Drei Grazien, Vertreibung aus dem Paradies, Geldzähler und Menschenfresserin von Leonhard Kern, Sammmlung des Landesmuseums Württemberg. Links und Erläuterungen zu den Einzelobjekten s.u.
Drei Grazien, Vertreibung aus dem Paradies, Geldzähler und Menschenfresserin von Leonhard Kern, Sammmlung des Landesmuseums Württemberg. Links und Erläuterungen zu den Einzelobjekten s.u.

Der Bildhauer Leonhard Kern gehörte zu den bedeutensten Bildhauern seiner Zeit. Er wurde am 2. Dezember 1588 als Sohn einer im hohenlohischen Forchtenberg ansässigen Künstlerfamilie geboren. Zunächst lernte Leonhard bei seinem älteren Bruder Michael, der sich für einige Jahre in Würzburg niedergelassen hatte. Nach einem längeren Studienaufenthalt in Italien und einem Abstecher nach Nordafrika heiratete er 1614 in Forchtenberg Amalie Zöller. Als nächste Stationen folgten Heidelberg und Nürnberg, bevor Schwäbisch Hall 1620 zum neuen Lebensmittelpunkt wurde.

Es waren die Jahre des Dreißigjährigen Krieges. Dies und die guten Verdienstmöglichkeiten mögen dazu beigetragen haben, dass nach ersten Großaufträgen in den folgenden Jahren hauptsächlich Kleinskulpturen entstanden. Die Einzelfiguren und Gruppen, vorwiegend Aktdarstellungen, folgen biblischen oder mythologischem Vorbildern. Wiedergegeben sind aber auch Genreszenen wie der Geldzähler oder Horroszenarien wie die Menschenfresserin. Diese beiden Stücke befinden sich heute im Landesmuseum Württemberg. Sicherlich hatte sich der Krieg auf die eine oder andere Motivwahl ausgewirkt. Da die Skulpturen meist für Sammlungen wohlhabender Bürger oder Adliger bestimmt waren, dürften die Wünschen der Kunden berücksichtigt worden sein. Für die virtuos ausgeführten Schnitzereien wurden Buchenholz oder Elfenbein verwendet, gerne auch Alabaster, mit dem es eine besondere Bewandtnis hatte. Der weiß schimmernde, fast durchscheinende Stein besteht aus besonderen Gipssedimenten. Er lässt sich leicht verarbeiten und ist wasserlöslich, was ihn für den Außenraum untauglich macht. Eines dieser Gipslager befindet sich unter der Stadt Forchtenberg und wurde bis vor einigen Jahren unterirdisch abgebaut. Die Familie Kern verfügte über einen eigenen, direkt über das Haus zugänglichen Stollen.

Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde Leonhard Kern zum Hofbildhauer des brandenburgischen Kurfürsten ernannt. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er auf dem Landschlösschen in Tullau bei Schwäbisch Hall. Schon zu Lebzeiten hatte er sich einen bedeutenden Ruf erworben, der den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauchte und der sich darin äußerte, dass er in Sandrarts 1675 erschienene Teusche Academie Eingang fand, eine Beschreibung der zeitgenössischen künstlerischen Welt. Bis heute entfalten die glanzvoll polierten Figuren und Gruppen im Zusammenspiel von Komposition, Haltung und Gestik eine ausdrucksstarke Wirkung.

Erläuterungen zu den einzelnen Objekten

Drei Grazien
Vertreibung aus dem Paradies
Geldzähler
Menschenfresserin

Weitere Details über die Künstlerfamilie Kern

 

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Vexierschlitten 1720
Spaß-Schlitten, "Vexierschlitten" des Herzogs Eberhard Ludwig von Württemberg [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Prachtvolle Schlittenaufzüge waren bei den württembergischen Herzögen äußerst beliebt. Sie dienten einerseits dem Vergnügen der Hofgesellschaft und andererseits der Repräsentation und Machtdemonstration. Die Ausfahrten hatten nicht selten den Charakter eines Bühnenspektakels, die reich geschmückten Gespanne wurde musikalisch mit Pauken und Trompeten begleitet und die Hofgesellschaft trug Festkleidung.  Zur Schlittensammlung, die sich im Besitz des Landesmuseums Württemberg befindet, gehört auch dieser Schlitten, der vor allem in der Karnevalszeit eingesetzt wurde, wenn gleich im Anschluss an die Schlittenfahrt ein Maskenball im Stuttgarter Schloss oder im Lusthaus stattfand. Auf dem sogenannten „Vexierschlitten“ (französisch: vexer = ärgern, hänseln) des Herzogs Eberhard Ludwig von Württemberg aus dem Jahr 1720 fanden zwei Personen Platz, wobei der hintere Sitz meist mit dem Hofnarr besetzt wurde. Betätigte der Fahrer einen vorn an seinem Sitz versteckten Mechanismus, zerfiel der Schlitten in zwei Teile: Nur noch der vordere Teil wurde vom Pferd weitergezogen, der hintere blieb stehen und der Passagier steckte fest; das schadenfrohe Gelächter der davonfahrenden Hofgesellschaft war ihm sicher. (JH)

Literatur: Württembergisches Landesmuseum, Fischer, Fritz (Bearb.) , 2002: Dem Volk zur Schau. Prunkschlitten des Barock. Die Schlittensammlung des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart, München, Kat. Nr. 8.

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Der Dorfbüttel kündigt den Christbaumverkauf an, Abendschau, 22.12.1964, Quelle SWR Retro.
Der Dorfbüttel kündigt den Christbaumverkauf an, Abendschau, 22.12.1964, Quelle SWR Retro.

Heute ist der erste Advent. Im Advent 1964 zeigte der SWR einen Film über die Vorweihnachtszeit in dem kleinen Ort Vilchband, Ortsteil der Gemeinde Wittighausen im Main-Tauber-Kreis, nicht weit von der Grenze nach Bayern. Damals hatte der Ort 360 Einwohner. Die Zahl war über einen längeren Zeitraum konstant geblieben. Heute sind es nur noch rund 280.

Den Christbaumverkauf verkündet der Dorfbüttel. Die Kinder basteln abends mit den Müttern, die Männer proben beim Blasorchester Weihnachtsstücke. Das Leben sei traurig hier, sagt der Dirigent. Es ist kein armes Dorf. Den Alltag prägen die Landwirtschaft auf den große Höfen und die Arbeit im Wald. Noch gibt es einen Krämerladen, Handwerker üben ihre Tätigkeit mit einfachen Mitteln aus. 1964 ist das Jahr mit der höchsten Geburtenrate vor dem Pillenknick. Die Familien sind groß und so besuchen 60 Kinder die Dorfschule. Der Weg in die höheren Schulen ist zu umständlich.

Doch auch hier ist die Zeit nicht stehengeblieben. Bald wird es keine Zugtiere mehr geben. Der Sohn des Schmieds wird Automechaniker lernen. 36 Pendler arbeiten im Umland, davon fahren einige mit dem Rad zur nächsten Bahnstation und von da nach Würzburg. Die Kirche bietet erstmals einen Adventskaffee für die Älteren an.

Ein Dorf im Advent, Abendschau vom 22.12.1964 in SWR Retro.

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 Das Schopflocher Moor
Das Schopflocher Moor (Foto: privat)
Das Schopflocher Moor ist das einzige Hochmoor auf der Schwäbischen Alb. Intakte Hochmoore bestehen zu 90 % aus Wasser, das sauerstoffarm und sehr sauer ist. Sie sind ausschließlich auf Niederschlagswasser mit den darin enthaltenen Nährstoffen angewiesen und werden deshalb auch als Regenmoore bezeichnet. Häufig gibt es in Hochmooren Seen, wie beispielsweise im Hochmoor bei Kaltenbronn, im Schopflocher Moor fließt hingegen fast alles Wasser unterirdisch. Entstanden ist das Schopflocher Moor auf dem vulkanischen Untergrund eines etwa 17 Millionen alten Vulkanschlots. Die Schlotfüllung, der sogenannte Vulkantuff, verwitterte schneller als das umgebende harte Kalkgestein und es bildete sich eine flache Mulde mit einer wasserstauenden Lehmschicht. Nach dem Ende der Eiszeit, vor etwa 10 000 Jahren, entstand ein See. Hohe Niederschläge begünstigten das Wachstum von Torfmoosen, bis der See im Laufe der Zeit verlandete und zum Moor wurde. Von kleineren Eingriffen zu Beginn des 17. Jahrhunderts abgesehen, war das Moor 1784 noch nahezu unberührt. Dann begann der Mensch, es zu entwässern und Torf zu stechen. Man benutzte den Torf als Brennmaterial und zur Bodenverbesserung. Das abgetorfte Moor diente als Streuwiese zur Gewinnung von Einstreu für den Stall. Obwohl vom einstigen Moor nur noch zwei Torfhügel übrig geblieben sind, ist der biologische und wissenschaftliche Wert sehr hoch. Für Molche, Eidechsen, Braunkehlchen, Sumpfrohrsänger und zahlreiche andere Tierarten bietet das Hochmoor den perfekten Lebensraum. Darüber hinaus liefern die in den bis zu 5 m dicken Torfschichten eingeschlossenen Pflanzenpollen Erkenntnisse über die Klima- und Vegetationsgeschichte der Landschaft. Durch den schönsten Teil des Moores führt ein etwa zwei Kilometer langer Rundwanderweg. Weitere Wanderwege rund um das Schopflocher Moor finden Sie hier. (JH)
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Elisabeth von Plotho und Armand von Ardenne, 1873. Quelle Deutsches Historisches Museum.
Elisabeth von Plotho und Armand von Ardenne, 1873. Quelle Deutsches Historisches Museum.

Am 27. November 1886 duellierten sich der Richter Emil Hartwich und Baron Armand Léon von Ardenne. Anlass der Auseinandersetzung war eine Affäre zwischen Hartwich und Ardennes Ehefrau Elisabeth. Theodor Fontane verarbeitete die Ereignisse in seinem Roman Effi Briest, der ab 1894 in mehreren Folgen in der Deutschen Rundschau erschien. Auch hier bildet das illegale und sinnlose Duell einen dramatischen Höhepunkt. Die realen Vorbilder und Begebenheiten weichen jedoch in vielen Punkten von Fontanes literarischem Werk ab.

Elisabeth wurde 1853 als Freiin von Plotho auf Gut Zerben an der Elbe geboren. Hier heiratete sie 1873 den Rittmeister Armand von Ardenne. Elisabeth ist 19, Armand 24, also wesentlich jünger als Effis Ehemann Innstetten im Roman. Zuvor hatte Armand am Deutsch-Französischen Krieg teilgenommen und war verletzt worden, was Elisabeths eher gleichgültige Haltung dem Rittmeister gegenüber verändert haben soll. Das Paar zog zunächst nach Berlin, dann nach Düsseldorf. Hier lernten sie den Amtsrichter Emil Hartwich kennen, die beiden Familien freundeten sich miteinander an. Elisabeth und Emil teilten die Leidenschaft für Theater. Er war zehn Jahre älter als sie und unglücklich verheiratet. 1884 kehrt die Familie Ardenne nach Berlin zurück. 1886 wollten sich Emil und Elisabeth scheiden lassen und heiraten. Bei dem Duell, das unter Teilnahme der Öffentlichkeit ausgetragen wurde, erlitt Hartwich schwere Verletzungen und starb wenige Tage später.

Anders als im Roman wurde Elisabeth sehr alt. Sie beendete ihr Leben 1952, hochbetagt mit 98 Jahren, in Lindau am Bodensee. Nach der Scheidung hatte sie Trost und Zuflucht bei der Familie Blumhardt in Boll gefunden. Sie lernte den Beruf der Krankenschwester und verbrachte ihre späteren Lebensjahre als Gesellschafterin der Fabrikantentocher Daisy Weyersberg. Ihre beiden Kinder konnte sie erst 1904 bzw. 1909 wiedersehen. Ihr Enkel, der Physiker Manfred von Ardenne, wurde 1907 geboren.

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