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Eberhard im Bart wurde 1495 zum württembergischen Herzog erhoben und nahm ein neues Wappen an. Ein wichtiges Merkmal ist Eberhards Symbol, die Palme sowie seine Devise "attempto" (Ich wag’s) (Landesarchiv BW, HStAS A 602 Nr. 373 d)

Am 21. Juli 1495 wurde die Grafschaft Württemberg auf dem Reichstag zu Worms unter Eberhard I. zum Herzogtum erhoben. Die ersehnte Rangerhöhung krönte das Lebenswerk Eberhards.

Denn neben der Gründung der Universität Tübingen gelang es Eberhard I. im Jahr 1482 mit dem Münsinger Vertrag die Uracher und die Neuffener Landeshälfte Württembergs wieder zu vereinen. Die Erhebung Württembergs zum Herzogtum 1495 besiegelte nicht nur die Unteilbarkeit, sondern schuf durch die Neugestaltung des Verhältnisses von Herrschaft und Land auch die entscheidende Voraussetzung für dessen weitere Vereinheitlichung. Eberhard sah dabei insbesondere die Pflichten des Herrschers für die Wohlfahrt des gesamten Landes – nach späterem Verständnis die „staatlichen Aufgaben“ – anwachsen und trug dem 1495 durch eine Landesordnung für das neue Herzogtum Rechnung. Sie betraf Verkehr, Handel, Forsten, Rechtspflege, Luxus und Schulden und steht am Anfang der großen württembergischen Gesetzgebungswerke des 16. Jahrhunderts.

Schon die Zeitgenossen bewunderten Eberhards geistige Fähigkeiten, doch vor allem im 19. und 20. Jahrhundert verklärte die patriotisch gesinnte württembergische Geschichtsschreibung den ersten Herzog. Ein berühmtes Beispiel dieser Verehrung ist das 1818 entstandene Gedicht „Der reicheste Fürst“ des Tübinger Romantikers Justinus Kerner. Er schrieb seinen Text zu einer Melodie, die nicht lange zuvor anonym entstanden war und zum ersten Mal 1801 in einem Liederbuch aufgezeichnet wurde. Auffallend sind die musikalischen Parallelen zur Marseillaise.

In Kerners Gedicht verkörpert Eberhard das Ideal des guten und gerechten Herrschers in einem friedlichen Staat. Auch später hatte diese Hymne für die Württemberger noch eine große Bedeutung.

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Hermann der Lahme, Darstellung aus der Zeit um 1745 auf einer Ofen-Kachel, Schatzkammer des Münsters von Reichenau-Mittelzell [Quelle: Wikipedia]
Hermann der Lahme, Darstellung aus der Zeit um 1745 auf einer Ofen-Kachel, Schatzkammer des Münsters von Reichenau-Mittelzell [Quelle: Wikipedia]

Hermann kam 1013 als Sohn der gräflichen Familie von Altshausen im dortigen Schloss zur Welt. Aufgrund einer starken Behinderung erhielt er den Beinamen Contractus - der Lahme. Möglicherweise bestand diese Behinderung schon im Kindesalter. Bei den beschriebenen Symptomen könnte es sich um eine Form der ALS gehandelt haben. Er war auf fremde Hilfe angewiesen, bewegte sich mittels einer Trage und sprach unter großer Anstrengung. Mit sieben Jahren kam Hermann ins Benediktinerkloster Reichenau, einer der führenden Stätten von Wissenschaft und Kultur in Europa, das zu dieser Zeit dem Abt Berno unterstand. Berno wurde auch zum Mentor Hermanns, der mit zwanzig Jahren die Priesterweihe erhielt.

Hermann tat sich auf verschiedenen Gebieten hervor. Eines seiner Hauptwerke ist eine Weltgeschichte – Chronicon – die mit Christi Geburt einsetzt und 1054 endet, dem Todesjahr Hermanns. Dabei bemühte er sich um eine Präzisierung der überlieferten Angaben auf der Grundlage astronomischer Belege. Astronomie und Zeitmessung, die in Klöstern im Zusammenhang mit der Festlegung kirchlicher Feste und Gebete eine wichtige Rolle spielten, waren Schwerpunkte der Tätigkeit Hermanns. Seine Leistung bestand auch in Übersetzungen und der Vermittlung von Wissen. So entstanden eine Lehrschrift zur Anwendung des Recheninstruments Abacus, eine verbesserte Kalenderberechnung mittels der Übersetzung einer Schrift zur Anwendung des Astrolabiums und mehrere Instrumente, die er selbst zur Zeit- und Kalenderbestimmung konstruierte. Die Grundlage der arithmetischen Komputistik (von lat. Berechnung) hatte der angelsächsische Mönch Beda Venerabilis (gest. 735) geschaffen. Hermann trug mit seinem 1042 entstandenen Tabellenwerk Abbrevatio computi, das eine einfache und verlässliche Zeitbestimmung ermöglichte, wesentlich zu ihrer Weiterentwicklung bei. Es darf nicht vergessen werden, dass die mittelalterliche Gelehrsamkeit immer eine Suche nach Gott in der erfahrbaren Welt darstellte. Trotzdem öffnete er mit seinen auch nach heutigem Verständnis wertvollen Darstellungen und Nachweisen den Weg für neue Entwicklungen, gerade was das Gottesverständnis anbelangt. Seine Schrift Prognostica für die Vorausbestimmung astronomischer Ereignisse trug dazu bei, die Ängste und Vorstellungen vom Weltuntergang zu entkräften.

Dass Hermann außerdem ein Notensystem sowie eine Musikordnung entwarf verwundert nicht, da Musik nach mittelalterlichen Vorstellungen eng mit Astronomie und Arithmetik verbunden war. Außerdem sind mehrere Werke seiner Dichtkunst erhalten. Ob das weltweit verbreitete Salve Regina - Gegrüßet seist du Königin – ihm zuzuordnen ist, muss offen bleiben, vieles spricht für dessen Entstehung auf der Reichenau im 11. Jh. Hermanns Chronicon und seinem Biographen Berthold ist es zu verdanken, dass die genauen Lebensdaten bekannt sind. Er wurde am 18. Juli 1013 geboren und starb am 24. September 1054. Bei Zeitgenossen galt Hermann als Wunder. Eine Heiligsprechung hat jedoch niemals stattgefunden. Nach seinem Tod wurden die sterblichen Überreste in der Schlosskirche von Altshausen beigesetzt, wo sich bis heute eine Reliquie befindet. Viele Abbildungen in Kirchen und Klöstern Oberschwabens und des Bodenseeraums erinnern an den außergewöhnlichen Mönch.

Weiterführende Infos finden Sie hier:

Seelsorgeeinheit Altshausen zur Hermannus-Ausstellung in der Schlosskirche St. Michael.

Hermannus Contractus, Internetportal der Hermannus Gemeinschaft

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Göppingen in der Topographia Suebiae von Matthaeus Merian, 1643, mit dem Turmhelm der 1619 eingeweihten Stadtkirche in ursprünglicher Gestalt [Quelle: WLB Stuttgart, Graphische Sammlungen Schef.qt.2172]
Göppingen in der Topographia Suebiae von Matthaeus Merian, 1643, mit dem Turmhelm der 1619 eingeweihten Stadtkirche in ursprünglicher Gestalt [Quelle: WLB Stuttgart, Graphische Sammlungen Schef.qt.2172]

Bis heute beeindruckt das äußere Erscheinungsbild der 1619 eingeweihten Göppinger Stadtkirche wegen seiner Mächtigkeit. Größe entfaltet sich auch im Innern. Geplant unter der Regie Heinrich Schickhardts (1558-1635), verwundert es nicht, dass die Konstruktion einige Besonderheiten aufweist. Der Kirchensaal mit seinen Maßen von 20 auf 40 Meter entstand ohne das damals üblicherweise eingesetzte Stützwerk wie Säulen oder Pfeiler, ein Alleinstellungsmerkmal in der europäischen Architekturlandschaft. Die Inschrift von 1619 gibt Auskunft über die Entstehungsgeschichte. Sie greift eine Widmung im Zusammenhang mit der Predigt Martin Luthers anlässlich der Einweihung des ersten neu errichteten evangelischen Kirchenbaus auf, der Kapelle von Schloss Hartenfels im Torgau. Das Kirchengebäude in Göppingen wurde aus Anlass des hundertjährigen Reformationsjubiläums 1617 in Auftrag gegeben.

Im Lauf der Jahrhunderte wurde die Kirche mehrfach umgestaltet. Schon der ursprüngliche Plan Schickhardts sah vor, Bänke und Emporen entsprechend dem evangelischen Predigtgottesdienst auf die Kanzel mit dem Pfarrer an der Querseite auszurichten. Solche Gottesdienste waren in einigen süddeutschen Städten bereits vor der Reformation üblich. Nach der Reformation entstanden viele Kirchenneu- oder –umbauten mit Querausrichtung. Die Gemeinde sollte sich versammeln und auch akustisch den Worten folgen können. Schickhardt griff dabei auf Kenntnisse zurück, die er sich bei Studienreisen in Italien – in Vicenza lernte er das von Palladio erbaute Teatro Olimpico kennen - angeeignet hatte.

Die Deckenkonstruktion hingegen wurde zu einer Meisterleistung württembergischer Zimmermannskunst. Hier entwickelte der Schorndorfer Zimmerer Elias Gunzenhäuser (gest. 1606) eine Sprengwerks- und Hängesäulentechnik, die sein Göppinger Kollege Hans Strölin (1559-1631) zur Perfektion brachte. Der so entstandene mehrstöckige Speicherraum diente der Aufbewahrung von Getreidevorräten. Die Konstruktion blieb 90 Jahre stabil, bevor ausgerechnet am Karfreitag 1769 ein Sturm bestehende Schäden offenbarte, gefolgt von einer Massenpanik mit mehreren Toten.

Als Renaissance-Baumeister folgte Schickhardt den Idealen ästhetisch-ausgewogener Proportion. Die göttliche Schöpfung, ausgedrückt durch die Harmonie von Musik oder Geometrie, sollte sich auch in der Architektur widerspiegeln. Ein Beispiel dafür sind seine Entwürfe für Turmhelme. Der Göppinger Kirchturm, der im 19. Jh. ein neuromanisches Aussehen erhielt, ähnelte dem noch erhaltenen Beispiel in Denkendorf mit seinem leicht nach unten gezogenen, konkav geschwungenen und mit einer Laterne bekrönten Turmaufbau. Dabei bildet eine imaginäre Linie von der Decke der Laterne zu den unteren Ecken des Dachs den Rahmen eines gleichseitigen Dreiecks, das mittels zehn gleichmäßig verteilter Punkte in weitere deckungsgleiche Dreiecke eingeteilt werden kann. Zehn, die Summe der Zahlen 1, 2, 3 und 4, wurde von den Pythagoreern als Tetraktys bezeichnet und galt von da an als Schlüssel der Weltharmonie. Die Punkte band Schickhardt in ein System von Kreislinien ein, die der Turmarchitektur als Gesamtkonzept zugrunde liegen. Sichtbarer Ausdruck sind beispielsweise die schwingenden Dachflächen. Auch Fassade und Innenraum der Stadtkirche in Göppingen unterlagen den Idealen der Proportion, die aufgrund späterer Baumaßnahmen nicht mehr erkennbar sind. Als eines von nur wenigen Gebäuden blieb die Stadtkirche verschont, als 1782 ein schwerer Brand fast ganz Göppingen zerstörte.

Der Beitrag entstand auf Grundlage des Artikels von Ulrich Zimmermann, Ein Wunderwerk des Kirchenbaus? Heinrich Schickhardts Göppinger Stadtkirche im Wandel der Jahrhunderte, in: Schwäbische Heimat 1 (2021) S. 42-48. Der Artikel ist nicht online verfügbar.

Dem architektonischen Werk Heinrich Schickhardts, dessen Spuren sich sowohl im heutigen Baden-Württemberg wie in Frankreich und in der Schweiz finden, widmet sich die europäische Heinrich-Schickhardt-Kulturstraße.

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 Errichtung einer Organisation für die Beobachtung und Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten sowie zur Schädlingsbekämpfung, Bild 1 [Quelle: Landesarchiv BW, StAF B 719/1 Nr. 6172]
Errichtung einer Organisation für die Beobachtung und Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten sowie zur Schädlingsbekämpfung, Bild 1 [Quelle: Landesarchiv BW, StAF B 719/1 Nr. 6172]

Kein anderes Grundnahrungsmittel hat in den letzten 300 Jahren die Ernährungslage und die Ernährungsgewohnheiten in Deutschland so nachhaltig verändert wie die Kartoffel. Die Hauptanbaugebiete für Kartoffeln in Baden-Württemberg sind die Schwäbische Alb, der Ostalbkreis, der Landkreis Heilbronn, der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und das Schwäbische Oberland. Ohne die Versorgung mit Kartoffeln als Grundnahrungsmittel wären im 18. und 19. Jahrhundert bei Getreidemissernten wohl hunderttausende Menschen den Hungertod gestorben.

Die zunehmende Bedeutung der Kartoffel als wichtiges Grundnahrungsmittel brachte es mit sich, dass große Anstrengungen betrieben wurden, um Ernteausfälle etwa durch Schädlingsbefall zu verhindern.

Bis heute gilt der schwarz-gelb gestreifte Kartoffelkäfer als wohl größte Bedrohung für die Kartoffelpflanze und ist weltweit verbreitet. Die erste Sichtung des Käfers ist in Deutschland erst im Jahr 1877 belegt, man vermutete, dass er aus dem amerikanischen Bundesstaat Colorado mit Schiffstransporten nach Europa kam.

Da er hier keine natürlichen Fressfeinde hatte, breitete sich der Käfer rasch aus mit verheerenden Folgen für die Kartoffelernten.

Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg wurde der kleine Käfer zum Politikum. Im Ersten Weltkrieg gingen in Deutschland Gerüchte um, Frankreich versuche durch gezielte Vermehrung des Käfers (“Franzosenkäfer”), die Lebensmittelversorgung der deutschen Bevölkerung zu gefährden. Und auch im Zweiten Weltkrieg schürte die NS-Propagandamaschinerie den Verdacht, amerikanische und englische Flugzeuge würden Kartoffelkäfer über Deutschland abwerfen.

Immer wieder wurde die Bevölkerung in den Kampf gegen den Kartoffelkäfer einbezogen wie das hier abgebildete Plakat zeigt. Bei Sichtung von Käfern oder Larven sollte die Ortspolizei informiert werden. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Kartoffelkäfer-Fibel vom "Kartoffelkäfer-Abwehrdienst des Reichsnährstandes" an die Schulkinder verteilt. Zudem wurden Suchtage zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers angeordnet. Klassenweise zogen die Schüler mit Schachteln und Dosen über die Kartoffeläcker, um Käfer, Larven und Eier einzusammeln. (JH)
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 Ruderschwingenflugfahrrad drachenförmiger Tragfläche und seitlichen Rundschirmen [Quelle: Gustav Mesmer Stiftung]
Ruderschwingenflugfahrrad drachenförmiger Tragfläche und seitlichen Rundschirme. Zahlreiche Skizzen und Aquarelle stehen in digitalisierter Form zur Verfügung [Quelle: Gustav Mesmer Stiftung]

Der Korbmacher, Künstler und Erfinder Gustav Mesmer wurde vor allem als „Ikarus vom Lautertal“ bekannt. Der Traum vom Fliegen beschäftigte Mesmer zeit seines Lebens, vor allem die Idee eines mit Muskelkraft betriebenen Flugfahrrads.

Mesmer wurde im Jahr 1903 in Altshausen, einer kleinen Gemeinde im Landkreis Ravensburg, geboren. Nach seiner durch den Ersten Weltkrieg stark verkürzten Schullaufbahn, Mesmer war damals erst 11 Jahre alt, arbeitete er als sogenannter „Verdingbub“ und billige Arbeitskraft auf unterschiedlichen Gutshöfen.

Nach sechsjährigem Aufenthalt im Benediktinerkloster Beuron als Bruder Alexander beendete er seinen Klosteraufenthalt kurz vor Ablegung der heiligen Gelübde. Mit 26 Jahren wurde Mesmer in die Psychiatrie Schussenried eingewiesen. Dort diagnostizierte man Schizophrenie und „Erfinderwahn“. Mesmers Anträge auf Entlassung zogen sich jahrelang hin. In den 1930er-Jahren unternahm er zahlreiche Fluchtversuche, die jedoch alle scheiterten. Erst im Jahr 1964 wurde er schließlich in ein selbstbestimmtes Leben entlassen. Trotz der widrigen Lebensumstände hinterließ Mesmer ein umfangreiches Werk an Zeichnungen, Skizzen, Bildern und Texten, das heute von der Gustav-Mesmer-Stiftung verwaltet und gepflegt wird. Über 800 Skizzen und Aquarelle wurden bereits digitalisiert und können auf museum-digital:baden-württemberg bewundert werden.

Ab 1964 lebte Mesmer auf der Schwäbischen Alb. Hier setzte er seine Skizzen um und probierte die selbst gebauten Fluggeräte an den umliegenden Hängen des Lautertales aus, was ihm den liebevollen Namen "Ikarus vom Lautertal" bescherte. In den 1980er Jahren kam Mesmer schließlich zu spätem Ruhm: Ausstellungen, unter anderem in Wien, Mannheim, Lausanne und Ulm stießen auf begeisterte Resonanz. Den Höhepunkt seiner späten Karriere erlebte Mesmer 1992 als eines seiner Flugfahrräder im Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Sevilla gezeigt wurde. (JH)

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