Dor, Franz Sales 

Geburtsdatum/-ort: 11.01.1866;  Blumenfeld
Sterbedatum/-ort: 30.01.1941;  Engen, beigesetzt 03.02.1941 Blumenfeld
Beruf/Funktion:
  • katholischer Priester, Volksschriftsteller
Kurzbiografie: 1871-1879 Volksschule Wiechs; ab 1875 Blumenfeld
1879-1883 Dienstknecht Tengen
1883-1887 Lender'sche Anstalt Sasbach (Untertertia-Obersekunda)
1887-1889 Gymnasium Rastatt (Unterprima-Oberprima) mit Abitur
1889-1893 Studium der katholischen Theologie Freiburg und St. Peter
1893 (5. 7.) Priesterweihe St. Peter
1893-1901 Vikar Furtwangen; ab 1894 Rastatt
1901-1902 Kaplaneiverweser Heidelberg
1902-1906 Kurat Heidelberg, St. Bonifaz
1906-1926 Pfarrer Langenbrücken
1926-1937 Pfarrer Steinenstadt
1929 (20. 2.) Dekan des Kapitels Neuenburg
1932 (25. 10.) Erzbischöflicher Geistlicher Rat ad honorem
1937-1941 Ruhestand Engen
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Philipp Dor (1833-1907), Schneidermeister
Mutter: Ottilia, geb. Stihl (1841-1874)
2. Ehe mit Maria, geb. Stärk (1838-1879), seit 28. 1. 1875
Geschwister: 4:
Pius (geb. 1864)
Anton (geb. 1867)
Maria (geb. 1869)
Stephanie (geb. 1874)
GND-ID: GND/116181796

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 63-64

Dor erlebte eine entbehrungsreiche Kindheit und Jugend. Wegen der großen Armut im Elternhaus wohnte er seit dem 5. Lebensjahr bei den Großeltern in Wiechs. Er verlor früh die Mutter und nur wenige Jahre später auch die Stiefmutter. Nach der Schulentlassung verdingte er sich zunächst als Dienstknecht, bis er in seinem innersten Wunsch, Priester zu werden, vom Ortspfarrer ermutigt und bei der Vorbereitung auf den Besuch der höheren Schule nachhaltig gefördert wurde. An der Lender'schen Anstalt bestand er 1883 die Aufnahmeprüfung für die Untertertia; das Abitur legte er in Rastatt ab.
In Dors Weg zum Priestertum und in seinem langjährigen Wirken als Seelsorger erkennt man viele Gemeinsamkeiten mit dem Berufsethos jener katholischen Priestergeneration des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die nicht nur durch ihre Herkunft aus meist bescheidenen Verhältnissen, sondern auch durch das liberal ausgerichtete politische System in Baden geprägt war: Aufgeschlossenheit für die im Zuge der Industrialisierung vollzogenen sozioökonomischen Umwälzungen (schon als Vikar in Rastatt war Dor ein eifriger Förderer des Gesellen- und Arbeitervereins); politisches Engagement in der Auseinandersetzung mit dem Kulturkampfgeist jener Jahrzehnte (als Pfarrer in Langenbrücken war er zeitweilig auch 1. Vorsitzender des Zentrums im Landtagswahlkreis Wiesloch-Bruchsal); Prinzipientreue – wie so oft beim Klerus jener Zeit auch bei ihm mit einem starren Verharren auf religiös-konfessionellen Standpunkten gepaart – die ihm zwangsläufig weltanschaulich-politische Gegnerschaften einbrachte.
Wenn Dors Priesterleben in dieser Hinsicht nachgerade zeittypisch verlief, erfuhr es jedoch eine starke individuelle Ausformung durch seine vielseitige journalistische und schriftstellerische Tätigkeit. Bereits als Vikar hatte er die Rastatter Zeitung gegründet und sich als Zeitungskorrespondent hervorgetan. Neben einer Reihe von Einzelbiographien (u. a. Franz Joseph Ritter von Buß; Jakob Lindau; Franz Xaver Lender), verfaßte Dor jene „Lebensbilder“, die seinen Ruhm als Volksschriftsteller auch außerhalb der badischen Landesgrenzen begründet haben. Bemerkenswert ist, daß er in seine Biographien auch Frauengestalten einbezog, denen er ein eigenes Bändchen widmete. Stellte der Autor in den „Lebensbildern“ katholische Männer und Frauen des Großherzogtums vor, die hauptsächlich als geistige und moralische Führungskräfte, als Wohltäter der Menschheit oder als seeleneifrige Priester Vorbild waren, so steht in den Einzelbiographien, aber auch bei einzelnen „Lebensbildern“ (u. a. Karl Beyerle; Friedrich Hug; Otto Kraus; Ludwig Marbe) die Auseinandersetzung des politischen Katholizismus mit dem badischen Staat während des Kulturkampfes im Mittelpunkt. Gerade für das genannte Forschungsgebiet liefern Dors Studien auch heute noch interessante Details und unerläßliches Hintergrundwissen.
Unbestreitbar ist, daß Dors Biographien stark apologetische, bisweilen panegyrische Züge tragen; dennoch bleiben sie im Kern immer an den Fakten orientiert. Hinzu kommt, daß der Autor als engagierter Zeitzeuge schrieb. Eine in allen Teilen ausgewogene und durch die zeitliche Distanz gewonnene objektive Beurteilung war daher von ihm kaum zu erwarten.
Dors Schriften sind teilweise in mehreren Auflagen erschienen. Dies spricht nicht nur für deren Beliebtheit in einer breiten Leserschaft; es beweist auch, daß sich Dor eines echten Desiderats seiner Zeit angenommen hatte.
Quellen: EAF Personalakte F. Dor.
Werke: Werkverzeichnis in: Gesamtverz, d. deutschsprachigen Schrifttums (GV) 1700-1911, Bd. 30, 37, München 1981; GV 1911-1965, Bd. 28, 368, München 1977. Einzeltitel, auf die der Vitentext Bezug nimmt: Lebensbilder aus dem Seelsorgeklerus, 1. u. 2. Aufl., Karlsruhe 1916; Edle Frauen unserer Heimat. Schlichte Lebensbilder, 3. Aufl., Karlsruhe 1918; Edle Männer unserer Heimat. Schlichte Lebensbilder, Karlsruhe 1920; Hirtentreue. Neue Lebensbilder aus dem Klerus, Karlsruhe 1924.
Nachweis: Bildnachweise: Konradsblatt, a. a. O.

Literatur: N. N., Geistl. Rat F. S. Dor, in: Konradsblatt 25, 1941, Nr. 7, 36; H. Ginter, F. S. Dor, in: FDA 70, 1950, 180/81; H.-J. Kremer (Bearb.), Mit Gott, f. Wahrheit, Freiheit u. Recht. Quellen z. Organisation u. Politik d. Zentrumspartei u. d. polit. Katholizismus in Baden 1888-1914, 17; 273, Stuttgart 1983.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)