Engelberg, Fritz von Friedrich Karl Joseph 

Geburtsdatum/-ort: 03.05.1859;  Mannheim
Sterbedatum/-ort: 19.03.1933;  Baden-Baden
Beruf/Funktion:
  • Gefängnisdirektor, Ministerialrat im badischen Innenministerium
Kurzbiografie: 1878 Abitur am Karl-Friedrich-Gymnasium Mannheim
1879-1882 Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Berlin und Heidelberg, u. a. bei Prof. Rudolf Heinze, Promotion in Heidelberg
1882 Rechtspraktikant am Amtsgericht Mannheim
1885 Rechtsreferendar
1886-1887 Rechtsanwalt
1890 Amtsrichter in Tauberbischofsheim
1891-1909 Leiter des Landesgefängnisses Mannheim
1898 Vorsitzender des Vereins deutscher Strafanstaltsbeamten
1906 Geheimer Regierungsrat
1908 Kammerherr des badischen Großherzogs Friedrich
1909 Ministerialrat im badischen Innenministerium
1912 Geheimer Oberregierungsrat
1918 Vermögensverwalter der Großherzoglichen Familie
1927 Nach Eintritt in den Ruhestand Übersiedlung nach Baden-Baden
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1887 (Mannheim) Karoline, geb. Dyckerhoff, Tochter des Fabrikanten Rudolf Dyckerhoff, Prof. Dr. h. c. (1842-1917)
Eltern: Vater: Friedrich Alexander (1815-1870), Obergerichtsadvokat
Mutter: Emilie, geb. Heußer (1824-1911)
Kinder: Hilda (geb. 1888)
Friedrich
Alexander (1894-1960)
GND-ID: GND/1012769747

Biografie: Sabine Pich (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 64-65

Engelberg entstammte mütterlicherseits einer Familie, die sich eng mit dem Mannheimer Theater verbunden fühlte. Sein Großvater führte eine Hoftheater-Schneiderei, seine Mutter Emilie, Schauspielerin am großherzoglichen Hof- und Nationaltheater, gastierte 1856 bis 1857 an der königlichen Schauspielbühne zu Berlin unter dem Intendanten Josef Düringer, bis die Heirat mit dem Mannheimer Obergerichtsadvokaten ihre Karriere jäh beendete. Doch ungeachtet des künstlerischen Erbes schlug Engelberg – wie übrigens die Mehrzahl seines Abiturientenjahrgangs – die juristische Laufbahn ein. Als 30-jähriger zum Direktor des Landesgefängnisses Mannheim ernannt, widmete sich Engelberg neben seinen praktischen Aufgaben als Anstaltsleiter den theoretischen Fragen des Strafvollzugs. Auf den internationalen Pönitentiarkongressen, wo er die badische Regierung vertrat, und durch seine zahlreichen Veröffentlichungen erwarb Engelberg sich den Ruf eines hervorragenden Experten in Strafvollzugsangelegenheiten. Für seine gutachterlichen Dienste im Auftrag auswärtiger Regierungen erhielt er württembergische und russische Ordensauszeichnungen. Als langjähriger Vorsitzender des Mannheimer Bezirksvereins für Jugendschutz und Gefangenenfürsorge galt sein besonderes Interesse der Resozialisierung jugendlicher Straftäter. Während seiner Mannheimer Amtszeit erarbeitete Engelberg einen Entwurf für ein neues Strafvollzugsgesetz. Sein umfangreichstes Projekt war der Neubau des Landesgefängnisses unweit des gerade entstehenden Industriegebiets. In dem sternförmigen Grundriss des von vier Zellenflügeln umgebenen Hauptgebäudes verwirklichte Engelberg seine Vorstellungen von einem dezentral organisierten Strafvollzug. Die großzügige Bauweise des neuen Gefängnisses brachte ihm allerdings den Vorwurf ein, dass hierdurch unnötiger Luxus für die Gefangenen betrieben werde. Engelberg war erklärter Gegner der modernen Zentralgefängnisse, wie sie zur gleichen Zeit u. a. in Frankreich konzipiert wurden, und bemühte sich statt dessen um die Verbesserung der Zustände in den kleinen Kreis- und Amtsgefängnissen. In Engelbergs theoretischen Schriften über den Strafvollzug nahm der Aufsichtsbeamte eine wichtige Position ein. Er hatte im Idealfall Therapeut, Seelsorger und Betreuer des Gefangenen zu sein. Deshalb trat Engelberg auch für eine bessere Ausbildung der Vollzugsbeamten ein. Um die Jahrhundertwende galt Baden als Reformstaat; Engelberg mag viel zu diesem Ruf beigetragen haben.
In Engelbergs Leben, das stets gradlinig und bar jeder Anfechtung zu verlaufen schien, gab es allerdings auch Momente, die das bisher Geleistete infrage stellten. Mitten in seinem hoffnungsvollen gesellschaftlichen und beruflichen Aufstieg fühlte er sich in einen „äußerst drückenden Zustand versetzt“, als im Zusammenhang mit seiner bevorstehenden Ernennung zum Kammerherrn des Großherzogs Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Adelstitels auftauchten. Nicht nur sein Ansehen stand auf dem Spiel, sondern auch die standesgemäße Zukunft seiner Kinder. Engelberg war sich keinerlei Verfehlung bewusst und erinnerte die badische Regierung daran, dass es auch nicht in ihrem Interesse lag, das Ansehen ihres auf internationalen Kongressen renommierten Justizvertreters zu gefährden. Dies bewog Großherzog Friedrich, Engelberg die Zugehörigkeit zum großherzoglichen Adel ausdrücklich zu bestätigen. Zeitlebens fühlte sich Engelberg dem Großherzog verpflichtet, der ihm bereits 1899 für seine Dienste den Zähringer Löwenorden zum Ritter I. Klasse verliehen hatte. Als langjähriger Präsident der großherzoglichen Zivilliste blieb er auch nach 1918 Vermögensverwalter der großherzoglichen Familie. Seine reformpolitischen Ideen hinderten Engelberg nicht daran, sich einen gewissen standesbewussten Konservatismus bis zu seinem Lebensende zu bewahren.
Quellen: StadtA Mannheim: Nachlass Engelberg, Zugang 20/1985, Personengesch. Slg. S1/4629, Familienbögen; Mannheimer Adressbücher; Bestand Karl-Friedrich-Gymnasium; GLA Karlsruhe 238/11096, 238/11097 (Direktorenstelle).
Werke: Nach welchen Grundsätzen sind den Gefangenen für ihre Arbeitsleistungen Belohnungen zu bewilligen? Gutachten, in: Bll. für Gefängniskunde (Bll.f.G.) 1898, 76-95; Ein Gesetzentwurf des Senators Le Jeune in Brüssel über die Errichtung von bes. Anstalten zur Unterbringg. von irren Verbrechern, verbrech. Irren, Alkoholikern u. lebensgefährlich erkrankten Gefangenen, in: Bll.f.G. 1899, 68-84; Das Gefängnis in Fresnes bei Paris, in: Bll.f.G. 1900, 73-84; Bericht über den gegenwärt. Zustand des Gefängniswesens im Großhgtm. Baden, erstattet für den internat. Gefängniskongress zu Brüssel i. J. 1900, in: Bll.f.G. 1901, 37-61; Der gegenwärt. Zustand des Gefängniswesens. Vortrag, geh. auf dem Internat. Pönitentiarkongress in Budapest 6/1905, in: Bll.f.G. 1905, 458-473.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Mannheim, Bildnissammlung, Album Nr. 378.

Literatur: Friedrich Walter, Mannheim in Vergangenheit u. Gegenwart 3, 1907; Verwaltungsbericht d. Stadt Mannheim 1909; Hof- u. Staatshandbuch des Großherzogtums Baden 1910, 1912, 1913; Eugen v. Jagemann, 75 Jahre des Erlebens u. Erfahrens (1849-1924), 1925; Fritz v. Engelberg, Gedanken um die Landwirtschaft von morgen. Zum 80. Geburtstag am 24. 7. 1970 gewidmet, hg. vom Freundeskreis Engelberg, 1970.
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