Einzelinformationen, Dokumente und Container
Von Christian Keitel
Keine Archivaliengattung ist autonom und im quasi luftleeren Raum entstanden. Stattdessen haben sich die heute in den Archiven auffindbaren Gattungen vielfältig wechselseitig beeinflusst. In den Behörden folgten auf die Amtsbücher die Karteien, die dann von den Datenbanken abgelöst wurden. Aber auch nach der Übernahme ins Archiv konnten Ordnungsarbeiten zur Formierung von eigenständigen Einheiten und Gattungen führen (z.B. Autografensammlungen). Dieses auf den ersten Blick unübersichtliche Bild erschwert die Untersuchung der einzelnen Gattungen und auch deren Vergleich. Die Gattungen werden daher nicht einfach in einer alphabetischen Liste, sondern zunächst strukturiert vorgestellt. Den einzelnen Gruppen liegt eine Unterscheidung von drei verschiedenen Ebenen zugrunde: Containergattungen, Dokumente und Einzelinformationen.[1]
Die Einzelinformation können wir als atomare Informationseinheit verstehen, die nicht ohne Bedeutungsverlust aufgespalten werden kann. Einzelinformationen können sehr kurz („3 m“) oder auch etwas länger sein und dem entsprechen, was Johannes Papritz einen Eintrag genannt hat.[2] Ihr Umfang hängt letztlich vom Kontext ab, in dem die Einzelinformation verwendet wird. In einer Datenbank wird die Einzelinformation daher zumeist kürzer als in einem Amtsbuch sein. Auf jeden Fall werden diese Einzelinformationen nicht eigenständig im Archiv überliefert. Stets sind sie Teil eines Dokuments oder Containers.
Dokumente sind eigenständige Zusammenstellungen von Einzelinformationen, sie bilden eine inhaltliche Einheit und sind klar von anderen Dokumenten, Einzelinformationen und auch Containern abgegrenzt.
In Containern werden Einzelinformationen oder Dokumente archiviert, zur Nutzung ausgegeben werden aber nur inhaltlich fixierte oder flüchtige Dokumente. In der analogen Welt enthalten Container stets ein oder mehrere inhaltlich fixierte Dokumente. Im digitalen Universum kann es aber auch sein, dass ihre Einzelinformationen erst auf Anfrage zu flüchtigen Dokumenten zusammengestellt werden. Diese bilden zwar eine inhaltliche Einheit, bei der nächsten Nutzung können die Einzelinformationen aber auch anders zusammengestellt werden, wobei dann die Container-spezifischen Gestaltungsregeln zu beachten sind.
Sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt werden primär Dokumente benutzt. Diese können vom Archiv sowohl unmittelbar als eigenständige Archivalieneinheit oder auch als Teil eines Containers, der dann selbst Archivalieneinheit ist, vorgelegt werden.
Einige Beispiele: Unter Dokumenten verstehen wir ebenso schriftliche wie auch bildliche oder audiovisuelle Zeugnisse. Sie bestehen letztlich aus einer Reihe von Einzelinformationen. Bei den schriftlich verfassten Dokumenten stehen die Texte im Mittelpunkt. Unter diesem Terminus fassen wir so unterschiedliche Formen wie Briefe, Leichenpredigten und Kanzleiordnungen. Aufgrund der pragmatischen Ausrichtung des Projekts wird die traditionell nach der Rechtserheblichkeit definierte und grundwissenschaftlich konstituierte Gruppe der Urkunden weiterhin eigenständig geführt. Andere Dokumente in dem hier verwendeten Sinn sind Bilder (Fotografien) und audiovisuelle Unterlagen.
Klassische Containergattungen sind Amtsbücher und Akten. Aber auch Register und strukturierte Informationssammlungen, zu denen ebenso die Karteien wie auch die Datenbanken zählen, können zur Gruppe der Containergattungen gezählt werden – mit dem Unterschied, dass hier weniger ganze Dokumente als einzelne Informationseinheiten verwahrt werden. Aus der „Datenbank Biotopkartierung“ (GLAK 518-1 Nr. 1) können dann entweder nur die Biotope eines Landkreises oder die Biotope eines Regierungspräsidiums oder alle 200.000 Biotope aus ganz Baden-Württemberg ausgegeben werden. Zuletzt ist noch von den Gruppen zu sprechen, die sich durch besondere Eigenschaften auszeichnen. Raumbezogene Abbildungen tragen ihr Alleinstellungsmerkmal ebenso im Namen wie Drucksachen oder Web-Unterlagen. E-Mails und Dateisammlungen schließlich werden zusammen mit den Autografensammlungen unter dem Begriff „Sammlungen und schwach strukturierte Unterlagen“ geführt, da sie sich vor allem durch die äußere Klammer (Autografen, Mail-Account, Dateiverzeichnis) auszeichnen, intern aber kaum oder gar nicht strukturiert sind.
Anmerkungen
[1] Ausführliche Argumentation in Christian Keitel, Vorschläge zur gemeinsamen Klassifikation konventioneller und digitaler Archivalien, in: Moderne Aktenkunde, hg. von Holger Berwinkel/Robert Kretzschmar/Karsten Uhde (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Hochschule für Archivwissenschaft 64), Marburg 2016, S. 131–144.
[2] Papritz, Archivwissenschaft, S. 212–219. Unter einem Eintrag verstand Papritz beispielsweise die Abschrift eines ausgehenden Schreibens in einem Amtsbuch.
Zitierhinweis: Christian Keitel, Einzelinformationen, Dokumente und Container, in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: […], Stand: 13.2.2018.