Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Der fruchtbare Lössboden lockte seit der Jungsteinzeit die Menschen zur dauerhaften Siedlung an. Zahlreiche jungsteinzeitliche Siedlungsplätze auf Ötlinger Gemarkung sind seit den 1920er Jahren bekannt geworden, eine größere Siedlung konnte 1937 in der Flur Rübholz nachgewiesen werden. Auch für die vorrömische Eisenzeit (Latènezeit) haben sich Nachweise für zwei Siedlungen ergeben. Ob die von Köngen abzweigende Römerstraße auf Gemarkung Ötlingen in der Talaue verlief, wie die frühere Forschung annahm, oder ob die überschwemmungsgefährdete Talenge hier nördlich oder südlich umgangen werden musste, ist noch unklar. Der mit dem Personennamen »Adin« verknüpfte -ingen-Name des heutigen Ortes bezeugt den Beginn einer dauerhaften Siedlung in der alemannischen Landnahmezeit (5. bis 7. Jahrhundert). Seit 1892 wurden insgesamt 25 Gräber des zur Siedlung gehörigen Reihengräberfelds an der ehemaligen Steige nach Lindorf (Flur Steigle) aufgedeckt, das Ende des 6. Jahrhunderts beginnt und während des ganzen 7. Jahrhunderts belegt war. Viele reich ausgestattete Gräber lassen vermuten, dass darunter Bestattungen der Oberschicht waren. Die dazugehörige Siedlung lag am Südrand des Lautertals, wohl unweit des alemannischen Gräberfeldes. Erst in hochmittelalterlicher Zeit wurde das Gebiet zwischen Lauter und Kegelesbach beiderseits der heutigen Isolde-Kurz-Straße zum Kern des Dorfes. Hier lagen im Spätmittelalter die acht unterschiedlichen Grundherren gehörigen Lehenhöfe. Im Lautertal, baulich mit Kirchheim zusammengewachsen. Die neuen Wohngebiete liegen im Norden (»Halde« 1960), Süden (»Auf dem Berg« 1959), Südwesten (Steigstraße 1953), Westen (Reutlinger Straße 1959), Nordwesten (Bachstraße 1968, »Warth« 1971), während sich im Osten und Südosten 1962/65 weitere Industrie (Stuttgarter Straße, Heimenwiesen) niedergelassen hat. |
Historische Namensformen: | - in Adininger marca 0791 [Kopialüberlieferung 12. Jahrhundert]
- Hetligen 1152
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Geschichte: | Zwischen 788 und 792 erhielt das karolingische Reichskloster Lorsch an der Bergstraße infolge mehrerer frommer Schenkungen adliger Grundherren Besitz und Eigenleute in dem im Neckargau gelegenen Ötlingen (788 »Adiningen«), 798 schenkte ein anderer Grundbesitzer seinen Hof »in villa Specka« mit Äckern und Wiesen dem Kloster – diese im 12. Jahrhundert abgegangene Siedlung Speck konnte zu Beginn der 1990er Jahre aufgrund von früh- und hochmittelalterlichen Funden in der Flur Speck südwestlich von Ötlingen lokalisiert werden. Im 12. Jahrhundert war Ötlingen im Besitz der Zähringer, 1152 gehörte der Ort zu den Pfandgütern, die Herzog Berthold IV. von Zähringen als Sicherheit für seine Zusage, den König bei einem geplanten Heereszug zu unterstützen, an den Staufer Friedrich Barbarossa übertrug. Besitznachfolger der Zähringer wurden 1187 die Herzöge von Teck. Da Ötlingen zum Kirchheimer Gericht gehörte, ist anzunehmen, dass der Ort bei den Verkäufen des teckischen Besitzes im 14. Jahrhundert, spätestens also 1381, mit Kirchheim in den Besitz der Grafen von Württemberg gelangte. Nachweise für einen Ötlinger Ortsadel im 12. Jahrhundert finden sich in der Zwiefalter Chronik und im Schenkungsbuch des zähringischen Hausklosters Sankt Peter. Ortsadelssitz wird ein Herrenhof mitten im Ort gewesen sein, Hinweise auf einen befestigten Sitz gibt es nicht. Besitz dieses Ötlinger Ortsadels könnte erbweise an die Niederadelsfamilie der Herren von Kirchheim gelangt sein, die 1304 ihre Ötlinger Mühle den Grafen von Aichelberg als Lehen auftrugen und weitere Güter in Ötlingen besaßen, die sie 1391/1403 verkauften. Im Spätmittelalter gelangte ein großer Teil des grundherrlichen Besitzes auf Ötlinger Gemarkung durch Verkäufe und Schenkungen in die Hände geistlicher Grundherren, sodass es an der Wende zur Neuzeit hier keinerlei Adelsbesitz mehr gab. Grundherren waren das Frauenkloster Kirchheim (seit 1275), das Barfüßerkloster Esslingen (seit 1403), das Kloster Denkendorf, die Pfarrkirchen in Kirchheim und Albershausen, die Spitäler in Esslingen (seit 1361) und Kirchheim, die Kirchheimer Präsenz (seit 1478), vier Kirchheimer Kaplaneien, eine Dettinger Kaplanei und die Marienkapelle zu Tachenhausen. Ötlingen war mit Lindorf »gen Kirchheim« gerichtsbar, besaß aber eine eigene Gemeindeverwaltung: Schultheißen sind seit 1463, ein Heimbürge für die Vermögensverwaltung und Geschworene seit 1560 nachweisbar. Zwischen 1600 und 1606 erhielt der Ort mit Lindorf aber ein eigenes Gericht bewilligt, beide Orte bildeten bis 1829 den Ötlinger Stab und waren deshalb kommunalpolitisch eng verbunden. Optisch wurde die Stabsgründung mit dem Bau des Rathauses von 1617 besiegelt – ein bis heute an der Ecke Stuttgarter/Lindorfer Straße erhaltenes kunstvoll verziertes Fachwerkgebäude. Den Gebäudebesitz teilten sich Ötlingen und Lindorf im Verhältnis vier zu eins. Neben dem stets aus Ötlingen stammenden Schultheißen saßen im Gericht vier, später fünf Ötlinger und ein, später zwei Lindorfer. Dem Herzog in Leibherrschaft verbunden, kauften sich die beiden Orte 1798 von dieser Feudallast um 5000 Gulden los. 1935 wurde Ötlingen nach Kirchheim eingemeindet. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | 1519 brannte in den Kämpfen des Schwäbischen Bundes gegen Herzog Ulrich eine bündische Truppe sieben Häuser und sechs Scheuern nieder. 1525 zählte Ötlingen 30 Hausbesitzer, sodass die Einwohnerzahl auf etwa 135 hochgerechnet werden kann. 1587 gibt ein vollständiges Verzeichnis 234 Einwohner an, darunter 136 Kinder und 79 leibeigene Erwachsene. Im Steuerbuch von 1614 werden 74 Steuerbürger, hochgerechnet circa 333 Einwohner, davon 67 Hausbesitzer aufgeführt. 1631 ist die Steuerbürgerzahl auf 89, hochgerechnet circa 400 Einwohner, gestiegen. Von 1634 bis 1654 war die Bevölkerung des Ötlinger Stabs, also beider Orte zusammen, infolge der Kriegswirren von 103 auf 26 Steuerbürger zurückgegangen. Der Gebäudebestand in beiden Orten reduzierte sich von 128 auf 36 (28,1 Prozent). 1730 werden für Ötlingen 69 Bürger, 1737 306 Einwohner genannt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stieg dann die Einwohnerzahl von 310 im Jahr 1763 auf 487 im Jahr 1803 an. Die Ackerflur (1730 betrug sie 532 Morgen) wurde in den drei Öschen Gegen Tachenhausen (Im Lauch), Gegen Bodelshofen (In der Warth) und Gegen Kirchheim (Auf den Hochäckern) angebaut. Die 1304 in Adelsbesitz befindliche Mühle wurde 1403 an das Esslinger Barfüßerkloster verkauft und gehörte seit der Reformation dem Esslinger Spital; im 30-jährigen Krieg wurde sie zerstört, danach aber wieder aufgebaut. Der Weinanbau an der Ötlinger Halde ist seit 1275 nachweisbar, 1730 umfasste er 29 Morgen. 1730 galt der Ort als ziemlich mittellos, der unter großem Wildschaden und häufigem Hochwasser litt. Die Wiesen (241 Morgen) wurden als wenig ertragreich und der Boden der Gärten (16 Morgen) als ungeeignet für die Obstbaumbepflanzung befunden. Infolge der Nähe zu Kirchheim florierte auch das Handwerk wenig. |