Swart, Hugo Otto Ferdinand 

Geburtsdatum/-ort: 08.05.1885; Kassel
Sterbedatum/-ort: 04.04.1952;  Heidelberg
Beruf/Funktion:
  • Oberbürgermeister
Kurzbiografie: 1904 Abitur am Wilhelmsgymnasium in Kassel
1904-1907 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften und der Volkswirtschaft in München (1 Semester), Lausanne (1 Semester), Berlin (2 Semester) und Marburg an der Lahn (2 Semester)
1907 juristische Referendarsprüfung in Kassel
1908 Promotion zum Dr. iur. in Marburg
1908-1911 Regierungsreferendar bei der Regierung Kassel, einem Landratsamt und einer Stadtverwaltung
1911 Großes Verwaltungsexamen in Berlin; Ernennung zum Regierungsassessor
1911-1914 Unterstützung und Vertretung des Landrats in Thorn
1914-1916 kommissarischer Landrat in Ratibor
1917 persönlicher Referent des Regierungspräsidenten in Oppeln; zum 1. August Ausscheiden aus dem Staatsdienst auf eigenen Antrag
1917-1918 Generalassistent des Generaldirektors in den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, Berlin
1918 Wiedereintritt in den Staatsdienst (1. 10.) und Versetzung zur Regierung Gumbinnen
1919-1921 Landrat in Heydekrug (Memelland)
1922 zunächst zur Regierung Königsberg, dann zum Oberpräsidenten in Kassel versetzt
1922-1923 persönlicher Referent des Oberpräsidenten in Kassel
1923-1930 Landrat in Landsberg an der Warthe
1930 Wahl zum Landesdirektor (Landeshauptmann) der Provinz Brandenburg auf 12 Jahre
1933 zunächst beurlaubt (10. 4.), dann in den Ruhestand versetzt (21. 7.)
1933-1941 auf eigenem Besitz in Mecklenburg (Schönhof, dann Lützow) wohnhaft
1941 Umzug nach Bensheim (Bergstraße)
1943-1945 Angestellter der Kreisverwaltung Heppenheim
1945 Stellvertreter des Leiters der Abteilung Innere Verwaltung und Leiter des Personalamts im Oberregierungspräsidium Mittelrhein-Saar (zuvor: Saarland-Pfalz-Südhessen) in Neustadt an der Weinsteige (Juni/Juli); advisor der amerikanischen Militärregierung in Wiesbaden (1. 9.-15. 10.); Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei des Groß-Hessischen Staatsministeriums (ab 16. 10.)
1946 zur Disposition gestellt (3. 7.); Wahl zum Oberbürgermeister von Heidelberg (27. 7.) (Wiederwahl am 1. 2. 1948 für sechs Jahre)
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev. (-reformiert)
Verheiratet: 6.11.1911 Elsbeth Gertrud Maria, geb. Barthel, ev. (geb. 10.12.1889 Klostermansfeld, Mansfelder Gebirgskreis), Tochter des kaufmännischen Oberbeamten der Mansfelder Kupferschieferbauenden Gewerkschaft Ludwig Barthel (gest. 13.6.1968)
Eltern: Vater: Georg Wilhelm Swart (1851-1929), preußischer Oberforstmeister
Mutter: Emma Auguste Frieda Hermine Albertine, geb. von Hugo (1857-1945)
Geschwister: 2
Kinder: 4: Edith (1912-1957), Maria (geb. 1919), Uska Dorothea (1926-1977), Jan Heykes (geb. 1932)
GND-ID: GND/1012404285

Biografie: Rudolf Benl (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 272-274

Swart verlebte seine Kinder- und Jugendjahre in Kassel, Rumbeck, Danzig, Arnsberg und dann wieder in Kassel. Den größten Teil der Jahre beruflicher Tätigkeit verbrachte er im Nordosten und Norden Deutschlands. Erst spät ließ er sich in Süddeutschland nieder. Im Zuge seiner vielfältigen beruflichen Tätigkeit lernte er sowohl die staatliche und die kommunale Verwaltung als auch den Bereich der freien Wirtschaft kennen. Das Ethos des preußischen Beamten hat ihn fürs Leben geprägt. Während sein Wirken als Vertreter des Landrats in Ratibor offenbar nicht einheitlich beurteilt wurde – vor allem mit der Kreisstadt Ratibor scheint es Schwierigkeiten gegeben zu haben –, schätzte man sein weiteres Wirken durchweg sehr positiv ein: Sowohl der Kreistag des infolge der Verhältnisse nach Versailles politisch heiklen Landkreises Heydekrug als auch der Kreistag des Landkreises Landsberg an der Weinsteige hat den bisherigen Amtsverwalter Swart jeweils einstimmig für die endgültige Besetzung des Landratspostens in Vorschlag gebracht. Bemerkenswert ist, daß im Falle Landsbergs dem zuständigen Referenten im Preußischen Innenministerium der spätere Oberbürgermeister Swart „für diesen vorwiegend ländlichen Kreis besonders geeignet“ erschien. Ab 1925 war Swart Mitglied des Provinzialausschusses der Provinz Brandenburg, ab 1929 als dessen Vorsitzender. Swart, Mitglied der DVP, wurde 1930 mit den Stimmen von SPD, Zentrum, DVP und DDP zum Landesdirektor der Provinz Brandenburg, d. h. zum Leiter der provinzialen Selbstverwaltung gewählt; 1933 wurde er auf Grund von § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand versetzt. In den Jahren der unfreiwilligen Muße in Mecklenburg und dann in Hessen widmete er sich seinen gärtnerischen Liebhabereien und gelehrten Studien. Nach kurzen Tätigkeiten im Oberregierungspräsidium Mittelrhein-Saar und in der Groß-Hessischen Staatskanzlei wurde Swarts Wirken in Heidelberg zur Krönung seiner Laufbahn als Verwaltungsbeamter. Der Stadtrat wählte ihn, den CDU-Mann, am 27. 7. 1946 fast einstimmig zum Oberbürgermeister. Heidelberg war nahezu unzerstört durch den Krieg gekommen, was zur Folge hatte, daß nach 1945 eine besonders hohe Anzahl von Ostvertriebenen in die Stadt einströmte. Die Wohnungsnot wurde durch die gerade in Heidelberg zahlenmäßig stark fühlbare Anwesenheit der amerikanischen Besatzungsmacht und durch die Notwendigkeit, die nach dem Kriegsende gestiegene Zahl der Studierenden unterzubringen, verschärft. Im August 1946 waren von 86 000 Wohnräumen 7 500 durch die Besatzungsmacht beschlagnahmt; die Bevölkerung war von 84 000 (1939) auf 118 000 gestiegen (ohne die Amerikaner).
Mit unermüdlicher Tatkraft suchte Swart dem materiellen Elend gegenzusteuern. Sein besonderes Bemühen galt der Versorgung mit Gütern des Grundbedarfs sowie der Freigabe der beschlagnahmten öffentlichen – sogar im Rathaus hatten die Amerikaner mehrere Räume in Beschlag genommen – und privaten Gebäuden und dem Wohnungsneubau. Der Förderung des sozialen Wohnungsbaus sollten auch die Erträgnisse der Spielbank dienen, deren Konzessionierung Swart nicht ohne Widerstände, doch von der Mehrheit der Bevölkerung und des Stadtrates unterstützt, betrieb. Die Anfang Januar 1952 ausgesprochene Konzession kam infolge des landesgesetzlichen Spielbankenverbots vom 14. 1. 1952 nicht mehr zum Tragen.
Im Juli 1947 wurde der durch Spenden der Bevölkerung großzügig unterstützte Wiederaufbau der Alten Brücke beendet (bei Kriegsende waren sämtliche Neckarbrücken gesprengt worden). Die Wiederherstellung der Friedrichsbrücke (heute: Theodor-Heuss-Brücke) war im Juli 1949 abgeschlossen, wohingegen der Wiederaufbau der Ernst-Walz-Brücke erst nach Swarts Tode in Angriff genommen werden konnte. Im Falle aller drei Brücken vermochte Swart das Land zur Übernahme des Löwenanteils an den Kosten zu bewegen. Die Städtische Frauenarbeitsschule konnte 1948 wieder eröffnet, die 1946 nach Weinheim verlegte Hotelfachschule, deren Träger die Stadt war, 1950 nach Heidelberg zurückgeführt werden. Das in engem Zusammenwirken mit den Amerikanern in der Römerstraße errichtete neue Jugendhaus wurde wenige Wochen nach Swarts Tode eingeweiht. Der vom Stadtrat im Dezember 1950 beschlossene Neubau für das Bunsen-Realgymnasium wurde ebenfalls erst nach Swarts Ableben bezogen.
Besonders am Herzen lagen Swart der seit Jahrzehnten geplante Neubau eines Bahnhofsgebäudes an anderer Stelle, mit dessen Errichtung im September 1950 begonnen wurde, und der infolge der Beschlagnahme des Thermalbades notwendig gewordene Bau eines neuen Schwimmbades am Neuenheimer Ufer; der erste Spatenstich dazu konnte jedoch erst nach Swarts Tode erfolgen (Einweihung im Juni 1953). 1951 wurde ein neuer, großer Gaskessel in Betrieb genommen. Nach langer Diskussion um die Errichtung eines modernen Schlachthofes beschloß der Stadtrat im Januar 1952 den Bau.
Das Goethe-Jahr 1949 gab der Goethe-Stadt Heidelberg Gelegenheit zu kultureller Selbstdarstellung, die durch die im Zusammenhang damit erfolgte Wiedereröffnung des Kurpfälzischen Museums – das Museumsgebäude war bis 1949 beschlagnahmt – ein besonderes örtliches Gepräge erhielt.
Swarts Tatkraft bewährte sich nicht zuletzt in den schwierigen Tagen des Neckar-Hochwassers im Dezember 1947/Januar 1948.
Swart war Vorstandsmitglied des Württembergisch-Badischen Städteverbandes, in dem er sich – wie auch andernorts – lebhaft für die Bildung des Südweststaats einsetzte, sowie vom Februar 1949 bis zum Tode Mitglied des Personalausschusses und vom Mai 1949 bis zu seinem Tode Mitglied des Rechts- und Verfassungsausschusses des Deutschen Städtetages. Der Gedanke der Selbstverwaltung, vor allem auch auf der mittleren Ebene der Verwaltung, war ihm, dem ehemaligen Landesdirektor, ein starkes Anliegen. Vom WS 1949/50 bis zum WS 1951/52 nahm er in der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg einen Lehrauftrag für Kommunalverwaltung wahr. Wenngleich manches von dem, was unter seiner Amtszeit in Angriff genommen worden war, beim unerwarteten Tode Swarts, der sich in seinen fast sechs Amtsjahren nicht geschont hatte, noch nicht vollendet war, so gebührt doch seiner unermüdlichen Arbeitskraft wesentlich das Verdienst, den Wiederaufstieg Heidelbergs nach dem Kriege ermöglicht zu haben. Die Bürger Heidelbergs würdigten Swarts Einsatz, als sie ihn im Februar 1948 mit 51,2 % der Stimmen in Volkswahl gegen seinen sozialdemokratischen Herausforderer Josef Amann im Amte bestätigten.
Quellen: Reiches Aktenmaterial im StadtA Heidelberg; Geh. Staatsarchiv Preuß. Kulturbesitz Berlin Rep. 77 (Preuß. Ministerium des Inneren) Nrn. 4667, 4721, 5154, 5308.
Werke: Der Wildpark im Zivil- und Strafrecht nach deutschem Reichs- und preußischem Landesrecht unter Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung dargestellt (jur. Diss. Marburg 1908); Unter welchen Voraussetzungen und für welche Zwecke besteht für die Selbstverwaltung ein Bedürfnis nach Kommunalverbänden oberhalb der Kreise? in: Die Mittelstufe der Verwaltung. Bericht über eine Arbeitstagung des Instituts zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten am 24. 4. 1950 in Weinheim (1950); Die Regierungserklärung der Württ.-Bad. Landesregierung zum Südweststaat und die Selbstverwaltung (1950); Gesetzentwurf einer Landschaftsordnung (Kommunalverbandsordnung) für die Errichtung weiterer Kommunalverbände (Landschaftsverbände) in einem Südweststaat (1950); Verwaltungsaufbau in Württemberg-Baden [Referat auf dem Städtetag des Württembergisch-Badischen Städteverbandes am 4. 9. 1950] (1950).
Nachweis: Bildnachweise: Bildmaterial im StadtA Heidelberg.

Literatur: Ulrich Springorum, Entstehung und Aufbau der Verwaltung in Rheinland-Pfalz nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1947), Berlin 1982.
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