Straubinger, Johannes 

Geburtsdatum/-ort: 26.12.1883;  Esenhausen, Kreis Ravensburg
Sterbedatum/-ort: 23.03.1956;  Stuttgart, Esenhausen
Beruf/Funktion:
  • Prälat, Caritasdirektor, Gründer des Katholischen Bibelwerks
Kurzbiografie: 1889-1893 Volksschule Esenhausen
1893-1902 Gymnasialkonvikt Rottweil, mit Abitur
1902-1906 Theologenkonvikt Wilhelmsstift Tübingen
1906-1907 Bischöfliches Priesterseminar Rottenburg a. N.; 1907 Priesterweihe
1907-1909 Vikar in Ellwangen/Jagst, Rechberghausen, Stuttgart St. Elisabeth
1909-1912 Repetent im Theologenkonvikt Wilhelmsstift Tübingen
1912-1913 Kaplan an der Anima in Rom
1913 Promotion in Rom
1914 Stipendiat der Görresgesellschaft in Jerusalem (Orientalisches Institut)
1914-1915 Kaplaneiverweser in Buchau
1915-1917 Divisionsgeistlicher der deutschen Truppen und Matrosen in Konstantinopel
1917-1918 Diözesancaritassekretär in Stuttgart
1918-1939 Geschäftsführer (ab 1920 Direktor) des „Caritasverband für Württemberg (Diözese Rottenburg) e.V.“ in Stuttgart
1920 Gründung: „Martinusliebeswerk der Diözese“. Erste Verbindungsaufnahme mit den Deutschen im Banat (anschließend Aufbau der katholischen Volkstumsarbeit)
1924 Mitbegründung: „Kepplerhaus GmbH“, Stuttgart
1925 Eröffnung: Kindererholungsheim Calw. Gründung: „Caritasvorsorge“ (Sterbegeldversicherung), Stuttgart. Ernennung zum „Päpstlichen Ehrenkämmerer“
1926 Erstausgabe: „Martinusblatt“ (Caritasorgan der Diözese). Erster persönlicher Besuch der Schwaben in Sathmar (im Auftrag des Auswärtigen Amtes Berlin)
1928 Eröffnung: „Tbc-Kinderheilstätte Wangen/Allgäu“
1929 Aufbau einer „Schriftenmission“ in Stuttgart
1930 Eröffnung: Schullandheim (später Schulungsheim) „Haus Marientann“, bei Wolfegg
1931 Eröffnung: „Jugendhospiz“ in Stuttgart
1932 Gründung: „Katholisches Jugendhilfswerk der Diözese“ u. v. „Schwäbische Siedlungsgemeinschaft e. V.“ in Stuttgart; Mitbegründung: „Apostolats- und Caritasschule“ im Christkönigsheim in Hohenheim
1933 Gründung: Verein „Katholische Bibelbewegung“ (1938 auf Anordnung des NS-Regimes in „Katholisches Bibelwerk“ umbenannt)
1934 Veröffentlichung der Schriftenreihe „Die Katholische Aktion“
1937 Emigration in die Schweiz; Religionslehrer bei den Menzinger Schwestern in Zürich
1938-1940 Pfarrer in San Pedro de Jujuy (Nordargentinien)
1940-1951 Professor für Exegese in La Plata; 1947 „Päpstlicher Geheimkämmerer“; 1948 Dr. theol. h. c. der Universität Münster; 1951 Ehrendomherr der Kathedrale in La Plata, Rückkehr nach Deutschland
1953 Ernennung zum „Päpstlichen Hausprälaten“
1955-1956 Erneut Vorsitzender des Katholischen Bibelwerks in Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Eltern: Vater: Franz Xaver Straubinger, Küfermeister
Mutter: Kreszentia, geb. Baumann (aus Fleischwangen)
Geschwister: 8
GND-ID: GND/117311413

Biografie: Anton Laubacher (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 358-360

Straubinger gehörte zu den bekanntesten, aber auch umstrittensten Geistlichen der Diözese Rottenburg. Doch ging sein Wirken weit über die Diözesangrenzen hinaus, wo man ihn als Wissenschaftler und Mann der Caritas hoch achtete und anerkannte. Ein Wissenschaftler im kirchlichen Bereich zu werden, schien schon während seines Studiums der Theologie und Philologie im Konvikt Rottweil und Wilhelmsstift Tübingen sicher zu sein. Seine hohe Intelligenz und sein Drang nach immer umfassenderem und tieferem Wissen waren dort nicht verborgen geblieben. Bereits nach zweijähriger Vikarszeit erfolgte seine Berufung als Repetent an das Wilhelmsstift in Tübingen. Hier vertiefte er vor allem sein Studium des Alten Testaments und der orientalischen Sprachen. Als sich Straubinger zum Weiterstudium der Bibelwissenschaft nach Rom beurlauben ließ, schloß er an der Anima eine lebenslange Freundschaft mit Frings, dem späteren Kardinal in Köln. Zu einem wertvollen Beitrag der christlichen Literaturgeschichte wurde hier seine Doktorarbeit über die „Kreuzauffindungslegende“. 1914 überraschte Straubinger in Jerusalem (als Stipendiat) der Krieg, in dem er als Divisionsgeistlicher in der Türkei zum Einsatz kam. Danach führten seine wissenschaftlichen Aktivitäten in Stuttgart zur Gründung des „Kepplerhaus-Verlages“, des Vereins „Katholische Bibelbewegung“ und der „Apostolats- und Caritasschule“ in Hohenheim. 1940 sah er einen seiner Wunschträume erfüllt, als ihn der Erzbischof von La Plata an sein Zentralseminar als „Professor der Heiligen Schrift“ berief, wo er alsbald die biblische Zeitschrift „Rivista Biblica“ herausbrachte. Dem folgte die erstmalige Übersetzung des Alten und des Neuen Testaments aus dem Urtext in das Spanische sowie die Erarbeitung von 23 Büchern in spanischer Sprache. Nach Rückkehr in die Heimat ließ sich Straubinger erneut zum Vorsitzenden des Katholischen Bibelwerks in Stuttgart wählen.
Als Mann der Caritas, zu dem ihn Bischof Dr. Paul Wilhelm von Keppler erkor, als er ihn 1917 mit der Gründung eines Caritasverbandes für seine Diözese beauftragte, schien Straubinger wie geboren. Sprühend von Caritasgeist und Tatendrang hatte er bereits ein Jahr später eine stabile Grundlage zur Gründung dieses Werkes geschaffen, das zunächst der Kinderhilfe diente, sich aber dann rasch auf alle Bereiche der Caritas- und Sozialhilfe ausweitete. Immer wieder trieben ihn dabei seine schöpferischen Ideen zur Gründung neuer Werke und Einrichtungen, um den ihm Anvertrauten noch besser helfen zu können. Dabei blieb er aber weit davon entfernt, zur Verwirklichung eines „Sozialstaates“ beizutragen, über den er 1928 schrieb: „Es gibt kein besseres Mittel, ein Volk zu degenerieren, als wenn man es ‚versorgt‘ oder in ihm das Bewußtsein der Versorgung ohne eigenes Zutun aufkommen läßt.“ Einzigartige Verdienste erwarb sich Straubinger auch durch seine intensive Volkstumpflege mit den Schwaben im Banat und in Sathmar sowie durch die Förderung der Siedlungsarbeit im Rahmen der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Schwer zu schaffen machten ihm die Machthaber des 3. Reiches, deren zerstörende Kraft er schnell durchschaut hatte. Seiner Verhaftung (nach Verteilung eines offenen Briefes an Goebbels) konnte er nur noch durch Ausweichen ins Exil entgehen. Dort, in Argentinien, wurde er nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches erneut durch Sammlungen zum großen Helfer der Caritas und der Notleidenden in Deutschland. Obwohl durch Medaillen des Papstes, des „Eisernen Halbmonds“, des „Schlesischen Adlers“, des „Roten Kreuzes“ und durch Verleihung des „Ritterkreuzes des Franz-Josef-Ordens“ vielfach geehrt, blieb Straubinger ein Mann des Volkes und christlicher Hilfsbereitschaft. Seinen Namen tragen noch heute das „Berufsförderungswerk für Behinderte“ in Wildbad und das Haus des Caritasverbandes für Stuttgart.
Werke: Was leisten Frauenklöster in Württemberg für das Volk?, 1919; Neu-Vaterland, Kleiner Ratgeber für Auswanderer 1919; Caritas und die Heimatmission 1923; Die Schwaben im Banat 1923; Die Schwaben in Sathmar 1927; Aus der Caritasarbeit in Württemberg 1928; Die Katholische Aktion und das katholische Organisationswesen 1929; Caritasführer für Württemberg 1923; 23 Bücher in spanischer Sprache 1940-1951; Die katholische Kirche in Deutschland und ihre Probleme 1954
Nachweis: Bildnachweise: Foto (ca. 1950) StAF, Bildnissammlung

Literatur: Alfons Baumgärtner, Lebensgang einer großen Persönlichkeit, in: Collectanea biblica, Stuttgart-Bad Cannstatt 1953, 5-8 mit Bild; August Hagen, Gestalten aus dem schwäbischen Katholizismus Teil 4, Stuttgart 1962, 237-268; Anton Laubacher, Gelebte Caritas 1982; ders., Johannes Straubinger, in: Katholiken in Stuttgart ... (hg. von Joachim Köhler), Ostfildern 1990, 207
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