Eine gute Partie? Die Brautkrone als Statussymbol
Von Carmen Anton
Der Schäppel, auch „Schappel“ oder „Schapel“, bezeichnet eine üppige, kronenartige Kopfbedeckung, die von ledigen Mädchen und Frauen ab der Kommunion bzw. Konfirmation zu bestimmten hohen Feiertagen sowie in seiner ursprünglichen Verwendung als Brautkrone getragen wird. Sowohl evangelische als auch katholische Trachtenmoden adaptierten diesen Kopfputz in ihr Brauchtum. Sein konzeptioneller Ursprung lässt sich bis in das frühe Mittelalter zurückverfolgen, wenn von verzierten Kopfbinden die Rede ist, welche für eine Braut erstanden wurden.
Später, ab dem 13. Jahrhundert, wurde der Reif zum Kopfschmuck für junge, adlige Männer wie auch Damen. Zunächst aus Blumengeflechten gefertigt, ähnlich einem antiken Lorbeerkranz, differenzierte sich der mittelalterliche Schapel zu einem aus Edelmetall gefertigten und kunstvoll verzierten Reif aus.
Die mit der Entwicklung der Trachten implementierte Gestalt eines opulent dekorierten, den Kopf nicht länger umfassenden, sondern darauf befestigten Rings, erinnert auf den ersten Blick bloß noch entfernt an seine Urform. Bei genauerer Betrachtung lässt sich in dem Schäppel jedoch eine durch die Jahrhunderte hindurch erfolgte Multiplikation der Form des einstigen Reifs erkennen, welche sich auf über lange Zeitintervalle hinweg erfolgte Dekoration und Modifikation des Kopfschmucks, nicht zuletzt auch im Wetteifer mit anderen Trägern, zurückführen lässt.
Gefertigt wird der Schäppel basierend auf einem Unterbau aus Holz- und Pappreifen. Die enorme Dimension des Stückes macht den Gebrauch besonders leichter Materialien im Sinne der Tragbarkeit unumgänglich. Geschmückt wird dieses Gerüst üppig und funkelnd mit Glasperlen, seltener echten Granatsteinen, Leichtmetallplättchen, glänzendem Draht, kleinen Spiegeln und Flitterkreisen. Vom Schäppel herab hängen bunte, oft reich mit Stickereien und Perlen verzierte Bänder, welche bis zum Rocksaum hinabfallen können. Hergestellt wurde ein Schäppel zumeist professionell, obwohl es sich hierbei um keinen offiziellen Lehrberuf handelte. Dennoch erforderte die Fertigung großes Geschick, Erfahrung und natürlich auch einen gewissen Geschmack, weswegen sich einzelne hauptberufliche Handwerker in diesem Bereich verdingten. Symbolisch soll die geschlossene Ringform dieses Kopfputzes die Unberührtheit seiner jungen Trägerin ausdrücken und steht ferner im Kontext mit der Verehrung der heiligen Maria als jungfräuliche „Himmelskönigin“. Entsprechend war es schwangeren Bräuten und Witwen bei der zweiten Heirat nicht gestattet, diese Brautkrone zu tragen.
Literatur
- Fuchs, Felizitas (Hrsg.), Die Wälder und ihr Kleid. Bäuerliche Kleidung zwischen Politik und Privatsache. Das Beispiel der Lehengerichter Tracht. Begleitheft zur Ausstellung ab Juli 1995, in: Schriften der Städtischen Museen Schiltach, Schiltach 1995.
- Schöck, Gustav, Tracht und Kleidung, in: Blümcke, Martin (Hrsg.), Alltagskultur in Baden-Württemberg, in: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.): Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs, Band 30, Stuttgart 2003, S. 192 – 210.
Zitierhinweis: Carmen Anton, Eine gute Partie? Die Brautkrone als Statussymbol, in: Alltagskultur im Südwesten. URL: [...], Stand: 03.11.2020
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