiben ist in diesem Zusammenhang auf die in der Regel zu Beginn einer Gesandtschaft erstellte „Instruktion“ hinzuweisen. Sie enthält die Handlungs- und Verhaltensanweisungen der Geschäftsträger, mithin also die politische Programmatik und die konkreten Zielsetzungen des jeweiligen Entscheidungsträgers.
Die von den Gesandten für den Landesherrn, das Reichsgrafen- oder Reichsprälatenkollegium oder auch für reichsstädtische Magistrate erstellten Schreiben weisen einen hohen Anteil an Informationsübermittlung und Schilderung der zurückliegenden Ereignisse auf. Daneben treten oftmals ausführliche Einschätzungen der Verhandlungssituationen und –konstellationen auf.
Überlieferungslage und (vor)archivische Bearbeitungsschritte
Gesandtschaftsakten der Frühen Neuzeit sind in den staatlichen Archiven sowie insbesondere in den Stadtarchiven ehemaliger Reichsstädte zu erwarten, sofern deren Archiv im Zuge der Mediatisierung nicht ebenfalls in staatlichen Besitz übergegangen ist. Hinzu kommen einzelne, heute privat geführte Archive solcher Adelsfamilien, die während der Frühen Neuzeit den Status eines Reichsstands besaßen.
In den meisten Fällen dürfte der Übergang der Gesandtschaftsakten in die Registratur und anschließend das Archiv zügig nach dem Abschluss der Verhandlungen und der Rückkehr der Geschäftsträger erfolgt sein. Der ursprünglich chronologische Aufwuchs der Unterlagen ist vielfach noch vorhanden. Zeitgenössische Abschriften der Dokumente sind vor allem dort zu erwarten, wo ein Geschäftsträger für mehr als einen Auftraggeber agierte. Häufig der Fall war dies bei gemeinsamen Gesandtschaften der Reichsprälaten sowie der Reichsgrafen. Die Ausfertigungen der Gesandtschaftskorrespondenz gingen dabei zunächst an den das Direktorium der Korporation führenden Reichsstand. Von dessen Kanzlei konnten dann Abschriften beziehungsweise Auszüge für die übrigen Korporationsmitglieder erstellt und verschickt werden. Vermutlich nur selten wurden vor dem Übergang der Unterlagen ins Archiv für den eigenen Gebrauch Abschriften oder Auszüge der Dokumente erstellt. Nur eher selten und punktuell sind ferner Handakten der Geschäftsträger überliefert.
Für die ursprünglich als Teil der Korrespondenzserien über den Postweg verschickten Beilagen erfolgte in einem Teil der Fälle eine nachträgliche Separierung und die Formierung eigener Verzeichnungseinheiten. Sofern keine aussagekräftigen Vermerke zur genauen Zuordnung der Stücke zur Korrespondenz vorhanden sind, muss diese über den chronologischen Zusammenhang rekonstruiert werden.
Bei als besonders bedeutsam eingeschätzten Unterlagen (beispielsweise den Akten zum Westfälischen Friedenskongress im Hauptstaatsarchiv Stuttgart) wurde bereits von den Zeitgenossen des 17. Jahrhunderts die Bindung der Akten veranlasst.
Gesandtschaftsakten sind heute mehrheitlich verstreut in der Überlieferung der ehemaligen Reichsstände anzutreffen. Eine Formierung als eigene Bestände blieb die Ausnahme, etwa im Hauptstaatsarchiv Stuttgart für den größten Teil der altwürttembergischen Gesandtschaftsakten[1] oder in der Beständeserie des Gemeinschaftlichen Archivs im Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein.[2] Größere Überlieferungsverluste sind für den badischen Landesteil zu verzeichnen, insbesondere für das 16. und 17. Jahrhundert. Im Zuge der Säkularisation und Mediatisierung sind die Archive der an das Großherzogtum Baden gefallenen ehemaligen Reichsstände in ihrer Integrität weitgehend gestört und auch in größerem Umfang kassiert worden. Als Ersatzüberlieferung können teilweise noch vorhandene Kopialbücher herangezogen werden, in denen unter Umständen beide Korrespondenzserien (allerdings ohne Beilagen) vorhanden sind. Als Ersatzüberlieferung für die Serie der Weisungsschreiben kommen auch die Protokollbandüberlieferungen der mit den einschlägigen Gesandtschaften befassten Kollegialorgane in Frage.
Überlieferungsformen
Bei vollständiger Überlieferung der Gesandtschaftsakten sind von der ein- und ausgehenden Korrespondenz jeweils eine Konzept- sowie eine Ausfertigungsserie vorhanden. Sofern sie nicht zu eigenen Verzeichnungseinheiten formiert wurden, sind die oftmals umfangreichen und abhängig vom Gegenstand einer Mission zahlreichen Beilagen in der Regel bei der Ausfertigungsserie des Geschäftsträgers überliefert. Hierbei handelt es sich zumeist um Abschriften, die bei multilateralen Verhandlungen (beispielsweise Reichs- und Kreistagen) inhaltsgleich auch in den entsprechenden Überlieferungen anderer Verhandlungsteilnehmer vorhanden sein können. Im Rahmen der Edition etwa der Deutschen Reichstagsakten[3] sind diese Stücke auch zunehmend gedruckt verfügbar, teilweise unter Berücksichtigung ausgewählter Korrespondenzen. Komplette oder auszugsweise Kopien von Gesandtschaftsakten sind vor allem in Fällen zu erwarten, in denen ein Geschäftsträger für mehrere Reichsstände tätig war.
Quellenkritik und Auswertungsmöglichkeiten
Abgesehen von Häufigkeit und Umfang der Beilagen sind die beiden eingangs differenzierten Typen der Gesandtschaftsakten bezüglich ihrer äußeren Form und der Überlieferungsgeschichte identisch. Nach inhaltlichen Kriterien lassen sich die beiden Typen jedoch gegeneinander abgrenzen.
Die erste Kategorie bilden die aus Ad-hoc-Gesandtschaften entstandenen Akten. Gründe zur Entsendung einer Gesandtschaft waren insbesondere die vor 1663 abgehaltenen Reichstage der Frühen Neuzeit sowie die regelmäßig wiederkehrenden Kreistage des Schwäbischen Reichskreises. Hinzu kommen die anlässlich von Friedenskongressen (allen voran den mehrjährigen Verhandlungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges) entstandenen Akten oder solche Unterlagen, die aus über längere Zeiträume andauernden Kommissionen (etwa zu Visitations- oder Exekutionszwecken) erwachsen sind.
Eine zweite Kategorie bilden demgegenüber die oftmals über Jahre oder sogar Jahrzehnte laufenden Akten, die aus der Tätigkeit von Residenten entstanden. Aufgrund der in aller Regel schwächer ausgeprägten Befugnisse und der dadurch deutlich engeren Handlungsspielräume der Residenten gegenüber den ad hoc entsandten Geschäftsträgern bieten ihre Berichte einen phasenweise eher geringen Informationsgehalt. Die zur Tätigkeit der Residenten entstandenen Schreiben beider Serien sind in der Regel kürzer, die an den Landesherrn gerichteten Stücke enthalten zudem weniger Beilagen. Ferner ist festzustellen, dass die Schreiben oftmals eher allgemeiner Natur sind. Berichte über höfische und kulturelle Ereignisse sind häufig, bis hin zur Weitergabe von Gerüchten.
Eine Sonderstellung nehmen die seit dem Zusammentritt des Immerwährenden Reichstags 1663 entstandenen Gesandtschaftsakten ein. Zwar waren auch hier ständige Geschäftsträger der südwestdeutschen Reichsstände anzutreffen, was diese den Residenten vergleichbar macht. Da es sich beim Reichstag jedoch um eines der politischen Entscheidungszentren des Alten Reiches handelte, verfügten die sogenannten „Prinzipalgesandten“ der Reichsstände in Regensburg im Unterschied zu den Residenten über ausgeprägtere Handlungsspielräume und Entscheidungskompetenzen. Die inhaltlichen Auswertungsmöglichkeiten der in diesem Kontext entstandenen Überlieferung entsprechen hierdurch den Unterlagen der ersten Kategorie. Bezüglich der Aussagekraft der Gesandtschaftsakten für konkrete Forschungsfragestellungen sind zunächst alle Aspekte der allgemeinen Politik-, Rechts- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches wie auch der vergleichenden Landesgeschichte zu nennen. Aussagekraft kommt der Archivaliengattung darüber hinaus für Themen der Wirtschaftsgeschichte zu. Auch für die in den letzten Jahren stärker in den Fokus gerückten Fragestellungen bezüglich zeremonieller und symbolischer Handlungsebenen bieten die Gesandtschaftsakten wichtiges Quellenmaterial.
Hinweise zur Benutzung
Sind beide Korrespondenzserien vollständig erhalten, kann sich die Auswertung der Unterlagen abhängig vom Forschungsinteresse auf die Bearbeitung der Ausfertigungen beschränken. Dies stellt die paläographisch geringsten Anforderungen an den Benutzer. Fragestellungen, die auch die Analyse einzelner Abstimmungs- und Entscheidungsfindungsprozesse bis hin zur Frage der persönlichen Einflussnahme des Landesherrn einbeziehen, sind allerdings nur anhand der Konzeptserien zu klären. Auf die Konzeptserien muss ferner in solchen Fällen zurückgegriffen werden, bei denen die Ausfertigungsserien ganz oder teilweise chiffriert wurden und die Schlüssel zur Auflösung der Zeichencodes entweder nicht vorhanden oder nicht interpretierbar sind. Unter Umständen sind ergänzend auch noch weitere Überlieferungen hinzuzuziehen.
Insbesondere bei langen Postlaufzeiten und Störungen bei der Postzustellung ist für die Auswertung der Gesandtschaftsakten ferner zu beachten, dass die einzelnen Stücke der beiden Korrespondenzserien jeweils chronologisch korrekt aufeinander bezogen werden. Hilfestellungen bieten hier neben der Datierung beim Aussteller vor allem die auf Seiten des Empfängers angebrachten Eingangsvermerke.
Eine umfassende Digitalisierung der frühneuzeitlichen Gesandtschaftsaktenüberlieferung ist bislang nicht erfolgt. Eine solche ist aufgrund ihres vielfach kleinteiligen Vorkommens in zahlreichen Beständeserien und Beständen auch für die im Landesarchiv Baden-Württemberg überlieferten Unterlagen in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Dementsprechend muss die Nutzung weiter vorrangig auf Grundlage der Originale erfolgen. Für einen Teil der Überlieferung (etwa im Generallandesarchiv Karlsruhe oder dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart) liegen Mikrofilme vor. Online-Findmittel sind lediglich für Teile der Überlieferung vorhanden. Archivgesetzliche Schutzfristen bestehen für das bis 1806 entstandene Schriftgut nicht. Einschränkungen bezüglich der Nutzung können sich daher vorrangig aus konservatorischen Gründen ergeben. Für die Nutzung frei zugänglich sind auch die im Landesarchiv verwahrten und in Privatbesitz befindlichen einschlägigen Überlieferungen (etwa im Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein). Bei Unterlagen, die sich in einem Archiv mit privater Trägerschaft befinden, gelten die jeweils durch den Eigentümer festgelegten Nutzungsbedingungen. Bezüglich der Ermittlung überlieferter Gesandtschaftsakten ist darauf hinzuweisen, dass sich diese vor allem in den Überlieferungen kleinerer Reichsstände über verschiedene Klassifikationspunkte der jeweiligen Findbücher verteilen können. Ferner ist zu berücksichtigen, dass in den Erschließungsdaten vielfach Quellenbegriffe zur Beschreibung der Gesandtschaftsakten oder einzelner Bestandteile verwendet werden (Missive, Reskripte, Kabinettsordres, Relationen, etc.).
Anmerkungen
[1] Vgl. v.a. LABW HStAS A 74 Gesandtenberichte, A 74 a-m Gesandtschaftsakten, A 90 C Frankfurter Deputation, A90 D Westfälischer Frieden, A 90 E Nürnberger Exekution, A 90 F Ordinari-Reichsdeputation, A 262 Reichstagsakten, A 263 Reichstagsgesandtschaft.
[2] Vgl. v.a. LABW HZAN La 50 Reichstagsakten, La 55 Kreistagsakten, La 60 Kreistagsrelationen.
[3] Die Erscheinungsverläufe der drei einschlägigen Reihen sind auf der Homepage der Historischen Kommission der bayerischen Akademie der Wissenschaften abrufbar: http://www.historischekommission-muenchen.de/publikationen.html#undefined (aufgerufen am 7.12.2017).
Literatur
- Kunz, Mathias, Zwischen Wien, Versailles und Berlin. Handlungsspielräume und Strukturen badischer Diplomatie im Ancien Régime, 2013 (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:16-heidok-152698).
- Metzig, Gregor M., Kommunikation und Konfrontation: Diplomatie und Gesandtschaftswesen Kaiser Maximilians I. (1496–1519), Berlin/Boston 2016.
- Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648), hg. von Ludwig Bittner/Lothar Gross/Otto Friedrich Winter, Bd. 1 (1648–1715), Zürich 1936; Bd. 2 (1716–1763), Zürich 1950; Bd. 3 (1764–1815), Graz/Köln 1965.
- Schad, Petra, Württembergische Gesandtschaften zur Zeit der französischen Revolution, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 50 (1991), S. 165–188.
- Württembergische Gesandtenberichte und Gesandtschaftsakten 1619–1806. Inventar der Bestände A 16 a und A 74 a-m im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, bearb. von Klaus-Dieter Bock/Christine Bührlen-Grabinger/Robert Uhland (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 56), Stuttgart 2006.
Zitierhinweis: Andreas Neuburger, Gesandtschaftsakten der Frühen Neuzeit (1500–1806), in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: [...], Stand 7.12.2017.