Thoma, Emil Adam 

Geburtsdatum/-ort: 29.05.1854;  Krensheim, Gde Grünsfeld, Main-Tauber-Kreis
Sterbedatum/-ort: 21.05.1932;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Oberbürgermeister
Kurzbiografie: 1875–1879 Jurastudium in Freiburg
1879 I. jurist. Staatsprüfung
1883 II. jurist. Staatsprüfung
1883 Dr. iur. in Heidelberg bei Karl Friedrich Rudolf Heinze
1884 Amtsrichter in Walldürn
1884 XI. 17–1913 I. Bürgermeister von Freiburg im Br.
1888 Verzicht auf eine Kandidatur als Oberbürgermeister zugunsten von Otto Winterer (➝ II 310)
1899–1922 Vorsitzender d. Sparkassenkommission u. des Verwaltungsrates
1905–1919 Vorsitzender des Kreisausschusses Freiburg
1905–1920 Präsident des Bad. Schwarzwaldvereins
1913 V. 13–1922 IV. Oberbürgermeister von Freiburg im Br.
1920–1932 Ehrenpräsident des Bad. Schwarzwaldvereins
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Ehrungen (Auswahl): Dr. med. h. c. d. Univ. Freiburg (1909); EK II (Datum unbek.); Ehrenmitglied (1920) u. Ehrensenator d. Univ. Freiburg (1929); Ehrenbürger d. Stadt Freiburg u. Ehrenmitglied des Freiwilligen Feuerwehrkorps (1922)
Verheiratet: Maria Magdalena (Madeleine) Virginia, geb. Vögele (1864–1934)
Eltern: Vater: Franz Anton (* 1823), Hauptlehrer
Mutter: Maria Luise, geb. Bundschuh (* 1828)
Geschwister: 4; Karl (* 1850), Karolina (* 1857), Emma (* 1862), Ludwig (* 1866)
Kinder: 4; Emil Anton Josef (1889–1968), Dr. med., Arzt, Luise Maria Magdalena (1891–1916), Emma Maria Martha (1892–1977) u. Elisabeth Maria Josephine (1894–1962)
GND-ID: GND/117344435

Biografie: Hans-Peter Widmann (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 398-400

Thoma besuchte die Volksschule seines Geburtsortes, danach das Progymnasium in Tauberbischofsheim und vom siebten Lebensjahr an das Gymnasium in Freiburg, wo er 1875 das Abitur machte. Im WS 1875/76, dann wieder vom WS 1876/77 bis SS 1879 war er an der Juristischen Fakultät der Universität Freiburg immatrikuliert. Nachdem Thoma dort die erste und zweite Staatsprüfung bestanden hatte, promovierte er am 6. Dezember 1883 in Heidelberg, obwohl er dort nie als Student eingeschrieben war. Er war dann zunächst als Rechtspraktikant und Referendar beim Bezirksamt, Gericht und bei der Staatsanwaltschaft tätig, bis er 1884 in Walldürn seine erste Stelle als Amtsrichter antrat.
Thoma heiratete eine angesehene Bürgerstochter. Mit 30 Jahren wurde er I. Bürgermeister von Freiburg. Fast drei Jahrzehnte übte er dieses Amt aus und zusammen mit Oberbürgermeister Otto Winterer war er maßgeblich am wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt beteiligt und für zahlreiche Baumaßnahmen mitverantwortlich. Damals wurde z. B. der Hauptfriedhof um mehr als das Dreieinhalbfache auf die heutige Fläche vergrößert. Das Neue Rathaus wurde bezogen, die Stadttore aufgestockt, neue Dreisambrücken errichtet und das Stadttheater gebaut. Thoma selbst unterstützte als zuständiger Bürgermeister den Bau von Arbeiterwohnungen, jedoch war er strikt gegen den Verkauf an deren Bewohner. Nach seiner Meinung müsse „in jeder größeren Anlage von Arbeiterwohnungen eine einheitliche Ordnung und Leitung herrschen. Es muss die Autorität der (Bau-)Unternehmer aufrecht erhalten bleiben, damit die schlimmen Elemente unter der Arbeiterbevölkerung ferngehalten, die guten dagegen herangezogen werden.“ (Gesch. d. Stadt Freiburg Bd. 3, S. 206) Neue, gehobene Wohngebiete im Stadtteil Herdern und am Lorettoberg wurden erschlossen und die Dörfer Haslach, Günterstal, Zähringen und Betzenhausen eingemeindet. Die Stadt unterstützte außerdem den Bau der Herz-Jesu-Kirche im Stadtteil Stühlinger und der Johanneskirche in der Wiehre sowie den Neubau von Universitätsbibliothek und Kollegiengebäude. Ebenso wurde die städtische Infrastruktur – Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Elektrizitätswerk, Straßenbahn, Schulen – unter ihm verbessert. Winterer und Thoma führten zusammen eine „Arbeitsnachweisanstalt“, Vorläufer eines Arbeitsamts, und eine kommunale Arbeitslosenversicherung ein. Letztere fand in ganz Deutschland Beachtung, existierte eine solche zuvor doch nur in Straßburg. Die Verbundenheit Thomas zu Handel und Gewerbe zeigt sich u. a. auch in der Freundschaft zur Familie des Brauereibesitzers Ganter (vgl. S. 132) und im Vorsitz der Sparkassenkommission.
Bei dieser Vorgeschichte verwundert es nicht, dass Thoma nach dem Ausscheiden von Oberbürgermeister Winterer vom Stadtrat einstimmig zu dessen Nachfolger gewählt wurde. Man attestierte ihm hohe Fachkompetenz, jedoch galt er im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht als Visionär sondern als Mann der Tat. Ein Jahr später begann der I. Weltkrieg. Thoma zeigte sich zunächst erfreut, dass „durch seine vorgeschobene Lage so sehr gefährdete Freiburg bisher von den Greueln des Krieges verschont geblieben ist“ (Geschichte d. Stadt Freiburg Bd. 3, S. 257). Doch die schweren Zeiten, durch die Thoma die Stadt umsichtig führen sollte, würden noch kommen. Vor allem unter den Luftangriffen hatte die Bevölkerung zu leiden, sodass Thoma vom Militär eine Verbesserung der Luftverteidigung durch zusätzliche Batterien und Flugzeuge forderte.
Nahrungsmittelknappheit führte zu Hamsterkäufen und zur Verteuerung der Lebensmittel, weshalb die Verwaltung Höchstpreise festsetzte. Die allgemeine, kriegsbedingte Unzufriedenheit unter der Bevölkerung, die aufkam, äußerte sich z. B. darin, dass ein Protestierer dem Oberbürgermeister einen großen Sack verfaulter Kartoffeln vor die Füße warf. Die Stadt war dennoch bemüht, die Lebensverhältnisse erträglich zu gestalten, indem sie etwa einen „Ehrensold“ für Soldatenfamilien als freiwilligen Zuschuss gewährte. Hier manifestieren sich das soziale Empfinden von Thoma und sein Einsatz für das Fürsorgewesen. In dieser Zeit der Knappheit und der versagenden Bewirtschaftung dauerte es nicht lange, bis die Unbestechlichkeit der Stadtverwaltung in Frage gestellt und dem Oberbürgermeister Vorteilsnahme im Amt vorgeworfen wurde. 1916 soll er – mit Wissen des Stadtrates – Mehl, Milch und Kartoffeln mit nach Hause genommen und Fleisch gehortet haben. Letztlich aber konnte man ihm lediglich vorhalten, gelegentlich für Freunde und Verwandte ein gutes Wort eingelegt zu haben.
Nach Kriegsende bildete sich auch in Freiburg ein „Arbeiter- und Soldatenrat“, mit dem sich das Stadtoberhaupt arrangieren musste. Zu Beginn der 1920er Jahre weiteten sich die Aufgaben der Stadtverwaltung erheblich aus, sodass Thoma im September 1920 vorschlug, zwei weitere Bürgermeisterstellen einzurichten, womit er jedoch bis zum Ende seiner zweifellos nicht einfachen Amtszeit im Gemeinderat keine Mehrheit fand. Wirtschaftskrise und Inflation waren noch in vollem Gange als Thoma im April 1922, kurz vor Vollendung seines 68. Lebensjahres, sein Amt als Oberbürgermeister niederlegte. Sein Nachfolger wurde der 42-jährige Zentrumspolitiker Karl Bender (BWB I 17).
Thoma war ein eher sachlicher Mensch, der als „Mann voll Energie, Tatkraft und nüchternem Wirklichkeitssinn“ sowie von „schlichtem, konziliantem Wesen“ und „sozialer Gesinnung“ (Tagespost vom 23. 5. 1932) beschrieben wurde. Politisch soll er „zwischen der Deutschen Volkspartei und den Demokraten“ (Volkswacht vom 23. 5. 1932) gestanden haben. Großes Interesse zeigte er an künstlerischen Dingen, wie sich in seiner Tätigkeit als Referent der städtischen Theaterkommission erkennen lässt. Für sich und seine Familie hatte er stets Logenplätze im Theater reservieren lassen. Auch das Musizieren im Kreis seiner Angehörigen passt in dieses Bild. Vor allem war Thoma aber ein leidenschaftlicher Wanderer und erfüllt von Liebe zu seiner Schwarzwald-Heimat. Als Präsident, zuletzt Ehrenpräsident des „Bad. Schwarzwaldvereins“ ließ er zahlreiche Wanderwege anlegen und Aussichtstürme errichten, Herbergen eröffnen und neue Wanderkarten herausgegeben. Außerdem setzte er sich für Natur- und Umweltschutz ein.
Die Verdienste Thomas um Stadt und Universität wurden in vielerlei Hinsicht gewürdigt. Anlässlich seines 25-jährigen Bürgermeisterjubiläums 1909 verlieh die Albert-Ludwigs-Universität ihm, dem langjährigem Vorstand des Verwaltungsrats der heutigen Universitätsklinik, den Ehrendoktortitel in Medizin. Zur Feier des 800-jährigen Stadtjubiläums wurde Thoma 1920 zum ersten Ehrenmitglied der Hochschule ernannt. Aus diesem Anlass erhielt er eine von dem bekannten Freiburger Bildhauer Arnold Rickert, der auch die Figur für das 1924/25 errichtete Gefallenendenkmal des Schwarzwaldvereins nahe der Klosterruine Allerheiligen schuf, entworfene Plakette überreicht. Außerdem beschloss der Freiburger Stadtrat im gleichen Jahr eine Schule nach Thoma zu benennen, die heutige „Emil-Thoma-Grund- und Realschule“. Damit nicht genug wurde Thoma, nachdem er 1922 nicht mehr als Oberbürgermeister kandidierte, Ehrenbürger der Stadt. Am 29. Mai 1929 erhielt er als letzte Auszeichnung den Titel „Ehrensenator“ der Universität verliehen, was seine Ehrenmitgliedschaft ersetzte.
Zum Jahresende 1931 erkrankte Thoma schwer, wovon er sich nicht mehr erholen sollte. Die Beisetzung fand auf dem Hauptfriedhof statt, wo noch heute die Familiengrabstätte besteht. Neben der erwähnten Schule erinnern bis heute noch zwei nach ihm benannte Wanderwege, der „Emil-Thoma-Wanderweg“ von Hinterzarten zum Feldberg und der „Präsident-Thoma-Weg“ von Denzlingen zum Kandel, an das einstige Stadtoberhaupt.
Quellen: StadtA Freiburg Dwe 3180, D.Sta. Sterberegister 1932 Nr. 635, C3 Militaria, K1 Nachlass Emil Thoma; UA Freiburg A66/6, B1/171, D29/25/650; UA Heidelberg H-II– 111/91; Familiennachlass im Privatbesitz.
Werke: Das Krankenspital zu Freibug im Br. u. dessen Verwaltung, 1890; Erfahrungen städt. Behörden in d. Wohnungsfrage, in: Der Arbeiterfreund Nr. 28, 1890, 400–406; Die Rechtsverhältnisse des Freiburger Gewerbekanals auch Mühlebach oder Alter Runz genannt, 1900; FS zur Einweihung des Friedrich-Luisenturmes auf dem Feldberg, 1913; Geschichte des Bad. Schwarzwaldvereins, 1914.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Freiburg, Dwe 1851, Repro aus Fs. „Hundert Jahre Öffentl. Sparkasse Freiburg im Br. 1826–1926, 31, M 7071/1333, M 7771/185, K1/126 u. K1 Nachlass Emil Thoma.

Literatur: Zum Gedächtnis, in: Der Schwarzwald. Monatsbll. des Bad. Schwarzwaldvereins Nr. 7 vom Juli 1932; Oberbürgermeister a. D. Dr. Thoma †, in: Freiburger Tagespost vom 23. 5. 1932; Alt-Oberbürgermeister Dr. Thoma †, in: Volkswacht vom 23. 5. 1932; Altoberbürgerm. Dr. Thoma †, in: Freiburger Ztg. vom 23. 5. 1932; Oberbürgermeister Dr. Thoma †, in: Breisgauer Ztg. vom 23. 5. 1932; Zum Tode Oberbürgermeisters a. D. Thoma, in: Breisgauer Ztg. vom 24. 5. 1932; Die Beisetzung von Oberbürgermeister Dr. Thoma, in: Breisgauer Ztg. vom 27. 5. 1932; Beisetzung des früheren Freiburger Oberbürgermeisters Dr. Thoma, in: Volkswacht vom 27. 5. 1932; Geschichte d. Stadt Freiburg im Br. Bd. 3, 1992, 177, 206, 239, 257, 267, 277, 279 u. 590; Roger Chickering, Freiburg im I. Weltkrieg, 2009, 57, 105, 201–205, 226, 501, 520 u. 540.
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