Der Minnesänger Spervogel in der Großen Heidelberger Liederhandschrift [Quelle: UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, Bl. 415v]
Der Minnesänger Spervogel in der Großen Heidelberger Liederhandschrift [Quelle: UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 848, Bl. 415v]

Eine der frühesten Erwähnungen des Begriffs Weihnachten stammt aus der Feder eines mittelalterlichen Dichters.

Er ist gewaltic unde starc, der ze wîhen naht geborn wart: daz ist der heilige krist.

Die Zeilen mit den um 1180/90 entstandenen Versen werden dem Minnesänger Spervogel zugeschrieben. Viel wissen wir nicht über ihn. Er ist mit mehreren Beiträgen in der Manessischen Liederhandschrift vertreten und soll sich zur Zeit der Entstehung seines Weihnachtsgedichts auf der Burg Steinsberg im Kraichgau aufgehalten haben. Um die Lage weiter zu verwirren, brachte die mittelalterliche Dichtkunst mehrere Poeten hervor, die mit dem Namen Spervogel in Verbindung zu stehen scheinen.

Norbert H. Ott schreibt dazu in der Neuen Deutschen Biographie: Hinter dem ältesten der drei Spruchcorpora […] verbirgt sich ein Anonymus, der, wie Sprache, Stil und Thematik seiner Sprüche sowie die als verstorben erwähnten Mäzene, darunter der bis 1173 bezeugte Walther von Hausen, nahelegen, zwischen 1150 und 1180 an Adelshöfen im Bayer. Donauraum und am Mittelrhein als nichtadeliger Berufssänger auftrat. Mit seinem Oeuvre, das sich durch ein breites, Gnomik und Totenklage, Herrenpreis und –schelte, Tierfabel und Exempla sowie Religiöses einschließendes Themensprektrum auszeichnet und die Kenntnis literarischer Traditionen wie der europäischen Heldenepik, volkssprachlicher geistlicher Dichtung und wohl auch lat. Hymnik verrät, ist der Beginn einer „literarsichen“ dt.sprachigen Spruchdichtung greifbar. Sie hebt sich in ihrer thematischen und formalen Vielfalt deutlich von der älteren ab […].

Das Bildnis im Codex Manesse zeigt einen schlicht gewandeten Jüngling der dem besser gestellten Paar unter einem noblen Baldachin gegenübersteht. Der ernsthafte Ausdruck, Kopf- und Körperhaltung vermitteln Ehrerbietung. In seiner Rechten führt er einen mit Vögeln besetzten Stab. Diese verweisen womöglich auf den sprechenden Namen des Dichters, einem einfachen und recht armen Gesellen.

Die Verse aus Minnesangs Frühling VII. IV sind über die Bibliotheca Augustana online abrufbar.

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Louise Ebert, wohl um 1923. [Quelle: Library of Congress , ID ggbain.29635, abgerufen über Wikipedia commons/CC BY 3.0]
Louise Ebert, wohl um 1923. [Quelle: Library of Congress , ID ggbain.29635, abgerufen über Wikipedia commons/CC BY 3.0]

Als Friedrich Ebert im Februar 1919 zum ersten Reichspräsidenten gewählt wurde, trat auch seine Gattin Louise ins Licht der Öffentlichkeit der jungen Weimarer Republik. Sie übernahm Aufgaben, die bis zum Ende der Kaiserzeit Frauen aus privilegierteren Kreisen vorbehalten gewesen waren.

Louise Ebert wurde am 23. Dezember 1873 in Melchiorshausen in Niedersachsen als Tochter von Arbeitern geboren. Auch deshalb zog sie die kritischen Blicke der politischen Gegner und konservativen Gesellschaft auf sich. Bald mussten diese ihr bescheinigen, dass sie ihre Sache gut machte, einen eigenen Stil pflegte und nicht überkommenen Vorbildern nachzueifern versuchte. Louise war eine Vertreterin ihrer Generation, die die vielen und schwierigen Herausforderungen ihrer Zeit zu meistern hatte. Die Menschen in ihrer Umgebung beschrieben sie nicht nur als tatkräftige Frau, sondern hoben auch ihr natürliches und gewinnendes Wesen hervor.

Die Jugend der geborenen Louise Rump bestimmte Armut. Noch während der Schulzeit half sie auf einem benachbarten Bauernhof, um die Familie zu unterstützen. Mit 12 Jahren trat sie eine Stellung als Hausmädchen an, zwei Jahre später bekam sie Arbeit in einer Tabakfabrik. Die Familie war derweil nach Bremen umgezogen. Louise engagierte sich in der Arbeiterbewegung und wurde 1893 zweite Vorsitzende im Bremer Centralverband der in der in Holzbearbeitungs-Fabriken und Holzplätzen beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen.

1891 war Friedrich Ebert nach Bremen, gekommen, wo er Vorsitzender des örtlichen Sattlerverbandes wurde und seine Partei- und Gewerkschaftstätigkeit fortsetzte. Friedrich Ebert und Louise Rump lernten sich über die Gewerkschaftsarbeit kennen und heirateten 1894. Das Paar führte für mehrere Jahre die Gastwirtschaft Zur guten Hilfe in Bremen, die zu einem Zentrum der Sozialdemokraten wurde. Kurz hintereinander kamen die Kinder Friedrich, Georg, Heinrich, Karl und Amalie zur Welt. Friedrich wurde in die Bremische Bürgerschaft gewählt und übernahm den Vorsitz des sozialdemokratischen Vereins in Bremen. Louise führte die Gaststätte und kümmerte sich um die Familie. Als Friedrich 1905 eine Stelle als Parteisekretär bekam, zog die Familie nach Berlin. Hier gingen die Söhne in die Volksschule, Amalie durfte eine höhere Schule besuchen. 1912 erhielt Friedrich ein Mandat im Reichstag, im Jahr darauf bekam er den Parteivorsitz.

Der Erste Weltkrieg war für Louise mit schweren Schicksalsschlägen verbunden. Sie verlor sowohl ihren Bruder Emil als auch die Söhne Heinrich und Georg. Nach dem Krieg brachte das Amt des Reichspräsidenten große Veränderungen. Der Wohnsitz befand sich im Palais Schwerin in der Wilhelmstraße. Louise, die es gewohnt war, mit vielen Leuten zu arbeiten und Gäste zu bewirten, übernahm weiterhin den Einkauf und das Kochen. Sowohl Friedrich als auch Louise überzeugten in ihrer repräsentativen Rolle, durch ihre Würde und Natürlichkeit. Louise unterstützte Marie Juchacz beim Aufbau der Arbeiterwohlfahrt und übernahm die Schirmherrschaft für die Deutsche Kinderhilfe. Die unsicheren politischen Verhältnisse und die Herausforderungen des Amts trugen dazu bei, dass Friedrich Ebert 1925 an einer verschleppten Blinddarmentzündung starb. Louise blieb in Berlin im Kreis ihrer Familie und bezog eine Wohnung in Wilmersdorf. Ein weiterer schwerer Schicksalsschlag kam 1931 mit dem Tod der Tochter Amalie.

Als die Nationalsozialisten die Herrschaft antraten, gehörte die prominente SPD-Familie zur Gruppe der vorrangig politisch verfolgten Personen. Sohn Friedrich, der als Leiter der Brandenburger Zeitung arbeitete, wurde ins KZ Oranienburg gebracht, später nach Bögermoor und Lichtenburg. Louise unternahm alles, um ihn zu unterstützen und schließlich kam er frei. Als der Zweite Weltkrieg begann, wurden beide Söhne eingezogen. Louise siedelte während des Krieges nach Lahr und 1945 nach Heidelberg um, dem Geburtsort ihres Mannes, wo sie 1955 starb. Sohn Karl wurde nach dem Krieg SPD-Landtagsabgeordneter in Stuttgart, Friedrich trat der SED bei und stieg zum Landtagspräsidenten von Brandenburg auf.

Ihr soziales Engagement hatte Louise Ebert auch nach dem Tod ihres Ehemanns fortgesetzt und damit eine Tradition begründet, die sich bis in die Zeit der Bundesrepublik fortsetzen sollte.

Am 6. September 2019 eröffnete Elke Büdenbender, Juristin und Ehefrau von Frank-Walter Steinmeier, die Ausstellung Louise Ebert – Deutschlands erste First Lady. In ihrer Rede thematisierte sie, dass, besonders im Vergleich zu den bekannten Frauen des Nationalsozialismus, nur wenige Veröffentlichungen über Louise Ebert zur Verfügung stehen. Eine ausführliche Biographie gibt es auf dem Portal Bremer Frauen Geschichte.

Ein virtueller Rundgang durch die Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte steht auf LEO-BW zur Verfügung.

Mehr zum Thema finden Sie in unserem Schwerpunkt Von der Monarchie zur Republik.

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Zuweilen erscheint das Christkind mit Flügeln. Weihnachtspostkarte aus der Sammlung Robert Arnaud, gelaufen vor 1901. [Quelle: Landesarchiv BW, StAS N 1/78 T 1]
Zuweilen erscheint das Christkind mit Flügeln. Weihnachtspostkarte aus der Sammlung Robert Arnaud, gelaufen vor 1901. [Quelle: Landesarchiv BW, StAS N 1/78 T 1]

Im Odenwald in der Gegend von Mudau entstand um 1900 eine besondere Tradition, bei der das Christkind im Mittelpunkt steht. Ausgangspunkt ist eine Legende, wonach das Christkind im Wald bei Mörschenhardt über eine Leiter aus dem Himmel herabsteigt und nach der Bescherung die Erde wieder auf dem gleichen Weg verlässt. Daran anknüpfend schlüpfen junge Mädchen an Heiligabend in diese Rolle. Das Christkind trägt weiße Kleider, einen Schleier und eine Brautkrone. So ausstaffiert tritt es in Reisenbach oder Schloßau in Erscheinung. Es wurde anfänglich von einem achtfüßigen Pferd oder Esel begleitet, dargestellt von zwei weiteren Mädchen unter einem Leintuch. Im Lauf der Zeit kam der Achtfüßer aus der Mode und die beiden Begleiterinnen durften direkt in Aktion treten. Ihre große Zeit hatten die Schloßauer Christkinder nach dem Zweiten Weltkrieg. Um die Rolle bewerben durften sich Mädchen aus der Abschlussklasse der Volkschule, die dazu Gesänge und Texte einstudierten. Die Chirstkinder ziehen von Haus zu Haus, tragen ihre Lieder vor und begrüßen die Kinder. Hauptsächlich sind die Mädchen für die Bescherung zuständig und händigen Geschenke an die sehnsüchtig wartenden Kinder aus. Bis vor ein paar Jahren kamen noch Ruten aus Birkenzweigen zum Einsatz, die Glück und Segen bringen sollten und in den Familien verblieben. Überregional bekannt wurden die Odenwälder Christkindle, als der Sender Freies Berlin 1964 zu Heiligabend eine Dokumentation über Schloßau drehte. Leider ist der Film nicht erhalten. In anderen Gegenden des auch Hessen und das bayerische Franken umfassenden Odenwalds wird das Christkind von Figuren wie der Stoppelgans oder dem Mehlweibchen begleitet.

Mehr über das Christkind im Odenwald finden Sie auf der Homepage des Vereis Örtliche Geschichte Schloßau/Waldauerbach e.V.

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 Schaukelwiege aus der Baar [Quelle: Badisches Landesmuseum Karlsruhe]
Bemalte Schaukelwiege aus der Baar [Quelle: Badisches Landesmuseum Karlsruhe]

Krippenspiele, Aufstell-Krippen, Weihnachtslieder – die heutige Weihnachtszeit wird häufig als eine Zeit mit Traditionen für alle Sinne erlebt. Schon im Spätmittelalter wurde diese Zeit vielseitig inszeniert. So entstand etwa ausgehend von Frauenklöstern der Brauch, bei der Mitternachts- oder Frühmesse zu verschiedenen Liedern ein Jesuskind zu wiegen.

Dieses sogenannte „Kindelwiegen" war als eine Art bildlicher Ausdruck für die Andacht zum Jesuskind gedacht. Dazu wurde ein Jesuskind in Holz oder Wachs nachgebildet und in einer feierlichen Begehung in eine Wiege gelegt und mit Gesang in den Schlaf gewiegt.

Später besaßen viele bürgerliche Haushalte ein eigenes Christkind und brachten es zum Gottesdienst zum Wiegen mit. In vielen Kirchen stand das Christkind nach diesem Gottesdienst bis Mariä Lichtmess auf dem Altar.

So gilt das Kindelwiegen als eine Art Vorläufer der aufstellbaren Weihnachtskrippen wie wir sie heute kennen. Praktiziert wurde der Brauch des Kindelwiegens in nahezu allen Frauenklöstern, so beispielsweise auch im Kloster Wald, einer ehemaligen Zisterzienserinnenabtei in der Gemeinde Wald im Landkreis Sigmaringen, hier sind unter anderem Berichte vom „Kindelwiegen“ der „weißen Frauen“ (der Zisterzienserinnen), in der heiligen Nacht, wenn die Klosterleute zur Mette kamen, überliefert.

Das Kindelwiegen wird darüber hinaus als eine mögliche Wurzel des Singens von Weihnachtsliedern in deutscher Sprache gewertet. Zahlreiche noch heute bekannte Weihnachtslieder gehen auf die Tradition des Kindelwiegens zurück. So auch das Weihnachtslied „Joseph, lieber Joseph mein“, ein Wiegenlied das mit den Zeilen "Joseph, lieber Joseph mein / Hilf mir wieg'n mein Kindelein, / Gott, der wird dein Lohner sein / Im Himmelreich, der Jungfrau Sohn Maria" beginnt und vermutlich im 14. Jahrhundert vom Mönch von Salzburg aufgezeichnet wurde.

Mehr zum Thema Frömmigkeit im Spätmittelalter und den daraus entstandenen Traditionen erfahren Sie auch in der virtuellen Ausstellung "Himmelswege" der Deutschen Digitalen Bibliothek.

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 Einer der Einkehrbräuche ist das Adventssingen, hier in Neenstetten auf der Schwäbischen Alb 1955, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]
Einer der Einkehrbräuche ist das Adventssingen, hier in Neenstetten auf der Schwäbischen Alb 1955, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

In alten Oberamtsbeschreibungen findet sich viel Interessantes, auch über die Adventszeit. Zu dem früher verbreiteten und regional unterschiedlich ausgeprägten Klöpfeln heißt es in der Beschreibung des Oberamts Künzelsau: An den drei ersten Donnerstagen der Adventszeit singen die Kinder vor jedem Haus (in Westernhausen und Umgebung nach dem Betläuten) und erhalten Obst, Marzipan gen. Zuckerdockelich, Griffel etc. Im Oberamt Mergentheim war das Anklepferli armen Kindern erlaubt, die in Städten wohnten. Im Oberamt Rottweil steht das Klöpfeln im Zusammenhang mit dem Nikolaustag. Am Vorabend werden getrocknete Erbsen oder Steinchen an die Fenster geworfen, damit die Kinder merken, der Klaus geht herum und stellt seine Geschenke vor die Türen. Michael Grimm erwähnt in seiner 1867 veröffentlichten Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Gmünd das Anklopfet sowohl für Kinder, die von ihren Verwandten Leckereien bekommen als auch für Arme, die mit einem Vers um Brot und andere Lebensmittel bitten dürfen. Grimm beschreibt damit außerdem kleine Präsente, die Geschäftsleute guten Kunden vor Weihnachten zukommen ließen.

Das Klöpfeln, auch Anklopfen, gehört zu den im Ursprung heidnischen Bräuchen der dunklen Zeit um die Wintersonnwende, wo mit viel Lärm Geister und Dämonen vertrieben werden sollten. Zuweilen scheint das Klöpfeln als Orakel eingesetzt worden zu sein. Glück oder Unglück im kommenden Jahr wurde durch klopfen an die Stallwände erfragt. Wenn die Tiere antworteten, weissagten sie die anstehenden Todesfälle. Hier ist eine Verbindung zu den Rauhnächten erkennbar. Im Lauf der Zeit entwickelten sich regional unterschiedliche Formen. Im Odenwald finden Klopfnächte in Verkleidung statt, begleitet von heftigem Schlagen an Wände und Türen. Auch kleine Gegenstände wie Kies oder Körner werden an Wände und Fenster geworfen. Die Klöpfel- oder Klopfnächte können sich über mehrere Tage in der Adventszeit ziehen. Üblich sind Donnerstage oder Sonntage, zuweilen auch die Tage unmittelbar vor Weihnachten. Heute ist das Klöpfeln oder Anklopfen vorwiegend in den Alpenländern verbreitet, auch als Bestandteil der Einkehrbräuche. Damit kann die Bitte um eine gute Ernte im neuen Jahr verbunden sein. Für das vorgetragene Lied, einen Vers oder Segensspruch erhalten die Anklopfer eine Essensgabe. Wie andere heidnische Bräuche verwob sich das Klöpfeln mit christlichem Gedankengut. Als Bestandteil der Weihnachtsgeschichte fand es Eingang in religiöse Spiele der Vorweihnachtszeit. Maria und Joseph klopfen auf dem Weg nach Bethlehem an die Haustüren um eine Herberge zu finden. Die Szenen werden mit Wechselgesängen oder dem Aufsagen von Versen dargestellt. In einigen Frauenklöstern kündigte das Klöpfeln die nahende Geburt des Jesuskindes an. Als sich im 19. Jh. eine verbesserte Sozialfürsorge entwickelte, bekamen die den Armen vorbehaltenen Heischebräuche und das Bitten um Essensgaben den Status der Bettelei und verschwanden aus dem öffentlichen Leben.

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