von Dollinger, Konrad 

Geburtsdatum/-ort: 22.06.1840;  Biberach
Sterbedatum/-ort: 22.10.1925;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Architekt, Professor an der TH Stuttgart, Baudirektor
Kurzbiografie: 1865/67 Dollinger am Bau des Schlosses Montfort in Langenargen am Bodensee beteiligt
1867–1870 Eisenbahnbauinspektor in Aulendorf
1870 Prof. an der Baugewerkeschule in Stuttgart
1871 „Reiseskizzen aus Deutschland, Frankreich und Italien“ erschienen
1871/72 Bau des Kurhauses in Friedrichshafen
1872 Prof. am Polytechnikum (seit 1876 TH) in Stuttgart
1875/79 Bau der ev. Garnisonskirche in Stuttgart
1876 Neugestaltung der Marktfassade des Rathauses in Tübingen
1890/92 Bau der ev. Friedenskirche in Stuttgart
1906 Dollinger wird als Prof. an der TH Stuttgart pensioniert
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 24.8.1868 (Ravensburg) Elise Helene, geb. Kern, ev. (geboren in Zürich 5.5.1846, gestorben in Stuttgart 16.3.1921), Tochter des Franz Xaver Kern (geboren 31.3.1819 Wangen im Allgäu, gestorben 2.1.1876 Ravensburg), Kaufmann und Bierbrauereibesitzer in Zürich, später Privatier in Ravensburg, und der Marie, geb. Möhrlin (geboren 1823), Tochter des Kaufmanns und Stadtrats Lorenz Möhrlin, aus Ravensburg
Eltern: Vater: Johann Conrad Dollinger (geboren 21.3.1795, gestorben 12.7.1853), Weiss-Engel-Wirt in Biberach
Mutter: Johanna Justina, geb. Flächer (geboren 5.11.1815, gestorben 12.3.1892)
Geschwister: 3: Christian Konrad (geboren 29.3.1839), Kaufmann und Seifensieder in Saulgau; Wilhelm (geboren 18.10.1843), Konditor und Kaufmann in Biberach; Johanna Emilie (geboren 9.6.1846, gestorben 1920), verh. mit Karl Ostermaier, Kaufmann und Strumpfwirker in Biberach
Kinder: 4:
Maria Johanna (geboren 23.5.1870, verh. 21.5.1895 mit Karl Kiderlen, Hilfsstaatsanwalt in Ravensburg);
Richard (geboren 11.7.1871, gestorben 11.12.1954, verh. 1908 mit Gertrud Haidlen), Architekt, Regierungsbaumeister;
Louise Emilie Elise (geboren 1.1.1876, gestorben 8.11.1960, unverheiratet);
Paul Conrad Robert (geboren 29.6.1877, gestorben 2.6.1954), Jurist, seit 1905 Vorsitzender des Stuttgarter Gemeindegerichts, 1911 besoldeter Gemeinderat, 1918–1934 Bürgermeister in Stuttgart
GND-ID: GND/101071221

Biografie: Alfred Lutz (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 35-40

Dollinger besuchte in seiner Heimatstadt Biberach die Realschule und erhielt Zeichenunterricht von Johann Baptist Pflug, einem der bedeutendsten Genremaler seiner Zeit. Danach besuchte er bis 1860 als Architekturstudent das Polytechnikum in Stuttgart. Nach dem ausgezeichnet bestandenen Staatsexamen war Dollinger zwei Jahre im Büro des renommierten Architekten Christian Friedrich Leins, der auch schon sein wichtigster Lehrer am Polytechnikum gewesen war, tätig. 1862/63 bereiste er Italien, 1866/67 weilte er in Frankreich, hauptsächlich in Paris. Weitere Reisen führten ihn zu den Kunstdenkmälern entlang des Rheins, nach Norddeutschland und in die Niederlande. Nicht zuletzt auf diesen Reisen entstanden viele vorzügliche architektonische Zeichnungen, die Dollinger in Teilen 1871 in dem beim Verlag Wittwer in Stuttgart erschienenen Werk „Reiseskizzen aus Deutschland, Frankreich und Italien“ veröffentlichte. In den Jahren 1865 bis 1867 wirkte er am Bau des Schlosses Montfort („Villa Argona“) in Langenargen am Bodensee mit. Das im Auftrag von König Wilhelm I. in maurischen und neugotischen Stilformen errichtete und nach dessen Tod (1864) unter dem Nachfolger, König Karl, vollendete Bauwerk entstand nach Plänen des Ravensburger Bauinspektors Gottlieb Pfeilsticker (1811 – 1866). Dollinger oblag vor allem der dekorative Innenausbau des Schlosses in den Formen der Neurenaissance und nach dem Tod Pfeilstickers im November 1866 der Abschluss der Bauarbeiten. Das Königliche Obersthofmeisteramt in Stuttgart lobte am 7. Juni 1867: „Herr Dollinger hat sich in dem guten und reichen Geschmack dieser Arbeiten als tüchtiger und talentvoller junger Künstler gezeigt und mit seinen Leistungen die volle Zufriedenheit, wie das persönliche Interesse des höchsten Bauherrn, Seiner Majestät des Königs gewonnen. Er hatte die Ehre, Seiner Kgl. Majestät auch Vorschläge zum Weiterbau des Schlosses zu unterbreiten, welchen die höchste Anerkennung zu Teil wurde“ (Dokument abgedruckt bei Wurm, Zwei königliche Bauten, 92). Während seiner Tätigkeit in Langenargen besuchte Dollinger aus geselligen Anlässen immer wieder die nicht weit entfernte Stadt Ravensburg, wo er auch seine zukünftige Frau (Hochzeit 1868) kennenlernte. Ein von Dollinger 1867 erstellter Plan zum Umbau des 1625 errichteten Theatergebäudes in Ravensburg („Altes Theater“) in antikisierenden und neurenaissancistischen Formen blieb unausgeführt.
Im selben Jahr wurde Dollinger beim Eisenbahnhochbauamt in Aulendorf angestellt, wo er nun auch für einige Jahre seinen Wohnsitz nahm. Am 3. Juli 1867 wurde er von König Karl zum „Sektionsingenieur beim Eisenbahnbau“ mit dem Titel „Bauinspektor“ ernannt (Biberacher Amts- und Intelligenzblatt vom 17.7.1867). Infolge des Baus der „Württembergischen Allgäubahn“ Herbertingen-Leutkirch in den Jahren 1867 bis 1870, die hier die Südbahn Ulm-Friedrichshafen kreuzte, wurde Aulendorf zum zentralen oberschwäbischen Eisenbahnknoten. Dollinger war für die Erstellung der Hochbauten entlang der Allgäubahn Herbertingen-Leutkirch zuständig. Nach seinen Plänen entstanden unter anderem die Bahnhöfe in Saulgau, Waldsee und Wolfegg, aber auch andere Gebäude wie Lokschuppen und Bahnwärterhäuschen. Bei seinen Neubauten wie etwa den Bahnhöfen ließ Dollinger verschiedentlich regionaltypische Bautraditionen einfließen.
Im Jahre 1870 wurde Dollinger zum Professor für Baukonstruktionslehre an der Baugewerkeschule in Stuttgart ernannt; zwei Jahre später wurde er Professor (für „Baukonstruktionslehre“) am Polytechnikum (seit 1876 Technische Hochschule) in Stuttgart, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1906 lehrte. In den Jahren 1871/72 wurde nach Plänen Dollingers in Friedrichshafen das direkt am Bodenseeufer gelegene und auf seiner Rückseite an den Kurgarten angrenzende Kurhaus errichtet, finanziert durch eine eigens gegründete Aktiengesellschaft sowie durch Beiträge des Königshauses und des württembergischen Staates. Das hell verputzte Gebäude mit einer breiten Terrasse zur Seeseite hin bestand aus einem breiten, quer gelagerten Mitteltrakt und giebelständigen zweieinhalbgeschossigen und risalitartig vortretenden Seitenflügeln. Der Mitteltrakt nahm den großen zweigeschossigen Saal mit „Musikgalerie“ auf, der durch große, eng gestellte und durch schmale Pfeiler getrennte Fenster gut mit Licht versorgt wurde. Die Seitenflügel besaßen im ersten Obergeschoss jeweils einen dreiachsigen Erker mit Schleppdächlein und im Giebelgeschoss ein großes Flachbogenfenster; mit ihren flachen und vorkragenden Satteldächern und verbretterten oberen Längsseiten erinnerten sie an regionale Bautraditionen bzw. an den „Schweizerhausstil“. An weiteren Räumlichkeiten im Friedrichshafener Kurhaus waren unter anderem ein „Restaurationslokal“, ein Gesellschaftszimmer, Spiel- und Leseräume, die Küche und Magazinräume zu nennen; das Friedrichshafener Kurhaus Dollingers wurde 1909 abgebrochen und an seiner Stelle 1909 bis 1911 das Kurgartenhotel nach Plänen von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle erstellt. Auf dem evangelischen Friedhof seiner Heimatstadt Biberach führte Dollinger 1872 ein Denkmal zum Andenken an die im deutschfranzösischen Krieg von 1870/71 gefallenen Biberacher und der im dortigen Lazarett verstorbenen Soldaten aus; es ist in antikisierenden Formen gestaltet und mit einem Obelisken bekrönt. Später entstanden nach Dollingers Plänen auch die Unterbauten des Wieland-Denkmals in Biberach und des Schillerdenkmals in Marbach am Neckar (1876, dieses in Zusammenarbeit mit dem befreundeten Biberacher Bildhauer Ernst Rau). In Stuttgart wurden nach Plänen Dollingers 1872 die drei viergeschossigen Wohnhäuser Hohenheimer Straße Nr. 5, 7 und 9 in spätklassizistischer Formensprache errichtet. In Tübingen gestaltete Dollinger anlässlich der bevorstehenden 400-Jahr-Feier der dortigen Universität die Marktseite des im 15. und 16. Jahrhundert errichteten Rathauses neu „in Sgraffitotechnik nach süddeutsch-schweizerischen Vorbildern des 16. Jahrhundert.“ (Georg Dehio, Baden-Württemberg II, 724). Im Stil der Neurenaissance entstanden im Ziergiebel Allegorien von Tag und Nacht und die Wappen von Stadt und Land, am obersten Stockwerk wurde Graf Eberhard im Bart, der Gründer der Universität, zwischen dem alten Tübinger Wappen und dem Universitätswappen dargestellt, am Fries des Stockwerks darunter sind sechs historische Persönlichkeiten (darunter Johann Friedrich von Cotta und Ludwig Uhland) zu sehen, am ersten Obergeschoss schließlich die Allegorien der Gerechtigkeit und der sozialen Fürsorge sowie die Göttin Minerva als Hüterin von Kunst und Wissenschaft.
Ein von Dollinger im Zusammenhang mit dem Abbruch des Barfüßerklosters in Ulm wohl Ende der 1870er Jahre vorgelegter Plan zur Wiederbebauung des nun freigelegten Münsterplatzes mit gründerzeitlicher Blockbebauung und einer schräg auf den Münsterturm zuführenden Achse mit zwei neugotischen, arkaden- und erkergeschmückten Gebäuden als Auftakt kam nicht zur Ausführung.
Ein Schwerpunkt in Dollingers Schaffen als Architekt lag auf dem Gebiet des evangelischen Kirchenbaus. Bereits 1872 war nach seinen Plänen die kleine Waldenserkirche in Kleinvillars (heute zu Knittlingen, Enzkreis) im romanisierenden Rundbogenstil mit eingezogenem, dreiseitig geschlossenem Chor ausgeführt worden. Von 1875 bis 1879 wurde die evangelische Garnisonskirche in Stuttgart nach Plänen Dollingers errichtet; sie war sein wohl bedeutendstes Werk. Der Bau auf kreuzförmigem Grundriss mit dreischiffigem Lang- und Querhaus war massiv gewölbt und mit Emporen versehen, die schmalen Seitenschiffgänge waren umgangsartig auch um das Chorrund geführt. Der gebänderte, zweifarbige Sichtbacksteinbau mit Sandsteingliederungen zeigte „analog zu der strengeren Stilauffassung der Leins-Schule ein eng an rheinisch-romanischen Bauten des 12. Jahrhunderts orientiertes Stilkleid“ (Seng, Der evangelische Kirchenbau, 313). Der 60 Meter hohe, oktogonale Vierungsturm, die beiden 57 Meter hohen Fassadentürme und die vier 39 Meter hohen Flankentürmchen am Querhaus ließen den nicht zuletzt vom Vorbild des spätromanischen Limburger Domes beeinflussten Bau im Stuttgarter Stadtbild wie eine „Kirchenburg“ (Wais, Alt-Stuttgarts Bauten Bild, 611) wirken. Dieser Eindruck war bei einer Garnisonskirche wohl durchaus nicht unerwünscht, wobei der romanische Stil und die Verwendung von Backstein nicht zuletzt auch Kostengründen geschuldet waren. Die Ruine der im Zweiten Weltkrieg 1944 ausgebrannten Garnisonskirche wurde 1951 gesprengt.
Bei einem Architektenwettbewerb im Jahre 1888 zum Neubau der evangelischen Friedenskirche in Stuttgart bekamen zwar der Dresdner Architekt Christian Schramm den ersten und der – schon durch einige katholische Kirchenbauten hervorgetretene und damals in Hall ansässige – Regierungsbaumeister Ulrich Pohlhammer den zweiten Preis zugesprochen, während der von Dollinger eingereichte Entwurf lediglich mit dem dritten Preis ausgezeichnet und zum Ankauf empfohlen wurde. Die maßgeblichen, mit der Entscheidung befassten Persönlichkeiten plädierten jedoch schließlich für die Arbeit Dollingers, der dann auch mit der Auflage, einige Änderungen vorzunehmen, mit der Ausführung betraut wurde. Wie bei der Garnisonskirche hatte Dollinger den romanischen Stil gewählt. Stimmen, „die neue Kirche in gothischem Stil zur Ausführung zu bringen, um so mehr, ,als doch unstreitig der gothische Stil sich in dem Bewusstsein des evangelischen Volkes als der eigentlich kirchliche Baustil eingelebt habe‘ “, setzte der Vorstand des „Vereins für christliche Kunst in der evangelischen Kirche“ Württembergs in einem Gutachten entgegen: „Es würde sich zwar der Spitzbogen besonders empfehlen, aber auch der Rundbogen habe seinen vollen kirchlichen Werth, und weil der Spitzbogen eine noch grössere Höhensteigerung, damit für die Predigt ungünstigere Räumlichkeit, ohnehin eine höhere Bausumme erfordert, als der Rundbogen, so werde dieser vorzuziehen sein“ (Deutsche Bauzeitung 24 (1890), 64). Im Herbst 1890 wurde mit dem Bau begonnen, die Einweihung erfolgte am 11. Dezember 1892. Der Kern des über 1400 Sitzplätze verfügenden Baus war ein Rechteck mit zwei schmalen Nebenschiffen, das über eine an mittelalterliche Vorbilder erinnernde Doppelchoranlage verfügte. Der an der Ostseite angefügte polygonale Raum diente als Chor („Altarplatz“), während das westliche Gegenstück als Orgel- und Sängerchor genutzt wurde. Beide Chöre waren von Anbauten flankiert, die die Treppenaufgänge zu den Emporen aufnahmen und über Nebeneingänge zugänglich waren, die über schöne, offene Vorhallen verfügten. Aus städtebaulichen Gründen war der 60 Meter hohe Turm der Mitte des nördlichen Langhauses vorgesetzt; er nahm auch den Haupteingang auf. Die Wirkung dieser durch die Turmanlage betonten nördlichen Schauseite wurde noch durch eine vom Platz zur Kirche aufsteigende Freitreppe gesteigert. „Der dreischiffige, jedoch aufgrund der schmalen Seitenschiffe saalartige Innenraum wies über beiden Seitenschiffen schmale Emporen auf. Im Gegensatz zum monumentalen Steinbau des Äußeren war jedoch das Innere aus akustischen Gründen als Holzkonstruktion ausgeführt. So waren die Emporen, die in Sargform gestaltete Decke, die Stützen, Säulen etc. als reine Holzeinbauten gestaltet, wodurch die Stützen für Empore und Decke in ihrem Durchmesser äußerst gering gehalten werden konnten und damit möglichst wenig Sichthindernis darstellten. Lediglich die Apsiden des Chors und Orgelraums sowie die Vorhallen und Treppenhäuser waren massiv gewölbt“ (Seng, Der evangelische Kirchenbau, 337). Die Ruine der 1944 schwer kriegszerstörten Kirche wurde 1962 gesprengt und abgetragen; lediglich der in seinem oberen Teil veränderte neuromanische Turm blieb erhalten und wurde in den modernen Neubau von 1964 bis 1966 einbezogen.
Für den Bau der evangelischen Matthäuskirche im Stuttgarter Stadtteil Heslach hatte Dollinger einen ersten Entwurf geliefert; übertragen wurde der Bau jedoch schließlich dem Stuttgarter Stadtbaurat Adolf Wolff (1832 – 1885). Die 1876 bis 1981 ausgeführte Matthäuskirche, ein Hausteinbau auf kreuzförmigem Grundriss mit dreischiffigem Lang- und Querhaus sowie eingezogenem, polygonalem Chor, ist in neuromanischen Stilformen mit Anklängen der Neugotik und Neurenaissance gehalten. Der schlanke Westturm der ursprünglich über 1300 Sitzplätze verfügenden Kirche ist 68 Meter hoch, der polygonale Vierungsturm mit Giebelkranz und Zeltdach (heute verändert) ähnelt demjenigen der 1875/79 erbauten evangelischen Garnisonskirche in Stuttgart; das Innere der in allen Teilen gewölbten Kirche ist von hohen Emporen geprägt. Beim Architektenwettbewerb um den Bau einer neuen evangelischen Kirche in Heilbronn wurde Dollinger 1891, insbesondere wegen der „ausnehmend klare[n] Grundrissbildung“ seines Entwurfs (Deutsche Bauzeitung 25 (1891), Nr. 43, 263), der zweite Preis zuerkannt (Bau der evangelischen „Friedenskirche“ in Heilbronn schließlich nach Plänen von Johannes Vollmer 1895 – 99 in neuromanischen und neugotischen Formen). Auch ein in der Fachzeitschrift „Architektonische Rundschau“ publizierter Entwurf Dollingers für eine neue evangelische Kirche in (Stuttgart-)Zuffenhausen wurde nicht realisiert; er sah einen Sichtbackstein mit Hausteingliederungen in neuromanischen Formen (Turm jedoch mit barockisierendem Laternenabschluss) vor; da Stützpfeiler nur unter den Emporen vorgesehen waren, sollten alle 1200 Sitzplätze „freie Aussicht auf Kanzel und Altar“ haben und die Holzdecke „beste Akustik“ gewährleisten (Architektonische Rundschau 10 (1894), Heft 12, Text zu Tafel 100); schließlich wurde die neue evangelische Pauluskirche in Zuffenhausen jedoch 1901 bis 1903 nach Plänen von Heinrich Dolmetsch errichtet.
Dollinger war ab 1871 Mitglied im Ausschuss des „Vereins für christliche Kunst in der evangelischen Kirche“ Württembergs; er entwarf auch Grabdenkmäler sowie kirchliche Gerätschaften. Dollinger gehörte Preisgerichten bei bedeutenden Architektenwettbewerben an, so 1899 im Falle des Baus der katholischen Garnisonskirche (St. Georg) in Ulm (Sieger: Max Meckel) und der evangelischen Garnisonskirche in Ludwigsburg (Sieger: Friedrich von Thiersch). 1901 wurde Dollinger mit dem Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone ausgezeichnet; diese Ehrung war mit dem persönlichen Adelstitel verbunden. Am 21. Juni 1906 trat er als Professor an der TH Stuttgart in den Ruhestand; gleichzeitig wurde ihm der Titel „Baudirektor“ verliehen. Dollinger, der im Sommer 1918 das Fest der Goldenen Hochzeit feiern konnte, ging bis ins hohe Alter seiner großen Leidenschaft als herausragender Architekturzeichner nach. Zuletzt an Sehschwäche und Schwerhörigkeit leidend, starb Dollinger 1925 im hohen Alter von 85 Jahren in Stuttgart.
Teile seines zeichnerischen Nachlasses befinden sich im Architekturmuseum der TU Berlin.
Quellen: HStAS E 14 Bü 208; J 154 A IV, Nr. 1396; J 301 a Nr. 308; M 17/1 Bü 1202; M 703; Q 314 Bü 1191; R 342 N 2; StadtA Stuttgart, Bestand 177/1 (Standesamt, Register); StadtA Ravensburg, Gemeinderatsprotokoll vom 22.7.1867 (§ 509), X 570 und Bestand Karten und Pläne.
Werke: Architektonische Reise-Skizzen aus Deutschland, Frankreich und Italien, Stuttgart o. J. (ca. 1871).
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Ravensburg, Bestand X 570 (6. 2.); HStAS (Sammlung Kommerell); Paul Heim, Gedenkbüchlein, 33; Adam Kuhn, Bedeutende Biberacher, nach 14; Annette Schmidt, Ludwig Eisenlohr. 23 (Lehrer und Schüler der Architekturfachschule der Polytechnischen Schule in Stuttgart, darunter Christian Friedrich von Leins und Dollinger, Foto um 1871/74); Statue in der Dollinger-Realschule Biberach.

Literatur: Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Württemberg; Seeblatt vom 13.7.1872; Deutsche Bauzeitung 6 (1872), Nr. 20, 160; 24 (1890), 64; 25 (1891), 263; 27 (1893), 197 f.; 13 (1897), Nr. 49, 254; Die neue Garnisonskirche in Stuttgart, 1879; Architektonische Rundschau 1 (1885), Heft 5, Tafel 33 mit Text; 10 (1894), Heft 12, Tafel 100 mit Text; Christliches Kunstblatt 1 (1874), 6-11; 8 (1888), 126-128; 4 (1890), 64; 12 (1892), 177-185; Centralblatt der Bauverwaltung 8 (1888), Nr. 30, 319; 21 (1901), Nr. 17, 101; Der Kirchenbau des Protestantismus von der Reformation bis zur Gegenwart, hg. von der Vereinigung Berliner Architekten, 1893, 285-288; Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, hg. von Ulrich Thieme, Bd. 9, 1913, 394; Friedrich Rimmele, Zum Gedächtnis an Konrad Dollinger, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 45 (1925), Nr. 51, 619-621; Spemanns goldenes Buch vom Eignen Heim, 1904, Nr. 480; Paul Heim, Gedenkbüchlein zum 50jährigen Jubiläum der Friedensgemeinde in Stuttgart, 1928; Richard Preiser, Biberacher Bau-Chronik, 1928, 136, 196; Adam Kuhn, Bedeutende Biberacher, 1929, 13-15; Gustav Wais, Alt-Stuttgarts Bauten im Bild, 1951, 611 f., 614; Rudolf Huber, Das Rathaus von Tübingen, 1956; Michael Bringmann, Studien zur neuromanischen Architektur in Deutschland, Diss., 1968, 47, 169; Jürgen Sydow/Andreas Feldtkeller, Das Tübinger Rathaus, 1976; Heinrich Wurm, Zwei königliche Bauten am Bodensee und ihre Baumeister: Domäne Mooswald (1830), Villa Argona – Schloss Montfort, 1976 (Ms. Manuskript im StadtA Ravensburg, Kt 230); Evangelische Friedensgemeinde Stuttgart 1878 – 1978, hg. vom Kirchengemeinderat der Friedensgemeinde Stuttgart, 1978; „Das Kurhaus von 1872: eine ,Perle der Stadt‘ “, in: Schwäbische Zeitung (Ausgabe Friedrichshafen) vom 16.2.1980; Valentin W. Hammerschmidt, Anspruch und Ausdruck in der Architektur des späten Historismus in Deutschland (1860 – 1914), 1985, 63; Hubert Krins, Die Freilegung des Ulmer Münsters und ihre Folgen, in: Denkmalpflege in Baden-Württemberg 15 (1986), Nr. 2, 49-57, hier 52; Norbert Bongartz, Der Vorstadt- Dom in neuer Romanik, in: Matthäuskirche 1881 – 1981, 1981, 25-28; FS 25 Jahre Dollinger-Realschule Biberach (1963 – 1988), 1988, 24-27; Hartwig Beseler/Niels Gutschow, Kriegsschicksale deutscher Architektur, Bd. II: Süd, 1988, 1248 f., 1252; Otto Borst, Biberach. Geist und Kunst einer schwäbischen Stadt, in: Dieter Stievermann (Hg.), Geschichte der Stadt Biberach, 1991, 144, 166; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Baden-Württemberg I: Die Regierungsbezirke Stuttgart und Karlsruhe, bearb. von Dagmar Zimdars u. a., 1993, 746; Eva-Maria Seng, Der evangelische Kirchenbau im 19. Jahrhundert, 1995; Friedemann Schmoll, Verewigte Nation, 1995, 157, 357; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Baden-Württemberg II: Die Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen, bearb. von Dagmar Zimdars u. a., 1997, 405, 724; Werner Wolf-Holzäpfel, Der Architekt Max Meckel (1847 – 1910), 2000, 162, 299, 365; Saur Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 28, 2001, 344 f.; Alfred Lutz, Gottlieb Pfeilsticker (1811 – 1866), Wegbereiter der historistischen Architektur in Oberschwaben, in: Ulm und Oberschwaben 55 (2007), 305-357; Peter Eitel, Geschichte Oberschwabens im 19. und 20. Jahrhundert. Bd. 2: Oberschwaben im Kaiserreich (1870 – 1918), 2015, 156.
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