Eppingen mit Mühlbach

Die alte Synagoge mit Mikwe Jodanbad in Eppingen, seit 1985 Gedenkstätte. [Quelle: Landeszentrale für politische Bildung BW - Gedenkstätten]
Die alte Synagoge mit Mikwe Jodanbad in Eppingen, seit 1985 Gedenkstätte. [Quelle: Landeszentrale für politische Bildung BW - Gedenkstätten]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

1219 kam Eppingen, das damals noch Reichsdorf war, in den Pfandbesitz der Markgrafen von Baden. Nach mehrmaliger Weiterverpfändung des 1303 zur Stadt erhobenen Dorfes an die Kurfürsten von der Pfalz im 14. und 15. Jahrhundert musste Markgraf Karl 1462 auf sein Wiedereinlösungsrecht verzichten, wodurch Eppingen endgültig an die Kurpfalz fiel. 1803 kam es zu Baden.

Der Judenverfolgung im Jahre 1349 fiel auch in Eppingen eine jüdische Gemeinde zum Opfer. Eine neue Aufnahme von Juden erfolgte alsbald wieder unter Kurfürst Ruprecht I. (1353- 90). Sein Neffe und Nachfolger, Ruprecht II. (1390-98), vertrieb 1391 die Juden aus der Pfalz. Um 1420 nahm Kurfürst Ludwig III. (1410-1436) den Juden Löb aus Villingen und 1426 zwei Juden aus Speyer auf sechs Jahre in den Schutz nach Eppingen auf. Während des 16. Jahrhunderts lebten vermutlich jeweils eine oder zwei Judenfamilien in Eppingen. Mehr Judenfamilien ließen die Kurfürsten von der Pfalz an einem Ort nicht zu.

Von einem Gemeindeleben konnte kaum die Rede sein. Schiedsrichter in religiösen und rechtlichen Fragen war der Rabbiner in Worms. Auf dem Wormser Friedhof wurden die Toten begraben.

1722 waren 9 Judenfamilien in der Stadt ansässig. Herz von Eppingen war Vorsteher der Judenschaft des Amts . 1743 wohnten 11, 1771 13 Judenfamilien in Eppingen. Ihren Gottesdienst hielten die Juden in der „Alten Universität" in der Fleischgasse, wo die Heidelberger Universität während einer Pestepidemie 1564/65 untergebracht war. Im Volksmund wird das Haus heute noch „alte Judenschule" genannt. Oft wurden die Juden bei ihren Gottesdiensten gestört. So wurde 1749 "von des Posthalters Raußmüllers Hof ein Prügel durch die Fenster der Judenschule geworfen". Der Gottesdienst wurde deshalb in Mayer Löws Haus verlegt. 1772 baute die Judenschaft mit Genehmigung des Stadtrats eine eigene „Schule" mit einer Wohnung für ihren Schulklöpfer und Schulmeister, und zwar auf einem unbebauten Platz hinter Löw Lazers und Lemle Isacs Haus, in dessen Umgebung kein Christ wohnte. Es dürfte sich nach einer erhaltenen Steintafel mit Davidsstern und hebräischer Schrift um das Haus Nr. 35 in der Keltergasse gehandelt haben.

Die neue Synagoge in Eppingen, vor 1938. Obwohl die jüdische Gemeinde das Gebäude im Oktober 1938 verkaufte, wurde es während der Pogrome im November durch Inbrandsetzung zerstört. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 410]
Die neue Synagoge in Eppingen, vor 1938. Obwohl die jüdische Gemeinde das Gebäude im Oktober 1938 verkaufte, wurde es während der Pogrome im November durch Inbrandsetzung zerstört. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 410]

Für die rasch wachsende Gemeinde wurde diese Synagoge bald zu klein. 1821-73 besaß die jüdische Gemeinde den halben Hausanteil der „Universität". 1872-73 wurde im damals entstehenden Schul- und Behördenviertel im „Roth" eine große Synagoge an der Kaiserstraße gebaut und am 31. Oktober 1873 eingeweiht.

Bei der Bezirkseinteilung von 1827 kam die jüdische Gemeinde zu Sinsheim, wurde aber wenig später dem Rabbinatsbezirk Bretten zugewiesen. Um 1835 wurde eine israelitische Volksschule errichtet. Der große Verbandsfriedhof mit über tausend Grabsteinen auf einer Anhöhe außerhalb der Stadt stammt aus dem 18. Jahrhundert. Für die Unterstützung ortsarmer Juden sorgten ein Frauen- und ein Männerverein.

Die Zahl der Juden in Eppingen betrug 1825 187, 1842 222 und ging dann ständig zurück: 1875 147, 1900 124 und 1925 71.

Der Vieh- und Pferdehandel wurde in Eppingen ausschließlich von Juden betrieben. Zwei Juden handelten mit Tabak. Eine Eisen- und Kohlenhandlung sowie eine Möbelhandlung befanden sich 1933 ebenfalls in jüdischem Besitz.

Über die Verfolgung der Juden während der nationalsozialistischen Herrschaft sind wenig Einzelheiten bekannt. Von den 60 Juden, die 1933 in Eppingen wohnten, wanderten 28 schon verhältnismäßig früh aus, weitere 25 zogen vornehmlich nach Karlsruhe um. Die Synagoge wurde in der Kristallnacht im November 1938 niedergebrannt. Die jüdischen Männer kamen in das Konzentrationslager Dachau. Am 22. Oktober 1940 wurden aus Eppingen vier Juden nach Gurs deportiert. Von ihnen starb einer im Lager Rivesaltes, einer im Lager Recebedou, einer überlebte den Krieg in einem französischen Altersheim und der vierte fand den Tod im Vernichtungslager Auschwitz. Von denen, die bereits weggezogen oder nach Frankreich ausgewandert waren, sind weitere sechs Personen im Osten umgebracht worden. In Eppingen überlebten das Dritte Reich nur zwei in sogenannter Mischehe lebende Frauen, aber auch sie hatten viele Schikanen zu erdulden.

Der jüdische Friedhof wurde besonders stark geschändet und war bis 1945 fast völlig zerstört. Nach dem Kriege wurde er wiederhergestellt. Auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge steht heute die Bezirkssparkasse.

Im benachbarten Mühlbach waren unter Kurfürst Karl Theodor (1742-99) die ersten Juden ansässig. Die 1825 19 Seelen zählende Gemeinde wurde 1827 zunächst dem Rabbinatsbezirk Sinsheim, später Bretten zugeteilt. Bereits 1855 wurde sie aufgelöst, ihre verbliebenen Mitglieder (1875 26, 1900 14, 1925 14, 1933 1) der Gemeinde Eppingen als Filiale zugewiesen. Die letzte jüdische Einwohnerin Mühlbachs starb 1935.

In dieser Studie nachgewiesene Literatur

  • Kiehnle, Edmund, Das Eppinger Universitätsgebäude, in: Ruperto-Carola 28 (1960). 
  • Wirth, Hermann, Kirchengeschichte der Stadt Eppingen, 1879.

 

Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Eppingen, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

Eppingen

  • Angerbauer, Wolfram/Frank, Hans Georg, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn, Heilbronn 1986, S. 59-67.
  • Frank, Werner L., Legacy: the Saga of a German-Jewish Family Across Time and Circumstance, Bergenfield, N.J. 2003.
  • Germania Judaica, Bd. 3, 1. Teilband, hg. von Arye Maimon/Mordechai Breuer/Yacov Guggenheim, Tübingen 1987, S. 306f.
  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
  • Jüdische Kindheit in Eppingen in der Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Eppingen. Rund um den Ottilienberg 3 (1985), hg. von Reinhart Hauke, S. 242-267.
  • Jüdisches Leben im Kraichgau. Zur Geschichte der Eppinger Juden und ihrer Familien. Verfasst von den Schülern der AG-Landeskunde am Eppinger Gymnasium unter der Leitung von Bernd Röcker und der Mithilfe von Michael Heitz, hg. von den Heimatfreunden Eppingen e.V., Eppingen 2006.
  • Kiehnle, Edmund, Die Judenschaft in Eppingen und ihre Kultbauten, in: Eppingen. Rund um den Ottilienberg 3 (1985), S. 146-170.
  • Kiehnle, Edmund, Eppingens „Alte Universität“, in: Eppingen. Rund um den Ottilienberg 1 (1979), S. 114-122.
  • Rückert, Peter, Die neue Synagoge Eppingen, in: Badische Synagogen aus der Zeit von Großherzog Friedrich I, in zeitgenössischen Photographien, hg. von Franz-Josef Ziwes, Karlsruhe 1997, S. 60-61.
  • Twiehaus, Christiane, Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien, (Schriften der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg), Heidelberg 2012, S. 33-35.
  • Württemberg - Hohenzollern – Baden (Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust), hg. von Joseph Walk, Yad Vashem/Jerusalem 1986, S. 248-250.

Mühlbach

  • Angerbauer, Wolfram/Frank, Hans Georg, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn, Heilbronn 1986, S. 164-165.
  • Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
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