Uhrig, Karl Theodor 

Geburtsdatum/-ort: 14.06.1923;  Mannheim
Sterbedatum/-ort: 08.02.2001;  Lahr/Schwarzwald.
Beruf/Funktion:
  • Schulleiter, MdL-CDU
Kurzbiografie: 1940 Theodor-Körner-Gymnasium, Lahr, bis Abitur
1941–1945 Kriegsdienst beim Luftnachrichtendienst an d. Ostfront, unmittelbar nach Ende des Krieges kurzzeit. Gefangenschaft im Lager Erding.
1945–1949 Studium d. Fächer Geschichte u. Germanistik in Freiburg bis zum I. Staatsexamen
1950–1981 II. Staatsexamen, dann Lehrer an d. Handellehranstalt Lahr, seit 1967 Leiter des Integrierten Beruflichen Gymnasiums Lahr
1953 Eintritt in die CDU
1956–1970 Stellvertr. CDU Vorsitzender im Kreis Lahr
1962–1991 Gemeinderat in Lahr
1965–1984 Kreisrat in Lahr, dann im Ortenaukreis
1967–1992 MdL-CDU
1976–1980 Vorsitzender des Kulturpolitischen Ausschusses
1980–1984 Vorsitzender des Landtagsausschusses für Schule, Jugend u. Sport
1985–1987 Mitglied im Vorstand des Ev. Arbeitskreises d. CDU Baden-Württemberg
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Ehrungen: Verdienstkreuz am Bande (1974); Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens d. Bundesrepublik Deutschland (1978); Großes Bundesverdienstkreuz (1983); Ehrensenator d. Hochschule für Berufstätige Lahr (1989); Großes Verdienstkreuz mit Stern (1989); Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg (1992); Bürgermedaille d. Stadt Lahr (1993).
Verheiratet: 1947 (Freiburg?) Sigrid, geb. Butter (geboren 1920)
Eltern: Vater: Theodor (1889–1956), Gymnasialprofessor
Mutter: Gertrud Karoline, geb. Bader (geboren 1897)
Geschwister: 3; Friedrich Wilhelm (gestorben 1944), Eberhard (gestorben 1979) u. Gertrud (geboren 1922)
Kinder: 4; Wolfram, Beate, Thomas u. Ina
GND-ID: GND/1030376948

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 486-488

Uhrig wuchs in Lahr auf, wohin sein Vater bald nach der Geburt des Sohnes versetzt worden war. Hier besuchte Uhrig das Gymnasium, bestand 1940 sein Abitur und musste anschließend die vier letzten Jahre des II. Weltkrieges durchstehen. Zuletzt war er Oberleutnant an der Ostfront. Nach nur kurzer Kriegsgefangenschaft studierte er bis 1949 Germanistik und Geschichte in Freiburg, wurde Studienreferendar und legte nach einem Jahr das II. Staatsexamen ab.
Bereits während seines Studiums hatte sich Uhrig gesellschaftlich engagiert. Er war Gründer des Allgemeinen Studentenausschusses in Freiburg und erster Vorsitzender der evangelischen Studentengemeinde der Universität nach 1945. Auch in späteren Jahren hat sich Uhrig vielfältig in seiner Kirche eingebracht, so beim Aufbau der Männerarbeit, als Leiter eines Bibelkreises, als Kirchenältester und Vorstandsmitglied des Evangelischen Arbeitskreises der CDU in Baden-Württemberg.
Uhrig war seit 1951 an den Handelslehranstalten Lahr beschäftigt. 1967 wurde ihm die Leitung des Integrierten Beruflichen Gymnasiums in Lahr übertragen, worin die Kaufmännische Berufsschule, das Berufskolleg und die Berufsfachschule vereinigt worden waren.
Seit 1953 war Uhrig Mitglied der CDU und von 1956 bis 1970 deren stellvertretender Kreisvorsitzender in Lahr. Lange Jahre gehörte er dem Lahrer Gemeinderat und dem Kreistag auch noch des neuen Ortenaukreises an. Persönlich eher an Fragen der Bundes, besonders der Außenpolitik interessiert, war Uhrig gleichwohl seit 1956 regelmäßig Zweitkandidat für den Landtag, in den er 1967 als Nachrücker für Hermann Person einziehen konnte. Hier hat sich Uhrig der Finanz- und Wirtschaftspolitik zugewandt; sein Beruf jedoch brachte es mit sich, dass Uhrig nicht nur in den Finanzausschuss, sondern auch in den kulturpolitischen Ausschuss gewählt wurde. Selbstverständlich konnte er gerade in diesem Ausschuss, dessen Vorsitz er in den Jahren 1976 bis 1980 innehatte, seine langjährigen Erfahrungen mit einbringen. In der achten Legislaturperiode, 1980 bis 1984, übernahm er schließlich den Vorsitz des Ausschusses für Schule, Jugend und Sport. Während seiner gesamten Landtagstätigkeit erwies sich Uhrig übrigens als überaus zugkräftiger Kandidat: Zwischen 1968 und 1988 konnte er regelmäßig die absolute Stimmenmehrheit im Lahrer Bezirk gewinnen. Zwar gelang dies der CDU auch auf Landesebene insgesamt, doch konnte Uhrig, so bspw. 1972 mit 56,8 Prozent, das Landesergebnis (52,9 Prozent) z.T. noch überbieten.
In der Kulturpolitik hat sich Uhrig für die Verbesserung der Schulverhältnisse, vor allem den Erhalt der ländlichen Schulen eingesetzt. Mit seiner Partei lehnte er aber die weitere Konzentration von Schulen an zentralen Orten und die Integrierte Gesamtschule ab. Es nimmt nicht wunder, dass Uhrig besonders für den Ausbau des beruflichen Schulwesens und die Gleichstellung von Berufschullehrern mit Lehrern vergleichbarer Schularten und für Erhalt und Weiterbildung der staatlichen Aufbaugymnasien mit Heim eingetreten ist.
Als Mitglied des kulturpolitischen Ausschusses hat Uhrig bei der Ausarbeitung des Schulverwaltungsgesetzes mitgewirkt, das auf seine Initiative hin in ein Schulgesetz umgewandelt wurde. Inhaltlich hat er dabei die Bestimmungen über den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule wie auch die Bestimmungen über die Beteiligung von Eltern und Schülern in der Schulkonferenz maßgeblich geprägt.
Mehrere parlamentarische Initiativen Uhrigs zielten auf die Stärkung besonders der Verkehrs- und Bildungsinfrastruktur seiner Heimat, was zur deutlichen Verbesserung des schulischen Bildungsangebots im Raum Lahr führte. Zugleich machte Uhrig sich als Förderer des Landesjugendorchesters einen Namen, das in Lahr angesiedelt wurde.
Uhrig war auch stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Naturschutz und hat sich für die Dorf- und Stadtsanierung eingesetzt. 1983 bei der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes wurde das genauso hervorgehoben wie seine Verdienste um das Taubergießen, das zum Naturschutzgebiet wurde.
Innerhalb der CDU-Fraktion galt Uhrig als fleißiger, kämpferischer, aber eigenwilliger Kopf, der sich seine Meinung selbst bilden wollte. Vor unpopulärer Haltung scheute er nicht zurück. 1976 z.B. sorgte Uhrig dafür, dass eine Vereinbarung zwischen den drei Landtagsfraktionen über den Verzichts auf höhere Diäten nicht zustande kam; in diesem demonstrativen Akt im Vorfeld der Bundestagswahlen wollte Uhrig schlechten parlamentarischen Stil erkennen, der „würdelos“ (Mannheimer Morgen vom 29.6.1976) sei und nur auf Effekthascherei ziele. In der Frage der Verwaltungsreform nahm Uhrig 1971 gegen Hans Filbinger (1913–2007), den Ministerpräsidenten aus seiner Partei, eine eigene Position ein und brachte einen Alternativgesetz- Entwurf zu dem der großen Koalition ein.
Politisch galt Uhrig dennoch als Vertreter des rechten CDU-Flügels. Seine konservative Grundhaltung wird sichtbar in seinem Kommentar zur deutschen Nationalhymne, worin er betonte, „dass trotz des Missbrauchs der NS-Zeit die erste Strophe des Deutschlandliedes in der ersten deutschen Demokratie, der Weimarer Republik, Nationalhymne war und zum alten deutschen Kultur- und Liedgut gehört“ (Lahrer Ztg. vom 13.3.1978). In mancher Hinsicht lässt Uhrig auch ein kritisches, fast distanziertes Verhältnis zum parlamentarischen Betrieb erkennen. Dort herrsche „viel Geschwätz, mit dem Zeit und Energie und nicht zuletzt die Geduld der Zuhörer strapaziert würden“ (Stuttg. Ztg. vom 14.5.1992). Uhrig bevorzugte eine straffe Arbeitsführung, die sich nicht in Kleinigkeiten verzettelt.
Es entsprach wohl seiner Wesensart, dass Uhrig durch eine ganze Reihe markanter Formulierungen hervortrat, die regelmäßig auf Widerspruch der Opposition stießen. Um 1977 beispielsweise war eine Lahrer Sonderschullehrerin beschuldigt worden, aktives Mitglied von kommunistischen Organisationen wie der Deutschen Friedensunion, DFU, und der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigung der Kriegsdienstgegner zu sein. Die Frau stehe auch, so beschuldigte sie ein an Uhrig gerichteter Brief, mit dem Terroristen Christian Klar in Kontakt und habe sich öffentlich für die ersatzlose Streichung des § 218 eingesetzt. Uhrig leitete das Schreiben samt dem beigefügten umfangreichen Dossier über die vermeintlich verfassungsfeindliche Tätigkeit an das Freiburger Oberschulamt weiter. Ermittlungen wurden aufgenommen, blieben aber ohne konkrete Ergebnisse und wurden nach einem halben Jahr eingestellt. Inzwischen war der Vorgang publik geworden und wurde auch von der SPD aufgegriffen. Es kam zu einem Rechtsstreit zwischen Uhrig und dem Vertreter der Lahrer Lehrerin, wobei Uhrig trotz Angriffen der SPD sich weigerte, den Denunzianten preiszugeben. Uhrig erklärte, durch die Weiterleitung der Anzeige sei er nur seiner Pflicht als Abgeordneter gegenüber Klagen über einen staatspolitisch potentiell unzuverlässigen öffentlich Bediensteten nachgekommen. Gestützt von der CDU-Mehrheit im ständigen Ausschuss des Landtags, die die von SPD und FDP beantragte Aufhebung von Uhrigs Immunität ablehnte, zog er sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht des Abgeordneten zurück. Auch bei seinen Kollegen geriet Uhrig in Misskredit, zumal er den Landtag mehrfach mit Anfragen wegen Nebentätigkeiten von Lehrern konfrontierte und zumindest deren stärkere Kontrolle durchsetzen wollte.
Bei der Wahl 1992 ist Uhrig nicht mehr angetreten. Die Neuauflage der großen Koalition, ihm nur „ein einziger dicker Kuchen“ (Stuttg. Ztg. vom 14.5.1992), letztlich fast eine Gefahr für die Demokratie, musste er so nicht mehr mittragen. Damit endet die Laufbahn dieses eigenwilligen, streitbaren Abgeordneten. Auch wenn seine Methoden ex post grenzwertig provokant bis polarisierend wirken mögen, haben Uhrigs Verdienste um seinen Wahlkreis und sein Einsatz in der Schulpolitik ihn überdauert.
Quellen: StAF T 1 Zug. 1990/0029, NL Karl Theodor Uhrig; Verhandlungen des Landtags von B-W 1967–1992; Pressemitteilung des Landtags von B-W 51 vom 7.9.1978, Karl Theodor Uhrig: Vorurteile sind abgebaut worden; A des Landtags von B-W, Personengeschichtliche Dokumentation, Auszeichnung mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens d. Bundesrepublik Deutschland an Karl Theodor Uhrig am 14.6.1983; Auskunft StadtA Lahr vom 26.11.2014.
Nachweis: Bildnachweise: Stuttg. Ztg. vom 14.5.1992.

Literatur: Gleiche Rechte für Berufsschullehrer, in: BNN vom 26.6.1969; Köpfe unseres Landes: Karl Theodor Uhrig, in: Südkurier vom 6.3.1971; Politisches Engagement bereits mit Orden gewürdigt, in: Offenburger Tageblatt vom 22.3.1976; CDU-Abgeordneter vereitelt Verzicht auf höhere Diäten, in: Südwest-Presse vom 26.6.1976; Diäten-Sparen. Eine „politische Show“?, in: MM vom 29.6.1976; Betr.: Auftritt von Kommunisten …, in: Südwestpresse/Schwäb. Donauzg. Ulm vom 18.11.1977; „Deutschland, Deutschland …“, in: BZ vom 11.3.1978; „Heinos Hymnen“, in: Lahrer Ztg. vom 13.3.1978; Ein anonymer Brief genügt, in: BZ, Ausg. Freiburg, vom 7.6.1978; Und schon bist du ein Verfassungsfeind – Wenn besorgte Bürger denunzieren, in: Südwest-Presse vom 8.6.1978; Wird Abgeordneter Uhrig angezeigt?, in: BZ/Lahrer Ztg. vom 13.6.1978; Schäfer: Das ist kein „Fall Büchele“ – Das ist ein „Fall d. CDU“, in: Offenburger Tageblatt vom 16.6.1978; Uhrig: Missbrauch des beruflichen Amts, in: BZ/Lahrer Ztg. vom 16.6.1978; Ich bin kein Denunziant, in: Südwestpresse vom 21.6.1978; Warum möchte MdL Uhrig nicht in Verlegenheit kommen?, in: BZ/Lahrer Ztg. vom 24.6.1978; In Stuttgart Streit um Immunität, in: Süddt. Ztg. vom 14.10.1978; Als d. Direktor von „Kommunistenschweinen“ sprach, in: BZ vom 10.7.1979; Die integrierte Gesamtschule abwehren, in: Esslinger Ztg. vom 5.8.1980; Auf Schleichwegen schneller zum Eigenheim im Grünen, in: Stuttg. Nachrichten vom 22.4.1982; Heftige Reaktionen auf offenen Brief von Schülern, in: BZ vom 8.5.1982; Lahrer Schüler fühlen sich missverstanden, in: Stuttg. Ztg. vom 10.5.1982; Bei Nebentätigkeiten von Beamten zeigt sich die Regierung großzügig, in: Südwest-Presse/Schwäb. Donauztg. Ulm vom 14.7.1982; Das gute Gewissen des Herrn Uhrig, in: Frankfurter Rundschau vom 26.6.1978; Uhrig zum Ehrensenator ernannt. Verdienste um Weiterbildung, in: Lahrer Ztg. vom 29.4.1989; Die 68er-Generation räumt das Feld, in: Stuttg. Ztg. vom 8.4.1991; Nach 25 Jahren als Abgeordneter neuer Start im Unruhestand, in: Stuttg. Ztg. vom 14.5.1992; Dankbarer Blick zurück. Sigrid Uhrig kann heute ihren 90. Geburtstag feiern, in: BZ, Ausg. Lahr, vom 16.1.2010; Anja Steger, Biographie Karl Theodor Uhrig, Mai 2014, in: https://www2landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/einfueh.php?bestand=10451.
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