Maske der Falken-Hexe aus Schramberg von Ergun Can, Quelle: Landesmuseum Württemberg VK 2018/032

Maske der Falken-Hexe aus Schramberg von Ergun Can, Quelle: Landesmuseum Württemberg VK 2018/032

Anlässlich des heutigen „Schmotzigen Dunschtig“ werfen wir einen Blick auf die Fastnachtsgestalten, die das bunte Treiben bestimmen. Neben traditionsreichen Figuren wie Narros, Hansel und Weiblein, Blätz und Spättle sind Hexen eine verbreitete doch vergleichsweise neue Erscheinung. Ständig entstehen weitere Gruppierungen und haben großen Zulauf. Historische Hinweise auf Fastnachtshexen gibt es nur wenige. Eine Verbindung könnte zu den Frauengestalten des Perchtenlaufens in den Alpenländern bestehen. In Tirol sind Fastnachtshexen für das ausgehende 18. Jh. belegt. Im 19. Jh. wurden Hexen Bestandteil der ländlichen Fastnacht im Südwesten. Masken und Trachten nach festgelegten Mustern gab es zunächst nicht. Die Verkleidung war improvisiert, das Gesicht wurde geschminkt oder mit Ruß geschwärzt. Die ersten organisierten Hexen tauchen um den Beginn der 1930er Jahre auf. Zu ihnen gehören die Offenburger und die Gengenbacher sowie die Löffinger Hexen, wobei diese ihr Entstehen auf die Aufführung der „Löffinger Walpurgisnacht“ Ende der 1920er Jahre zurückführen, eine Art Musical. Die Fastnachtshexe war in der Anfangszeit eine Männerdomäne und ist dies teils noch heute. Vielleicht machen sich hier Einflüsse des rheinischen Karnevals bemerkbar, vielleicht auch ältere Bräuche der männlichen Dorfjugend zur Vertreibung des Winters. Die neueren Vereinigungen lassen sich bei der Schaffung ihrer Figuren gerne von der Geschichte inspirieren, seien es Legenden, historisch nachweisbare Personen oder freie Assoziationen. Doch es gibt auch Proteste gegen den Missbrauch an das Andenken von Menschen, die von Verfolgungen betroffen waren. Bemängelt wird zudem das ungezügelte, übergriffige Verhalten bei Veranstaltungen, das bedenkliche Ausmaße annehmen kann.

Aus der alltagsgeschichtlichen Perspektive betrachtet sind die Gruppierungen und ihre Maskierungen Ausdruck eines gesellschaftlichen Prozesses, eines andauernden ständigen Wandels. Dieser wird von der Landesstelle für Volkskunde im Landesmuseum Württemberg dokumentiert und schlägt sich in der Sammlungstätigkeit nieder. So zählen zwei Masken der Schramberger Falken-Hexen zum Fundus. Die Gruppe fand Ende der 1970er Jahre zusammen. Sie nannte sich nach Falkenstein, dem Ortsteil unterhalb der gleichnamigen Burgruine in Schramberg. Einige der jungen Mitglieder lernten das Maskenschnitzen und gestalteten damit ihr eigenes Profil. Zu ihnen gehört Ergun Can, der als Junge mit seiner Familie aus Istanbul nach Schramberg kam. Die beiden Masken im Landesmuseum stammen von ihm. Mehr dazu finden Sie im Blog des Landesmuseums Württemberg.

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Untergruppenbach mit Stettenfels um 1900 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK Glasnegative Wilhelm Kratt 498-1 Nr. 7772]

1924 übernahm Siegfried Levi zusammen mit dem Landwirt Gustav Bücheler aus Stuttgart das Schlossgut Stettenfels bei Untergruppebach im heutigen Landkreis Heilbronn. Siegfried war ein Bruder des „Salamander“-Mitbegründers Max Levi (1868-1925). 1889 hatten die „Gebrüder Sigle“, Jakob und Christoph, mit der Schuhfabrikation begonnen. Der Stuttgarter Handelsvertreter Max Levi übernahm ab 1891 den Vertrieb. Die Erfolgsgeschichte der Schuhe beruhte unter anderem auf einem effizienten Marketingkonzept mit eigenem Filialnetz. 1903 wurde in Kooperation mit Rudolf Moos der erste „Salamander“-Laden in Berlin eröffnet. Berlin blieb neben Stuttgart einer der Schwerpunkte für die Organisation des Vertriebs. 1916 erfolgte die Gründung der Aktiengesellschaft „J.Sigle & Cie.“, die die Fabrikation in Kornwestheim mit den Vertriebsgesellschaften verband. Max Levi wurde Vorsitzender des Aufsichtsrates, die Stellvertretung hatte Jakob Sigle. Neben Max und Siegfried Levi arbeiteten noch die Brüder Sem und Arthur im Unternehmen. Siegfried, der zwischen Berlin und Stuttgart pendelte, war außerdem in einer Luckenwalder Schuhfabrik und der Württembergischen Schuhfabrik in Faurndau engagiert.

Der Kauf des Schlossguts Stettenfels erfolgte möglicherweise auch aus familiären Gründen. 1925 kam die Tochter Margit zur Welt. 1926 heirateten Siegfried Levi und seine Partnerin Hedwig Kyanowski. Zum Schlossgut gehörten ausgedehnte Ländereien, die teils an die Zuckerfabrik Heilbronn verpachtet waren. Um das Gut kümmerten sich der Geschäftsführer und ein Gutsverwalter, die mit ihren Familien auf dem Schloss wohnten. Nach dem Erwerb wurden die Gebäude umfassend saniert und mit modernen Annehmlichkeiten ausgestattet. Siegfried Levi hatte mehrere Jagdrechte in der Umgebung und eigens einen Jagdsaal im Schloss gestalten lassen . Die damit verbundenen Veranstaltungen waren nahezu legendär. Außerdem beteiligte er sich gerne am örtlichen Vereinsleben und wurde wegen seiner großzügigen Spenden geschätzt.

Pläne zum Aufbau eines Gestüts konnten nicht mehr verwirklicht werden. Ende der 1920er Jahre verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation. Grundstücke in größerem Umfang kamen zum Verkauf, was zu Unstimmigkeiten mit der Gemeinde führte. Durch zunehmenden Antisemitismus bedroht, verließ die Familie 1932 Stettenfels und wurde schon zu Beginn der NS-Zeit genötigt, das Anwesen zu verschenken. 1937 ging es für einen Spottpreis an die Stadt Heilbronn über. Im selben Jahr emigrierte die Familie ins heutige Namibia. 1939 zog die NSDAP auf Stettenfels ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam die Familie ihren Besitz zurück. Siegfried Levi, geboren am 6. Februar 1880,  starb am 13. Oktober 1954 in Johannesburg. Gegen Ende der 1950er Jahre ging das Anwesen in andere Hände über. Heute wird es gastronomisch und für Veranstaltungen genutzt.

Zum Weiterlesen:

Der ausführliche Beitrag über die Geschichte der Familie Levi auf dem Schlossgut stammt von Friedrich Eisenmann
Mehr über das jüdische Leben im Südwesten im finden Sie im Themenmodul auf LEO-BW
Mitte des 16. bis Mitte des 18. Jh. war die Burg im Besitz der Fugger

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 Urach. In: Jacob Rammingers Seehbuch, darinnen alle Seeh und Weyher in dem löplichen Hertzogthumb Würtemberg - Cod.hist.fol.261 [Quelle: WLB digital]

Urach. In: Jacob Rammingers Seehbuch, darinnen alle Seeh und Weyher in dem löplichen Hertzogthumb Würtemberg - Cod.hist.fol.261 [Quelle: WLB digital]

Das sogenannte Seebuch von Jakob Ramminger gehört neben den Forstkarten von Georg Gadner zu den wichtigsten kartographischen Werken aus Württemberg des ausgehenden 16. Jahrhunderts und stellt zudem eines der ältesten kartographischen Dokumente über Binnengewässer in Deutschland dar.

Jakob Ramminger war ein württembergischer vielseitig tätiger Schreiber und begann im Jahr 1596 im Auftrag des Herzogs Friedrich im „Seehbuch, darinnen alle Seeh und Weyer in dem löplichen Hertzogthumb Würtemberg“ mit kolorierten Karten alle fischbaren Gewässer des Landes zu erfassen.

Die 24 Karten stellen Gewässer mit ihrer nächsten Umgebung dar: den Ortschaften, Gebäuden oder landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die rein kartographisch dargestellten Gewässer wurden mit zuverlässigen Ansichten der Landschaft, der Ortschaften und der Schlösser vereint, die aus einer steilen, meist nicht ganz folgerichtig angelegten Vogelperspektive ausgeführt wurden.

Die Wappen des Herzogtums, der Städte und der Ämter wurden von seinem Bruder Sebastian Ramminger eingefügt, der als Maler in Stuttgart tätig war und im Jahr 1612 zum Hofmaler bestellt wurde.

Die meisten Tafeln sind mit den Jahreszahlen 1600 bzw. 1601 versehen, eine Karte trägt die Jahreszahl 1596. Doch für die Ausführung des Seebuchs wurde Ramminger kritisiert und bis heute ist unklar, ob er das Seebuch nicht fertigstellen konnte oder ihm die Arbeit schließlich sogar untersagt wurde. Da sich die letzten beiden Karten (Liebenzell und Altensteig) in ihrer malerischen Ausführung stark von den übrigen unterscheiden, wird vermutet, dass die Fertigstellung einem anderen Kartographen übertragen wurde. (JH)

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Gefälschte Nachzeichnung einer Urkunde Karls des Großen von 786, Vorlage: Landesarchiv BW, StAS FAS DS 26 T 2 Nr. 1

Gefälschte Nachzeichnung einer Urkunde Karls des Großen von 786, Vorlage: Landesarchiv BW, StAS FAS DS 26 T 2 Nr. 1

Fälschungen treten im Lauf der Geschichte immer wieder auf. Prominentes Beispiel eines Fälschers ist Ulrich von Dapfen († 1123), Abt der Benediktinerabei Reichenau, der die kirchliche und politische Stellung des Klosters verbessern wollte. Ähnliches versuchte Rudolf III. Reichel, der 1751 zum Abt des Augustinerchorherrenstifts Beuron gewählt worden war. Das Stift, das Österreich unterstand, sollte den Status der Reichsunmittelbarkeit erhalten. In einer konzertierten Aktion ging eine ganze Gruppe von Fälschern ans Werk. Beteiligt waren der Verwalter sowie der Schreiber der Kanzlei und sogar der Klostergärtner, der zeichnerisches Talent vorweisen konnte. Das Kernstück der gefälschten Schriftstücke war die vermeintliche Kopie einer Urkunde aus dem Jahre 777, die die Verleihung der Immunität durch Karl den Großen beweisen sollte. Auf Basis von Abschriften gelang es zunächst, 1771 eine Bestätigung des Juristen und Professors Gottfried Daniel Hoffmann in Tübingen zu bekommen. Doch aus diese Lüge hatte kurze Beine und nicht alle Konventsmitglieder scheinen mit der Fälscherei einverstanden gewesen zu sein. 1784 wurden die Machenschaften untersucht und aufgedeckt – auch das verwendete Material, drei zusammengeklebte, knapp 1 mm dicke Kartonteile, erschienen wenig überzeugend. Abt Rudolf bestritt jegliche Kenntnis und Beteiligung; ja er entging sogar einer Strafe und unternahm einige Jahre später einen weiteren Versuch. 1790 bekam Beuron schließlich die Reichsunmittelbarkeit, diesmal auf legalem Weg, bevor das Kloster Anfang des 19. Jh. der Säkularisation zum Opfer fiel.

Hier finden Sie den ausführlichen Bericht über die Sigmaringer Fälschungen
und weitere Infos über die Urkundenfälschungen des Mittelalters

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Auswanderung aus Südwestdeutschland

Das neue Themenmodul auf LEO-BW

Wir freuen uns, Ihnen ein neues Angebot auf LEO-BW vorzustellen: Das Themenmodul Auswanderung aus Südwestdeutschland. Es dient der Recherche nach Personen, die zwischen dem 18. und dem frühen 20. Jahrhundert aus dem deutschen Südwesten ausgewandert sind. Herzstück ist die Auswanderer-Datenbank, in der Sie über das Suchfenster recherchieren können. Im Kapitel „Recherche“ finden Sie Tipps zum Vorgehen bei der Suche in der Datenbank und Hinweise auf weitere Quellen zum Thema Auswanderung. Eine Einführung in die Geschichte der Auswanderung aus dem deutschen Südwesten enthält das Kapitel „Historischer Kontext“. Im Kapitel „Geschichte der Datenbank“ erfahren Sie aus erster Hand, wie die Daten für die Auswandererdatenbank in jahrzehntelanger Recherchearbeit zusammengetragen wurden.

Zu den wohl bekanntesten Auswanderern gehört Friedrich Hecker (1811-1881). Er war einer von vielen „Forty-Eighters“, die nach dem Ende der Revolution 1848/49 nach Amerika auswanderten und dort am Sezessionskrieg teilnahmen. Nach dem der als Heckerzug in die Geschichte eingegangene Marsch nach Karlsruhe im April 1848 bei Kandern gewaltsam gestoppt und niedergeschlagen worden war, floh Friedrich Hecker über Basel nach Straßburg und emigrierte von dort in die USA. Seine Person wurde zur Legende. Zahlreiche Drucke und Andenken kamen auf den Markt. Die beiden Blätter zeigen Hecker bei seinem Abschied aus Straßburg und der Ankunft in Nordamerika. In beiden Situationen ist er von einer großen Menschenmenge umringt, die die von ihm vertretenen Ziele unterstreichen. Friedrich Hecker starb am 24. März 1881 in Summerfield, Illinois.

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