Geistliche Lagerbücher
Von Regina Keyler und Wolfgang Runschke
Definition der Quellengattung
Lagerbücher nach Herrschaftsträgern zu typisieren ist eine Möglichkeit, diese Quellengattung zu systematisieren. Die Geistlichen Lagerbücher oder besser gesagt, Lagerbücher geistlicher Herrschaftsträger können sich in ihrem Aufbau und Inhalt stark unterscheiden, haben jedoch gemeinsam, dass die sie anlegende Stelle eine geistliche Institution war. Diese können jedoch auch sehr unterschiedlich sein, denn dazu zählen sowohl ganze Bistümer als auch Klöster, Stifte, Domkapitel, Pfarreien bis zu einzelnen Heiligenpflegen oder Altären.
Zur Überlieferungslage
Die Gruppe der Geistlichen Lagerbücher im Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Bestand H 102) erweitert diese Definition: sie enthält sowohl Lagerbücher geistlicher Institutionen, wie auch deren weltlicher Nachfolgeinstitutionen.
Der Besitz der von Württemberg während der Reformation und später säkularisierten Klöster und Stifte wurde nicht zum Vermögen der herzoglichen Rentkammer geschlagen, sondern in einem eigenen Fond, dem Kirchengut, zusammengefasst. In der Folgezeit wurde es in Klosterämtern (den ehemaligen Mannsklöstern), Klosterhofmeiereien (den ehemaligen Frauenklöstern), Stiftsverwaltungen (den ehemaligen Chorherrenstiften) und Klosterpflegen (für den Außenbesitz der Klöster) auch gesondert verwaltet. Das bei diesen Stellen entstandene Schriftgut könnte man daher als „weltlich-geistlichen Mischtyp“ bezeichnen.
Die Verzeichnisse über den ehemals kirchlichen Besitz werden „geistliche Lagerbücher“ genannt - eine Bezeichnung, die nicht zu Rückschlüssen auf den Inhalt verleiten darf. Aufsichtsbehörde über das Kirchengut war der Kirchenrat, weshalb dieser auch als Provenienzstelle auftaucht. Auch vor Ort, in den Ämtern, wurde das Kirchengut gesondert vom sonstigen Amtsvermögen in den sogenannten „Geistlichen Verwaltungen“ beaufsichtigt. Dort befanden sich bis zu ihrer Auflösung Anfang des 19. Jahrhunderts auch die Lagerbücher der Klöster, Stifte, geistlichen Pfründen usw. aus der Zeit vor der Säkularisation. Wie die weltlichen Kellereien lieferten auch die Geistlichen Verwaltungen nicht mehr benötigte Exemplare an das Archiv ab.
Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart befinden sich die Lagerbücher der altwürttembergischen Klöster (also der Klöster, die während der Reformation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts säkularisiert wurden) und deren württembergischen Nachfolgeinstitutionen im Bestand H 102 alphabetisch in Unterbeständen und innerhalb dieser chronologisch gegliedert (ca. 4300 Bände). Im Bestand H 121 finden sich die Lagerbücher örtlicher Heiligenverwaltungen und vorreformatorischer Pfründen (252 Bände), H 128 (125 Bände) enthält Lagerbücher von Hochstiften (also den Besitzungen der Bischöfe und Domkapitel) und Klöstern, von denen einzelne Herrschaften bis ins 18. Jahrhundert erworben wurden. Die neuwürttembergischen Lagerbücher geistlicher Provenienz, d.h. von Besitzungen, die seit der Säkularisation 1803 erworben wurden, beginnen mit den Beständen H 210 bis H 216, worin sich die Lagerbücher der Hochstifte befinden (205 Bände), darauf folgen die Lagerbücher des Johanniterordens (H 218, 600 Bände), setzen sich mit H 219 bis H 236 mit den Lagerbüchern von Klöstern und Stiften (zusammen 2662 Bände) fort und schließen in H 237 mit den Lagerbüchern von Pfarreien und Pfründen (104 Bände).
Im Staatsarchiv Ludwigsburg befinden sich die Lagerbücher des Deutschen Ordens im Bestand B 235 (ca. 540 Bände).
Literatur
s. Artikel Lagerbücher
Zitierhinweis: Regina Keyler und Wolfgang Runschke, Geistliche Lagerbücher, in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: [...], Stand: 2005.