Das traditionelle "Mutscheln" in Reutlingen 1970 [Quelle: Landesfilmsammlung Baden-Württemberg]

Das Backen von sogenannten Mutscheln ist ein Reutlinger Brauch mit jahrhundertelanger Tradition. Bei einer Mutschel handelt es sich um ein sternenförmiges, mürbes Hefegebäck mit acht Zacken und einer würfelförmigen oder runden Erhebung in der Mitte. Um diese Erhebung ist ein geflochtener Kranz gelegt. Traditionell wird dieses Gebäck am ersten Donnerstag nach dem Dreikönigsfest, am „Mutscheltag“ verzehrt. Um das Abbeißen von der Mutschel wird in Kneipen, Gaststätten oder in der heimischen Wohnstube gewürfelt. Woher die Tradition dieses geselligen "Mutschelns" eigentlich kommt, ist unklar. Fest steht nur, dass bereits in einem Schriftstück aus dem 13. Jahrhundert von einem brotähnlichen Gebäck namens „Mutsche“ die Rede ist. Im Mittelalter liegt auch der Namensursprung der Mutschel: Im Mittelhochdeutschen wurde mit „Mutsche“ oder „Mütsche“ eine „gewisse Art kleinen Brotes“ bezeichnet. Mehr zum Thema südwestdeutsche Spezialitäten und Bräuche können Sie auch in unserem Themenmodul "Alltagskultur im Südwesten" nachlesen. (JH)

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Das Brevier der Maria von Savoyen (um 1430) im virtuellen Ausstellungsraum, Reproduktion der Bibl. municipale Chambéry Ms 4, Blatt 9r.
Das Brevier der Maria von Savoyen (um 1430) im virtuellen Ausstellungsraum, Reproduktion der Bibl. municipale Chambéry Ms 4, Blatt 9r.

Anlässlich der Ausstellung „Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen“ im Hauptstaatsarchiv Stuttgart möchten wir auf verschiedene Angebote hinweisen, die trotz der aktuellen Schließung eine kurzweilige Beschäftigung mit dem Thema ermöglichen:

Die Präsentationen gehen auf Leben, Familie und Umfeld der hochgebildeten Margarethe (1420-1479) ein. Margarethe (1420-1479) kam 1445 anlässlich der Hochzeit mit Kurfürst Ludwig IV. in die Pfalz. Zu dem Zeitpunkt war sie bereits Witwe. Ihre erste Ehe mit Ludwig III. von Anjou, Titularkönig von Neapel, Sizilien und Jerusalem, hatte die dynastische Verbindung zwischen Savoyen und Sizilien festigen sollen. Doch dieser war schon nach wenigen Monaten verstorben. Als auch Ludwig 1449 starb, heiratete Margarethe 1453 Graf Ulrich V. von Württemberg.

Margarethe verfügte über ein weitreichendes Netz sozialer, politischer und kultureller Kontakte. Während ihrer Zeit in Savoyen entstand die Liebe zu Literatur, Kunst und Musik. Ihre Mutter Maria, Tochter Herzog Philipps des Kühnen, hatte sie mit der burgundischen Hofkultur bekanntgemacht, die sie auch in Württemberg und der Pfalz pflegte und förderte. So rühmten Zeitgenossen nicht nur ihr literarisches Interesse sondern auch ihre Büchersammlungen, die aus teils illustrierten Handschriften bestanden. In ihrem Besitz befand sich beispielsweise die Weltchronik des Rudolf von Ems. Schon Urgroßvater Jean de Berry (1340-1416) war Handschriftensammler und Auftraggeber des Stundenbuchs Très Riches Heures gewesen. Margarethe starb 1479 und wurde in der Stuttgarter Stiftskirche beigesetzt.

Digitalen Angebote zur Ausstellung:

Der virtuelle Ausstellungsraum zum Begehen der Stationen am Bildschirm.

Eine Zusammenfassung der Inhalte mit Extras wie den „Stimmen der Zeit“ zum Anhören.

Das „Crossbow-Quiz“ und die „Zwischen Zwei Zeiten“-App als spielerischen Zugang zu Margarethe und ihrer Zeit

Margarethe von Savoyen im Lexikon des Hauses Württemberg auf LEO-BW

Die Weltchronik des Rudolf von Ems

Die Ausstellung ist Beginn einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe zum Thema „Starke Frauen im Südwesten“ von Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, dem Landesmuseum Württemberg und dem Landesarchiv Baden-Württemberg.

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 Anbetung der Könige
Anhänger: Anbetung der Könige [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Die Kirchen des Ostens feiern am 6. Januar Weihnachten. Der bei uns als „Dreikönigstag“ bekannte Feiertag heißt griechisch Epiphanias, was „Offenbarung“ oder „Erscheinung“ bedeutet. Schon früh wurden mit diesem Datum aber auch andere biblische Ereignisse verbunden, so etwa die Taufe Jesu oder die Anbetung der drei Weisen an der Krippe. Vor allem in der christlichen Kunst stellt die Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige seit der Spätantike ein bekanntes und beliebtes Motiv dar. Meist werden Maria, Josef und das Jesuskind abgebildet, dem von den drei Weisen aus dem Morgenland mit den drei Geschenken Gold, Weihrauch und Myrrhe gehuldigt wird. Neben bekannten Darstellungen wie beispielsweise von Albrecht Dürer lässt sich die Anbetungsszene seit dem Spätmittelalter auch häufig auf kleineren Reliquiengefäßen, Anhängern oder Andachtsmedaillons wiederfinden. So auch auf diesem Anhänger aus der Sammlung des Württembergischen Landesmuseums. Es zeigt rechts die thronende Maria mit Kind und links die Könige, die dem Kind die Ehre erweisen. Die Könige halten Geschenke in Händen und reichen diese der Gottesmutter und dem Jesuskind. Die erhaltenen Schmuckstücke geben Aufschluss über die alle Lebensbereiche durchdringende Frömmigkeit des späten Mittelalters.

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 Der Schiltacher Silvesterzug
Zeichnung ”Silvesterzug 1930 in Schiltach, Sammlung Eduard Trautwein [Herkunft/Rechte: Stadt Schiltach (CC BY-NC-ND)]

In Schiltach im Schwarzwald findet seit dem 19. Jahrhundert am Silvesterabend ein besonderer Brauch statt. Bei diesem traditionellen Jahresausklang ziehen die Schiltacher singend durch ihr Städtchen. Beleuchtet wird der Silvesterzug nur durch Laternen und Pechfackeln an den Straßenrändern. Dieser Silvesterzug ist in seiner Art einzigartig und ein wichtiges kulturelles Erbe der Stadt. Warum und wann genau dieser Brauch entstand, ist nicht eindeutig zu rekonstruieren. Bisher galt ein Bericht des Buchbinders Gustav Eyth von 1858 als älteste Erwähnung, ein im Stadtarchiv Schiltach aufgefundenes Dokument lässt jedoch vermuten, dass der Ursprung dieser besonderen Art des Jahresausklangs weiter zurückliegt. 1853 stellte Bürgermeister Karl Goll „Notizen über die Gemeinde“ zusammen und beschrieb „daß die Bewohner am Sylvester-Abend sich am oberen Thor versammeln und von dort aus in feierlicher Prozession die Stadt bis zum Pfarrhause mit Absingen geistlicher Lieder...durchziehen, dem höhern Weltenlenker für das abgewichene Jahr dankend und den Segen des Himmels für das bevorstehende erflehend.“ In einem späteren Bericht des Schiltachers Otto Beil aus dem Jahr 1925 heißt es zum Ablauf der Zuges: „Am Silvesterabend gegen 9 Uhr versammelt sich in Schiltach die Gemeinde am ‚obere Toar’. Während eine Kirchenglocke läutet, bildet sich ein Zug und bewegt sich zum Pfarrhause. In jedem Hause, an dem der Zug vorbeikommt, wird der brennende Weihnachtsbaum ans Fenster gerückt. Da und dort flackern kleine Lichtchen auf der Fensterbank. Dann gibt der Pfarrer einen Überblick über die Geschehnisse des scheidenden Jahres, dankt seinen Mitarbeitern und wünscht der Gemeinde Frieden und Glück für das neue Jahr. Ein Gemeindeglied bringt nun ein Hoch auf den Pfarrer und seine Familie aus. Dann geht der Zug zum Hause des Bürgermeisters, in neuerer Zeit zum Rathause. Es folgt eine Ansprache des Stadtoberhauptes über Ereignisse in Staat und Stadt.“ Zwischen diesen Etappen singen die Schiltacher Choräle wie „Nun danket alle Gott“. Die Ursprünge dieser Tradition dürften in der pietistischen Prägung der Schiltacher liegen. Vermutlich lehnten sie das Lärmen und Schießen in der Silvesternacht ab, war es damals doch schon ein verbreiteter Brauch zur Geistervertreibung. Bis heute ist der Brauch in Schiltach ein in der Gemeinde tief verwurzeltes, gelebtes historisch-kulturelles Ereignis, das (mit diesjähriger Ausnahme) weiterhin stattfindet und gepflegt wird. Sogar alte Laternen, die im Museum am Markt Schiltach ausgestellt werden, sind am Silvesterabend in Betrieb und werden dann von den Schiltachern im Januar wieder abgegeben.

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Adolf Jandorf mit seiner Familie in der Zeitschrift "Berliner Leben", Heft 04, 1908. Quelle Wikipedia gemeinfrei
Adolf Jandorf mit seiner Familie in der Zeitschrift "Berliner Leben", Heft 04, 1908. Quelle Wikipedia gemeinfrei

Das Kaufhaus des Westens in Berlin, kurz KaDeWe, ist eine international bekannte Adresse, die schon viele Veränderungen erlebt hat. Weniger bekannt ist, dass der Gründer Adolf Jandorf (1870-1932) in Hengstfeld in der Nähe von Crailsheim geboren wurde. Heute ist das ein Ortsteil von Wallhausen. Die Familie gehörte der jüdischen Gemeinde an, die nach 1708 in dem Ort entstanden war. Der Vater betrieb neben Viehhandel auch Landwirtschaft. Adolf Jandorf absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in Bad Mergentheim und reiste 1890 zu seinem älteren Bruder nach New York. Hier entdeckte er die großen Warenhäuser wie Macy’s oder Bloomingdale’s. Kurz darauf kehrte Jandorf nach Deutschland zurück und begann für einen Großhandel in Bremerhaven zu arbeiten. 1892 öffnete das erste Geschäft in Berlin an der Leipziger Straße, zunächst mit der Unterstützung seines Arbeitgebers. Jandorf verkaufte günstige Waren für einfache Leute. Sein Konzept war ein voller Erfolg. Als Kassenschlager der ersten Jahre erwiesen sich Ruhekissen mit der Aufschrift Nur ein Viertelstündchen. Bis 1906 entstanden fünf weitere Häuser in gut erreichbaren Lagen. Mit dem 1907 eröffneten Kaufhaus des Westens schlug der zum Großunternehmer avancierte Jandorf neue Wege ein. Das Angebot sollte die luxuriösen Ansprüche der gehobenen Gesellschaft bedienen. Nach außen präsentierte sich das Gebäude am Wittenbergplatz eher schlicht. Der moderne Bau aus fränkischem Muschelkalk entstand nach kurzer Bauzeit von nur einem Jahr. Jandorf hielt sich zunächst im Hintergrund. Verantwortlich zeichnete eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Die Konkurrenz war groß. Neben Jandorf bestimmten Karstadt, Wertheim und Hermann Tietz den Markt in Berlin. Da sich die Mehrzahl der Warenhausketten in jüdischer Hand befand, kam es immer wieder zu Repressalien. Im Dezember 1926 kündigte Jandorf den Verkauf seines gesamten Handelshauses an. Zum Jahreswechsel gingen alle Geschäfte in die Gesellschaft Hermann Tietz über, die damit zum Großkonzern anwuchs.

Jandorf pflegte stets den Kontakt zu seiner Heimat Hengstfeld, das er immer wieder mit finanziellen Zuwendungen bedachte. Bis zu seinem Tod behielt er die württembergische Staatsangehörigkeit. Adolf Jandorf starb 1932 an Blinddarmentzündung.

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