Konfessionen
Von Karina Beck
Die Geschichte der beiden großen christlichen Konfessionen in Baden-Württemberg beginnt mit der Reformation. Mit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 galt im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation der Grundsatz „cuius regio eius religio“, was bedeutet, dass der Landesherr die Konfession seiner Untertanen vorgab. In evangelischen Gebieten war der Landesfürst auch der oberste Kirchenherr. Wer einer anderen Glaubensrichtung angehörte, musste konvertieren oder das Land verlassen. Das Herzogtum Württemberg, die Markgrafschaft Baden-Durlach sowie die Kurpfalz waren evangelisch, Baden-Baden, Oberschwaben und die damals vorderösterreichischen Gebiete im Schwarzwald und im Breisgau waren katholisch. In den freien Reichsstädten entschied das die Bürgerschaft. Sie waren vorwiegend evangelisch.
Auch wenn die Regelung des „cuius regio eius religio“ nicht unangefochten durch die Jahrhunderte galt, kann man zum Teil noch heute katholische und evangelische Gegenden auf diese Regelung zurückverfolgen. Natürlich gab es immer wieder Veränderungen durch Zuzug und Wegzug von Menschen. Im 19. Jahrhundert etwa verließen viele Menschen aufgrund der napoleonischen Kriege und anderer Ereignisse ihre Heimat und zogen in die Städte. Die konfessionellen Verhältnisse änderten sich ein wenig. Endgültig anders wurde die Konfessionsverteilung im Land allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele Heimatvertriebene aus dem Osten fanden in den Nachkriegsjahren eine neue Heimat in Süddeutschland. Die Neubürger waren mehrheitlich katholisch. Mit dem Zuzug von Menschen aus Südeuropa ab den 50er-Jahren hielt dieser Trend an.
Das heutige Baden-Württemberg umfasst zwei evangelische Landeskirchen und zwei katholische Diözesen. Die Württembergische Landeskirche mit 1.993.460 Mitgliedern (Stand 31.12.2018) hat ihren Hauptsitz in Stuttgart. Die Badische Landeskirche mit 1.137.405 Mitgliedern (Stand 2018) sitzt in Karlsruhe. Auf katholischer Seite ist Baden-Württemberg aufgeteilt in die Diözese Rottenburg-Stuttgart und die Erzdiözese Freiburg, die beide jeweils 1,8 Mio. Katholiken organisieren (Stand 2017/18).
Alle vier Kirchen werden von einem Bischof (bisher gab es auch in den beiden evangelischen Landeskirchen noch keine Bischöfin) geleitet. Die evangelischen Kirchen sind synodal organisiert, das bedeutet, delegierte Gläubige bilden ein Kirchenparlament, das über die Finanzen, die kirchliche Gesetzgebung und andere wichtige Fragen berät und entscheidet.
Neben der katholischen und der evangelischen Kirche gibt es in Baden-Württemberg auch Menschen orthodoxen Glaubens. Daneben gibt es noch andere kleine Konfessionen und die Freikirchen. Summa summarum waren beim letzten Zensus 2011 ungefähr 72 Prozent der Bevölkerung Baden-Württembergs Mitglied in einer christlichen Kirche.
Das Verhältnis der Konfessionen
Noch vor 50 Jahren war es in manchen Gebieten für konfessionsverschiedene Ehepaare schwierig, sich ohne familiäre Zerwürfnisse kirchlich trauen zu lassen. War man evangelisch, heiratete man keinen Katholiken und umgekehrt. Diese Unterschiede macht das heutige Kirchenvolk nicht mehr. Katholiken und Protestanten fühlen sich als Christenmenschen untereinander verbunden. Ökumenische Feiern zwischen katholischer und evangelischer Kirche sind inzwischen selbstverständlicher Bestandteil des Gemeindelebens. In einigen Gegenden gelingt sogar die große Ökumene mit der griechisch-orthodoxen Kirche und anderen christlichen Bewegungen, wie etwa der neuapostolischen Kirche. Der Blick der christlichen Konfessionen richtet sich inzwischen vor allem auf andere Religionen. Dabei stehen gegenseitiges Kennenlernen und Verstehen im Vordergrund.
Trotz allem gibt es noch die Trennung zwischen katholischer und evangelischer Kirche. Diese Unterschiede sind in der Lehre der jeweiligen Kirchen begründet und können von einzelnen Kirchengemeinden und Pfarreien oder von engagierten Pfarrerinnen und Priestern nicht überwunden werden. Sowohl das Kirchen- als auch das Amtsverständnis der beiden Konfessionen sind verschieden. Die katholische Kirche versteht sich als Mittlerin zwischen Christus und den Gläubigen. Sie ist von Gott eingesetzt und ihre Erkenntnisse sind für die Gläubigen bindend. Die Bibel, die Erkenntnisse der Kirchenväter und die aktuellen Verlautbarungen des Vatikans sind ebenso verbindlich. Die evangelische Kirche versteht Kirche als die Gemeinschaft derer, die an Christus glauben und in der Kirche zusammenkommen, um auf sein Wort (das nur in der Bibel überliefert wird und immer wieder aktuell ausgedeutet werden muss) zu hören und so Weisung für ihr Leben zu erhalten. Für die evangelischen Kirchen sind die biblisch begründeten Erkenntnisse der Reformation grundlegend, wonach es allein der Glaube ist, der selig macht.
Der zweite Unterscheid besteht im Amtsverständnis. Die katholische Kirche beruft sich auf die sogenannte Apostolische Sukzession: Das Amt des Papstes wird dabei zurückgeführt auf den Apostel Petrus, der von Christus beauftragt wurde, als dessen Stellvertreter die Gläubigen zu führen. Jeder von der Papstkirche geweihte Priester ist somit ein Stellvertreter Christi auf Erden. Nach evangelischem Verständnis ist der Pfarrer oder die Pfarrerin eine durch ihre Ausbildung speziell vorbereitete Person, der von der Gemeinde die Aufgaben der Verkündigung, der Seelsorge und der Gemeindeleitung übertragen werden.
Zitierhinweis: Karina Beck, Konfessionen, in: Alltagskultur im Südwesten, URL: […], Stand: 08.08.2020