Halmhuber, Gustav Friedrich 

Geburtsdatum/-ort: 23.03.1862;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 25.08.1936;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Architekt, Maler, Bildhauer
Kurzbiografie: 1884 Erstes Staatsexamen an der TH Stuttgart
1886 Bauführer beim Stadtbauamt Stuttgart
1886–1889 Bau des Wasserturms in Mannheim
1886–1889 Tätigkeit im Atelier von Paul Wallot in Berlin
1890 Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart
1891–1893 Tätigkeit im Atelier von Paul Wallot in Berlin
1894–1897 Säulenhalle des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals in Berlin
1895 Auftrag zur Ausschmückung der Siegesallee in Berlin
1897 Halmhuber wird o. Prof. für Ornamentik, dekoratives Entwerfen und Modellieren an der TH Stuttgart
1906 Halmhuber wird Direktor der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule in Köln
1909–1928 o. Prof. für Raumkunst und Hochbau der Ingenieure an der TH Hannover
1910–1913 Innenausstattung des Rathauses in Hannover
1924 Bau der großen Brücke über den Mälarsee (Stockholm) in Schweden
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 27.8.1898 (Magdeburg) Helene Anna Emilie, geb. Hildebrandt (* 17.12.1876 Merseburg)
Eltern: Vater: Friedrich Halmhuber (* 10.4.1821 Stuttgart, † 18.1.1904 Stuttgart), Schreiner, später Privatier
Mutter: Wilhelmine, geb. Gauler (* 8.3.1824 Stuttgart, † 13.12.1887 Stuttgart)
Geschwister: 4: darunter Heinrich Friedrich (* 10.4.1852 Stuttgart, † 29.7.1908 Königsfeld/Baden), Architekt und Maler
Kinder: 2: Elisabeth Irmgard Helene (* 25.08.1899 Stuttgart, † 10.4.1921 Hannover); Kurt Hildebrand Gustav (* 15.9.1900 Stuttgart)
GND-ID: GND/116420715

Biografie: Alfred Lutz (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 108-110

Halmhuber besuchte die Technische Hochschule seiner Heimatstadt Stuttgart und zählte dort zum großen Kreis der Schüler von Christian Friedrich Leins. Bereits mit 22 Jahren legte er 1884 das Erste Staatsexamen ab und wurde mit einem Staatspreis ausgezeichnet. In die praktische Tätigkeit des Architekten wurde Halmhuber durch Adolf Gnauth eingeführt, der – 1840 in Stuttgart geboren und ebenfalls Schüler von Leins an der dortigen damaligen Polytechnischen Schule – 1877 zum Direktor der Kunstgewerbeschule Nürnberg berufen worden war. Unter der Oberleitung von Gnauth in Nürnberg erarbeitete Halmhuber die Entwürfe zum Palais des Freiherrn Cramer-Klett in München und zum Palais Pickhardt in New York. Ähnlich wie Gnauth besaß Halmhuber auch eine große Begabung als Zeichner und Maler. Zehn Aquarelle waren 1886 auf der Jubiläums-Kunstausstellung in Berlin zu sehen. Im selben Jahr wurde er als Bauführer beim Stadtbauamt in Stuttgart angestellt. Zwischen 1886 und 1889 war Halmhuber bei Paul Wallot in Berlin am Bau des Reichstagsgebäudes tätig, wobei er insbesondere mit Entwürfen für ornamentale und figürliche Details betraut war. 1890 besuchte er die Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, um dort bei den Professoren Gustav Igler und Friedrich Keller vor allem die Ölmalerei zu studieren.
Im Februar 1886 gewann der erst 23-jährige Halmhuber den von der Stadt Mannheim ausgeschriebenen Wettbewerb zum Bau eines Wasserturms vor dem Heidelberger Tor (Friedrichsplatz), an der Nahtstelle zwischen der barocken Innenstadt und der östlichen Stadterweiterung des ausgehenden 19. Jahrhunderts gelegen; insgesamt waren 74 Entwürfe eingegangen. Vorgegeben waren ein Fassungsvermögen des Wasserreservoirs von 2000 Kubikmetern und die Höhe des Wasserspiegels von 37 Metern über dem Straßenniveau. Das monumentale, in wesentlichen Teilen neubarocke Bauwerk besteht aus einem sich nach oben etwas verjüngenden, zylindrischen Körper, der repräsentativ und denkmalartig auf einem Sockel mit großer zweiläufiger Freitreppe steht. Über einem dekorativ geschmückten Kranzgesims erhebt sich, leicht zurückspringend, eine Attika, die von einem Kegeldach mit Laterne und der Figur der Meeresgöttin Amphitrite (von Johannes Hoffart) bekrönt wird. Die mit Sandsteinplatten verkleidete Fassade des Turms ist umlaufend durch Pilaster, die auch das Gewicht des schmiedeeisernen Wasserbehälters im Inneren aufnehmen, gegliedert; dadurch ergeben sich lang gestreckte, mit Segmentbögen abschließende Nischen, deren vertikale Tendenz mit den horizontalen Gesimsen und Bänderungen des Baus kontrastiert. Der 60 Meter hohe Wasserturm, der auch von antiken Vorbildern inspiriert ist, auf der anderen Seite aber im Zusammenhang der Denkmälerarchitektur des deutschen Kaiserreichs steht, wurde zum Wahrzeichen der Stadt Mannheim; bis zum Jahre 2000 diente er der Wasserversorgung.
In den 1890er Jahren beteiligte sich Halmhuber an vielen Wettbewerben um Kaiser-Wilhelm- und Bismarck-Denkmäler, dem damaligen Zeitgeschmack für monumentale, pathetische und dekorative Wirkungen entsprechend, wobei er zum Teil zweite (Bismarck-Denkmäler Berlin, Elberfeld, Düsseldorf) und dritte Preise errang. Dadurch wurde nicht zuletzt der von Kaiser Wilhelm II. geschätzte Reinhold Begas, der wichtigste Repräsentant der neubarocken Berliner Bildhauerschule, auf Halmhubers Fähigkeiten aufmerksam. Auf dessen Betreiben errichtete Halmhuber 1895 bis 1897 im barocken Stil die große, das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. (von Begas unter Mitwirkung anderer Künstlern) architektonisch flankierende, gewölbte Säulenhalle gegenüber der Westseite des Berliner Schlosses; 1949/50 wurde das Denkmal auf Geheiß der Regierung der DDR bis auf den Sockel abgebrochen. Ein erster Plan Halmhubers für die von Kaiser Wilhelm II. 1895 in Auftrag gegebene Berliner Siegesallee kam nicht zur Ausführung; dieser hatte unter anderem Triumphbogen und Wachhäuschen vorgesehen. Unter der Leitung von Halmhuber und von Reinhold Begas schufen zwischen 1895 und 1901 schließlich 27 Bildhauer 32 Standbilder aus Marmor für diesen Prachtboulevard im Tiergarten; sämtliche Herrscher Brandenburgs und Preußens zwischen 1165 und 1888 wurden dargestellt (Allee zerstört, einige Figuren erhalten).
1897 wurde Halmhuber Professor für Ornamentik, dekoratives Entwerfen, insbesondere für Innenräume und Modellieren an der Technischen Hochschule Stuttgart; in dieser Stuttgarter Zeit entstanden viele Entwürfe für Innenräume, von denen einige in der Zeitschrift „Moderne Bauformen“ veröffentlicht wurden. 1900 entwarf Halmhuber das „Württembergische Musikzimmer“ für die Pariser Weltausstellung; es wurde schließlich im Stuttgarter Landesgewerbemuseum eingebaut. In Oberlenningen (Lkr. Esslingen) schuf Halmhuber 1904 das Familiengrab für den verstorbenen Papierfabrikanten Karl Scheufelen, ein beeindruckender grauer Kalksandsteinbau mit schmückenden Mosaiken, die ebenfalls von ihm entworfen worden waren, sowie der Figur des segnenden Christus (nach einem Modell des Hofbildhauers Karl Federlin/Ulm). In Stuttgart errichtete Halmhuber 1905 den Koppentalbrunnen an der Kreuzung See- und Panoramastraße in barockisierenden Formen; das eindrucksvolle, in eine Treppenanlage mit Sitzbänken eingebundene Bauwerk aus Muschelkalk bzw. Granit wird von einem großen Rundbogen abgeschlossen, der ursprünglich ein Freskogemälde umfasste (dieses 1926 in Mosaiktechnik erneuert, nach Kriegsschäden 1949 instandgesetzt). Beim Architektenwettbewerb zum Bau der Evangelischen Garnisonskirche in Ludwigsburg errang Halmhuber 1899 den dritten Preis; Sieger war der Münchner Architekt Friedrich von Thiersch, nach dessen Plänen die Kirche 1903 gebaut wurde. Nach seiner 1906 erfolgten Berufung nach Köln errichtete Halmhuber den Neubau der dortigen Kunstgewerbe- und Handwerkerschule.
Als Hauptwerk Halmhubers kann jedoch der Innenausbau des Rathauses in Hannover gelten; dort lehrte er seit 1909 an der Technischen Hochschule. Zwischen der Stadt und Hermann Eggert, dem Architekten des Rathauses, kam es 1909 zum Streit wegen des schleppenden Fortgangs der Bauarbeiten, vor allem wegen der anstehenden Ausgestaltung und Ausschmückung der Festsäle. Während Eggert einen architektonischen Gleichklang des im Rohbau bereits weitgehend fertig gestellten, in monumental-eklektizistischen Formen der Neurenaissance und des Neubarock gehaltenen Äußeren mit dem Inneren propagierte, wollte die zuständige Rathausbau-Kommission der Stadt hier modernere, zeitgenössische Stilformen realisiert wissen. Schließlich kam es zum Bruch mit Eggert und zur Vertragsauflösung. Der zunächst angefragte Paul Wallot, der Erbauer des Berliner Reichstagsgebäudes, sagte aus gesundheitlichen Gründen ab und empfahl Halmhuber, der sich als Mitarbeiter bei diesem Monumentalbau durch zahlreiche ornamentale Entwürfe und figürliche Details bewährt hatte. „Die vielseitige Begabung Halmhubers und seine umfassende Ausbildung befähigten ihn nach Ansicht Paul Wallots in hohem Maße dazu, diese Aufgabe zu bewältigen. Als Maler, Architekt, Kunstgewerbler und Plastiker entsprach Halmhuber weitgehend dem Ideal als Universalkünstler, dem die Anhänger des Jugendstils nachstrebten“ (Kranz-Michaelis, Rathäuser, 56). In der Haupttreppenhalle und im Sitzungssaal der Bürgervorsteher, die nach Eggerts Entwürfen bereits weitgehend fertig gestellt waren, versuchte Halmhuber „die Fülle der Motive einzuschränken, die Ornamente zu vereinheitlichen, große bestimmende Akzente zu setzen und das plastische Volumen der Einzelform zu reduzieren. Freier war er bei der Gestaltung der Säle und der übrigen Repräsentationsräume. Halmhuber bediente sich vor allem der Farbe als künstlerischen Gestaltungsmittels, um diese Räume untereinander zu verbinden und um ihre Ausstattung zugleich bis hin zu dem Höhepunkt des Festsaals in der Wirkung zu steigern“ (ebda., 57). Bei der Fertigstellung der Innenausstattung in Formen des gemäßigten Jugendstils während der Jahre 1910 bis 1913, die um der Einheitlichkeit des Baus willen einen radikalen Bruch mit den Architekturformen Eggerts vermied, zog Halmhuber – mit energischer Unterstützung des von Max Liebermann beratenen Hannoveraner Stadtdirektors Heinrich Tramm – auch auswärtige und einheimische Künstler wie den Schweizer Maler Ferdinand Hodler (Monumentalgemälde „Einmütigkeit“ im ehemaligen „Sitzungssaal der städtischen Kollegien“, heute „Hodlersaal“), Fritz Erler (drei Wandbilder im „Großen Festsaal“, kriegszerstört) und Julius Diez (Glasfenster und Glasmosaiken im „Grünen Saal“, heute „Mosaiksaal“), beide aus München, heran. Halmhuber entwarf die Einrichtung des gewaltigen Bauwerks bis hin zu Stuckdecken, Beleuchtungskörpern, Türen, Kaminen, Uhren und auch das gesamte Mobiliar.
Eine der größten Arbeiten Halmhubers ist die 1924 errichtete große Brücke über den Mälarsee (Stockholm) in Schweden. Zuvor hatte er einen internationalen Architektenwettbewerb für sich entschieden. Während die Ingenieurarbeiten von Prof. Kulka ausgeführt wurden, stammten die architektonischen Teile der Brücke von Halmhuber. Als Maler hat sich Halmhuber vor allem als Porträtist hervorgetan, daneben schuf er auch figürliche Malereien (z. B. großes Bacchanal, Kentaurenpaar, „Des Knaben Wunderhorn“), Landschaftsaquarelle und Kirchenausmalungen. Nach seiner Emeritierung in Hannover 1927 siedelte Halmhuber, der sich als Hochschullehrer großer Beliebtheit erfreut hatte, wieder in seine Heimatstadt Stuttgart über, wo er 1936 im Alter von 74 Jahren starb.
Quellen: Schriftlicher NL im StadtA bzw. in der UB Hannover.
Werke: Architektonische Gedanken, 1897; Das Stuttgarter Lusthaus, in: Süddeutsche Bauztg. 13 (1903), 321–325, 329–332; 340 f.; Der Innenausbau und die Platzanlagen des Rathauses zu Hannover 1909–1914, o. J. (1917).
Nachweis: Bildnachweise: Fotos in: Spemanns goldenes Buch vom Eignen Heim, 1905, Nr. 537; Wolfgang Steinweg, Das Rathaus in Hannover, 1988, 74.

Literatur: Deutsche Bauztg. 20 (1886), H. 7, 38–40; Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 1 (1888), Tafeln 11, 75; Zs. für Bauwesen 42 (1892), Bl. 30, 31; Deutsche Konkurrenzen 5 (1895), Heft 1/2, 42 f.; Wiener Bauindustrie-Ztg. 1898, 19 f.; Deutsche Bauztg. 31 (1897), Nr. 23, 141–145; Nr. 25, 157–161; Architektonische Rundschau 7 (1903), 55, Tafel 49; Bauztg. für Württemberg, Baden, Hessen, Elsass-Lothringen 2 (1905), 385–387; ebda. 3 (1906), 135; Tafel nach 138; Der Baumeister, 4 (1906), H. 3, 28, 32; ThB., Bd. 3, 1909, 454; Berliner Architekturwelt 12 (1910), 250–254; Centralblatt der Bauverwaltung 56 (1936), 1128; Schwäbischer Merkur 1936, Nr. 198, 5, Nr. 204, 9; Gustav Wais, Stuttgarts Kunst- und Kultur-Denkmale, 1954, 63; Charlotte Kranz-Michaelis, Rathäuser im deutschen Kaiserreich 1871–1918, 1976, hier 56–69; dies., Das Neue Rathaus in Hannover – Ein Zeugnis der „Ära Tramm“, in: Ekkehard Mai/Jürgen Paul/Stephan Waetzold (Hg.), Das Rathaus im Kaiserreich, 1982, 395–413; Wolfgang Steinweg, Das Rathaus in Hannover. Von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart, 1988; Hubert Krins/Michael Goer/Leo Schmidt/Rose Hajdu, Brücke, Mühle und Fabrik. Technische Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, 1991, 190, Tafel 74; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bremen-Niedersachsen, 1992, 618; Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland, Bd. 1: Alte Länder, 1992, 207; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler: Baden-Württemberg I, 1993, 512; Andreas Schenk, Architekturführer Mannheim, hg. von der Stadt Mannheim, 1999, 101; Annette Schmidt, Ludwig Eisenlohr. Ein architektonischer Weg zur Moderne, 2006, 54, 73; Helmut Knocke/Hugo Thielen, Hannover. Kunst- und Kulturlexikon, 4. Aufl., 2007, 30, 37 f., 103, 123, 206, 208.
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