Maja Leontiewa erinnert sich

von Maja Leontiewa

Gerade waren wir nach Heidelberg gekommen und hatten uns im Wohnheim niedergelassen. Wir hatten keine Sprachkenntnisse und waren ohnehin sehr verwirrt, als auch noch in vielen Familien die Kinder krank wurden und ununterbrochen weinten...

Eines Tages, es ging schon auf den Abend zu, hörten wir plötzlich einen Mann und eine Frau im Flur rufen (auf Russisch, aber mit einem deutlichen Akzent): „Wer kommt hier aus Russland oder der Ukraine? Wer spricht hier Russisch?“ Wir luden sie daraufhin zu uns ein. Sie waren ein intelligent aussehendes, nicht mehr ganz junges Paar - sehr freundlich, offen und voller Bestreben, uns wie irgend möglich zu helfen. So erlebten wir unsere erste Begegnung mit Schimschon und Rosa Friedman. Sie sind in jedes Zimmer eingetreten, haben sofort einen Arzt für die Kinder gerufen und uns beruhigt, indem sie ausführlich von sich und der Gemeinde erzählten. Am nächsten Tag kamen sie wieder und fuhren mit uns in die Gemeinde. Die Menschen sind wortwörtlich aufgelebt.

Ich erinnere mich an Guido Shamir, der oft den Gottesdienst in der Gemeinde geleitet hat, indem er die Aufgaben des Kantors übernahm. Von der Abstammung her ein polnischer Jude, hatte er eine wunderschöne Stimme und begegnete unserem Kontingent stets mit Wärme.

Viel Nützliches und Gutes für unsere Gemeindemitglieder hat auch Arnold Rabinovitsch getan, den all diejenigen in guter Erinnerung behalten werden, die die Möglichkeit hatten, sich mit ihm zu unterhalten. In meiner Hausbibliothek hat jedenfalls das mittelgroße Buch „Begehen des Schabbats“ einen Ehrenplatz. Es handelt sich um eine Art Anleitung für die Gemeindemitglieder; Text und Transkription stammen von A. Rabinovitsch, beraten durch G. Shamir. Es war das erste für uns gedachte Gebetbuch, mit einer kyrillischen Transkription und Erläuterungen zur Bedeutung des Schabbats für die Juden. Sein Erscheinungsjahr fällt mit dem Gründungsjahr unseres Gemeindezentrums zusammen - das Werk wurde von uns einige Jahre benutzt. [1]

Anmerkungen

[1] Dieser Text entstand im Jahr 2019 für die Publikation „25 Jahre. Neue Synagoge mit Gemeindezentrum Heidelberg“, herausgegeben von der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg.

Zitierhinweis: Maja Leontiewa, Maja Leontiewa erinnert sich, in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.02.2023.

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