Zu Stein gewordene Literatur

Die Burg Lichtenstein

Die Burg Lichtenstein, auch als „Märchenschloss Württembergs“ bezeichnet, ist ein Baudenkmal der Romantik und des Historismus. Bereits um 1100 befand sich etwa einen halben Kilometer südöstlich des heutigen Schlosses Lichtenstein eine Burg der Herren von Lichtenstein, einer Familie von Ministerialen der Grafen von Achalm und später der Grafen von Württemberg. Diese Burg wurde im 14. Jh. zerstört, so dass heute nur noch Mauerreste erhalten sind. Die Grafen von Württemberg, die neuen Besitzer des Lichtensteins, bauten die Burg Lichtenstein nicht mehr an der alten Stelle auf, sondern einige hundert Meter entfernt auf einem Felsen über dem Echaztal, an der Stelle, an der sich heute das Kernschloss des Schlosses Lichtenstein befindet. Diese Burg diente als Sitz eines Försters und als Jagdschloss der Herzöge von Württemberg, bis sie im 18. Jh. allmählich verfiel. Nach einem Brand wurde 1802 auf den Grundmauern der Burg ein Gebäude mit einem Krüppelwalmdach errichtet, das bis 1837 als Sitz eines Revierförsters diente.

Im Jahre 1826 erschien der Roman Lichtenstein des Dichters Wilhelm Hauff (1802-1827). Schauplätze dieses Romans sind u. a. die Burg Lichtenstein und die Nebelhöhle, in der sich Herzog Ulrich vor den Truppen des Schwäbischen Bundes versteckt hält, um sich nachts heimlich auf die Burg Lichtenstein zu begeben, wo er von dem dort lebenden Ritter von Lichtenstein und dessen Tochter Marie mit Essen und Trinken versorgt wird. Hauffs Roman wurde zu einem großen Erfolg, den der junge Dichter aber wegen seines frühen Ablebens nicht mehr genießen konnte.

Die Inspiration durch den Roman, aber wohl vor allem praktische Gründe, wie die Nähe zu seinen Besitzungen und die geringe Größe der Burganlage, bewogen Wilhelm Graf von Württemberg (1810-1869), den späteren ersten Herzog von Urach und Vetter von Wilhelm I. König von Württemberg (1781-1864), auf dem Lichtenstein ein Schloss im Stile des Mittelalters zu errichten. 1837 kaufte Wilhelm Graf von Württemberg (1810-1869) das Forsthaus auf, um dort nach seinen Vorstellungen eine Schlossanlage im „altdeutschen Styl“, also im Stil der Gotik, zu bauen. Zunächst fertigten der württembergische Hofmaler Franz Seraph Stirnbrand (zwischen 1788 und 1794 bis 1882) und der Offizier Christian Wilhelm von Faber du Faur (1780-1857) Entwürfe für das Schloss an, die von dem tatsächlich realisierten Bauvorhaben völlig abwichen. Schließlich beauftragte Graf Wilhelm den in Nürnberg lehrenden Architekten und Denkmalpfleger Carl Alexander von Heideloff (1789-1865) mit den Planungen. Da dieser wegen seiner Stellung in Nürnberg aber häufig verhindert war, fungierte der in Reutlingen wirkende Architekt und Denkmalpfleger Johann Georg Rupp (1797-1883) als Bauleiter vor Ort. Heideloff und Rupp waren beide Kenner und Befürworter des gotischen Baustils. Auch der Bauherr selbst, Graf Wilhelm, nahm regen Anteil am Bau des Schlosses und brachte vor allem seine Kenntnisse im Festungsbau bei den Planungen mit ein.

Die Schlossanlage umfasste zunächst neben dem Kernschloss auf dem Felsen eine Festungsanlage mit vier Türmen und Bastionen und die als Fremdenbau und Ritterbau bezeichneten Gebäude, wie ein Plan der Schlossanlage aus den Jahren 1855 bis 1856 von der Hand des Grafen Wilhelm zeigt. Um 1900 wurde der Gerobau an den Fremdenbau angefügt, und der Fürstenbau an den Ritterbau angebaut.

Bereits nach der Fertigstellung des Schlosses erregte der Bau Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Es erschienen mit ausdrücklicher Genehmigung des Grafen Wilhelm und Heideloffs Publikationen, teilweise mit Abbildungen, über das Schloss, wie das Bändchen des Sondelfinger Pfarrers Carl Christian Gratianus und das Werk des Malers Georg Eberlein. Letzterer war auch an der Ausmalung der Räume des Kernschlosses beteiligt.

Die genannten Publikationen und nicht zuletzt der Roman Lichtenstein von Wilhelm Hauff machten das Schloss populär und weckten das Interesse einer breiten Öffentlichkeit. Davon zeugen die erhaltenen Besucherbücher, in denen Einträge von Besuchern aus allen Schichten aus dem In- und Ausland zu finden sind. Der Lichtenstein zog auch prominente Besucher an. Zu nennen sind neben den Angehörigen der württembergischen Königsfamilie die spätere Königin Mary von Großbritannien und Irland, eine geborene Fürstin von Teck, Albert I. Fürst von Monaco, der Arzt und Dichter Justinus Kerner und der Offizier und Luftschiff-Konstrukteur Ferdinand Graf von Zeppelin.

Um den Besuchern den Zugang zum Lichtenstein zu erleichtern, gab es 1911 sogar Überlegungen, eine Seilbahn von Honau bis zum Forsthaus Lichtenstein zu bauen. Dagegen regte sich allerdings der Protest der Naturschützer, die eine Seilbahn für ebenso überflüssig wie landschaftlich störend hielten.

Bewundert werden kann das Schloss Lichtenstein natürlich auch in der LEO-BW-3D-Galerie.

 

 

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Kleine Wappenkunde

Das Bad Liebenzeller Wappen

Ein ganz besonderes Wappen trägt das kleine Städtchen Bad Liebenzell. Zu sehen ist eine auf von Schwarz und Gold geschachtem Boden stehende goldene Badewanne, in der ein sitzender Mann zu sehen ist. Liebenzell gehörte seit 1273 den Markgrafen von Baden und wurde erstmals 1388 "Stadt" genannt. Stadt und Amt gelangten 1603 im Tausch an Württemberg. 1926 wurde Liebenzell schließlich das Prädikat "Bad" verliehen. Die Nutzung der Thermalquellen, seit 1403 nachweisbar als Markgraf Bernhardt I. das Untere Bad in Form eines Erblehens vergab, wurde im 17. Jahrhundert vom württembergischen Hof besonders begünstigt, was sich im Wappen niederschlägt. Enthielt das Siegel des 16. Jahrhunderts noch den badischen Wappenschild, so zeigt der 1604 gestochene Stempel bereits das Wappen mit der Badeszene und der württembergischen Hirschstange. Die Zeichnung und die seit 1609 belegte Farbgebung wechselten in Einzelheiten. So wurde bis in jüngster Zeit die badende Gestalt als Frau abgebildet, wohl wegen der unrichtigen Herleitung des Ortsnamens von der Heiligen Lioba. Die heutige Farbgebung und die Flagge legte man 1914 fest.

Der als Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus von Hohenheim geborene und als Paracelsus (1493-1541) bekannt gewordene Arzt und Gelehrte soll auf seiner Wanderungen 1526 durch Süddeutschland nach Straßburg das Wasser der Liebenzeller Quellen in der Umgebung untersucht haben. In seiner Schrift "Von den natürlichen Bädern" pries er die verjüngende Wirkung der Heilquellen in Wildbad und Liebenzell an.

Ganz im Zeichen des Wassers steht auch das kleine aber feine Wassermuseum in Bad Liebenzell. In einer alten Sägemühle werden alle Themen rund um die Darstellung der Vielfalt der Erscheinungsformen von Wasser in Wissenschaft, Kunst, Technik und Energiegewinnung behandelt. Mehr dazu erfahren Sie hier.

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Die Zeichnung entstand vermutlich um 1923. Die Aufschrift „Tourmalet“ bezieht sich auf den Col du Tourmalet, einen Straßenpass in den französischen Pyrenäen. Der Übergang auf rund 2115 Metern über NN stellt große Herausforderungen und ist bei Freizeitfahrern wie bei Profis beliebt. So wird der Pass auch häufig in die Streckenplanung der Tour den France integriert. Die mit flottem Strich ausgeführte Darstellung gibt die Dynamik der Bewegung wieder und weist viele interessante Details auf. Der Fahrer trägt eine Schutzbrille und lässt die Zunge heraushängen – eine Anspielung auf die immensen Anstrengungen. Mit der Zeichnung verbindet sich ein ernster Hintergrund. Sie gehört zu den Unterlagen, die die französischen Besatzungstruppen 1924 nach ihrem Abzug im Bezirksamtsgebäude von Offenburg zurückließen. Aus der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg, dem Waffenstillstand von Compiègne und dem Versailler Vertrag resultierte die Besetzung linksrheinischer Gebiete durch die Ententemächte. Dazu zählten auch vier rechtsrheinische Stützpunkte, darunter Kehl und das 1923 zusätzlich vereinnahmte Offenburg, das aber schon 1924 wieder geräumt wurde. Auch in den folgenden Jahrzehnten zeigte sich, dass sich die Sportler durch Kriege nicht entmutigen ließen. So fand 1949 die „Quer-durch-Deutschland-Fahrt“ unter den erschwerten Bedingungen der Nachkriegszeit im geteilten Deutschland und ohne internationale Beteiligung statt. Die Tour führte in 13 Etappen und rund 3.000 Kilometern von Hamburg nach München. Dabei kamen die Fahrer auch nach Freiburg, die damalige badische Landeshauptstadt. 

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Trajektverkehr am Bodensee

Trajektverkehr am Bodensee mit der MF Schussen [Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg]

Sogenannte Bodensee-Trajekte waren Eisenbahnfähren, die von den Bahngesellschaften zum Transport von Eisenbahn-Güterwagen über den Bodensee eingerichtet wurden. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begann man in vielen größeren Häfen Trajektanstalten einzurichten, um den zeitraubenden Güterumschlag vom Schiff auf die Schienen und umgekehrt abzuschaffen. Zunächst kamen für den aufkommenden Trajektverkehr sogenannte Trajektkähne zum Einsatz, die von Dampfern geschleppt wurden. Auf den Decks dieser Schleppkähne lagen meist zwei Gleise parallel, die jeweils bis zu acht Waggons aufnehmen konnten. Da die Waggons einzeln festgezurrt werden mussten, nahm das Be- und Entladen nach wie vor viel Zeit in Anspruch. Aufgrund des steigenden Bedarfs wurde im Jahr 1929 eine Motorfähre für den kombinierten Eisenbahntrajekt-, Automobil- und Personenverkehr in Dienst genommen. Seitdem verkehrte die „MF Schussen“, die von zwei Dieselmotoren angetrieben wurde und bis zu zehn Güterwagen auf zwei parallelen Gleisen über den See bringen konnte, auf der Fährlinie zwischen Friedrichshafen und dem schweizerischen Romanshorn. Namensgeber war die nahe bei Friedrichshafen in den Bodensee mündende Schussen. In den Anfangsjahren wurden deutlich mehr Güterwaggons als Automobile befördert, trotzdem waren die Bodenseeüberfahrten der Schussen auch bei Reisenden sehr beliebt.
Mit Kriegsausbruch wurden auf dem Bodensee sämtliche Schiffsverbindungen zwischen Deutschland und der Schweiz eingestellt; erst am 15. Mai 1949 fuhr die „Schussen“ wieder ihren ersten Nachkriegseinsatz. Zwischen 1951 und 1972 transportierte sie über 125. 000 Güterwagen quer über den Bodensee, bis der Trajektverkehr schließlich eingestellt wurde. Weitere historische Aufnahmen der "MF Schussen" finden Sie im Staatsarchiv Ludwigsburg unter dem Bestand zur „Reichs-/Bundesbahndirektion Stuttgart“. (JH)

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Bis vor einigen Jahren wehte den Reisenden am Ludwigsburger Bahnhof der Duft von Getreidekaffee entgegen, der in der unmittelbaren Nachbarschaft produziert wurde. Angefangen hatte alles mit Johann Heinrich Franck in den 1820er Jahren. Durch die Befreiungskriege war er nach Frankreich gekommen und hatte die Herstellung von Ersatzkaffee kennengelernt. Die Bezeichnung „Mocca faux“, also „falscher Kaffee“, ging als Muckefuck in den deutschen Sprachgebrauch ein. Nach seiner Rückkehr eröffnete Franck einen Kolonialwarenladen in Vaihingen an der Enz und begann mit Rezepturen zu experimentieren. Einige Jahre später konnte der Ersatzkaffee in größeren Mengen verkauft werden. Franck traf mit diesem preiswerten Getränkegrundstoff auf einen wachsenden Markt. Die Produktion expandierte und in den 1870er Jahren belegte die Firma „Heinrich Franck Söhne OHG“ mehr als 50 Gebäude in Vaihingen. Ab den 1860er Jahren entstanden die Werke in Ludwigsburg, dazu Stätten im Ausland.

Doch nicht nur Franck nutzte das Potenzial von Ersatzkaffee. In Heilbronn gab es Mitte des 19. Jh. mehrere Fabriken, in denen Zichorien verarbeitet wurden. Eine davon gehörte Emil Seelig, der mit der Marke „Seelig's kandierter Kornkaffee“ seinen größten Erfolg erzielen konnte. 1867 veröffentlichte der Bezirksrabbiner einen Prüfbericht, wonach in einigen Heilbronner Zichorien-Röstereien Schweineschmalz und andere tierische Produkte verwendet wurden, die nicht den koscheren Vorschriften entsprachen. Daraufhin überwachte der Vorsänger der israelitischen Gemeinde die Herstellung und die Unbedenklichkeit wurde öffentlich bestätigt. Nach der Jahrhundertwende stieg Franck als mehrheitlicher Teilhaber bei Seelig ein. Carl Heinrich Knorr war in den 1830er Jahren nach Heilbronn gekommen und stellte Zichorienkaffee her, der Mandeln oder Eicheln enthielt. In den 1850er Jahren musste er den Betrieb, der zu den größten in Heilbronn gehörte, aus gesundheitlichen Gründen einstellen und begann zehn Jahre später zusammen mit seinen Söhnen, sich auf Lebensmittel und Suppenextrakte zu spezialisieren. Die Franck‘ sche Produktion überstand die beiden Weltkriege. In den 1950er Jahren kam die beliebte Marke mit der roten Raute in die Läden, bis heute erhältlich ist. Die Werke in Ludwigsburg, nun unter der Regie eines der großen internationalen Lebensmittelkonzerns, stellten 2018 den Betrieb ein.

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