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Wilhelm Blos und der Wahre Jacob

 Der Wahre Jacob
Der Wahre Jacob [Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg]

Am 5. Oktober 1849 wurde der Politiker und Journalist Wilhelm Blos in Wertheim am Main geboren. Seit 1872 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, war Blos ab 1877 schon jüngster Abgeordneter im Reichstag. Mit der Ausrufung der Weimarer Republik am 09.11.1919 wurde Blos der erste Staatspräsident Württembergs. Unter seiner Leitung wurde Württemberg aus der Monarchie in die Republik geführt. Aus Protest über die "Weimarer Koalition", einem Regierungsbündnis zwischen SPD und anderen Parteien, zog sich Blos aus der Politik zurück.

Neben seinem politischen Wirken ist Blos vor allem für seine Tätigkeit als Journalist bekannt. Er schrieb für zahlreiche Wochenzeitungen und gründete er in Folge der Sozialistengesetze sogar eine eigene Zeitung.  Das 1878 von Reichskanzler Bismarck durchgesetzte Sozialistengesetz, das bis 1890 in Geltung blieb, traf die Partei und damit auch Blos hart. Das Gesetz ermöglichte es der Regierung, Vereine, die durch ihre sozialdemokratischen, sozialistischen oder kommunistischen Bestrebungen eine Gefahr für die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung bildeten, zu verbieten, ebenso sozialdemokratische Schriften, Zeitungen und Versammlungen zu untersagen. Dazuhin konnte die Regierung den „kleinen Belagerungszustand“ verhängen und unter ihm sozialdemokratische Agitatoren ausweisen. Die in dem Gesetz angedrohten Strafen waren unverhältnismäßig hoch. Am schlimmsten wirkten sich jedoch die polizeilichen Willkürmaßnahmen aus, denen nunmehr Tür und Tor geöffnet waren. Faktisch waren die Sozialdemokratische Partei und ihre Anhänger der Rechtlosigkeit preisgegeben. Kaum war das Sozialistengesetz in Kraft getreten, da wurden die drei großen sozialdemokratischen Presseorgane „Vorwärts“, „Berliner Freie Presse“ und „Hamburg-Altonaer Volksblatt“, die zusammen annähernd 50000 Abonnenten hatten, verboten. Blos sah sich gezwungen, ein neues „neutrales“ Blatt, die „Gerichtszeitung“, zu gründen. Diese Zeitung gewann rasch 12000 Abonnenten und konnte sich zweieinhalb Jahre halten. Am 28. Oktober 1880 wurde über Hamburg der „kleine Belagerungszustand“ verhängt. Das gesamte Redaktions- und Expeditionspersonal sowie der Verleger der „Gerichtszeitung“ mußten innerhalb von 24 bzw. 48 Stunden das Gebiet der Hansestadt verlassen. Blos wandte sich mit seiner Frau nach Mainz und von da nach Bremen, wo er von 1882 bis 1883 die Redaktion des neuen sozialdemokratischen „Norddeutschen Wochenblatts“ innehatte. Tatkräftig trug er dazu bei, sozialdemokratische Zeitungen und Organisationen zu erhalten und den Mut der Verfolgten zu stärken.  

Anfang 1883 folgte er dem Ruf von Heinrich Dietz nach Stuttgart, um dort an dem von Dietz errichteten Verlag mitzuwirken, der in sich die Reste des Hamburger und des von Motteler in Leipzig geführten Parteiunternehmens vereinigte. Die württembergische Landeshauptstadt mit dem 1905 eingemeindeten Cannstatt, wo er zeitweise seinen Wohnsitz nahm, wurde ihm nach vieljähriger rastloser Wanderzeit zur neuen Heimat. Seine humoristisch-satirische Veranlagung und seine poetischen Fähigkeiten kamen der zunächst in Hamburg erschienenen, nunmehr von H. Dietz in Stuttgart wieder ins Leben gerufenen Zeitschrift „Der Wahre Jakob“ sehr zustatten, deren Redaktion in den ersten Jahren ausschließlich in seiner Hand lag. „Der Wahre Jakob“ erfreute sich großer Beliebtheit und fand in ganz Deutschland Verbreitung. Der Preis eines Heftes lag von 1879 bis 1917 konstant bei 10 Pfennigen. In welcher Auflage Der Wahre Jacob in seinen ersten Jahren erschien ist nicht bekannt. 1887 lag sie bei 40.000 Stück, im Jahr 1890 schon bei rund 100.000 Exemplaren. Bis 1912 stieg sie kontinuierlich auf 380.500, sank dann aber während des 1. Weltkrieges aber auf knapp die Hälfte ab. 1919 erschien die Zeitschrift dann wieder in 200.000 Exemplaren. Seine Auflage war damit höher als die der anderen sozialdemokratischen Zeitschriften. In den vollständig digitalisierten Ausgaben blättern können Sie auf der Seite der Universitätsbibliothek Heidelberg. (JH)

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