Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Vermutlich ist Jagsthausen eine Siedlung des frühmittelalterlichen Landesausbaus. Ob eine Erwähnung von »Husun« zum Jahr 1090 hierher bezogen werden kann, erscheint fraglich; sicher ist hingegen ein Nachweis von 1212 (»Husen«). Die differenzierende Namensform »Jagshusen« ist bereits um 1310 bezeugt. Allerdings hat der unmittelbar hinter dem Obergermanischen Limes gelegene Ort eine bedeutende römische Vorgeschichte. Auf dem Plateau über der Jagst, auf dem hernach die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Schlösser entstanden, gab es ein um die Mitte des 2. Jahrhunderts angelegtes rechteckiges Kastell (circa 195 x 155 Meter). In den Steinäckern befand sich das dazugehörige Bad, dazwischen und westlich davon eine Zivilsiedlung und im Gewann Dinkelau, noch weiter im Westen, ein römisches Gräberfeld. Seit dem 18. Jahrhundert kamen entsprechende Funde in großer Zahl zutage, und wiederholte Grabungen ließen inzwischen ein genaues Bild vom römischen »Jagsthausen« entstehen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts bestand das Dorf neben den beiden Schlössern aus 111 Anwesen, etwa je zur Hälfte auf der Jagstseite und der Kirchenseite der Hauptstraße. Allerdings waren davon nur sechzig bewohnt; die anderen 51 lagen seit dem Dreißigjährigen Krieg öd und unbewohnt. Zur Gemeinde von Jagsthausen gehören von alters her die Weiler und Höfe Pfitzhof (1314 »Pfuezich«, 1498 »Pfutzingen«), Leuterstal (1343 »Leuthterstal«, auch Stahlhof) und Stolzenhof (1542 Hof auf dem Berg). Das mit eigener Gemarkung nördlich, weitab von Jagsthausen gelegene Leuterstal und der auf der Höhe jenseits der Jagst, vor dem Hardthäuser Wald gelegene Pfitzhof (Äußerer, Mittlerer, Unterer) waren Teil des Würzburger Lehens der Berlichingen und wurden in der frühen Neuzeit mitunter als Eigenwirtschaftsbetriebe geführt. Auf dem Pfitzhof wirtschafteten 1583 vier Hofbauern. Die Leuterstaler Schaftriebrechte erstreckten sich im 16. Jahrhundert bis nach Neusaß, Volkshausen und Widdern. Den auf einer breiten Terrasse in einer Flußschlinge rechts der Jagst gelegenen Ort umgeben neue Wohnviertel im Westen (»Mühläcker« 1953), Südwesten (»Mühlrain« 1958, 1963), Norden (»Rappen« 1959, 1966, »Mosig« 1977)und Osten(»Hofäcker« 1966). Gewerbliche Ansiedlungen nahe des Bahnhofs jenseits der Jagst (seit 1951). |
Historische Namensformen: | |
Geschichte: | Am Ende des hohen Mittelalters war Jagsthausen als Dienst- respektive Eigengut (Inwärtseigen) im Besitz von Ministerialen der Edelherren von Dürn. Sie nannten sich von Hausen (1211–1333) und führten als Wappen einen gespaltenen und halbgeteilten Schild. Das Geschlecht erlosch im 14. Jahrhundert und dürfte in seinem örtlichen Herrschaftsbesitz zumindest teilweise von den Berlichingen beerbt worden sein. 1347 mussten diese im Rahmen einer Sühne ein Viertel der Burg samt Zugehörungen dem Bischof von Würzburg zu Lehen auftragen; später wurde der Umfang des Lehens gewöhnlich mit einem, dann mit zwei und schließlich mit drei Dritteln beziffert. Ein anderer Teil (»in castro nostro Husen«) gehörte zu Beginn des 14. Jahrhunderts – wohl in der Rechtsnachfolge der Herren von Dürn – dem Erzstift Mainz, das darin 1325 die von Neuenstein zu Burgmannen bestellte. Erst um 1480 verkauften mit Billigung des Mainzer Erzbischofs die von Franckenstein und von Handschuhsheim auch diesen Teil an die von Berlichingen, die seither alleinige Vogtsherren des Dorfs waren, dieses aber auch künftig in einer Ganerbschaft regierten. 1536 gab es einen gemeinsamen Schultheißen. Um die Wende zum 18. Jahrhundert teilten sich in die Herrschaft das Äußere beziehungsweise Rote Schloss und das Innere Haus, die sogenannte Götzenburg. Aufgrund einer 1698 vorgenommenen Teilung stand dem Inneren Haus die Jagstseite des Dorfs zu, dem Äußeren Haus die Kirchenseite; nur vier Anwesen waren damals gemeinschaftlich, darunter der Pfarrhof und die Mühle an der Jagst. Die herrschaftlichen Gerechtsame umfassten die niedere Gerichtsbarkeit und die vogteiliche Obrigkeit mit der Jagd, dem Anspruch auf Steuern und Schatzungen, Dienste und Fronden sowie allerlei sonstigen Befugnissen. Die zentliche Obrigkeit hatte als Besitzer von Möckmühl der Herzog von Württemberg zu beanspruchen. Vom 16. Jahrhundert bis zum Ende des Alten Reiches war Jagsthausen beim Kanton Odenwald der fränkischen Reichsritterschaft immatrikuliert; 1806 wurde es von Württemberg mediatisiert. Unter den Jagsthäuser Schlössern ist die Götzenburg das älteste und steht vermutlich in der Tradition des einstigen Sitzes der Ministerialen von Hausen. Im Lauf der Jahrhunderte wurde die Anlage vielfach um- und neugebaut, zuletzt 1876/78 im Stil des Historismus. Das Rote Schloss entstand 1572/95 und firmierte 1609 als neues Haus bei der Kirche; seine Fassade und sein mächtiges Mansarddach datieren aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Das Neue oder Weiße Schloss wurde 1792 gebaut und um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert umgestaltet. Spätestens seit dem Ende des 15. Jahrhunderts waren die Berlichingen die größten und schließlich nahezu alleinigen Grundherren des Dorfs. Indes war die herrschaftliche Eigenwirtschaft bei den Schlössern offenbar nie sehr groß; 1706 umfassten die Güter des Inneren Hauses 73 Morgen Äcker, 32 Morgen Wiesen, 5 Morgen Weingärten, 29 Morgen Gärten und zwölf Stücke Wald. Hinzu kamen freilich noch die außerhalb gelegenen Höfe Leuterstal (zum Inneren Haus) sowie Pfitzhof und Stolzenhof (zum Äußeren Haus). Der bei weitem größte Teil der Liegenschaften war zu bäuerlichen Lehen ausgetan. Aufgrund einer Schenkung der von Hausen hatte 1294/95 das Zisterzienserinnenkloster Seligental einen Hof am Ort. Den Hof des Klosters Murrhardt übernahmen 1314 die Zisterzienser von Schöntal, jedoch waren später die Berlichingen allem Anschein nach nicht mehr bereit, Schöntaler Befugnisse in Jagsthausen zu dulden, und lösten klösterliche Gerechtsame wiederholt im Tausch gegen auswärtige Güter ab (1478/80, 1606). Die Jagsthäuser Zehnten rührten vom Hochstift Würzburg zu Lehen und waren im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts unter zahlreichen Angehörigen des Ritteradels aufgeteilt (Kelner, von Nagelsberg, von Eicholzheim, Rüps, Ketel, Rösch, Urleuge, von Berlichingen). Seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert war das Zehntlehen im alleinigen Besitz der Berlichingen, 1706 je zur Hälfte des Inneren und des Äußeren Hauses. Die Gemeinde hatte von alters her zwei Bürgermeister, »die das gemeine Dorffswesen, Einkommen und Nuzungen beobachten und die Rechnung über Einnahm und Außgab darüber führen, auch zu Kriegszeiten vor die Einrichtung der Nacht- und Winterquartieren Sorge tragen« mussten (1706). Sie wurden alljährlich von der Gemeinde gewählt und vom Gericht bestätigt und verpflichtet. Der nutzbare kommunale Besitz bestand aus einem Krautgarten, diversen Wiesen und Wasen sowie mehreren Stücken Wald. Ein Rathaus wurde 1513 gebaut. Zu den Pflichten der Gemeinde gehörte die Instandhaltung der großen Brücke über die Jagst und anderer Straßen, Wege und Steige, so weit die Gemarkung reichte. Jagsthausen fiel 1805/06 an Württemberg. Ab 12.7.1806 Oberamt Schöntal, nach dem 27.10.1810 Oberamt Neckarsulm (30.1.1934 Kreis), ab 1.10.1938 Landkreis Heilbronn. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Wenn Jagsthausen vor dem Dreißigjährigen Krieg rund 110 Herdstätten umfasste, wird es zu jener Zeit ungefähr fünfhundert Einwohner gehabt haben. Bei nur noch rund sechzig Haushaltungen und zwei Schlössern mit Herrschaft und Gesinde dürfte hundert Jahre später die Zahl von Erwachsenen und Kindern kaum höher als dreihundert gewesen sein. Um 1800 zählte man wieder rund hundert Untertanen und mithin zwischen 450 und fünfhundert Seelen. Die für den Ackerbau genutzte Feldflur auf Jagsthäuser Gemarkung untergliederte sich, vermutlich wegen der großen, separat gelegenen Höfe, in die neun Zelgen in der Au, im Gauffer, vor den Keln, Berlichinger Weg, im Kirchfeld, im Althäuser, auf dem Berg (unter der Kapelle), im Ellersbrunnen und in der Mittelflur (1583). Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts spielte der Weinbau eine beträchtliche Rolle. Die Kelter im Dorf gehörte der Herrschaft. Eine Mühle an der Jagst findet 1314 Erwähnung, eine herrschaftliche Ziegelhütte am Unterkessacher Weg 1706. Auf den Höfen Leuterstal und Stolzenhof wurden in Spätmittelalter und Frühneuzeit große Schäfereien betrieben. |