Steigenberger, Albert Theodor 

Geburtsdatum/-ort: 03.11.1889; Deggendorf, Niederbayern
Sterbedatum/-ort: 19.10.1958; Frankfurt am Main
Beruf/Funktion:
  • Kaufmann und Hotelier
Kurzbiografie: 1912 Lehre im väterlichen Textilgeschäft in Deggendorf; USA-Reise u. Beschäftigung mit amerikanischen Geschäftspraktiken
1913 Kauf des ehem. Baier-Bräu Anwesens in Deggendorf durch Steigenberger u. seinen Bruder Georg
1914 Neubau eines modernen Kaufhauses für ca. 82000 M
1918 Erwerb d. Kandlerschen Papiermühle mit Bruder Georg
1919 IX 10 Stromliefervertrag d. Stadt Deggendorf mit d. Niederbayerischen Industriewerke GmbH, Hauptbesitzer Steigenberger, seinem Bruder Georg u. Ingenieur Eugen Sapper, München, für die in d. Kandlermühle u. seit 1920 im neuen Kraftwerk Maxhofen erzeugte Elektrizität
1920ff. zus. mit Johann Georg Graf Preysing (1887–1924), Vermögensverwalter des Hauses Wittelsbach, Gründung einer Grundstücksgesellschaft u. Erwerb beachtlichen Grund- u. Hausbesitzes in München
1926 Tausch von Münchner Besitz „Burg Cäcilienberg“ gegen die Villa Stroh in Lichtental; Umzug
1930 I 20 Übernahme des zuvor mit ca. 200 000 M beliehenen Europäischen Hofs in Baden-Baden
1935 VIII 1 Eintritt in die NSDAP, Mitgl. Nr. 3 671 101, ohne Ämter; im gleichen Jahr förderndes Mitglied d. SS mit Beitrag RM 0,50 im Monat
1937 Erwerb von Hotel Regina in Baden-Baden für 220 000 M; ab 1938 Hauptquartier des Generalkommandos Oberrhein d. deutschen Wehrmacht
1941 Erwerb des Frankfurter Hofs in Frankfurt am M. von einem Münchner Bankhaus, nach Renovierung 600 Betten, 1943 total zerstört, 1945: 30, 1947: 200, 1950: 300, 1954: 523 Betten
1945–1948 Pacht des Hotels Monopol-Metropol beim Frankfurter Hauptbahnhof, 90 Betten; am 1. Juli 1945 Ummeldung nach Frankfurt am Main; vorübergehendes Ausscheiden aus dem Vorstand; Entnazifizierung: „Mitläufer“ u. 2000 RM Geldsühne
1949–1958 weiterer Ausbau zur größten dt. Hotelkette, u.a. Bad. Hof in Baden-Baden, ab 1950 Pächter, 1959 gekauft; 1950 Ritters Parkhotel in Bad Homburg v.d. H., 50% Anteil, zus. mit d. Berliner Hotelbetriebs AG; 1951 Hotel Excelsior gekauft u. Café Kranzler, 50% Anteil, als repräsentatives Musikcafé eröffnet, beide Frankfurt; 1953 Umbau des Park-Hotels Düsseldorf für ca. 3 Mio. DM unter Leitung von Egon Steigenberger, Besitz des Industrie-Clubs 1955 Palasthotel Mannheimer Hof in Mannheim u. Rückkauf des Hotels Regina in Baden-Baden; 1956 Palasthotel Axelmannstein in Bad Reichenhall; 1957 Hotel Graf Zeppelin in Stuttgart; 1958 Duisburger Hof in Duisburg; hinzu kamen weitere Unternehmen: 1952 die Sektkellerei Feist-Belmont in Frankfurt, wo er seine Weingroßhandlung unterbrachte, 1954 eine Weberei in Offenburg u. ab 1955 d. Selbstbedienungsrestaurants Picknick in Frankfurt, Hauptwache, u. Stuttgart beim Hauptbahnhof
1951 Kommanditgesellschaft auf Aktien
1954 Generalkonsul d. Republik Panama u. Panama- Bananen Import GmbH; am 18. Dez. Verdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens d. Bundesrepublik
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: I. 1926 (München) Gisela Amalie Maria, geb. Keck (1903–1966), 1934 gesch.;
II. Berta Christine, geb. Hopp (1910–2012)
Eltern: Vater: David (1858–1901), Kaufmann
Mutter: Elisabeth (Rufname Elise), geb. Schauer (1858–1936)
Geschwister: 3; Alois (geboren 1887), Georg (geboren 1888) u. Elise Anna Rosa (1891–1896)
Kinder: 3;
aus I.: Egon Albert Theodor (1926–1985), Direktor des Steigenbergerschen Unternehmens,
aus II.: Astrid (geboren 1939) u. Ingrid (geboren 1949)
GND-ID: GND/1107640393

Biografie: Fred Ludwig Sepaintner (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 473-478

Steigenberger wurde als Sohn eines kleinen Textilkaufmanns im niederbayerischen Deggendorf geboren. Als er kurz vor Vollendung seines 69. Lebensjahres starb, war er mit Luxushotels in Baden-Baden, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Duisburg, Mannheim, Stuttgart, Bad Reichenhall sowie Bad Homburg vor der Höhe und mehreren Beteiligungen Besitzer des damals größten Hotelkonzerns der Bundesrepublik. Weitere Unternehmen, die im Zusammenhang standen mit seiner Hotelkette, hatte der finanziell „unheimlich aktive […] Gratwandler“, so sein Wirtschaftsberater Rudolf Falk (in: Der Spiegel vom 28.9.1955, S. 21) und erfolgreiche Unternehmer in Dienst genommen, so eine Leinenweberei und Wäschefabrik in Offenburg, die seine Hotelwäsche produzierte, die Feist-Belmontsche Sektkellerei und eine Weingroßhandlung, die sich im Frankfurter Hof befand. Dort war auch seit den 1940er-Jahren die Konzernzentrale untergebracht.
Noch ohne besondere Vorkommnisse scheint sich Steigenbergers Lehre im elterlichen Kaufhaus im Deggendorfer Stadtkern zugetragen zu haben. Schon bald danach aber zeichnete sich die außergewöhnliche Tatkraft dieses jungen Mannes ab. Seine Eltern hatten ihm nach der Lehre ermöglicht, sein Gesichtsfeld zu erweitern; er durfte in die Vereinigten Staaten reisen, sich umsehen, Geschäftsideen und Eindrücke sammeln. Das war um die Wende zum 20. Jahrhundert in gehobenen bürgerlichen Kreisen durchaus so üblich, um dem Nachwuchs praktische Bildung zu vermitteln. Gleich nach seiner Heimkehr bewies Steigenberger, dass er diese Investition erfolgbringend umzusetzen verstand: Er erwarb zusammen mit seinem Bruder Georg im Deggendorfer Stadtzentrum das Grundstück einer bisherigen Brauerei und baute im aufwendigen Stil der Zeit das neue Modekaufhaus, ein dreistöckiges Gebäude mit großer Schaufensterfront, was in dieser Größe vor dem I. Weltkrieg durchaus ungewöhnlich gewesen sein mag, in einer niederbayerischen Kleinstadt zumal.
Als der Krieg ausgebrochen war, nahm das Bild des einfallsreichen Unternehmers noch deutlichere Konturen an. Es herrschte allgemeiner Mangel, auch an Baumwolle. Wieder tat Steigenberger sich mit seinem Bruder Georg zusammen, der gerade sehr vorteilhaft geheiratet hatte. Anfangs scheinen beide über den Bau einer Spinnerei nachgedacht zu haben, und es wird davon berichtet, sie hätten einen Ersatzstoff aus Brennnesseln herstellen wollen. Nach Kriegsende lief diese Geschäftsidee sogleich aus. Wieder verstand es Steigenberger aber, eine neue Idee zum Erfolg zu führen: Stromerzeugung. Die Brüder kauften 1918 die ehemalige Kandlersche Papiermühle und bauten sie zum Wasserkraftwerk um, so dass sie mit ihrer neugegründeten Niederbayerischen Industriewerke Deggendorf GmbH bald die nähere Umgebung mit Elektrizität versorgen konnten. Besonderes Verhandlungsgeschick zeigt der Liefervertrag mit der Stadt Deggendorf, mit dem Steigenberger den Strom verkaufte. Er hatte 20 Jahre Laufzeit, womit ein prosperierender neuer Erwerbszweig gefunden schien, wie die weiteren Maßnahmen erkennen lassen. Die Gesellschaft der Brüder Steigenberger erwarb nämlich unter Mitwirkung eines Münchner Ingenieurs als Mitanteilseigner, der fortan die technische Seite repräsentierte, mehrere Wasserläufe und begann mit dem Bau des Rusel-Wasserkraftwerks Maxhofen nördlich von Deggendorf. 1920 arbeiteten da bereits „zwei Drehstromgeneratoren-Maschinensätze zu 500 und 600 kVA, drei Transformatoren 300 kVA, 5000/20 000 Volt“ (Siegert, 1988, S. 95). Sich weit ins Jahrzehnt hinziehende Baumaßnahmen, aber auch Auseinandersetzungen, gleichermaßen mit Mitbewerbern wie Behörden, lassen immer wieder erkennen, mit welcher Risikobereitschaft und härtester Entschlossenheit die Beteiligten ihre Interessen durchzusetzen suchten. Anders als beim Modehaus, von dem sich Steigenberger schon vor dem II. Weltkrieg abwandte, engagierte er sich in der Stromerzeugung noch in den 1950er-Jahren. Die Anlagen des E-Werks hat er noch um die Mitte dieses Jahrzehnts völlig erneuert.
Der nächste Schritt in der Abfolge der Steigenbergerschen Aktivitäten ging mit einer deutlichen Ausdehnung seines Wirkungsfeldes einher. München, die bayerische Landeshauptstadt, lag in der ersten Hälfte der 1920er-Jahre in seinem Fokus. Wieder waren die Ereignisse anfangs vom inflationären Geschehen überschattet: Zusammen mit dem Grafen Johann Georg Preysing-Lichtenegg-Moos (1887–1924), seit 1891 Schwiegersohn des letzten bayerischen Königs und Finanzberater des Hauses Wittelsbach, betrieb Steigenberger Grundstücksspekulation. Im Todesjahr des Grafen besaßen beide zusammen schon mehr als 60 Häuser in München mit einem Vorkriegswert von 38 Mio. M. Diese hatten sie erstaunlich günstig von einer ausländischen Bank erworben. Nun ohne den hochadeligen Geschäftspartner an der Seite, durchaus aber bereits in weiteren Unternehmerkreisen arriviert, spekulierte Steigenberger alleine weiter. Der folgenreiche Schritt zwei Jahre später war ein Tausch von Münchener Grundstücken gegen eine herrschaftliche Villa in Lichtental, die „Burg Cäcilienberg“, die der Prominentenarchitekt Gustav Stroh bis 1900 für sich gebaut hatte. Dort nahm Steigenberger nun seinen neuen Lebensmittelpunkt, zusammen mit seiner ersten Frau und bald auch seinem Sohn Egon.
Für knapp anderthalb Jahrzehnte war Baden-Baden dann Zentrum seines geschäftlichen Wirkens. Zunächst hatte Steigenberger sich weiter auf Geldgeschäfte konzentriert, beispielsweise dem Besitzer des krisengeschüttelten Nobelhotels Europäischer Hof über 200 000 M geliehen. Als der mit dem renommierten Hotel der Kurstadt dann 1930 in Konkurs zu geraten drohte, griff Steigenberger kurzentschlossen zu. Er wurde der neue Besitzer. Mag es dahinstehen, ob diese Zäsur so eingeplant und in all ihren Konsequenzen beabsichtigt war, sie wirkte jedenfalls bestimmender als alle bisherigen und künftigen Unternehmungen des Geschäftsmannes Steigenberger. Mit diesem Kauf hatte er den entscheidenden Schritt in seinem Unternehmerleben getan und sich auf den Weg begeben, der aus dem Spekulanten den erfolgreichsten Hotelier der frühen deutschen Nachkriegsgeschichte werden ließ. Seine erste Frau war zwar Tochter eines Hoteliers und er selbst schreibt: „Am 20.I.1930 übernahmen meine Ehefrau und ich das Hotel Europäischer Hof (Notiz vom 9. Mai 1934 auf der Meldekarte Steigenberger im StadtA Baden-Baden), dennoch kam ihr bei der Hotelführung nie Bedeutung zu.
Wie Steigenberger die ersten Schritte auf dem ihm neuen Feld tat, ist anekdotisch: Er suchte die anstehenden Aufgaben aus der Perspektive des Gasts heraus zu erfassen und schlief angeblich eine Nacht lang in jedem Zimmer. Das wäre gleichsam die „Schwachstellenanalyse à la Steigenberger“ gewesen. Dann begann er mit der Umgestaltung, wobei er jedoch immer mit dem spitzen Stift des erfahrenen Kaufmanns rechnete. Das Ergebnis war ein für die damalige Zeit respektables Luxushotel vorwiegend aus Einzelzimmern; denn die Nachfrage kam noch hauptsächlich von Geschäftsreisenden und meist wohlhabenden alleinreisenden Damen. Später, als zur sommerlichen Urlaubszeit Doppelzimmer vonnöten waren, ließ er Schlafcouches einstellen. Der Betrieb mit seinen 200 Betten, den sein Bruder Georg nach dem Krieg führte, erreichte 1936 beachtliche 32 000 Übernachtungen.
Steigenbergers Hotels und ihre Organisation waren in der Anfangszeit noch ungemein traditionell orientiert. Das galt schon vom äußeren Erscheinungsbild her, meist Paläste aus der Zeit des Kaiserreichs mit massiven Natursteinfassaden in einem der historisierenden Stile der Epoche, die Steigenberger noch nach dem II. Weltkrieg teilweise rekonstruieren ließ. Schon früh aber hatte er erkannt, dass sich ein Zimmer besser mit Bad und Toilette vermieten ließ, genauso wie wenigstens ein Sessel zum Zimmerinventar gehörte. In der Innenausstattung blieb er vorerst beim überkommenen „Plüschstil“ mit reichverzierten Möbeln. Er bot gediegen konservative Eleganz und sparte auch nicht an entsprechenden Accessoires in seinen Häusern. Steigenberger hielt lange Zeit an diesem Konzept fest, und es kostete nach Aussagen seiner Architekten reichlich Mühe, den Gobelins und Teppiche sammelnden Chef zu modernerer Einrichtung zu bewegen, Einbaumöbel anstelle von Schränken und Klimaanlagen die Heizkörper ersetzen zu lassen. Der anfangs im Nachtschrank installierte Einsender-Empfänger wich bald dem Radio und in der 2. Hälfte der 1950er-Jahre kamen Fernseher auf. Damals wurden die Zimmer auch größer, 18 Quadratmeter bildeten bald den Richtwert, das war bis zu einem Drittel Fläche mehr als vor dem II. Weltkrieg. Die Ausstattung von Steigenbergers Zimmern kostete schließlich bis 40 000 M. Drum mussten die Gäste nun etwas tiefer in die Taschen greifen. Die durchschnittlichen Zimmerpreise pro Tag hatten vor dem Krieg zwischen 16 und 18 M gelegen, nun betrugen sie 22 bis 26 DM.
Als zweites Haus erwarb Steigenberger 1937 das Hotel Regina in Baden-Baden, mit dem er aber im ersten Anlauf nicht über die Umbauphase hinauskam. 1938 erwarb es die Wehrmacht, um darin ihr Generalkommando Oberrhein unterzubringen. Auch aus diesem Vorgang machte Steigenberger ein respektables Geschäft. Gekauft hatte er mit Unterstützung der Hauptgläubigerin, der Rheinischen Hypothekenbank, für 220 000 M, beim Verkauf soll er kurz darauf und ohne Mobiliar 650 000 M erlöst haben.
Trotz des Krieges wagte Steigenberger 1940 die nächste Investition und kaufte den Frankfurter Hof. Auch sein Lebensmittelpunkt verlagerte sich damit allmählich an den Main. Das Frankfurter Großhotel, das Steigenberger gleich umbaute, war beim Kauf bereits 70 Jahre alt, gegen Kriegsende aber von Bomben zerstört worden, worauf Steigenberger die Rekonstruktion veranlasste. Steigenberger verlor auch während des Krieges nie den Überblick. Als der Frankfurter Hof 1943 abgebrannt war, übernahm er das Hotel Vier Jahreszeiten in Wiesbaden nur für kaum ein Jahr, dann wurde auch dieses Haus zerstört. Viel wichtiger aber: es war Steigenberger nicht nur gelungen, Gegenstände von Wert, zumal der Familie, in Baden-Baden in Sicherheit zu bringen. Auch die wesentlichen Dokumente konnte er retten und damit gleich nach dem Zusammenbruch seine Ansprüche vor dem Kriegsschadenamt mit Erfolg durchsetzen. Die Übernahme des kaum beschädigten 90-Betten-Hotels Monopol-Metropole unweit vom Frankfurter Hauptbahnhof noch 1945 stellte den Auftakt zum Wiederbeginn dar, auch wenn bis 1948 das Spruchkammerverfahren gegen Steigenberger lief. Er wurde wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP ab 1935 und der Fördermitgliedschaft in der SS als „Mitläufer“ (Hess. HStA 520/11 Nr. 8719/2, Bescheid vom 1.3.1948) mit einer Geldsühne von 2000 RM belegt. Nach seiner eigenen Mitteilung vom 3. Februar 1948 war er 1945 sogar „als Vorstand ausgeschieden“ (ebd.). Diese reine Vorsichtsmaßnahme machte er bald wieder rückgängig.
Nachdem die ärgsten Kriegsfolgen überwunden waren, die Währungsreform wieder in stabile Verhältnisse überleitete, das deutsche „Wirtschaftswunder“ sich abzeichnete, setzte auch die eigentliche Expansion des Steigenberger-Hotelkonzerns ein. Im Jahrzehnt zwischen 1949 bis zu seinem Tod kamen weitere Hotels in Frankfurt und Baden-Baden hinzu, auch in Bad Homburg vor der Höhe, Düsseldorf, Mannheim, Bad Reichenhall, Duisburg und Stuttgart. Steigenberger beschränkte sich aber nicht mehr auf Hotels der gehobenen Klasse. Schon 1951 war es ihm als Miteigentümer gelungen, mit der Eröffnung des Café Kranzler in Frankfurt, in dessen Ausstattung er mehr als eine Million DM investiert hatte, mit täglich bis zu 3000 Gästen ins breite Publikumsgeschäft vorzudringen. Gegen Ende seines Wirkens hat Steigenberger dann mit den zwei Großgaststätten, wieder in Frankfurt und in Stuttgart, sogar den Schritt in Richtung von Unternehmen des unteren Preissegments vollzogen und Pressemeldungen nach hier an weitere Expansion gedacht.
Bald hatte sich auch in dieser Branche grundlegender Wandel bemerkbar gemacht. Alles wurde zusehends schnellerlebig, erheischte geradezu permanente Anpassung. Bald sollte ein Hotelzimmer jährlich wenigstens einmal renoviert und verbessert werden. Die großen Häuser beschäftigten permanent zwei, drei Dutzend Handwerker. Längst war Steigenbergers Sohn Egon ins väterliche Unternehmen eingestiegen. Nachdem er 1946/47 ein Jahr lang in Heidelberg studiert und dann wie einst der Vater Erfahrungen bei ausgedehnten USA-Studien gesammelt hatte, die bei ihm freilich ganz auf den Hotelbereich konzentriert waren, prägte er die innere Gestaltung des Konzerns fortan entscheidend mit und setzte schließlich das Werk des Vaters als Konzernchef erfolgreich fort.
Das wichtigste Schlagwort der Entwicklung hieß bald „maschineller Hotelkonzern“, wovon fast alle Bereiche betroffen waren, zumal Personalführung, Service, Zimmer- und Hotelausstattung. Wandel bei Serviceabläufen: die Geschwindigkeit der Dienstleistung rückte ins Blickfeld, also wurden Zimmerorders zentralisiert, Transportwege minimiert und wo möglich beschleunigt. Elektrisch öffnende Türen zwischen Servicebereich und Küche wurden eingebaut. Die im Kellergeschoss gelegene Küche des Düsseldorfer Parkhotels beispielsweise erhielt eine Kellner-Rolltreppe zum Restaurant. Auch bei der Zimmerausstattung wurde auf reibungslose Abläufe geachtet. Selbstwähltelefone wurden eingeführt mit zentral gespeicherter, nach Zimmern sortierter und bereits ausdruckbarer Gebührenerfassung. Neuerungen gab es auch in den Banketträumen, so eine elektrisch versenkbare Wand im Frankfurter Hof, die per Knopfdruck aus einem großen zwei kleinere Säle machen konnte.
Wichtigste Zielformeln hießen dann in den 1950er-Jahren Standardisierung und Effektivitätskontrolle: Steigenberger konzentrierte sich darauf, beim Wareneinsatz über standardisierte Verfahrensweisen zu sparen. Dass der Einkauf im Großunternehmen zentralisiert geschah, war zu erwarten. Mag es auch prima vista nicht zu erkennen sein, dass bei angestrebt unverminderter Produktqualität die Ersparnis von einem Gramm Kaffeemehl pro Tasse lohnend sein könnte, bei wenigstens 2000 Gästen, die täglich frühstückten, resultierte daraus jährlich eine beachtenswerte Summe. Steigenberger zahlte bis zu Ministergehältern im Management. Er kontrollierte aber auch peinlich genau, forderte von allen Direktoren laufend Tagesberichte, die sein Kontrollstab auswertete und er dann selbst in vergleichenden Monatsberichten kommentierte. Er sparte nie mit Lob und Tadel, schuf den Chefs der einzelnen Häuser Vergleichsmöglichkeit, regte den internen Wettbewerb an. Über solche Kontrollmechanismen ist es Steigenberger gelungen, sogar Schwund und Bruch auf ein verschwindend geringes Maß zu reduzieren. Von diesen inneren Vorgängen wurden die Gäste freilich nie tangiert. Sie sollten allenfalls den Eindruck gewinnen, dass bei Rationalisierung und Standardisierung ihr Interesse der Mittelpunkt sei. Darauf waren auch die internationale Kontaktpflege und Steigenbergers Werbung ausgerichtet. Steigenbergers illustrierte Monatszeitschrift Mein Gast ging in hoher Auflage an Gäste in 36 Ländern; denn drei Viertel der Hausgäste kamen nicht aus Deutschland, auch wenn der Konzern unter Steigenberger nur Hotels in Deutschland betrieb. Neue Entwicklungen wurden einbezogen; die Direktansprache eintreffender Touristen begann schon vor ihrer Landung auf dem Flugplatz.
Dass diese Rechnung aufging, lässt die Auslastung der Steigenberger-Häuser erkennen, die Mitte der 1950er-Jahre bei 84 Prozent gelegen hat, in der Zentrale, dem Frankfurter Hof, sogar bei 94 Prozent. Achtsam gepflegt blieb der Eindruck, dass es sich bei Steigenberger-Hotels immer um etwas Besonderes handelte, ungeachtet aller Veränderungen in Richtung Uniformität und auch in der Gästestruktur. Dauernder Erfolg schien durch die Prominenz garantiert, die in Legion bei Steigenberger zu Gast war: Kaiser wie Haile Selassie von Äthiopien, Könige wie Hussein von Jordanien, Staats- und Regierungschefs, Theodor Heuss, Konrad Adenauer und natürlich Wirtschaftsführer wie Alfred Krupp und Filmgrößen wie Curd Jürgens. Waren solche Namen nicht sprechende Beweise dafür, dass hier der Klientel nur das Bestmögliche geboten wurde? Das Geschäft indes lief zusehends über die wachsenden Zahlen von Touristen, freilich des gehobenen Segments, worauf sich Steigenberger und sein Sohn Egon konzentrierten.
Quellen: StadtA Deggendorf, Niederbayern, Meldekarten, B 21, Chronik d. Stadt Deggendorf von Josef Zierer (handschrl. ohne Pag.), B 23 Chronik d. Stadt Deggendorf von dems., A. Holmer u. X. Friedl (handschrl. ohne Pag.), Hausakten Lateinschulgasse 1, Veilchengasse 2, Ruselbergstraße 87, Stadtwerke Nr. 1 u. Nr. 36, u., ohne Signatur, Wasserstreitigkeiten mit dem Kraftwerk Maxhofen (1929–1953); StadtA Baden-Baden Meldekarte Steigenberger, Zeitgesch. Sammlung zu Europäischer Hof, Bad. Hof, Hotel Regina, u. Villa Stroh, A26/19-58 Hotel Regina, A27/7-703 Hotel Europ. Hof, A27/7-728 u. 7-755 Hotel Bad. Hof; Hess. HStA Wiesbaden 520/11 Spruchkammerakte u. Nr. 8719/1 u. 8719/2, Meldebogen; BA Koblenz Nr. 38538, lfd. Nr. 121 Vorschlagsliste des. Hess. Ministerpräsidenten für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, Gründe für die Verleihung an Steigenberger; UA Heidelberg Studentenakten Steigenberger, Egon (geboren 7.9.1926), Studium vom 20.9.1946–15.9.1947, dann beurlaubt u. nicht wiederbelegt; Auskünfte von Anne Marie Steigenberger, Witwe von Egon Steigenberger, Frankfurt, Prof. Dr. Lutz-Dieter Behrend, StadtA Deggendorf, Dagmar Rumpf, StadtA Baden-Baden, des StadtA Frankfurt, des StadtA Offenburg, d. Ordenskanzlei des Bundespräsidialamtes, Berlin, u. von Wolfgang Kappes, Landau, Pfalz, ehem. Betriebsleiter d. Sektkellerei Feist-Belmont, alle vom März u. April 2015.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (1954), in: Baden-Württembergische Biographien 6, S. 479, mit Genehmigung von Anne Marie Steigenberger – Der Spiegel 40, 1955, Titelseite u. mehrfach innen; Die westdt. Wirtschaft, 1956, 296.

Literatur: Egon Jamesson u. Günther Schwill, So macht man Millionen, 1955, 276-280; Die westdt. Wirtschaft u. ihre führenden Männer, Hessen Teil II, 1956, 295-299; Der Gast braucht sein Bad, in: Der Spiegel vom 28.9.1955, 17-24 [fehlerhaft]; Todesanzeige Albert Steigenberger, in: Frankfurter Neue Presse vom 21.10.1958; Toni Siegert, Elektrizität in Ostbayern, Bergbau- u. Industriemuseum Ostbayern, 1919/20: Startschwierigkeiten des Ruselkraftwerks Maxhofen, 1988, 90-99; Lutz-Dieter Behrendt/Joseph Hösl/Erich Späth, 100 Jahre Elektrizitätswerke Deggendorf, Deggendorfer Archäologie u. Stadtgesch. 9, 2001, 42-102; Petra Kirsch, Die Geschichte d. Villa Stroh in Baden-Baden, in : Aquae 04, 2004, Heft 37, 31-40.
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