Gießler, Rupert 

Geburtsdatum/-ort: 23.09.1896;  Mannheim
Sterbedatum/-ort: 15.10.1980;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Journalist
Kurzbiografie: 1914 Abitur in Mosbach
1914-1918 Kriegsdienst
1920-1925 Studium an den Universitäten Heidelberg und Freiburg i. Br.
1925 Promotion zum Dr. phil. Freiburg bei Prof. Philipp Witkop
1926 Feuilletonredakteur bei Freiburger Tagespost
1939 Berufsverbot als Journalist
1940-1944 Unterschlupf beim Alsatia-Verlag in Colmar
1945 Leiter der „Freiburger Nachrichten“, Vorläuferin der Badischen Zeitung (1946)
1946-1965 Leiter der Feuilleton-Redaktion
1953-1965 Vorsitzender, danach Ehrenvorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes
1956-1961 Sprecher des Deutschen Presserates
1959 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens
1973 Großes Verdienstkreuz mit Stern
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1928 Irmgard, geb. Freitag (gest. 1958)
Eltern: Vater: Joseph Gießler, Landgerichtspräsident in Mannheim, Zentrumsabgeordneter im Badischen Landtag
Mutter: Josefine, geb. Faller
Geschwister: 3
Kinder: Ursula, lebt als Redakteurin in Saarbrücken
GND-ID: GND/1012404110

Biografie: Ansgar Fürst (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 98-99

Gießler entstammt einem katholischen Elternhaus. Der Vater war Landgerichtspräsident in Mannheim und führender Zentrumsabgeordneter im Badischen Landtag. Die Mutter trat als Repräsentantin katholischer Frauenverbände im öffentlichen Leben hervor. Nach dem Abitur nahm Gießler am Ersten Weltkrieg teil, studierte nach seiner Flucht aus französischer Kriegsgefangenschaft zunächst Rechtswissenschaft, dann Philosophie. 1925 promovierte er bei Philipp Witkop in Freiburg über „Die geistliche Lieddichtung der Katholiken im Zeitalter der Aufklärung“. 1926 trat er als Feuilletonredakteur in die von Karl Färber geleitete Redaktion der katholischen „Freiburger Tagespost“ ein. Diese Zeitung wurde 1940 von den Nationalsozialisten verboten. Bereits 1939 hatte Gießler ein Berufsverbot als Journalist erhalten, da seine Frau Jüdin war. Gießler fand Unterschlupf beim Alsatia-Verlag in Colmar. Offiziell war er persönlicher Sekretär des Verlegers Josef Rosse. Praktisch übte er die Tätigkeit eines Lektors aus. Der Alsatia-Verlag war in diesen Jahren ein Sammelpunkt des geistigen Widerstands im Elsaß. In dem Verlag publizierten vornehmlich katholische Autoren, darunter auch Reinhold Schneider, Theodor Haecker und Romano Guardini. Gießlers Familie war in diesen Jahren wegen der Verfolgung aus „rassischen Gründen“ akut gefährdet. Frau und Kind überlebten die letzten Jahre des Dritten Reiches in mancherlei Verstecken, zuletzt im Kloster der Herz-Jesu-Priester in Stegen im Dreisamtal. Nach dem Krieg war Gießler einer der ersten Journalisten, die sich an den Wiederaufbau des Pressewesens machten. Bereits im Herbst 1945 erschienen unter seiner verantwortlichen Leitung die „Freiburger Nachrichten“ im Verlag Rombach&Co. Sie waren die Vorgängerin der am 1. Februar 1946 gegründeten „Badischen Zeitung“, deren Verbreitung und publizistischer Anspruch weit über die Stadt Freiburg hinausreichten. An dieser Zeitung waren der katholische Verleger Josef Knecht (ehemals Verlagsleiter der „Rhein-Mainischen Volkszeitung“), der Verlag Rombach&Co. und der letzte Geschäftsführer der „Frankfurter Zeitung“, Wendelin Hecht, beteiligt. Gießler war hier Leiter der Feuilleton-Redaktion, Theaterkritiker und der presserechtlich verantwortliche Redakteur bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1965.
Dieser berufliche Weg, der weitgehend auf Freiburg konzentriert war, machte jedoch nur einen Teil von Gießlers Lebenswerk aus. Gleich nach dem Krieg bemühte er sich mit Gleichgesinnten um die Gründung eines Presseverbandes in Baden, dessen Erster Vorsitzender er wurde. 1953 wurde er zum Vorsitzenden des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) gewählt. In den zwölf Jahren seiner Amtszeit wurde ein umfassendes Tarifwerk geschaffen, das der spezifisch journalistischen Berufsarbeit Rechnung trägt. 1965 machte ihn der DJV zu seinem Ehrenvorsitzenden.
Als sich in den Nachkriegsjahren die Beschwerden gegen einige Presseorgane häuften und ein Entwurf Aufsichtsinstanzen für die Presse vorsah, ergriff der DJV unter Gießler die Initiative zur Schaffung einer Instanz der Selbstkontrolle der Presse, die 1956 zur Gründung des Deutschen Presserates führte. Gießler war sein erster Sprecher und nahm diese Funktion sechs Jahre lang wahr. Nach seinem Verständnis sollte der Presserat die Pressefreiheit nicht nur gegenüber dem Staat bewahren, sondern auch vor ihrem Mißbrauch in der Presse selbst. In einem von ihm verfaßten und von den Berufsverbänden verabschiedeten „Presse-Kodex“ wurden die publizistischen Grundsätze zusammengefaßt, die es zur Wahrung eines journalistischen Berufsethos zu beachten gilt.
Gießlers öffentliches Wirken fand noch manche andere Betätigungsfelder: Er war der erste Deutsche im Präsidium der Internationalen Journalisten-Föderation, er war Mitglied im Rundfunkrat des Südwestfunks und er war im Vorstand der Stiftervereinigung der Presse. 1959 verlieh ihm Bundespräsident Heuss das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik, 1973 wurde er als erster Journalist mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet.
Werke: Die geistliche Lieddichtung der Katholiken im Zeitalter der Aufklärung, Freiburg Diss. 1925, gedruckt 1926; Die Gemälde von Willy Oeser. Kritisches, Mannheim 1928, 18 S.; Karl Hofer, in: Staatsanz. für B-W. 4, 1955, Nr. 28; Emil Strauß, in: Staatsanz. Tür B-W. 5, 1956, Nr. 10.
Nachweis: Bildnachweise: Foto Pragher, Freiburg i. Br., Kat. Nr. 56844 B.
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