Heck, Bruno Robert 

Geburtsdatum/-ort: 20.01.1917;  Aalen (Württemberg)
Sterbedatum/-ort: 16.09.1989;  Blaubeuren
Beruf/Funktion:
  • MdB-CDU, Bundesminister für Familie und Jugend
Kurzbiografie: 1927-1936 Humanistisches Gymnasium Ellwangen und Gymnasium Rottweil, Mitglied, später Leiter der örtlichen Neudeutschland-Gruppen
1936 Reichsarbeitsdienst (Halbjahr) in Welzheim
1936-1938 Studium der Philosophie und Theologie an der Universität Tübingen
1938 Wehrdienst bei der Luftnachrichtentruppe in Augsburg/Fürth, 1940-1941 Kriegsdienst in Frankreich, 1941-1944 in der Sowjetunion, in Griechenland, Jugoslawien und Österreich, 1943 bei einem Flugzeugabsturz schwer verwundet, Anfang Mai 1945 kurzzeitig amerikanische Kriegsgefangenschaft in der Nähe von Starnberg
1945-1948 Studium der klassischen Philologie, Germanistik und Geschichte an der Universität Tübingen, Vorsitzender des AStA, 1948 erstes Staatsexamen, 1949 zweites, 1950 Dr. phil. (Dissertation: „Die Anordnung der Gedichte bei Gaius Valerius Catull“) bei Prof. Otto Weinreich
1949 kurzzeitig Studienassessor am Gymnasium Rottweil
1946 Eintritt in die CDU, 1946-1948 Mitglied des Vorstands der Jungen Union Württemberg-Hohenzollern
1950-1952 Regierungsrat im Kultusministerium von Württemberg-Hohenzollern in Tübingen
1952-1958 Bundesgeschäftsführer der CDU in Bonn
1956 Erster Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-demokratische Bildungsarbeit
1957-1972 MdB (Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen), 1957-1961 Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Kulturpolitik und Publizistik
1961-1962 Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der CDU/CSU
1961 Vorsitzender des Verwaltungsrates der Deutschen Welle
1962-1968 Bundesminister für Familie und Jugend
1966 Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der CDU, Mitglied des Präsidiums, 1966-1971 Generalsekretär der Partei
1968-1989 Vorsitzender des Vorstands der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin bei Bonn, 1989 Rücktritt, Wahl zum Ehrenvorsitzenden
1987 Professor (Verleihung des Titels durch das Land Baden-Württemberg)
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Auszeichnungen: Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern (1969) und Schulterband (1978), Großkreuz (1987)
Großkreuz des Ordens San Carlos (Kolumbien 1986)
Robert-Schuman-Medaille der Europäischen Volkspartei (1987)
Großes Goldenes Ehrenzeichen mit Stern der Republik Österreich (1988)
spanische, japanische, italienische, tunesische, portugiesische, brasilianische, el salvadorianische und vatikanische Orden
Verheiratet: 1943 (Rottweil) Gertrud, geb. Mattes
Eltern: Vater: Josef Heck (1884-1973), Schloßgärtner
Mutter: Magdalene, geb. Ernst (1885-1964)
Geschwister: 1 ältere Schwester
Kinder: 6
GND-ID: GND/11854747X

Biografie: Horst Ferdinand (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 203-207

Als sich der soeben aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassene Oberleutnant außer Diensten Heck auf Schleichwegen und bei Nacht und Nebel – um nicht von der französischen Besatzungsmacht aufgegriffen zu werden und wieder hinter Stacheldraht zu landen – zu seiner Familie nach Rottweil durchschlug, lag ein Jahrzehnt schicksalhaften und in vieler Hinsicht für seine Generation bezeichnenden Erlebens hinter ihm: Spannungsreichen Schuljahren, in denen ihm einmal der Verweis von der Anstalt wegen abfälliger Äußerungen über den Nationalsozialismus drohte, folgten vier – später nicht fortgesetzte – theologische Semester und darauf sieben Jahre Wehr- und Kriegsdienst an den Fronten des von Hitler jahrelang beherrschten europäischen Kontinents. Nur mit knapper Not überlebte er. Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 schloß er in den heute nicht mehr vorstellbaren Mangel- und Hungerjahren von 1945-1948 in der kürzestmöglichen Zeit das Studium der klassischen Philologie mit den für den Schuldienst vorgeschriebenen Examina ab und begann im heimatlichen Rottweil die pädagogische Laufbahn.
So weit folgte der Nachkriegsweg Hecks einer für viele seiner Alterskameraden vorgezeichneten Norm. Erste Abweichungen hiervon gab es aber bereits während des Studiums: der schon damals wortmächtige junge Rhetor wurde zum Vorsitzenden des AStA an der Universität Tübingen gewählt, und als Vorstandsmitglied der Jungen Union in Württemberg-Hohenzollern sammelte er erste politische Erfahrungen vor Ort. Unablässig beschäftigte ihn in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch die Frage, wie es zu dieser Katastrophe hatte kommen können. In einem schonungslosen und aufsehenerregenden Rechenschaftsbericht vor vielen hundert Studenten und Professoren stellte er im Mai 1947 die entscheidenden Fragen: „Waren wir Nationalsozialisten?“, „Waren wir gezwungen Soldat – und Offizier – geworden?“ Auf die erste Frage antwortete er: „Wo unser Bekenntnis (gegen den Nationalsozialismus) hätte gefährlich werden können, dort haben wir nicht bekannt, dort sind wir Auch-Nationalsozialisten gewesen.“ Zweitens: „Auch wenn wir nicht nationalsozialistisch gedacht haben, nationalistisch haben wir gedacht. Großdeutschland hat uns imponiert.“ In dieser Gesinnung sei er Soldat geworden. Er hätte hinzufügen können, daß seine Bischöfe im Jahre 1939 die staatsbürgerliche Verpflichtung der deutschen Katholiken zum Kriegsdienst und zur „Hingabe ans Vaterland“ bejaht hatten. Wie der „dämonische Mißbrauch“, der mit der idealen Gesinnung der Jugend von 1939 getrieben worden sei, in Zukunft verhindert werden könne, wie mit den Mitteln der politischen Pädagogik die Grundlage für eine gegen totalitäre Verführung gefeite Gemeinschaft gelegt und befestigt werden könne, wurde zu Hecks bestimmendem Lebensthema.
Während des Studiums hatte er sich durch verschiedene Aktionen – außer diesem Rechenschaftsbericht – einen Namen geschaffen: dem Kultusministerium von Württemberg-Hohenzollern legte er ein – teilweise verwirklichtes – Memorandum über die Neuordnung des Studiums vor, der von den deutschen Ländern beschickten Kultusministerkonferenz in Hannover (1947) trug er ein Grundsatzreferat über die studentischen Zeitfragen vor, und durch sein unerschrockenes Auftreten gegen die Willkür der französischen Besatzungsmacht handelte er sich eine kurzzeitige Verhaftung ein. So holte ihn der Kultusminister von Württemberg-Hohenzollern, Albert Sauer, wenige Monate nach Hecks zweitem Staatsexamen als persönlichen Referenten in sein Haus und ernannte ihn zum Regierungsrat. Aber schon nach zwei Jahren, in denen er sich als geschickter Büchsenspanner eines eher zur Behäbigkeit neigenden Chefs durchaus wohlfühlte, trat die sein späteres Leben bestimmende Wendung ein.
Die Bundes-CDU wurde in jenen frühen fünfziger Jahren von einem aus den Bundestagsabgeordneten Kurt Georg Kiesinger, Robert Tillmanns und Franz-Josef Wuermeling bestehenden geschäftsführenden Direktorium geleitet, Vorsitzender war Konrad Adenauer. Die mit den umfangreichen Aufgaben der Geschäftsführung verbundene Arbeitslast erwies sich für die drei Bundestagsabgeordneten als untragbar, da sie durch die gesetzgeberischen Aufgaben des 1. Bundestages voll in Anspruch genommen waren. Kiesinger sah sich daher nach einem geeigneten hauptamtlichen Parteigeschäftsführer um und entdeckte den Landsmann Heck. Nun begann ein Tauziehen. Heck hatte schon 1943 eine Familie in der schwäbischen Heimat gegründet und konnte auf eine aussichtsreiche ministerielle oder pädagogische Laufbahn in der vertrauten Umgebung hoffen. So weigerte er sich, dem Ruf nach Bonn zu folgen. Aber auch Adenauer war höchst indigniert, daß man ihm, der gegen alles allergisch war, was nach einer Beeinträchtigung seiner innerparteilichen Position aussah, einen hauptamtlichen Geschäftsführer beiordnen wollte. Er gab erst nach, als ihm die drei Abgeordneten etwas wie ein Ultimatum stellten. Heck seinerseits wurde von einem engen AStA-Freund, dem späteren langjährigen Intendanten des Süddeutschen Rundfunks Hans Bausch, davon überzeugt, daß er in Bonn gebraucht werde. Heck nahm schließlich an, er betrachtete den Auftrag nach Bonn als auf „einige Jahre“ bemessen. Es wurden dann 37 daraus. Beim Vorstellungsgespräch mit Adenauer fragte ihn dieser nach seinem Dissertationsthema. Die Antwort „Über Catulls Gedichte“ nahm er mit Befriedigung zur Kenntnis, ein weltfremder Poet schien ihm nicht geeignet, seine Kreise auch nur im mindesten zu stören.
Er sollte sich gründlich irren – nicht in der vorbehaltlosen Loyalität, die ihm Heck bis zu seinem letzten Lebenstag entgegenbrachte, wohl aber im politischen Eigengewicht, das der vermeintliche Schöngeist in kurzer Zeit entwickelte. Er wurde vom Vorstand einstimmig gewählt – in Abwesenheit Adenauers – und wuchs nicht nur mit seinen Aufgaben, sondern verlieh der Volkspartei CDU, die sich seinerzeit im Zustand eines „Gemischtwarenladens“ (Heck) befand, die sie viele Jahre lang prägenden Züge. Adenauer schätzte zwar die Zuarbeit seines Bundesgeschäftsführers, der die Autorität des Vorsitzenden nie in Zweifel zog, hoch ein: „Wenn auf einen Mann Verlaß ist, dann auf Bruno Heck“; diese Anerkennung ging aber nicht so weit, daß er Heck auf den 2071 Seiten seiner „Erinnerungen“ auch nur mit einer Zeile erwähnt hätte – den Mann, dem er zwei gewonnene Bundestagswahlkämpfe maßgeblich mitverdankte.
So waren die Vorzeichen, unter denen Heck seine Tätigkeit in Bonn aufnahm, nicht sehr vielversprechend, und eine Bemerkung Hecks über jene ersten Jahre der Zusammenarbeit mit Adenauer spricht Bände: „Es war das härteste Brot, das ich je gegessen habe.“ Immerhin konnte er nach einiger Zeit das immer latente Mißtrauen Adenauers halbwegs überwinden. Unermüdlich leistete er die Kärrnerarbeit in den örtlichen Parteigliederungen zwischen Kiel und Konstanz, denen er in unzähligen Diskussionen die Möglichkeiten der Mitarbeit und Mitwirkung im Organismus der Gesamtpartei aufzeigte, die Willensbildung von unten. So wurde in einer Jahre umspannenden Entwicklung aus dem Wählerverein CDU mit seinen heterogenen Elementen eine Mitgliederpartei mit schlagkräftiger Führungsmannschaft. Bei den Bundestagswahlen im Jahre 1953 zeigten sich erste Erfolge: Heck hatte sie verantwortlich vorzubereiten und sammelte Anregungen für die straffe organisatorische Gestaltung des Ablaufs bei Besuchen in den Vereinigten Staaten. Die CDU errang 45,2 %, die SPD 28,8 % und die FDP 9,5 % der Stimmen. Bei der Bundestagswahl 1957 erhielt die CDU/CSU das erste und einzige Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die absolute Mehrheit: 50,2 %; SPD: 31,8 %; FDP 7,7 %. Dieses Ergebnis begründete Hecks Ruf in Bonn endgültig. Bei diesen Wahlen konnte sich sein glänzendes Organisationstalent, seine Führungskraft und Standfestigkeit und seine nicht geringe Gabe der Überzeugung voll auswirken. Wie mit den harten Bandagen, die bei Bundestagswahlen anzulegen sind, umzugehen ist, lernte er bald. Heck war nun in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre eine der profiliertesten Persönlichkeiten auf dem damals an Charakterköpfen reichen Bonner Parkett. 1956 übernahm er, wieder seinem pädagogischen Ethos folgend, den Vorsitz in der „Gesellschaft für christlich-demokratische Bildungsarbeit“, einer Vorform der Konrad-Adenauer-Stiftung, die dann sein eigentliches Lebenswerk werden sollte.
Aber zunächst zog es ihn an die parlamentarische Basis. 1957 übernahm er den Bundestagswahlkreis Rottweil/Tuttlingen und hielt ihn in vier Wahlen, jedesmal mit Mehrheiten zwischen 55 und 57 %. Einigermaßen zwangsläufig war es nach allem wohl, daß ihn seine Fraktion in den Ausschuß für Kultur und Publizistik entsandte und ihm den Vorsitz dort anvertraute. Unter anderem erarbeitete er mit dem Ausschuß das Gesetz über die „Deutsche Welle“; 1961 wurde er Verwaltungsratsvorsitzender des Senders. Im gleichen Jahr wurde er Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion, übte diese Tätigkeit aber nur ein kurzes Jahr aus, ehe ihn, immerhin, Adenauer in sein fünftes Kabinett als Minister für Familie und Jugend berief.
Vorher war eine Kandidatur als Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens gescheitert; die SPD verweigerte Heck ihre Stimmen. Mit der von Adenauer und ihm selbst befürworteten Gründung eines zweiten und in gewisser Weise staatlich beeinflußten Fernsehens hatte er sich viele Gegner geschaffen.
Als Familienminister setzte er die von seinem Vorgänger Wuermeling eingeschlagene Linie der Verbesserung des Familienlastenausgleichs fort. Dem Ziel einer grundlegenden Reform der Familienpolitik durch strukturelle Änderungen des Lastenausgleichs waren schon damals finanzielle Grenzen gesetzt. Erfolgreich war seine Initiative einer breiten gesetzlichen Ausbildungsförderung. Von größter Bedeutung war die von ihm initiierte Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerks im Rahmen des deutsch-französischen Vertrags von 1963. Zehntausende junger Deutscher und Franzosen haben seither in der persönlichen Begegnung jenes ominöse Zerrbild der „Erbfeindschaft“ zwischen ihren Völkern definitiv verschwinden lassen.
1966 wurde Heck zum Geschäftsführenden Vorstandsmitglied der CDU und zum Mitglied des Parteipräsidiums gewählt. Im Herbst 1966 forderte er die Verwirklichung der von der Großen Koalition verbindlich verabredeten Mehrheitswahl bis zur Bundestagswahl 1969. Es gelang aber nicht, die starken Widerstände gegen die Mehrheitswahl zu überwinden, Innenminister Paul Lücke trat daraufhin zurück. Im gleichen Jahr 1967 legte Heck, stets um die geistigen Grundlagen der CDU-Politik bemüht, ein Aktionsprogramm vor, das beim CDU-Bundesparteitag in Berlin im Jahre 1968 als „Berliner Programm“ verabschiedet wurde. Es war das erste umfassende Programm der CDU, und mit besonderer Befriedigung konnte Heck registrieren, daß es ihm gelungen war, den Entwurf aus den Parteigliederungen heraus zu erarbeiten. Eine „parteipädagogische Leistung großen Stils“ nannte dies Eugen Gerstenmaier, sie wurde zum Vorläufer des ersten CDU-Grundsatzprogramms.
Am 1.10.1968 legte Heck sein Ministeramt nieder, um als Generalsekretär der CDU den Wahlkampf von 1969 vorzubereiten. Die CDU/CSU wurde zwar wieder mit 46,1 % stärkste Partei, aber die Wahl ging für sie verloren, da die SPD – 42,7 % – mit der FDP – 5,8 % – koalierte. Heck versuchte noch in letzter Minute, das Steuer herumzureißen. Der FDP-Vorsitzende Erich Mende hat später beschrieben, wie am 29.9.1969 um Mitternacht Heck und der junge Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Helmut Kohl, vor seiner Haustüre in Bad Godesberg standen und ihn zu bewegen versuchten, die Koalition mit der CDU/CSU einzugehen. Es war vergeblich. Die Entscheidung für das SPD/FDP-Bündnis war bereits gefallen. Heck blieb als Generalsekretär noch bis zum Bundesparteitag der CDU in Saarbrücken im Jahre 1971 im Amt; als Kohl in der Abstimmung über den Parteivorsitz gegen Rainer Barzel verlor, trat er zurück.
Sicher war dieser Rücktritt auch dadurch motiviert, daß Heck nun jene Aufgabe in Angriff nehmen wollte, die zu seiner wichtigsten Lebensleistung werden sollte. 1964 war die Konrad-Adenauer-Stiftung gegründet worden, die aus der von Heck schon 1956 präsidierten „Gesellschaft für christlich-demokratische Bildungsarbeit“ – seit 1958 „Politische Akademie Eichholz“ – und dem 1962 gegründeten „Institut für internationale Solidarität“ hervorgegangen war. 1968 hatte Heck den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung übernommen, in der er die Plattform sah, auf der er seine pädagogisch-politischen Absichten voll verwirklichen konnte, nämlich auf dem Weg über die politische Bildung breiter Schichten zu verhindern, daß je wieder autoritäre oder totalitäre Herrschaftsformen in Deutschland entstehen. Zugleich sollte mit der Unterrichtung über die Verfassungsinhalte, die rechtsstaatlichen Prinzipien und ganz allgemein durch die Vermittlung politischer Kenntnisse ein Beitrag zur Konsolidierung der Nachkriegsdemokratie in der Bundesrepublik geleistet werden. Neben diesen Kernbereich der politischen Bildung traten im Lauf der Jahre wichtige Aufgaben auf dem Feld der internationalen Zusammenarbeit: Heck erkannte, daß im Zeitalter der europäischen Integration und der weltweiten Interdependenz eine nur auf den nationalen Raum beschränkte politische Pädagogik nicht denkbar war. Sein Ziel war, die internationale Solidarität der Christlichen Demokraten zu stärken, verfolgten Demokraten in Lateinamerika und anderswo Rat und Hilfe zu gewähren und entwicklungspolitische Projekte in der Dritten Welt zu fördern. In vielen Reisen rund um den Globus setzte er Maßstäbe für die Entwicklung christlicher Parteien in vielen Ländern. Mit den verschiedenen Arbeitsbereichen der Stiftung und einem Team hochqualifizierter Mitarbeiter schuf er sich das Instrumentarium für die Realisierung seiner Zielsetzung. Mit Genugtuung durfte er noch erleben, daß das höchste deutsche Gericht am 14.7.1986 die Programmatik der vier parteinahen Stiftungen in der Bundesrepublik Deutschland und deren Finanzierung durch öffentliche Mittel guthieß: „Die Stiftungen sollen die Beschäftigung der Bürger mit politischen Sachverhalten anregen und den Rahmen bieten für eine – allen Bürgern zugängliche – offene Diskussion politischer Fragen.“ Dadurch werde, wie das Bundesverfassungsgericht feststellte, das Interesse an einer aktiven Mitgestaltung des gesellschaftlichen und politischen Lebens geweckt. Im Jahre 1977 konnten die bis dahin verstreut domizilierten Arbeitsbereiche der Konrad-Adenauer-Stiftung in einem Neubau in Sankt Augustin bei Bonn zusammengefaßt werden.
Bei aller Zielbewußtheit, mit der Heck in seinen Staats- und Parteiämtern vorging – er machte sich seine Entscheidungen niemals leicht. Das entsprach auch nicht seiner eher grüblerisch-nachdenklichen Art, seiner immer gründlich und genau vorbereiteten Planung. Wenn etwas nicht klappte, gab es auch Kurzperioden schwäbischer Grantigkeit.
Zeitlebens war er ein begeisterter Wanderer und Bergsteiger. Zu Fuß, und immer im Freundeskreis, pilgerte er nach Rom, nach Santiago de Compostela und schließlich, als Siebzigjähriger, ins Heilige Land. Auf einer Wanderung in der geliebten schwäbischen Heimat ist er denn auch, fast innerhalb von Minuten, im Jahre 1989 ganz unerwartet gestorben, ein halbes Jahr nachdem er sein Lebenswerk, die Konrad-Adenauer-Stiftung, seinem Freund Bernhard Vogel übergeben hatte.
Unsere schnellebige Zeit pflegt Personen der Zeitgeschichte mit klischeehaften Formeln zu definieren, die der Atemlosigkeit hektischer Fernsehspots entstammen oder in eilig hingeworfenen Balkenüberschriften der Zeitungen zu finden sind. Auch Heck ist dieses Schicksal der Abstempelung nicht erspart geblieben: „Konservativ, katholisch, kinderreich“ war die Chiffre, unter der die Medien den Politiker Heck rubrizierten. Insofern „konservativ“ eine Rückbesinnung auf Recht und Wahrheit nach den Zeiten des Ungeists im „Dritten Reich“ bedeutet, wird man dieser Definition zustimmen können, wobei natürlich nach Hecks Meinung immer neue Antworten auf die Probleme einer sich immer wandelnden Wirklichkeit mit ihren neuen Anforderungen gesucht und gefunden werden müssen. „Katholisch“ stimmt nur, wenn dieser Begriff im Sinne Hecks interpretiert wird, als Christentum in seiner ökumenischen Prägung, als jene Macht, die dem Menschen verbindliche Maßstäbe für seine Wert- und Zielvorstellungen zu vermitteln vermag, in Respektierung der gegenseitigen Abhängigkeiten christlicher und säkularer Grundwertvorstellungen für den Fortbestand einer freiheitlichen Gesellschaft. In diesem Sinne versuchte er, Politik aus christlicher Verantwortung zu gestalten. Schließlich „kinderreich“: Heck sah die Familie als einen „anthropologischen Grundbestand der Menschheitsgeschichte“ an, die Funktion der Familie als fundamentaler menschlicher Gemeinschaft lasse sich nicht auf die „Geschlechts-, Erwerbs- und Konsumgemeinschaft“ unserer Gegenwart reduzieren. Der intakte Staat setze die intakte Familie voraus, sagte er. Selbstverständlich war er ein kompromißloser Gegner jeder Fristenlösung, der rigoroseste Antrag dagegen kam in der Debatte des Jahres 1974 von ihm selbst und seinen Freunden Norbert Blüm und Gottfried Köster.
Mit Ernest Renan sah er die Nation als eine seelische Kraft, ein geistiges Prinzip. Mit der Teilung Deutschlands fand er sich niemals ab. Den Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 durfte er nicht mehr erleben. Die nachhaltigen Spuren, die er in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hinterließ, werden nicht verwehen.
Quellen: Mitteilungen von Frau Gertrud Heck, Gosheim; Nachlaß Bruno Heck im Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin bei Bonn.
Werke: Gaius Sallustius Crispus, „Die Verschwörung des Catilina“ und „Ciceros erste Rede gegen Catilina“, Übersetzung und Nachwort, 1947; Die Lage des Studenten nach dem Kriege, in: Theodor Steinbüchel, Der Mensch heute, 1947; Hg.: Widerstand, Kirche, Staat, Eugen Gerstenmaier zum 70. Geburtstag, 1976; Auf festem Grund, Aufsätze und Reden, hg. von Ludolf Herrmann, 1977; Hg.: Die CDU und ihr Programm, Programme, Reden, Entschließungen, 1979; Grundlagen und Wandel, Aufsätze und Reden 1976-1986, hg. von Klaus Gotto, 1987.
Nachweis: Bildnachweise: in: Swiridoff/Neske, Porträts aus dem politischen Deutschland (Literatur), in den unter Literatur zitierten Nekrologen und in den Amtlichen Handbüchern des Deutschen Bundestages, hg. von der Bundestagsverwaltung (1957, 1961, 1965, 1969).

Literatur: (Auswahl) Paul Swiridoff/Günther Neske, Porträts aus dem politischen Deutschland, 1968; Ludolf Herrmann, Zum 60. Geburtstag des Herausgebers der „Politischen Meinung“, in: Die politiche Meinung (22) 1977; Eugen Gerstenmaier, Streit und Friede hat seine Zeit, Ein Lebensbericht, 1981; Hans-Peter Schwarz, Die Ära Adenauer, in: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, hg. von Karl Dietrich Bracher u.a., 1983; Hans Edgar Jahn, Die deutsche Frage von 1945 bis heute, 1985; Erich Mende, Von Wende zu Wende 1962-1982, 1986; Hans-Peter Schwarz, Adenauer, Der Aufstieg: 1876-1952, 2. Aufl. 1986; Alois Rummel, Ein Mann, der solide Fundamente setzte, in: Christ und Welt/Rheinischer Merkur vom 16.01.1987; Heiner Geißler, Die Partei auf die Füße gestellt, in: Die Welt vom 20.01.1987; Patriotismus in Europa: Festgabe für Prof. Dr. Bruno Heck zum 70. Geburtstag, mit Beiträgen von Jacques Bariéty ..., hg. von Klaus Weigelt, 1988; Bernhard Vogel, Zum Tode von Bruno Heck. Ein Leben auf festem Grund, in: Das Parlament vom 22.09.1989; Helmut Kohl, Bruno Heck zum Gedächtnis, in: Die politische Meinung (34) 1989; Auf festem Grund, in: Christ und Welt/Rheinischer Merkur (ohne Verfasser) vom 22.09.1989; Ein nachdenklicher Ratgeber, Zum Tode von Bruno Heck, in: FAZ (ohne Verfasser) vom 18.09.1989; Eine der „großen Persönlichkeiten“ der CDU, Viele Würdigungen zum Tod Bruno Hecks, in: General-Anzeiger Bonn (ohne Verfasser) vom 18.09.1989; Trauer um Bundesminister a.D. Dr. Heck (Beileidsbrief des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker an Frau Gertrud Heck), in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 21.09.1989; Werner Maser, Helmut Kohl, der deutsche Kanzler, 2. Aufl. 1990; Hans-Peter Schwarz, Adenauer, Der Staatsmann 1952-1967, 1991; Gerd Langguth, Politische Stiftungen und politische Bildung in Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament vom 20.08.1993; Karl Carstens, Erinnerungen und Erfahrungen, hg. von Kai von Jena und Reinhard Schmoeckel, 1993, Jürgen Aretz, Bruno Heck, in: Zeitgeschichte in Lebensbildern, Bd. 8: Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts, hg. von Jürgen Aretz, Rudolf Morsey und Anton Rauscher, 1997.
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