Vulpius, Oscar Karl 

Geburtsdatum/-ort: 30.01.1867;  Boxberg
Sterbedatum/-ort: 28.07.1936;  Autounfall bei Untereisesheim, kremiert und begraben in Heidelberg, Bergfriedhof
Beruf/Funktion:
  • Orthopäde
Kurzbiografie: 1875–1885 Heidelberger Gymnasium
1885–1890 Studium d. Medizin in Heidelberg u. im WS 1888/89 in Berlin, am 11. Juli 1887 Physikum in Heidelberg
1890 XI. 15 Promotion „summa cum laude“ zum Dr. med. bei V. Czerny (vgl. S. 66) am 15.11.1890: „Die Radikaloperation d. Hernien in d. vorderen Bauchwand“
1891–1896 Assistent an d. Chirurgischen Klinik bei Czerny; im Jan. 1893 Klinischer Assistent u. ab 1894 Leiter d. neugeschaffenen orthopädischen Ambulanz; Febr. 1894 Habilitation: „Beiträge zur Physiologie u. Chirurgie d. Milz“; Probevorlesung: „Die Deformitäten im Lichte d. Drucktheorie u. des Transportationsgesetzes“, am 6.5.1896 Lehrauftrag für Orthopädie
1896 VII. 1 Eröffnung d. orthopädisch-chirurgischen Klinik als Universitätsinstitut unter seiner Leitung
1902 XI. 10 Ernennung zum ao. Professor
1906 VIII. 2 Entziehung des Lehrauftrags für Orthopädie am 1.10.1906; Umwandlung d. orthopädischen Klinik in eine Privatklinik
1909 I. Eröffnung des provisorischen Krüppelheims für Kinder im Anschluss an die orthopädische Privatklinik unter d. ärztlichen Leitung von Vulpius, im März 1913 Neubau in Rohrbach als „Landeskrüppelheim“
1912 VI. Eröffnung des „Sanatoriums Solbad Rappenau“ unter d. ärztlichen Leitung von Vulpius, heute „Vulpius Klinik GmbH“
1914 VI. Vorsitz beim 3. Krüppelfürsorgekongress in Heidelberg
1914–1918 Oberstabsarzt an d. West- u. Ostfront; u. a. EK II u. I
1919 VI. Umwandlung des Landeskrüppelheims in die „Stiftung Orthopädische Universitätsklinik“; Rücktritt als leitender Arzt
1925 Übergabe d. orthopädischen Privatklinik, Umzug nach Bad Rappenau
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1894 (Heidelberg) Camilla, geb. Starck (1869–1936)
Eltern: Vater: Gustav Friedrich Adolph (1839–1917), Dr., Pharmazeut
Mutter: Amalie Helene, geb. Holdermann (1842–1902)
Geschwister: keine (?)
Kinder: 2, Günther (* 1904) u. Roland (* 1905)
GND-ID: GND/119510375

Biografie: Alexander Kipnis (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 421-425

Beide Eltern von Vulpius entstammten Apothekerfamilien und sein Vater zählte zu den bedeutendsten Pharmazeuten seiner Zeit. Um wissenschaftlich arbeiten zu können, hatte er 1872 seine Apotheke in Boxberg verkauft und war nach Heidelberg gezogen, um dort zu studieren. 1873 promovierte er in Jena und wurde durch zahlreiche wissenschaftliche Publikationen bekannt. 1876 beauftragte ihn der damalige Direktor der Medizinischen Universitätsklinik mit der Einrichtung und Leitung der Klinikapotheke in Heidelberg, die er bis zu seiner Pensionierung 1901 leitete; gleichzeitig publizierte er Dutzende von Fachabhandlungen. Diese Umstände haben die Laufbahn von Vulpius gewiss nicht gehemmt. Vielleicht erbte er von seinem Vater auch das ausgeprägte literarische Talent, das sich in seinen zahlreichen Publikationen erkennen lässt. Dazu gehören nicht nur rein wissenschaftliche Werke, die durch ihren gepflegten Stil auffallen, sondern auch verschiedene Berichte, Artikel und Broschüren von eher populärem Inhalt, insgesamt mehr als 260 Aufsätze.
Vulpius besuchte das Heidelberger Gymnasium, das er mit dem Abschluss „sehr gut“ beendete. Als einer der besten Abiturienten durfte Vulpius bei der „Schlussfeier“ die Rede „Über die nationale Erhebung des Jahres 1809 in Österreich“ halten. Nach dem Abitur leistete Vulpius die erste Hälfte seiner Militärpflicht beim Infanterie-Regiment 110 in Heidelberg und begann dann dort sofort sein Medizinstudium; nur ein Semester studierte er in Berlin.
Nach dem bestandenen Physikum spezialisierte er sich in der Chirurgie; sein Doktorvater war Vinzenz Czerny, der den begabten Schüler großzügig förderte. Vulpius bestand sein Rigorosum mit Hauptfach Chirurgie und fünf Nebenfächern jeweils „summa cum laude“ – mit ziemlich seltener Einmütigkeit aller sechs Professoren.
Nach Promotion und Staatsexamen arbeitete Vulpius ein Jahr als Volontärassistent bei Czerny. Er schloss eine Studienreise durch Deutschland und Österreich an und leistete dann die zweite Hälfte des Einjährig-Freiwilligen Jahres beim Militär, diesmal wie üblich als Arzt. Zum Herbst 1892 kehrte Vulpius in die Chirurgische Klinik nach Heidelberg zurück. Inzwischen schuf Czerny, der die Notwendigkeit der Spezialisierung innerhalb der Medizin besser als andere begriffen hatte, eine orthopädische Ambulanz im Rahmen der Chirurgischen Klinik und betraute Vulpius zunächst als Assistent mit deren Leitung. Er wusste um Vulpius‘ Interesse für die Orthopädie. Die Zeit der Leitung und des Ausbaus dieser orthopädischen Anstalt war vielleicht die beste von Vulpius‘ Leben. Anfang 1894 habilitierte er sich, wobei beide Referenten, Czerny und der Physiologe Wilhelm Kühne (1837–1900), seine Habilitationsschrift sehr positiv charakterisierten. Laut Czerny hat sie „einen erheblichen Wert“. Er betonte auch, dass alle Arbeiten von Vulpius „ihn als sehr fleißigen, geschickten und mit allen modernen Methoden wohlausgerüsteten Arbeiter erkennen lassen, von dem noch tüchtige Leistungen zu erwarten sind.“
Bald heiratete Vulpius die Schwester seines jüngeren Kommilitonen und Freundes Hugo Starck (1871–1956), der auch bei Czerny promovierte. Sein Familienleben litt aber darunter, dass Vulpius von seiner Arbeit geradezu besessen war; bezeichnend, dass sein jüngerer Sohn Günther seine Doktorarbeit 1929 nicht den Eltern, sondern seinem Bruder gewidmet hat.
Ab SS 1894 las Vulpius „Orthopädische Chirurgie“ und führte Übungen durch, die Massage zum Gegenstand hatten. Im März 1895 stellte Czerny bei der Fakultät einen Antrag, Vulpius habe sich „mit vieler Mühe, Aufopferung der Zeit und […] recht gutem Erfolg dem Unterricht in der Orthopädie gewidmet“. Orthopädie sei „zu einem unentbehrlichen Zweig des medizinischen Unterrichts geworden“. Er halte es deswegen für notwendig, bei dem Ministerium „eine jährliche Remuneration von ca. 1000 M für den orthopädischen Unterricht zu befürworten.“ Nach einem Jahr erteilte das Ministerium Vulpius mit Wirkung vom 1. Januar 1896 den Lehrauftrag für orthopädische Vorlesungen und Übungen.
Wie mit Czerny vereinbart, wandelte Vulpius im Juli 1896 die orthopädische Ambulanz in eine orthopädische Poliklinik um in einem von ihm privat erworbenen Haus in der Luisenstraße. Grundlage war die Erlaubnis der Stadt, eine Privatklinik zu eröffnen, und die Bewilligung der Fakultät für die Aufnahme der Poliklinik in die Reihe der Universitätsinstitute. So entstand innerhalb der Universität die Basis für die Entwicklung der Orthopädie als selbständiges Fach.
Mit Hilfe eines Assistenten entwickelte Vulpius die Behandlung orthopädisch Kranker sowie das Konzept für die Rekonvaleszenz von Unfallverletzten aus der Chirurgischen Klinik. Bereits während des ersten Jahres wurden 404 Patienten stationär behandelt. Am 29. Oktober 1898 wurde eine Feier aus Anlass des 1000. Patienten der Chirurgisch-Orthopädischen Klinik veranstaltet.
Die wissenschaftlich-literarische Arbeit von Vulpius verlief in dieser Zeit buchstäblich stürmisch. Er erarbeitete eine Verlängerungsmethode für die Achillessehne, die bis heute als „Vulpius-Operation“ angewendet wird. 1902 publizierte er eine Monographie darüber, die durch den Umberto-Preis ausgezeichnet wurde. Auch eine andere Operation, die sog. Arthrodese, d. h. die operative Gelenkversteifung des Schultergelenks, entwickelte Vulpius damals. Wie im ersten Fall war Vulpius nicht der erste, der diese Operation gewagt hat, wohl aber der erste, der ihre Bedeutung erfasst hatte und neue Ansätze zu ihrer Durchführung ersann. In Vulpius‘ Version behielt die Athrodese des Schultergelenks ihre Bedeutung bis über die Mitte des 20. Jh.s hinaus.
Vulpius mühte sich auch immer um Kooperation der neuen Disziplin mit verwandten Gebieten, vor allem eine sinnvolle Verknüpfung von Orthopädie und Traumatologie: Neben der orthopädischen Therapie beschäftigte er sich mit der Behandlung von Unfallverletzten. Während des Kriegs bestätigte sich diese Einstellung, auch wenn er und Gleichgesinnte damit noch lange die Minderheit in Deutschland blieben; erst 1957 wurde die „Dt. Gesellschaft für Orthopädie“ in die „Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie“ umgewandelt.
Vulpius hatte auch das Grenzgebiet zwischen Neurologie und Orthopädie im Blick, wofür seine spätere Bemerkung bezeichnend sein mag: „Vergleichen wir heute prüfend Grad und Sicherheit der Erfolge mittels Sehnenüberpflanzung und Nervenplastik, so stellt sich freilich die erstere als Goliath dar. Aber es lässt sich ahnen, dass ihr in der Nervenpfropfung ein sieghafter David ersteht“ (1910, 1320). Gleichzeitig beteiligte sich Vulpius aktiv an wissenschaftlichen Versammlungen und Tagungen, anfangs, 1894 bis 1896, im Naturhistorisch-medizinischen Verein Heidelberg, wo er im Mai 1896 die ersten diagnostischen Verwertungen von Röntgenaufnahmen besprach, dann bei nationalen Treffen, ab 1900 schließlich auch auf internationalen Kongressen. All diese Versammlungen benutzte Vulpius als Tribüne für seine Disziplin Orthopädie, aber auch als Schule für sich selbst, bis an sein Lebensende.
Im Herbst 1902 wurde Vulpius zum ao. Professor befördert. Die erfolgreiche akademische Laufbahn von Vulpius fand aber keine Fortsetzung; denn mit der Emeritierung Czernys veränderten sich die Verhältnisse. Vermutlich hat der Nachfolger Czernys, Albert Narath (1864–1924), bei seinen Berufungsverhandlungen Forderungen um Wiedereingliederung der Orthopädie in die Chirurgie gestellt. Jedenfalls richtete das Ministerium am 13. Juni 1906 einen Brief an die Fakultät mit dem Vorschlag, „anlässlich der Neubesetzung des chirurgischen Lehrstuhles“ zu erwägen, ob der Vulpius erteilte Lehrauftrag „nicht entzogen werden sollte“. Als Vorwand benutzte man einen vor zwei Jahren stattgefundenen Landgerichtsprozess, in dem Vulpius wegen angeblicher Fahrlässigkeit für schuldig befunden worden war. Die Fakultät folgte „einstimmig“ dem ministeriellen Vorschlag und warf Vulpius „wissenschaftlich unwürdige Führung seiner Anstalt“ vor. Sie erklärte es für wünschenswert, dass „die offizielle Vertretung der Orthopädie nunmehr wieder auf den Direktor der chirurgischen Klinik übertragen würde.“
Der tatsächliche Hintergrund dieser Entscheidung ist unklar. Wahrscheinlich spielte hier die alte Grundeinstellung der Fakultät gegen die Zersplitterung der Medizin in eigenständige Fächer mit. Übrigens wurde Vulpius die Venia legendi nicht entzogen, was angesichts der oben angeführten Begründung fast erstaunen mag. So begann Vulpius nach dem frühen Ausscheiden Naraths 1910 wieder mit Vorlesungen über „Chirurgische und therapeutische Orthopädie“, er hatte aber deutlich weniger Zuhörer als zehn Jahre zuvor. Die Entscheidung der Fakultät setzte nicht nur der akademischen Laufbahn von Vulpius eine unüberwindbare Schranke, sie beeinträchtigte auch die weitere Entwicklung der Orthopädie in Heidelberg. Welch tiefe Narbe dieser Vorgang bei Vulpius hinterließ, lässt seine testamentarische Verfügung erkennen, die Vertretern der Fakultät oder der Universität bei seiner eventuellen Trauerfeier Redeverbot erteilte.
Auch wenn die Orthopädie als eigenständiges Universitätsinstitut vorläufig aufgelöst wurde, bedeutete dies nicht das Ende der orthopädischen Tätigkeit von Vulpius. „In finanziellen Dingen hatte Oscar Vulpius in der Regel eine glückliche Hand“, so sein Enkel (Braun, S. 20). Seine Klinik konnte ihre Ausgrenzung aus der Universität gut überstehen – war sie doch von Anfang an teilweise zumindest als Privatklinik gegründet worden. Vulpius leitete sie noch bis 1925 und nach 1906 führte er intensive medizinische, organisatorische und literarische Arbeiten weiter. Einen Meilenstein nicht nur in der Laufbahn Vulpius‘ sondern in der Entwicklung der Orthopädie überhaupt bildete die klassische Monographie „Orthopädische Operationslehre“, die Vulpius zusammen mit seinem Schüler und Mitarbeiter Adolf Stoffel (1880–1937) verfasste und 1911 bis 1913 publizierte. Er verkündet darin sein Credo, dass „mit dem Schneiden die Behandlung meistens nicht zu beginnen hat, und dass sie mit demselben niemals beendigt ist. […] Wer zum Messer greift, um eine orthopädische Operation auszuführen, der übernimmt damit die moralische Verpflichtung, die Nachbehandlung in exakter Weise durchzuführen.“ (Vulpius u. Stoffel, III–IV) Das mag Leitmotiv dieses bedeutendsten Werks von Vulpius in seinem reichen literarischen Erbe sein. Das Ereignis in der damaligen Fachliteratur erlebte drei Ausgaben.
In seiner Anstalt bemühte sich Vulpius von Anfang an, arme Patienten, Kinder insbesondere, kostenlos zu behandeln – ein Zeichen seines sozialen Engagements! Sein Versuch, bereits 1902 ein Krüppelheim in Baden zu etablieren, war zwar erfolglos, nach der Krüppelzählung in ganz Deutschland 1907 wurde die Notwendigkeit einer organisierten Krüppelfürsorge endlich auch in Baden anerkannt, so dass es Vulpius gelang, seiner orthopädischen Privatklinik ein provisorisches Krüppelheim für Kinder anzugliedern. Gleichzeitig gründete Vulpius den „Bad. Landesverein zur Krüppelfürsorge“, dessen Vorstand er 1908 bis 1912 angehörte. In dieser Eigenschaft konnte Vulpius am Neubau in Rohrbach mitwirken, den er im März 1913 als „Landeskrüppelheim“ bezog. Im Juni 1914 präsidierte Vulpius in Heidelberg dem „3. Deutschen Kongress für Krüppelfürsorge“; die Teilnehmer bewunderten die neue Einrichtung.
Die dritte medizinische Anstalt, die mit maßgebender Unterstützung von Vulpius gegründet wurde, ist das „Sanatorium Solbad Rappenau“, heute „Vulpius-Klinik GmbH Bad Rappenau“. Diese Einrichtung war 1912 für die Behandlung von Patienten mit Knochen- und Gelenktuberkulose eröffnet worden. Vulpius blieb bis an sein Lebensende ihr Leiter.
Vulpius, deutschnational gesinnt und 1912 sogar Mitbegründer der „Heidelberger Flugzeugstiftung für das Deutsche Reich“, stellte sich mit dem Ausbruch des I. Weltkriegs sofort dem Militär zur Verfügung. Ab August 1914 wurde er Chefarzt einer Reserve-Sanitätskompanie des 14. Armeekorps und versorgte bis Ende 1914 Verwundete in den Vogesen und Nordfrankreich. Die nächsten sieben Monate, vom Januar bis Juli 1915, war er dann als beratender Orthopäde für Nordbaden tätig, leitete das orthopädische Feldlazarett in Heidelberg und organisierte die Prothesenbeschaffung für amputierte Soldaten. Nach dieser Zeit findet sich Vulpius wieder an der Westfront in Kriegs- und Feldlazaretten, meistens als Chefarzt, und von Mitte November 1917 bis Anfang Mai 1918 wirkte er in Lettland als beratender Chirurg des 20. Armeekorps, bis er in der Endphase des I. Weltkrieges, vom 5. Mai 1918 an, ein Frakturenlazarett in Roubaix an der französisch-belgischen Grenze leitete. Die 1997 veröffentlichten Auszüge aus seinen Kriegstagebüchern zeigen die Grausamkeiten des Krieges, lassen vor allem aber auch Vulpius‘ Hingabe bei der Hilfe für Verwundete erkennen.
Nach dem Krieg wurde das Arbeitsgebiet von Vulpius beschnitten. Als das Landeskrüppelheim von der „Stiftung Orthopädische Universitätsklinik“ übernommen wurde, musste Vulpius seine Arbeit als Anstaltsarzt in Rohrbach abgeben. Auch bei diesem Hinausdrängen aus der durch ihn gegründeten Anstalt scheint das unverändert gespannte Verhältnis zwischen Vulpius und Universität auf. Die Leitung seiner Privatklinik überließ er 1925 seinem Oberarzt Hugo Görres (1882–1946). Vermutlich der Krankheit seiner Frau wegen siedelte er endgültig nach Bad Rappenau über.
Die Entziehung des Lehrauftrags lastete gut zwei Jahrzehnte auf der Reputation von Vulpius, vor allem in den Augen seiner deutschen Kollegen. Dass dies anhielt, wurde 1928 deutlich, als seine Wahl zum Vorsitzenden der „Deutschen Orthopädischen Gesellschaft“ scheiterte. Erst als daraufhin die Bad. Ärztekammer auf Vulpius‘ Gesuch hin ein ärztliches Ehrengericht einberufen hatte und dieses zum Schluss kam, dass die Gründe für die Entziehung des Lehrauftrags weder ehrenrühriger noch standeswidriger Natur gewesen seien, nahm der Vorstand der „Deutschen Orthopädischen Gesellschaft“ Anlass, Vulpius zu rehabilitieren. Insgesamt aber fand Vulpius im Ausland weit mehr Anerkennung als in Deutschland, charakteristisch hierfür ist die „Große Medizinische Enzyklopädie“ der UdSSR, die Vulpius um 1930 als „hervorragenden deutschen Orthopäden“ einstufte und im Artikel über ihn eine gute Übersicht über seine Leistungen gab.
Das rastlose Leben Vulpius‘ endete unerwartet in einem Autounfall. In der Geschichte der Medizin steht sein Name als einer der bedeutendsten deutschen Orthopäden der ersten Generation.
Quellen: StadtA Boxberg, ev. Kirchenbuch, Biograph. Sammlung, Auskunft vom 26. 7. 2010; UA Heidelberg PA 1228 u. PA 6191, Studenten- u. Personalakten Vulpius, Rep. 27, Nr. 1364, Akademische Quästur Vulpius, H-III–111/114, Bl. 161–168, Promotion Vulpius, H-III–111/120, Bl. 120–128, Habilitation Vulpius, H-III–111/149 u. H-III–111/150, Akten d. Med. Fak. – Entziehung des Lehrauftrags; Auskünfte des StadtA Heidelberg vom 5. 8. 2010 u. von Via Monumentum e.V., Heidelberg, vom 28. 8. u. 4. 11. 2010.
Werke: Schriftenverzeichnisse bei M. Jung, 1995, u. A. Braun, 1997 (vgl. Literatur). – Auswahl: Die Radikaloperation d. Hernien in d. vorderen Bauchwand, in: Beiträge zur klinischen Chirurgie 7, 1891, 91–134; Erster Jahresbericht d. Ambulanz für orthopädische Chirurgie, in: Zs. für orthopäd. Chirurgie 3, 1894, 101–118; Zweiter Jahresbericht d. Ambulanz für orthopäd. Chirurgie u. Massage an d. Heidelberger chirurgischen Universitätsklinik, ebd. 4, 1896, 9–33; Zur Verwertung d. Röntgenstrahlen, in: Dt. medizin. Wochenschr. 22, 1896, 480 f.; Casuistik d. Röntgen’schen Schattenbilder, in: Münchner Medizin. Wochenschr. 43, 1896, 609–611; Zur Casuistik d. Sehnentransplantation, ebd. 44, 1897, 409 f.; Zur Sicherung d. Asepsis bei Operationen, ebd. 45, 1898, 595; Aus d. orthopädisch-chirurgischen Praxis, 1898; Mechanische Orthopädie, in: Handb. d. physikalischen Therapie Teil I., Bd. 2, hgg. von A. Goldscheider u. P. Jacob, 1901, 306–330; Die Sehnenüberpflanzung u. ihre Verwertung in d. Behandlung d. Lähmungen, 1902; Das Krüppelheim, 1902; Über die Arthrodese des paralytischen Schlottergelenkes d. Schulter, in: Archiv für klinische Chirurgie 69, 1903, 116–133; Der heutige Stand d. Sehnenplastik, in: Zs. für orthopäd. Chirurgie 12, 1904, 1–15; Neurologie u. Orthopädie, in: Münchner Medizin. Wochenschr. 51, 1904, 1721–1727; Von d. Ärztefahrt zum Lissaboner Kongress, ebd. 53, 1906, 1022 f., 1068 f., 1118–1121; Die Orthopädie als Spezialität u. ihre Begrenzung, ebd. 55, 1908, 239 f.; Die Arthrodese des Schultergelenks, in: Zs. für orthopädische Chirurgie 19, 1908, 130–171; Die Behandlung d. spinalen Kinderlähmung, 1910 (Englisch 1912, Russisch 1913, Französisch 1914); Orthopädische Therapie, in: Handb. d. Neurologie Bd. I, Teil 2, hgg. von M. Lewandowsky, 1910, 1299–1321; (mit A. Stoffel) Orthopädische Operationslehre, 1911–1913, 2. Auf. 1920, 3. Aufl. 1924; Über die Sehnenverlängerung durch das „Rutschenlassen“, in: Münchner Medizin. Wochenschr. 61, 1914, 710; Kriegsorthopädisches, in: Dt. Medizin. Wochenschr. 41, 1915, 785–788, 819–822, 848–852, 881–883; Zur Technik d. Frakturenbehandlung, ebd. 44, 1918, 1377–1380; Aus 25 Jahren Orthopädischer Arbeit. Eine therapeutische Orientierung für den praktischen Arzt, 1920; Fragen u. Antworten zur Behandlung d. Knochen- u. Gelenktuberkulose, in: Acta chirurgica Scandinavica 67, 1930, 970–978; Kriegstagebücher, auszugsweise in: A. Braun, 1997, 148–181 (vgl. Literatur).
Nachweis: Bildnachweise: Reichshandb., 1931, 205, Braun, 1997 (vgl. Literatur).

Literatur: Vulpius, Oscar, in: Reichshandb. d. Gesellschaft Bd. 2, 1931, 1966 (mit Bildnachweis); I. Fischer, Biograph. Lexikon d. hervorragenden Ärzte d. letzten fünfzig Jahre, 1880–1930, Bd. 2, 1933, 1629; A. Wollenberg, Oscar Vulpius †, in: Zs. für Orthopädie u. ihre Grenzgebiete 65, 1936, 203 f. (mit Bildnachweis); D. Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803–1932, 1986, 279; M. Jung, Oscar Vulpius, sein Lebenswerk u. seine Bedeutung für die Orthopädie von damals u. heute, Diss. med. Heidelberg, 1995 (mit Bildnachweis u. Schriftenverzeichnis); A. Kreuter, Deutschsprachige Neurologen u. Psychiater. Ein biographisch-bibliogr. Lexikon, Bd. 3, 1996, 1514 f.; A. Braun (Hg.), Oscar Vulpius – Leben u. Werk. Ein Wegbereiter d. Orthopädie u. orthopädischen Chirurgie in Heidelberg, 1997 (mit Bildnachweis u. Schriftenverzeichnis).
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