Bewaffnung
von Alexander Staib
Eine Waffe ist „ein Werkzeug oder Gerät, welches von vornherein zum Angriff und zur Verteidigung bei einem Kampf erdacht und hergestellt wurde“.[1] Eine notwendige Unterteilung ist die in Schutzwaffen (passive Waffen) – sie beschirmen den Träger gegen Angriffe – und in Trutz- oder Angriffswaffen (aktive Waffen), welche entsprechend zu offensivem Vorgehen konzipiert waren. Letztere sind wiederum weiter zu unterteilen in Nah- und Fernwaffen oder Kalt- und Feuerwaffen.
Grundsätzlich mussten die Kombattanten zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges ihre Ausrüstung selbst erwerben; entsprechend hing die Bewaffnung des Einzelnen stark von seinen finanziellen Möglichkeiten ab. Idealerweise traten sie ihren Dienst bereits voll ausgerüstet an. Ihr Startkapital bestimmte dabei auch ihre grundsätzliche Position im Heer: Für den Eintritt in die Kavallerie war es notwendig, ein eigenes Pferd zu stellen. War es dem Söldner nicht möglich, etwas Essenzielles wie eine Waffe aus eigenen Mitteln zu erwerben, so wurde er vom Kriegsherren oder Militärunternehmer damit ausgerüstet. Anschließend wurde die Anschaffung mit dem (zukünftigen) Einkommen verrechnet. Bereits eine Muskete entsprach einem Monatssold; die spärliche Ausrüstung von Spieß und Sturmhaube kostete noch mehr. Weitere Kosten entstanden durch Reparatur und Wartung der Bewaffnung, die im Abstand von rund zwei Jahren grundlegend erneut werden musste.
Da die Söldner auch ihre Kleidung in Eigenregie erwerben mussten, gab es keine einheitlichen Uniformen, sondern allerhöchstens Ansätze zu einer solchen. Dabei zeigte sich ein Hang zu farbenprächtiger und weitgeschnittener Kleidung. Hut, Mantel und Schuhe mussten ebenso vom Einzelnen erstanden werden, daher war es keine Seltenheit, den Marsch barfuß zu absolvieren. Zur Unterscheidung von Freund und Feind dienten oftmals abgebrochene grüne Zweige, die an die Kleidung geheftet wurden. Die Vereinheitlichung von Bewaffnung und Ausbildung erfolgte erst ab der Mitte des 17. Jahrhunderts durch die Schaffung stehender Armeen.
Der anhaltende Siegeszug der Feuerwaffen in Europa spiegelte sich auch in der Ausrüstung der einzelnen Gruppen des Heeres wider. Die Infanterie, die die Masse der Soldaten umfasste, ließ sich in zwei Untergruppen teilen: in Pikeniere und Musketiere. Bewaffnet mit einer 4,5 bis 5,4 Meter langen Pike, boten die Pikeniere Schutz vor Kavallerieangriffen. Als passive Waffen führten sie dabei eine Halsberge, einen Blechschurz und eine eiserne Sturmhaube. Für den Nahkampf waren sie mit einem Degen ausgerüstet.
Die Musketiere ergänzten und schützten die Pikeniere durch ihre Gewehre; für den Nahkampf verfügten sie über Säbel. Ihre passive Bewaffnung bestand dabei zumeist lediglich aus einer Sturmhaube, zum Teil sogar nur aus einem Leder- oder Filzhut. Im Laufe der Auseinandersetzungen veränderte sich das Verhältnis von Musketieren und Pikenieren zugunsten der Schützen, von denen deutlich mehr ins Feld geführt wurden. Die Muskete war dabei – bei hoher Nachladezeit und geringer Treffgenauigkeit – im Vergleich zu später entwickelten Feuerwaffen wenig effektiv. Die Gewehre trafen nur bis rund 200 Meter Entfernung. Gefechte wurden häufig im Nahkampf entschieden.
Die Kavallerie lässt sich in schwere und leichte Reiterei unterteilen. Ihren Gefechtswert in der Schlacht gewann sie durch die Schnelligkeit und Wucht ihrer Angriffe. Die schweren Kürassiere trugen dabei einen circa 24 Kilogramm wiegenden (Kürassier-)Harnisch, unter diesem wiederum ein Lederkoller. Der Helm wurde zunehmend durch ein Hutkreuz oder eine kleine Hirnhaube ersetzt. Ihre aktive Bewaffnung bestand aus einer einhändig bedienbaren Radschlosspistole und einem Pallasch, einer Abwandlung des Säbels mit gerader Klinge. Die Arkebusiere, als leichte Reiterei, trugen einen Halbkürass und ebenso Radschlosspistole wie Reitschwert. Eine Sonderkategorie bildeten die Dragoner: Sie nutzten das Pferd nur zur schnelleren Bewegung auf dem Schlachtfeld und kämpften zu Fuß. Die mit langen Lanzen ausgerüstete Kavallerie, die sogenannten Lanziere, erwies sich als mittelalterlicher Anachronismus.
Die Artillerie, welche mit großen Geschützen mit Fernwirkung arbeitete, lässt sich in Belagerungs- und Feldartillerie differenzieren. Letztere zeichnete sich durch ihre Mobilität aus, insbesondere die schwedische Armee war hier innovativ. Die oftmals drei- und sechspfündigen Geschütze dienten der Unterstützung. Aus weiterer Entfernung wurden eiserne Vollkugeln geschossen, aus der Nähe Kartätschen – eine stark streuende Ladung zahlreicher kleiner Einzelkugeln.
Anmerkungen
[1] Ortenburg, Waffe, S. 15Literatur in Auswahl
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- Burschel, Peter, Söldner im Nordwestdeutschland des 16. und 17. Jahrhunderts. Sozialgeschichtliche Studien (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 113), Göttingen 1994.
- Häberlein, Mark/Zenke, Rainer, Art. Waffen, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 14, Darmstadt 2011, Sp. 476-491, URL: https://referenceworks.brillonline.com/entries/enzyklopaedie-der-neuzeit/waffen-COM_376114?s.num=2 (aufgerufen am 11.08.2022).
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- Ortenburg, Georg, Waffe und Waffengebrauch im Zeitalter der Landsknechte (Heerwesen der Neuzeit. Abteilung 1: Das Zeitalter der Landsknechte, Bd. 1), Koblenz 1984.
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Zitierhinweis: Alexander Staib, Bewaffnung, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 11.08.2022