Kraus, Otto 

Geburtsdatum/-ort: 11.05.1870; Speyer
Sterbedatum/-ort: 11.03.1919;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Schriftsetzer, Redakteur, Landessekretär des badischen Zentrums
Kurzbiografie: 1877-1885 Volksschule Speyer
ab 1885 Schriftsetzerlehre Dr. Haas'sche Druckerei Mannheim; danach praktische Berufsausübung daselbst; zugleich verschiedene redaktionelle Tätigkeiten
1905-1912 2. Schriftleiter beim Neuen Mannheimer Volksblatt
1908-1912 Hauptgeschäftsführer beim katholischen Volksverein (Bezirksverein Mannheim)
1912-1919 Landessekretär des badischen Zentrums, Freiburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 19.1.1895 Elisabeth, geb. Rohr
Eltern: Vater: Michael Kraus, Tapetendrucker
Mutter: Anna Maria, geb. Jester
Geschwister: 2: Adelheid, Matthias
Kinder: 3
GND-ID: GND/1012281078

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 170-171

Nach Abschluß der Volksschule begann Kraus in Mannheim eine Schriftsetzerlehre. Früh erwachte in ihm das Interesse für die Politik, und im Umfeld der damals mächtig aufstrebenden Industrie- und Handelsstadt fühlte er sich vor allem von der Arbeiterfrage angesprochen. Rede- und zugleich schreibgewandt, meldete er sich auf verschiedenen Ebenen zu Wort, sei es als Diskussionsredner in politischen Versammlungen oder als Presseberichterstatter. Da ihm der Besuch einer weiterführenden Schule versagt geblieben war, eignete er sich das notwendige theoretische Wissen in Kursen für Staatsbürgerkunde an, die damals vom Volksverein für das katholische Deutschland veranstaltet wurden.
Kraus orientierte sich stark am gesellschaftspolitischen Programm der Zentrumspartei. Da er stets darauf bedacht war, sein politisches Engagement mit seinen beruflichen Fähigkeiten zu verbinden, wurde ihm 1905 beim Mannheimer Presseorgan des Zentrums (Neues Mannheimer Volksblatt) der Posten des zweiten Schriftleiters angeboten. Obwohl zunächst mit dem Lokalteil der Zeitung betraut, gewann er als Redakteur wachsenden Einfluß auf die Landespartei, die damals unter der Führung von Wacker stand. So wurde er selbst für das badische Zentrum ein geschätzter Schriftführer, Redner und Organisator, und auf diese Weise wuchs sehr schnell sein überlokaler Bekanntheitsgrad. Einen persönlichen Erfolg erzielte er anläßlich der Reichstagswahl 1912, als es ihm gelang, auf seine Person eine in Mannheim bislang nie erreichte Stimmenzahl zugunsten des Zentrums zu vereinigen, ohne jedoch den sicheren SPD-Wahlkreis der konkurrierenden Partei abnehmen zu können.
Noch im selben Jahr berief ihn Wacker in das neugeschaffene Amt eines Landessekretärs des badischen Zentrums. Schweren Herzens verließ Kraus seinen angestammten Wohn- und Wirkungsort, um sich künftig von Freiburg aus ganz in den Dienst der Landespartei zu stellen. Vielfältig waren die neuen Aufgaben, die ihn dort erwarteten. Kraus erstrebte nicht nur eine fundierte politische Schulung der jüngeren Parteimitglieder, sondern wünschte auch eine stärkere Einflußnahme des Zentrums auf die Gewerkschaften und Berufsorganisationen. Die von ihm eingeleitete Straffung des Parteiapparats und die Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit sollten rasch erste Früchte zeitigen. Bei den Landtagswahlen 1913 konnte das Zentrum seine bisherige Mandatszahl von 26 auf 30 erhöhen.
Der Weltkrieg stellte auch Kraus vor schwierige Probleme, zumal er an Schofers Stelle geschäftsführend die Leitung des katholischen Volksvereins in Baden übernehmen mußte. Und wiederum bewies er in den Tagen des staatlichen Zusammenbruchs (1918) politischen Weitblick, als er den Beitritt von Zentrumsvertretern zur provisorischen Regierung guthieß, um nicht den Soldatenräten das politische Feld zu überlassen. Hohen persönlichen Einsatz verlangte ihm der Doppelwahlkampf zur badischen und Weimarer Nationalversammlung ab. Dabei war ihm die Aktivierung der Frauen ein wichtiges Anliegen; von der jungen Republik mit dem Stimmrecht ausgestattet, sagte er ihnen eine tragende Rolle im zukünftigen demokratischen Staat voraus.
In den bewegten Wochen des politischen Neubeginns hatte sich Kraus kräftemäßig so sehr verausgabt, daß ein Erholungsurlaub dringend geboten war. Nach der Rückkehr unterzog er sich einer seit längerem notwendigen Operation. Bereits auf dem Weg der Besserung, starb er, erst 49jährig, unerwartet an einem Herzschlag.
Nachweis: Bildnachweise: F. Dor, a. a. O., S. 200.

Literatur: H. Müller, Parteisekretär und Redakteur O. Kraus, in: Breisgauer Chronik. Beil. zum Freiburger Bote, 11. Jg. 1919, Nr. 13, 49-52 u. Nr. 14, 51-53; F. Dor, O. Kraus, Parteisekretär, in: Edle Männer unserer Heimat, Karlsruhe 1920, 192-219; J. Schofer, Mit der alten Fahne in die neue Zeit, Freiburg 1926, 105; Heinrich Köhler, Lebenserinnerungen, Stuttgart 1964, 93.
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