Reinfried, Carl 

Geburtsdatum/-ort: 25.04.1842;  Bühl/Baden
Sterbedatum/-ort: 05.10.1917;  Moos (heute: Bühl)
Beruf/Funktion:
  • Geistlicher und Heimatforscher
Kurzbiografie: 1848-1863 Volksschule in Bühl, dann Lyzeum Rastatt bis Abitur
1863 Theologiestudium an der Universität Freiburg
1867 Priesterweihe in St. Peter
1867 Vikar in Neusatz und Diersburg
1869 Vikar in Ottersweier
1870 Vikar in Meersburg
1880 Pfarrverweser in Moos
1881 Pfarrer in Moos
1911 Dr. theol. h. c. der Universität Freiburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: Unverheiratet
Eltern: Vater: Karl (1816-1896), Gastwirt
Mutter: Barbara, geb. Mayer (auch: Mejer, 1819-1908)
Geschwister: 6: Ida, August, Anna Philippina, Amalia, Josef, Franz
GND-ID: GND/116419318

Biografie: Reiner Haehling von Lanzenauer (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 230-231

Das Wirtshaus „Kreuz“ in der Bühler Hauptstraße nahe dem früheren Unteren Tor zählt zu den ältesten Gaststätten am Ort. Hier ist Reinfried aufgewachsen, von hier aus ging er zur Volksschule von Bühl. Danach besuchte er das großherzoglich-badische Lyzeum zu Rastatt. Dort wurde er im Juli 1863 mit dem Abitur entlassen, um in Freiburg ein theologisches Studium zu beginnen. Mitbestimmend für diesen Entschluss wirkte sicherlich die tiefe Religiosität der Mutter wie auch der Großmutter mütterlicher Seite. Reinfried war ein ausgesprochener Musterschüler, an der höheren Schule wie später an der Universität wurde er in beinahe allen Fächern überdurchschnittlich gut benotet. Und das Universitätszeugnis von 1866 vermerkt obendrein: „Das sittliche Betragen des Herrn Candidaten war den akademischen Gesetzen entsprechend.“ Nach der Priesterweihe wurde Reinfried in den Pfarreien von Neusatz, Diersburg, Ottersweier und Meersburg als Vikar verwendet, bis er im Jahre 1880 Pfarrverweser in Moos nahe bei Bühl, im darauf folgenden Jahre Pfarrherr wurde. Bald nahm er die Erweiterung der Pfarrkirche in Angriff und förderte den Umbau durch einen ansehnlichen eigenen Zuschuss. Seinem Seelsorgeramte kam Reinfried überaus pflichttreu nach, allzeit freundlich, frohgemut, ausgleichend und bescheiden. Ein begabter Prediger war er nicht, aber seine von Herzen kommende, volksnahe Sprache wusste die Gläubigen zu überzeugen. Beachtung verdient die nachhaltige wissenschaftliche Leistung, die Reinfried neben all dem erbracht hat. Schon als Student zeigte er Interesse an regionaler Geschichte. Sein aus Bühl stammender älterer Freund, der Theologieprofessor Alban Stolz, ermunterte und bestärkte diese Neigung. So forschte Reinfried unermüdlich nach alten Urkunden, Quellenbüchern, Regestenwerken und Chroniken, die er in seiner freien Zeit gewissenhaft auswertete. Er veröffentlichte sie im Wortlaut oder machte den Inhalt zum Gegenstand gemeinverständlicher historischer Darstellungen wie beispielsweise seine Geschichte der Stadtgemeinde Bühl von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert. Ebenso befasste er sich mit Fragen des Kirchenbaus im Raume Bühl, mit Hexenprozess-Protokollen des Amts aus dem Jahre 1628, mit Bühler Religionsschicksalen im 16. und 17. Jahrhundert sowie mit der Entwicklung von Bühler Wirtshäusern in alter und neuer Zeit. In der näheren Umgebung der Amtsstadt untersuchte er die Wallfahrt zur Kapelle Maria-Linden in Ottersweier, das Geschehen in der ehemaligen Abtei Schwarzach, die Herkunft der Ortswappen einzelner Dörfer. Galt auch Reinfrieds Hauptinteresse dem Amtsbezirk Bühl, so richtete er gleichwohl über die engere Heimat hinaus den Blick auf andere mittelbadische Orte. Die Stadt Baden-Baden verdankt ihm einen fundierten Bericht über ihr Kapuzinerkloster vom Zeitpunkt der Gründung im Jahre 1631 bis zur Umwandlung zum Badhotel „Badischer Hof“ im Zuge der Säkularisation. Die Pfarrgeschichte der Städte Achern, Renchen und Steinbach erfuhr eingehende Darstellung. Wiederholt verfolgte Reinfried den Werdegang des aus Bühl stammenden Straßburger Generalvikars Dr. Wolfgang Tucher, der im 16. Jahrhundert lebte. Allein die landeskundlichen Veröffentlichungen aus Reinfrieds Feder belaufen sich auf nahezu 200 Titel. Über diese Schriftstellerei hinaus hat er eine umfangreiche Quellensammlung angelegt und damit viele geschichtsträchtige Belege vor dem Verlust bewahrt. Das Urkundenmaterial aus dem Bühler Bereich befindet sich heute in der Obhut des Stadtgeschichtlichen Instituts von Bühl.
Der herausragende Kenner der Heimatgeschichte empfing mannigfache Ämter und Ehrungen. Die Badische Historische Kommission bestellte ihn zum Archivpfleger für den Amtsbezirk Bühl, das Ministerium des Kultus und Unterrichts ernannte ihn zum Pfleger für Kunst und Altertümer in demselben Bereich. Reinfried war Mitgründer des Historischen Vereins für Mittelbaden, Mitglied des Kirchengeschichtlichen Vereins der Erzdiözese, des Vereins Badische Heimat Bühl und mehrerer konfessionell geprägter Zusammenschlüsse. Der Großherzog hat Reinfried das Ritterkreuz des Zähringer Löwenordens mit Eichenlaub verliehen, im Jahre 1911 machte ihn die Universität Freiburg zu ihrem Ehrendoktor. Noch im vorgerückten Alter verzeichnete Reinfried trotz seines nachlassenden Augenlichts die Regesten der Herren von Windeck. Die Grabstätte des in seiner Pfarrgemeinde Moos Verstorbenen auf dem dortigen Friedhof ist erhalten.
Quellen: EAF, Personalakte; Stadtgesch. Institut Bühl/Baden, Akte zum Nachlass, Archiv-Verz. Nr. 341.
Werke: Bibliographie in FDA 45, 1917, 474-480 u. bei Otto Gartner, Die Ortenau 1967, 14-19. – Auswahl: Kurzgefasste Geschichte d. Stadtgemeinde Bühl im Großherzogtum Baden, 1877; Zur Geschichte des Gebiets d. ehem. Abtei Schwarzach, in: FDA 20, 1889, 141; Die ehem. Jesuiten-Residenz Ottersweier, in: FDA 24, 1895, 239; Das ehem. Wasserschloss Bach zu Kappelwindeck, in: Alemannia 1902, 132; Auszüge aus den Hexenprozess-Protokollen des Amtes Bühl 1628/29, in: Alemannia 1915, 2.
Nachweis: Bildnachweise: Foto in: Die Ortenau 1936, 133; Porträt auf Glasfenster im Oberstock des Rathauses von Bühl/Baden.

Literatur: Acher- u. Bühler Bote Nr. 233 vom 9. 10. 1917; Joseph Sauer, in: FDA 45, 1917, 451; Breisgauer Chronik, X. Jg., Nr. 4 vom 26. 2. 1918; K. O., in: ZGO 72, 1918, 141; Julius Mayer, in: FDA 49, 1921, 22; Otto Gartner, Bühler Blaue Hefte 18, 1967, 4; Bad. Tagblatt Nr. 35 vom 1.2.1967; Suso Gartner (Hg.), Bühler Heimatgeschichte Nr. 2, 1988, 22; ders., ebd. Nr. 3, 1989, 15; ders., ebd. Nr. 4, 1990, 12; Karl-Heinz Debacher. Regionales Geschichtsbewusstsein, 1996, 103: Jens Kohler, in: BNN, Ausg. III, Nr. 283 vom 6.12.1996; Gesch. d. Stadt Bühl, Bd. 2, 1999, 457.
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